Geschichte der Stadt Schwerin von 1315 bis 1382

1315 brach in Folge eines regnerischen Sommers und großer Teuerung der schwarze Tod in Wismar aus, eine epidemische Krankheit, welche sich auch bald in andere Städte Mecklenburgs erstreckte und Schwerin nicht verschont haben wird. Teuerung der Lebensmittel, durch welche die Ernährung der Menschen beeinträchtigt wurde, war die gewöhnliche Ursache der vielen Epidemien des Mittelalters, welche beim gänzlichen Mangel genügender Heilanstalten gewöhnlich in schrecklicher Weise um sich griffen. Wahrscheinlich ist übrigens der schwarze Tod schon im Jahre 1197 zuerst in Mecklenburg auf getreten.

1316 nahmen die Schweriner unter ihrem Grafen Heinrich III. und dem kriegerischen Bischof Hermann II. von Schwerin Teil an der siegreichen Schlacht, welche Fürst Heinrich der Löwe von Mecklenburg dem Markgrafen Waldemar von Brandenburg bei Gransee lieferte, der größten Schlacht, welche im Mittelalter je in den wendischen Landen stattgefunden hatte.


1320. Aus diesem Jahre erfahren wir urkundlich, dass der Scheffel Roggen 1 Schilling (solidus) gegolten habe, und scheint dieser Preis damals der in Mecklenburg gewöhnliche gewesen zu sein.

1322 wurde Schwerin im Kriege der gegen Heinrich den Löwen von Mecklenburg verbündeten Fürsten von einem Heere der Fürsten von Werle und Pommern belagert. Die Bürger hielten sich aber dem Feinde gegenüber so wacker, dass dieser, ohne einen Erfolg errungen zu haben, abziehen musste. – In diesem Jahre starb auch Bischof Hermann II, nachdem er sich durch einen streitsüchtigen Sinn von allen Seiten Feindschaft zugezogen hatte. Er hatte mehr jährige Streitigkeiten mit dem Herzog Heinrich dem Löwen von Mecklenburg, von welchem er für seine Beihilfe zum Kriegszuge gegen die Brandenburger Entschädigung forderte und auch gütlich erhielt. Er belagerte die Stadt Stralsund, versetzte und verpfändete die Güter des Bistums zum Zwecke der Kriegführung und häufte auf das Bistum eine Schuldenlast von 40.000 Mark Lüb., so dass ihn das Kapitel beim Erzbischof von Bremen verklagte und dieser ihn sogar auf längere Zeit in den Bann tat. Unter ihm wurde wahrscheinlich der neue Chor der Domkirche zu Schwerin beendigt, dessen in der Südwand dem Markte gegenüberliegende Pforte für die Baugeschichte wichtig ist, da sie, eine der wenigen im Lande, noch die alte Einrichtung der Pforten in den Ziegelkirchen zeigt. Sie ist, wie die übrigen Pforten des Doms, schräge eingehend und mit Rippen verziert, welche wahrscheinlich später (13651375, s. d. J.) angebracht wurden. Ihre Einrichtung ist aber alt. Zur Aufnahme der viereckigen Torflügel sind an den Seiten Granitpfosten (Monolithen) eingefügt, welche einen Türsturz von Granit tragen. Das Bogenfeld über dem Türsturz ist zugemauert, früher gewiss bemalt gewesen und mit einer kräftigen Verzierung von Laubwerk eingefasst. Herrmanns II. Nachfolger war Johann I. aus dem mecklenburgischen Adelsgeschlecht Gans.

1326. Die kürzlich (1322) ausgehaltene Belagerung hatte die Bürger der Stadt wohl überzeugt, dass die Befestigung, mit welcher letztere umgeben war, und welche, wie schon erwähnt, aus einem Plankenwerk mit Wall und Gräben bestand, nicht mehr genügend sei. Sie begannen deshalb, nachdem sie dazu die Erlaubnis des Grafen erbeten, in diesem Jahre die Stadt mit Wällen und Mauern zu umgeben. Letztere zogen sich ganz in der Richtung hin, welche bisher die Planke gehabt hatte; sie waren mit Befestigungstürmen versehen und die Eingänge zur Stadt mit festen Torgebäuden, auf denen sich ebenfalls Türme befanden. Namentlich war das Schelftor am Zusammenstoße der jetzigen Friedrichs- und Scharfrichterstraße fest. Ein Rest dieser Mauer ist die Einfassung des jetzt zum Hôtel de Paris gehörigen Gartens an der Scharfrichterstraße. Vollendet wurde die neue Befestigung der Stadt erst gegen das Jahr 1339.

1330 verkaufte Graf Heinrich III. dem Rate der Stadt Schwerin das ganze Dorf Thurow (zwischen der Stadt und Neumühle gelegen) mit allem Rechte und Nutzen an Acker, Feld, Wiesen, Weiden, See und Holzungen, mit Ausnahme des hohen Gerichtes an Hals und Hand, zum friedsamen Besitze. Das Dorf ist in der Stadtfeldmark untergegangen, doch hat von ihm das Thurower Feld noch einen Namen.

1331 starb Bischof Johann I., unter dessen Regierung zuerst die Judenverfolgungen in Mecklenburg auftraten, welche bald nachher zu den größten Grausamkeiten Veranlassung gaben. Zwar waren die Juden schon vorher auch in unserem Lande gedrückt und verachtet, wurden verfolgt und beraubt und standen überall dem Volke, dem die Duldung eines nichtchristlichen Glaubensbekenntnisses völlig unbekannt war, so feindlich gegenüber, dass der unmittelbare fürstliche Schutz für sie eine Notwendigkeit wurde. Indem die wenigen Juden, welche es früher hier gab, unter diesen fürstlichen Schutz gestellt waren, nannte man sie fürstliche „Kammerknechte“. Trotz allen Hasses hatte man sich aber früher kaum mehr als Hohn und Spott gegen sie erlaubt; die eigentliche Verfolgung begann erst, als es ruchbar geworden, dass sie bei ihren Zusammenkünften, gleichfalls aus Hass und Rache, geweihte Hostien, also den wahren Leib des Erlösers, geschändet hätten, ein Verbrechen, von welchem man sie bei unbefangener Betrachtung der Umstände, welche aus ihrer gerichtlichen Verfolgung sich ergaben, nicht wird freisprechen können. Zuerst begann eine Verfolgung der Juden aus der angegebenen Ursache in Krakow (1325), wo alle dortigen Juden gerädert wurden; 1330 wurden aus demselben Grunde alle Juden zu Güstrow verbrannt. Wir kommen auf diese Judenverbrennungen und ihre Folgen später wieder zurück (s. d. J. 1492).

Dem Bischof Johann I. folgte Ludolf, aus dem Geschlecht von Bülow, welcher die bischöfliche Schuld in einer solchen Weise vermehrte, dass er in beständigen Streitigkeiten mit seinen Schuldnern, dem Domkapitel und dem Erzbischof zu Bremen lag. Er starb 1339 und wurde im Chor des Domes vor dem hohen Altar neben dem Bischof Gottfried (von Bülow) begraben. Die Gräber dieser beiden Bischöfe wurden, nachdem die ältere Grabplatte von dem Grabe Gottfrieds (s. o. 1314) entfernt war, mit einer geschnittenen Messingplatte bedeckt. Es ist die kleinere der beiden hochberühmten, geschnittenen, jetzt in die Mauer eingefügten Messingplatten, welche der Dom besitzt, in dem ernsteren Stile der ersten Hälfte des 14 Jahrhunderts gehalten, eine der schönsten der wenigen überhaupt vorhandenen Platten dieser Art. – Dem Bischof Ludolf folgte ein Bruder Heinrich I. auf dem Bischofssitz.

1340 belehnte Graf Heinrich IV. (Heinrich III. war 1332 gestorben und in der heiligen Bluts-Kapelle beigesetzt) den Rat und die Gemeinde der Stadt Schwerin mit dem Recht, die Mauern der Stadt, so oft es nötig, verbessern und befestigen zu dürfen, und erlaubte ihnen, eine auf ihrer Feldmark gelegene Jagdstätte, Bollbrüe genannt, auszuroden und das Feld zum Ackerbau zu benutzen, ohne dass die dem Kapitel davon die Zehnten zu entrichten nötig haben sollten.

1341 stiftete das Domkapitel ein ewiges Licht in der heiligen Bluts-Kapelle des Doms aus den Hebungen des erkauften Dorfes Krempin.

1347 starb Bischof Heinrich I. nach einer für das Stift unglücklichen Regierung, da dasselbe unter ihm einen Teil seiner Besitzungen verlor, namentlich die südliche Hälfte des Landes Triebsees, mit welchem die Fürsten von Rügen 1261 den Bischof Rudolf I. belehnt hatten. Jedoch blieb die nördliche Hälfte mit den Städten Stralsund und Barth den Bischöfen zu Schwerin erhalten. Heinrich I. wurde beschuldigt, dass er das Geschlecht von Bülow, welchem er entstammte, auf Kosten des Stiftes bereichert und den Plan gehabt habe, den Bischofssitz erblich auf sein Stammgeschlecht zu bringen. Er wurde im Dome zu Schwerin (s. d. J. 1375) begraben. Sein Nachfolger Andreas regierte bis 1356 und bemühte sich vergebens, die den Bülowen verliehenen Güter des Stifts von ihnen zurückzuerhalten. Ihm folgte Albrecht, ein Böhme aus dem Geschlecht von Sternberg.

1350 herrschte der „schwarze Tod“, eine pestartige Seuche, in Mecklenburg. Zu Wismar sollen binnen eines Monats mehr als 2.000 Menschen dieser Krankheit erlegen sein, worüber eine lateinische Inschrift in der dortigen Klosterkirche Nachricht gibt, und in Parchim bildete sich zur Bestattung der Gestorbenen eine eigene Gilde, die Drei- und Dreißiger-Gilde. Höchst wahrscheinlich, obwohl wir nichts Genaueres darüber wissen, wird diese Krankheit auch nach Schwerin gekommen sein. Man erfährt aus dieser Zeit von Judenverfolgungen in Mecklenburg, zu welchen, wie auch in anderen Ländern vielfach, die Seuche mit ihren Schrecken Veranlassung gegeben habe. Es war nämlich im Mittelalter allgemein der Wahn verbreitet, dass die Juden die Brunnen vergiftet und dadurch das so häufig wiederkehrende massenhafte Sterben verursacht hätten. In Folge dieses Wahnes wurden denn die Juden während der Pestzeiten gewöhnlich auf das Grausamste verfolgt, wie es u. A. urkundlich im Jahre 1349 zu Parchim geschah.

In Mecklenburg regierten seit 1329 die Fürsten Albrecht II. († 1379) und Johann († 1392), Söhne des Fürsten Heinrichs des Löwen von Mecklenburg. Unter ihnen wurde vom deutschen Kaiser Carl IV. 1348 Mecklenburg zum Herzogtum und 1350 Stargard (Mecklenburg-Strelitz) zur reichsunmittelbaren Herrschaft erhoben. Bald darauf

1352 teilten beide Herzoge das Land, so dass Johann die Herrschaft Stargard nebst den Ländern Sternberg und Lübz, Albrecht II. das Übrige des Herzogtums Mecklenburg erhielt. In Schwerin regierten damals die Grafen Otto I., sein Sohn Nicolaus, der auch Graf von Tecklenburg war, und dessen Sohn Otto II. Die beiden Otto, die letzten Grafen von Schwerin, hatten keine Söhne. Mit Ottos I. Tochter Richardis jedoch war Herzog Albrechts II. Sohn, welcher gleichfalls Albrecht hieß, vermählt. Als nun Otto I.

1357 starb, machten sowohl Graf Nicolaus von Tecklenburg und Schwerin für einen Sohn Otto II., wie auch Herzog Albrecht II. für einen Sohn Ansprüche an die Grafschaft Schwerin. Es kam zu einem heftigen Sukzessionskriege, vielleicht um so heftiger, weil Herzog Albrecht II.

1358 die Gräfin Mechthild von Schwerin, Ottos I. Witwe, gefangen genommen hatte, um sie zur Abtretung ihrer in der Grafschaft gelegenen Leibgedingsgüter an ihn zu zwingen. Am 25. Februar sammelte der Herzog seine Truppen zu Mecklenburg (seit 1347 etwa hatte der Herzog, nach dem Vorgange anderer Fürsten, fremde Söldner in seinen Dienst genommen, eine sehr nachteilige Einrichtung, da es diesen stets nur um die Beute zu tun war, und sie durch Räubereien aller Art die Sicherheit des Landes gefährdeten, sobald sie ohne aktiven Dienst waren); am 6. April zog er mit ihnen vor Schwerin und begann die Belagerung der Stadt. Vor dem Schelftore baute er eine Burg zu diesem Zwecke, die „neue Burg“ genannt, und befestigte sein Lager, welches er wahrscheinlich auf der Höhe der Bergstraße (Stephansberg) errichtet hatte, mit Wall und Gräben. Aber die Bürger der Stadt wehrten sich tapfer und machten sogar kühne Ausfälle, bei deren einem sie den Belagerern einen Teil ihrer Pferde abholten. Ohne Erfolg lag Herzog Albrecht II. bis in den November vor der Stadt, so dass ihm sogar das Futter für seine Pferde ausging. Diese tapfere Gegenwehr der Schweriner, welche einen Teil seiner Truppen erfolglos beschäftigte, wurde dem Herzog aber auf einer anderen Seite des Landes höchst nachteilig, indem die Grafen, verbündet mit dem Herzog Erich von Sachsen-Lauenburg, Albrechts II. feste und wichtige Stadt Plau eroberten und besetzten. Da auch Schwerin gewiss manchen Nachteil von der lange dauernden Belagerung litt, so stellte sich gegen den Schluss des Jahres allgemeine Neigung zum Frieden ein. Am 1. Dezember kam ein solcher zwischen dem Herzog Albrecht II. von Mecklenburg und den Grafen Nicolaus und Otto II. von Tecklenburg und Schwerin zum Abschluss. Gegen Erlegung einer Summe von 20.000 Mark löthigen Silbers verkauften die Grafen dem Herzog die Grafschaft. Noch an demselben Tage hielt Letzterer seinen Einzug in Schwerin und nahm die Burg in seinen Besitz, welche von nun an die Hauptresidenz der Herzog von Mecklenburg wurde und solche bis auf die Gegenwart blieb. Aus der Erwerbung der Grafschaft führen die mecklenburgischen Landesherren den Titel „Grafen zu Schwerin“ und in dem fürstlichen Wappen deutet der quergeheilte Schild auf dieselbe hin.

1363. Der Bischof Albrecht war dem Kapitel zu Schwerin i. J. 1356 durch den Kaiser, mit Bewilligung des Papstes, einseitig zum Bischof gesetzt. Deshalb war die Stimmung des Kapitels, welches in seiner freien Wahl beschränkt worden, eine ihm durchaus feindliche, welche wohl veranlasste, dass Albrecht selbst sich, wie es höchst wahrscheinlich ist, wenig an einem Bischofssitze aufhielt. Seine Würde brachte ihm wenig Freude, denn auch die Streitigkeiten des Stiftes mit den Bülowen, an welche die bischöflichen Städte Bützow und Warin für 100.000 Mark lübisch verpfändet waren, dauerten noch immer fort. Die Mitglieder der Familie von Bülow, beschützt durch frühere Bischöfe, waren so anmaßend geworden, dass sie sich gewaltsam des bischöflichen Dorfes im Lande Müritz (Bischofsdorf, Bisdorf) bemächtigt hatten, weshalb sie auf einer 1357. Juli 11. zu St. Jacobi in Rostock abgehaltenen großen Synode waren in den Bann getan worden. Die Verpfändung jener bischöflichen Besitzungen hatte aber auch eine so große Verminderung der Einkünfte zur Folge, dass Bischof Albrecht jährlich bedeutende Summen zusetzen musste. Alle diese Verhältnisse verleideten ihm den Bischofssitz dergestalt, dass er 1363 resignierte. Ihm folgte Rudolf II, ein Fürst von Anhalt, der wahrscheinlich niemals nach Mecklenburg gekommen ist und schon

1365 starb. Sein Nachfolger war Friedrich II., welcher ebenfalls aus dem Geschlechte von Bülow stammte. Dieser Bischof war ein sehr tüchtiger Mann, welcher die zerrütteten Verhältnisse des Bistums wieder in gute Ordnung brachte, die Schulden seiner Vorgänger größtenteils bezahlte, die verpfändeten Güter einlöste und strenge Disziplin führte. Daneben baute er tätig an den Kirchen und Schlössern des Stiftes und namentlich hat ihm der Dom zu Schwerin Vieles zu danken, da er ihm im Wesentlichen seine jetzige Gestalt gab. Für die architektonische Vollendung und Schönheit des Baues ist dies aber ein wichtiger Umstand geworden, da der Geist gerade dieser Zeit auf die Erbauung der schönen hochstrebenden Spitzbogenkirchen gerichtet und die deutsche Kunst im Spitzbogenstile jetzt zu ihrer höchsten und reichsten Entwicklung gekommen war, während sie schon bald nach dieser Zeit von jener Höhe herabzusinken begann. Friedrich II. baute nämlich die Seitenschiffe, von welchen das nördliche etwas älter sein wird, als das südliche, und den Chorumgang des Domes, und weihte

1368 Juni 4, als der Neubau vollendet war, die Kirche zum zweiten Male feierlich ein (s. d. J. 1248). Als er

1375 starb, wurde er im Chor des Domes neben Bischof Heinrich I. (. d. J.1347) begraben, und Beider Grabstätte wurde darauf mit einer kunstvollen geschnittenen Messingtafel bedeckt. Es ist dies die größere der beiden Tafeln in Messingschnitt, welche der Dom besitzt, ausgezeichnet durch die Pracht und den Reichtum ihres Stiles. Sie ist jetzt ebenso, wie die kleinere Grabplatte in Messingschnitt von dem bischöflichen Grabe aufgenommen und in die Wand der Kirche eingesetzt. Friedrichs II. Nachfolger war bis

1376 Marquard (Beermann), früher Propst des Klosters zu Rehna, welcher ebenfalls im Dome, im unteren Chor, begraben wurde. In diesem Jahre herrschte die Pest wieder sehr heftig in Mecklenburg und es wird berichtet, dass in Wismar allein 10.000 Menschen durch sie hingerafft worden seien.

1381 starb Bischof Melchior, der Nachfolger Marquards, ein Herzog von Braunschweig, von welchem erzählt wird, dass er sich bei seinen Dienern sehr verhasst gemacht habe. Diese hätten ihn deshalb auf die Seite bringen wollen und auf einer Reise nach Rostock den Meth, welchen er in großer Menge zu trinken pflegte, mit Gift vermischt. Als er sich unwohl gefühlt habe, sei er umgekehrt, habe am Tore zu Sternberg Erdbeeren gekauft und viele derselben gegessen. Dadurch sei die Wirkung des Giftes verstärkt worden und der Bischof unter vielen Qualen gestorben. Nach einem Tode entstand wieder ein Streit um den Bischofssitz, da der Kaiser Carl IV. und der Papst Urban VI. einen Böhmen, Namens Potho von Pothenstein, bisher Bischof von Münster, dem Stift zum Bischof setzen wollten, das Kapitel aber schon den Dechanten des Stiftes Johann (Jung) gewählt hatte. Es wird erzählt, als der Bischof Potho nun, von Kaiser und Papst gesandt, nach Bützow gekommen, sei er dort von einem Gegenbischof aufs Freundlichste empfangen und mit der Einrichtung des Stiftes genau bekannt gemacht worden. Johann habe ihn durch alle Zimmer des Schlosses geführt, darauf auch, unter dem Vorgeben, ihm die Umgebung desselben zeigen zu wollen, auf die Zugbrücke geleitet. Johann habe den Bischof Potho nebst einem Gefolge höflich vorausgehen, als diese aber die Mitte der Brücke überschritten, schnell die Kette aufziehen und so jenen mit seinen Gefolge aussperren lassen. Dem verblüfft Dastehenden habe er alsdann höhnend nachgerufen: „Wer da hat Bützow und Warin, der bleibt wohl Bischof von Schwerin“. Als er dies gehört, habe Bischof Potho sich sofort entfernt, auch keine weiteren Ansprüche auf das Bistum wieder erhoben. Johann wurde später von einem seiner Diener zu Bützow mit dem Spieße erstochen. – Wir führen diese Ereignisse hier deshalb ausführlich auf, weil sie einen klaren Blick in die inneren Verhältnisse des Bistums und das Leben der höheren Geistlichkeit eröffnen und dessen tiefen Verfall erkennen lassen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin