Geschichte der Stadt Schwerin des Jahres 1862

Werfen wir zum Schluss einen kurzen Rückblick auf die öffentlichen Werke, an welchen man zu Ende des Jahres 1862 noch beschäftigt ist, so sind dies vorzugsweise der Bau der neuen Paulskirche in der Paulsstadt, die Anlage des neuen protestantischen Kirchhofes vor dem Feldtore, die Fortsetzung der Ausschmückung der Nicolaikirche, die Verschönerung des Schlossgartens, die Einfassung des Pfaffenteiches mit einem Quai von behauenen Granitsteinen, die Belegung der Trottoirs in den Straßen mit behauenen Granitplatten u. A. m. Dazu dürfte in nächster Zukunft die schon projektierte und im Damme fertige Anlage einer den Alten Garten mit dem Marstallgarten verbindenden, längs des Seeufers in einer Reihe hinlaufenden Straße kommen, nach deren Abschluss alsdann ein Bau an der Stelle des vom Großherzoge Paul Friedrich beabsichtigten Schlosses an der Nordseite des Alten Garten eine Notwendigkeit sein dürfte. Im großherzoglichen Schloss sollen durch Willebrand im Laufe des Jahres 1863 sechs in der Festetage nach der Stadtseite hin zwischen den Reußischen Kammern und dem großen, noch unausgebauten Speisesaal gelegene Zimmern im Innern ausgebaut werden, und die Nicolaikirche wird im Sommer d. J. mit einem neuen Fenster von E. Gillmeister geschmückt werden. Ferner stehen einige Bauten auf dem neuen Jägerhofe bevor (eine Hundewärter-Wohnung in der Verlängerung des Stallgebäudes rechts und ein Hundezwinger am Jagdzeughause), mit denen schon der Anfang gemacht worden ist. Aber auch eine Erweiterung der Stadt selbst in Folge des herrschenden Wohnungsmangels, welcher trotz aller Bauten der Neuzeit sich in großem Maße wieder eingestellt hat, steht bevor. Wir schließen indem wir hier den vorläufigen Plan mitteilen, nach welchem diese Erweiterung der Stadt projektiert wird.

Unter den ferneren Straßenlinien dürfte die natürlichste die Verlängerung der Blücherstraße bis zum Wittenburger Tor sein. Wie allgemein die Überzeugung von der Zweckmäßigkeit dieser Linie verbreitet ist, dürste durch den überraschend schnellen Bau der schönen Häuser in der Blücherstraße bewiesen sein. Freilich steigt das Terrain gleich hinter der Eisenbahn an dieser Linie beträchtlich an, obwohl noch in größter Nähe dabei der Übergang der Lübecker Straße über die Eisenbahn im gleichen Niveau gelegen ist; indes stößt gleich hinter der Erhebung der Eisenbahnböschung die projektierte Linie auf eine umfängliche Sandgrube und wird voraussichtlich die bei der neuen Straßenanlage doch nie zu umgehende Erdabgrabung keineswegs solche Dimensionen annehmen, dass deshalb von der richtigen Ziehung der Straße abgestanden werden müsste. Ist diese erste Schwierigkeit in der Nähe der Bahn überwunden, so steigt das Terrain sehr allmählich bis zum Wittenburger Tor an und bietet weiter keine Hindernisse. Ebenso naturgemäß ist die Fortführung der Gustavstraße, welche jetzt in der Lübecker endet, über letztere hinaus zum Wittenburger Tor, wo sie dann mit der Blücherstraße im, spitzen Winkel zusammentrifft, während sie mit dem Wall parallel läuft. Diese beiden Straßen könnten in der Mitte zwischen ihrem Winkelpunkt und ihren Endpunkten in der Lübecker Straße an passender Stelle durch eine Querstraße verbunden werden, welche entweder aus der Gustav- oder aus der Blücherstraßen-Verlängerung senkrecht steht. Für die Strecke zwischen Wittenburger- und Wallstraße ist nach dem großen vom Hofbaurat Demmler ausgearbeiteten Stadt-Erweiterungs- und Verschönerungs-Projekt, welches die zweckmäßigste Anlage neuer Stadtteile nach verschiedenen Richtungen hin behandelt und für eine regelmäßige zukünftige Erweiterung der Stadt die normalen Grundsätze feststellen soll, eine Überwölbung der Eisenbahn und Straßengründung über diesem Gewölbe angezeigt, und dieser Richtung parallel wären zwei weitere Straßen, deren eine am Kirchhofe entlang gehen und deren andere die fernere Verlängerung der Gustavstraße bilden würde, nebst den erforderlichen rechtwinklig dieselben durchschneidenden Querstraßen dem Bedürfnisse vielleicht am angemessensten. Dieses ganze, sehr umfassende Terrain hat nicht nur Raum zu breiten Straßen und genügenden Hof und Gartenplätzen, sondern erfreut sich durch eine höhere Lage auch einer überaus gesunden Luft. Durch eine Bebauung wird sich Schwerin immer mehr zu der für Städte vorteilhaftesten quadratischen oder Kreisgestalt abrunden und ihre weit auseinandergehenden Glieder zu innigerer Beziehung verknüpfen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin