Geschichte der Stadt Schwerin des Jahres 1861

1861. In Laufe dieses Winters fanden in Schwerin zum ersten Male öffentliche Vorlesungen für Gebildete von einem Kreise hiesiger und auswärtiger Gelehrten im Saale des Schauspielhauses statt. Sie begannen mit dem 18. Januar und schlossen am 12. März; aus dem durch die Eintrittsgelder erzielten Reinertrage von 380 Thaler wurden 200 Thaler dem Augustenstifte zur zinsbaren Belegung, der Rest der augenblicklich sehr bedürftigen Rettungsanstalt zu Gehlsdorf bei Rostock überwiesen.

Am 17. Januar feierte das großherzogliche Hoftheater den Tag seines 25jährigen Bestehens durch den Vortrag eines vom Kanzlei-Registrator zur Nedden gedichteten Prologs und die Aufführung des Don Juan d'Austria von G. zu Putlitz, worauf im Saale des Schauspielhauses für die Angehörigen des Hoftheaters Festmahl und Ball folgten.


Im März d. J. fanden hier kommissarisch deputatische Verhandlungen unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten von Oertzen statt über die Regelung der ritterschaftlichen Bauern Angelegenheiten, des gleichen vom 27. Mai bis 12. Juni unter der Leitung des Finanzministers von Levetzow über die beabsichtigten Reformen im Steuer- und Zollwesen.

Nach einer Publikation vom 12. März sollte mit dem 1. Juni d. J. ein neues Gewicht von 500 Gramm aufs Pfund (Zollgewicht) statt des bisherigen mecklenburgischen Landesgewichts eingeführt werden, und errichtete man zur Umänderung des letzteren, sowie zur Eichung und Stempelung neuer Gewichte ein Normal-Eichungs-Amt hieselbst, Luisenplatz 13.

Dem hiesigen Seidenbau-Verein wurde um diese Zeit von der großherzoglichen Kammer ein Stück Land zwischen der Aue und der Wismarschen Chaussee zur Anlage einer Maulbeer-Plantage überlassen. Die Bepflanzung dieses Platzes begann unter der Leitung des Gärtners Schumacher noch im März d. J.

Am 23. März bildete sich zur wissenschaftlichen Förderung und geselligen Vereinigung der Mitglieder eine juristische Gesellschaft.

Vom großherzoglichen Ministerium wurde am 18. April eine Kommission für die Londoner Industrie- und Kunstausstellung (Graf von Schlieffen, für welchen später der Baron von Maltzahn-Vollratsruhe eintrat, und Hofrat Dr. Dippe) niedergesetzt, welche die Leitung der Geschäfte zwischen den mecklenburgischen Ausstellern und des Komitees für die Ausstellung 1862 in London übernehmen sollte.

Am 18. April fand durch den Pastor Schubart die Einweihung des Stiftes „Emmaus“ statt, eines unter dem Protektorate und durch die Hilfe der Frau Großherzogin Auguste errichteten Anstalt zur Erziehung von vorläufig 6 verwaisten Mädchen. Dieser Anstalt ist die in der Apothekerstraße gelegene zum neustädtischen Palais gehörige Kastellanswohnung und zur Benutzung der daran stoßende Palaisgarten eingeräumt worden. Ostern 1862 hatte sie 16 Zöglinge, mit deren Zahl das Haus gefüllt war.

Am 13. Mai wurde der vor dem Wismarschen Tore links neben der Chaussee angelegte neue katholische Kirchhof von dem Geistlichen der Gemeine, Pastor Brocken, eingeweiht. Das Terrain war derselben von dem Großherzoge zu jenem Zwecke geschenkt worden.

Am 26. Mai, dem Geburtstage der Frau Großherzogin Auguste, wurde durch den Superintendenten Dr. Karsten ein Jünglingsverein gestiftet und eröffnet, durch welchen jungen Leuten, vorzugsweise des Handwerkerstandes, für ihre Mußestunden ein Ort geöffnet werden soll, an dem sie, außer billiger Speise und Trank, auch bildende Unterhaltung und Lektüre finden können. Am Schluss des Jahres 1862 zählte dieser Verein 73 Mitglieder, nachdem er schon um Ostern ein eigenes Haus (Bergstraße 68) für 4.000 Thaler erworben hatte, in welchem künftig eine Herberge eingerichtet werden soll.

Am 7. Juli fand die vorbereitende Versammlung zur Bildung eines Vereines zum Schutze gegen Tierquälerei statt, welcher sich in d. M. noch organisierte und im Herbste 1862 schon 105 Mitglieder zählte.

Mitte August wurden die Straßen mit neuen Namensschildern versehen; Ende Oktober fand eine neue Nummerierung der Häuser statt, wobei in jeder Straße mit 1 begonnen und die ungeraden Nummern an eine, die geraden an die andere Häuserseite gebracht wurden. Da neben besteht indessen die alte Nummerierung fort, da diese die Katasternummer der Häuser abgibt.

Vom 20. bis 25. August wurden bei Schwerin gemeinschaftliche Manöver der großherzoglichen Division abgehalten, an welchen auch die Strelitz’sche Artillerie Teil nahm, die sich seit dem 13. Juli hieselbst befand.

Am 29. August wurden der Hahn und der Knopf auf den Domturm gebracht, welcher seit längerer Zeit in ziemlich umfangreichem Maße repariert wurde. Über dem Knopfe, welcher reichlich 2 Fuß im Durchmesser hat, befindet sich ein Kreuz. Der Domturm soll eine Höhe von 170 bis 180 Fuß haben.

Vom 11.–19. September wurde zu Schwerin die XXII. Versammlung deutscher Land- und Forstwirte, unter dem Vorsitze der Direktoren des Mecklenburgischen Patriotischen Vereins, Graf von Schlieffen auf Schlieffenberg und Gutsbesitzer Hillmann auf Scharstorf, abgehalten. Der Verlauf dieser Versammlung war folgender: Mittwoch, den 11. September: Einkunft der Mitglieder, Zusammenkunft im Schlossgarten und in verschiedenen Gesellschafts-Lokalen. Nachmittags Eröffnung der Maschinen- und Gewerbe-Ausstellung. Donnerstag, den 12. September: Plenar-Versammlung von 10–12 Uhr. Bildung der Sektionen und Beginn der Verhandlungen in denselben von 12–2 Uhr. Festessen um 3 Uhr. Nachmittags und Abends Versammlungen. Freitag, den 13. September: Sektionssitzungen von 7–11 Uhr. Plenarversammlung von 11–1 Uhr. Sonnabend, den 14. September: Exkursionen der Land- und Forstwirte, Ausflug nach der Ostsee. Montag, den 16. September: Sektionssitzungen von 7–11 Uhr. Plenarversammlung, Wahl des nächstjährigen Versammlungsortes und Präsidi von 11–2 Uhr. Nachmittags Pferdeschau. Dienstag den 17. September: Sektionssitzungen von 7–11 Uhr. Schafschau. Nachmittags Pferde-Rennen und Auktionen. Mittwoch, den 18. September: Plenarversammlung, Gesamtreferat der Sektionen, Schluss der Versammlung, von 8–11 Uhr. Rindvieh- und Schweine-Schau, von 11–2 Uhr. Nachmittags Pferde-Rennen und Auktionen. Donnerstag, den 19. September: Große Exkursion der Forstwirte.

Verbunden waren hiermit 1) die Maschinen-Ausstellung auf dem Exerzierplatze neben dem Bahnhof. Die Eröffnung derselben fand am 11. September Nachmittags 3 ½ Uhr, statt. Am Donnerstag, den 19. und am Freitag, dem 20. September, fand eine umfangreiche Machinen-Versteigerung statt. 2) Die Gewerbe-Ausstellung im großherzoglichen Zeughause am Pfaffenteiche, gleichfalls am Mittwoch, den 11. September nachmittags eröffnet und dauerte bis zum 26. September. Mit derselben ward eine Verlosung ausgestellter Gegenstände verbunden und wurden Lose à 1 Thaler an der Kasse verkauft. Die Verlosung fand statt am 26. September, nach Beendigung der Ausstellung. 3) die Ausstellung land- und forstwirtschaftlicher Produkte, im Speicher von G. J. Steinkopf am Bahnhof, wurde gleichfalls am 11. September eröffnet. 4) die Vließschau, in einem am Spieltordamm errichteten Schuppen, wurde schon am Nachmittage des 16. September geschlossen. 5) die Pferdeschau auf dem Altengarten am 16. September, Morgens 7 Uhr. Am Nachmittag Prämien-Verteilung und Auktion. 6) die Pferde-Rennen am Dienstag, den 17. und Mittwoch, den 18. September, nachmittags 3 Uhr. 7) die Schafschau in dem sub 4 erwähnten Schuppen am Dienstag, den 17. September, Morgens 7 Uhr. Verteilung der Prämien und Auktion um 11 Uhr. 8) die Rindviehschau auf dem Luisenplatze neben dem Bahnhof, am 18. September, Morgens 7 Uhr. Preisverheilung und Auktion 10 Uhr. 9) die Schweineschau am Spieltordamm, Mittwoch, den 18. September, Morgens 7 Uhr. Preisverteilung und Auktionen 10 Uhr.

Der Katalog für die Ausstellung landwirtschaftlicher Maschinen enthielt ca. 900 Gegenstände, derjenige für die Landes-Gewerbe-Ausstellung 1539 Nummern, auch die Ausstellung landwirtschaftlicher Produkte, von welcher kein Katalog erschien, war reichhaltig. Zur Pferdeschau waren etwa 250 der edelsten Pferde des Landes, zur Schafschau etwa 230, zur Schweineschau 110, zur Rindviehschau 250 Tiere gestellt worden. Am

17. September begann das erste Wettrennen auf der neueingerichteten Schweriner Rennbahn am Buchholze, zu welcher die Stadt das Terrain unentgeldlich, zunächst für 10 Jahre, hergegeben und eine Tribüne errichtet, auch einen Rennpreis von 300 Thaler bewilligt hatte.

Die Stadt hatte außerdem aus der Stadtkasse zur Bestreitung der Kosten für die Festlichkeiten die Summe von 2.000 Thaler bestimmt. Die Straßen, die öffentlichen und viele Privatgebäude waren reichgeschmückt, auf dem gr. Moore war der ganzen Länge nach eine Festhalle, aus Laubgewinden, Fahnen usw. errichtet, welche zum Sitzungsgebäude im großherzoglichen Marstall führte; das Rathaus, das neue Gebäude und der ganze Markt prangten in einem reichen Gewande von Laub und Fahnen. Die Zahl der Festteilnehmer hatte sich auf 2.530 belaufen.

Am 26. September wurde auf dem Luisenplatze der erste ab gabenfreie Vieh- und Pferdemarkt abgehalten; ein solcher sollte von nun an jährlich einmal stattfinden.

Am 2. Oktober war der Großherzog auf einer Jagd im nahen Buchholze, welche in Gegenwart mehrerer fürstlichen Gäste gehalten worden, durch einen unglücklichen Zufall im Oberschenkel verwundet worden. Erfreulicher Weise stellte sich sofort heraus, dass die Verwundung nicht gefährlich sei, und wurde deshalb am 6. Oktober in allen Kirchen ein öffentliches Dankgebet gesprochen (in der Synagoge am 5. d. M.) Die Heilung verzögerte sich indessen bei der Größe der Wunde lange; erst am 3. November konnte der Großherzog zum ersten Male wieder die Schlosskirche besuchen. Am Abend vorher hatte ihm die Schweriner Bürgerschaft durch einen Fackelzug von mehr als 800 Fackeln, an den sich die Gewerke der Maurer- und Zimmergesellen in einer Stärke von 200 Mann angeschlossen hatten, ihre Freude über die Genesung ausgedrückt. Vom neustädtischen früheren Rathause bewegte sich der imposante Zug durch die Königs- und Schlossstraße auf den inneren Burghof, wo nach dem Vortrage passender Gesangs- und Musikstücke eine Deputation den Glückwunsch abstattete und darauf die Fackeln auf dem Alten Garten verlöscht wurden.

Zu Michaelis ging die Industrieschule zur Ausbildung weiblicher Dienstboten, welche viele Jahre lang in Schwerin befanden hatte, ein.

Am 5. November wurde eine Konsumtions-Assoziation eingerichtet, unter der Leitung des Kand. Ebeling stehend, deren Aufgabe sein sollte, im Großen zu billigeren Preisen angekaufte, zum gewöhnlichen Leben notwendige Bedürfnisse an ihre Mitglieder für den Einkaufspreis zu überlassen. Letztere sollten dafür einen monatlichen Beitrag von 4ß entrichten. Ihre Zahl soll im Laufe des Jahres 1862 auf mehr als 800 gestiegen sein, doch ist diese Assoziation mit den Schluss dieses Jahres wieder aufgehoben worden.

Am 3. Dezember wurde ein vor dem Magistrat beeidigtes Packträger-Institut begründet, ein Privatunternehmen, durch welches den Bewohnern Schwerins zur Dienstleistung in häuslichen u. a. Geschäften die nötigen Leute gestellt werden sollten. Da dies Institut wegen seiner zeitgemäßen Einrichtung einen unerwartet schnellen Aufschwung nahm, so bildete sich 1862 am 17. Januar auf gleiche Grundlagen neben ihm eine Arbeiter-Assoziation, zu welcher sich im Anfange des Februar eine Dienstmannschaft und am 16. Februar noch ein Arbeiter-Verein gesellte, alle zu dem Zwecke, erforderliche Arbeiter sofort und für einen bestimmten Lohnsatz stellen zu können. Seit dem Februar wurden die Kanäle im vorderen Teile des Schlossgartens zugeworfen und hier zur Anlage neuer Gartenpartien die Vorbereitungen getroffen. Sie wurden im Laufe d. J. ausgeführt, wie alle übrigen neueren Anlagen unter der Leitung des Gartendirektors Th. Klett.

Um den 22. Februar erkrankte die Frau Großherzogin Auguste an einem katarrhalischen Brustleiden, welches zwar anfangs nicht ungünstige Symptome zeigte, jedoch schon am 26., das Zeichen einer Lungenentzündung hinzutraten, um so mehr zu Besorgnissen veranlasste, als die hohe Frau schon seit mehreren Jahren an Brustbeschwerden gelitten hatte und ihre körperliche Schwäche sehr schnell zunahm. Schon am 3. März, Nachmittags um 1 Uhr 5 Minuten, entschlief dieselbe sanft zu besserem Leben im Kreise aller fürstlichen Angehörigen. Am 6. März war die hohe Leiche in der Kirche des groß herzoglichen Schlosses en parade ausgestellt und wurde dem sehr zahlreich an dringenden Publikum in den Stunden von 8–10 Uhr Morgens, 11–1 Uhr Mittags und 2–4 Uhr Nachmittags der Zutritt gestattet. Am 10. März fand die feierliche Beisetzung in der heiligen Bluts-Kapelle des hiesigen Domes statt. Um 3 Uhr Nachmittags wurde die hohe Leiche in der Schlosskirche eingesegnet, um 3 ½ Uhr verkündigte der erste Kanonenschuss, dass sich der Zug in Bewegung setze. Er ging über den Alten Garten durch die Schloss und Königsstraße, welche mit Sand und Tannenzweigen bestreut und mit Trauerfahnen bekränzt waren. Vom Schloss bis zum Palais der Franz Großherzogin-Mutter hatte das Militär, von dort bis zur Kirche die Zünfte in Trauer Spalier gebildet. Den Trauerzug selbst eröffneten der Kommandant, der Platzmajor und der Gendarmerie-Hauptmann zu Pferde; auf eine Abteilung Gendarmen folgte dann eine halbe Schwadron Dragoner mit der Standarte und dem Trompetercorps, welches den Trauermarsch aus der As-dur-Sonate von Beethoven blies. Auf dem Alten-Garten spielten, als der Zug sich vorbeibewegte, die Musikchöre den Choral: „Jesu, meine Zuversicht“. Nach den Hoffourieren, der Livrée Dienerschaft, den Hausoffizianten, Kammerdienern, dem Haushofmeister und den Pagen fuhren in einer zweispännigen Kutsche die Oberhofmeisterin nebst zwei Hofdamen. Dann erblickte man die Geistlichen mit dem Oberhofprediger, darauf die Träger der Krone und der beiden Orden, und unter Vorantritt des Hausmarschalls v. Stenglin mit dem Stabe bewegte sich nun langsam und feierlich der mit 8 schwarz behangenen Pferden bespannte Leichenwagen einher. Den mit rotem Samt und Gold überzogenen Sarg schmückten Blumen und Kränze. Die Zipfel der unter demselben liegenden Decke wurden von den vier ältesten der beorderten Landstände gehalten, während die übrigen derselben, sowie die zur Ehrenwache bei der hochfürstlichen Leiche kommandierten Kammerherren zu beiden Seiten des Wagens schritten, und der Vize-Oberstallmeister v. Brandenstein neben dem rechten Hinterrade ritt. Der Oberkammerherr v. Plessen, der Oberjägermeister a. D. v. Bülow, der Geheimerat v. Brock, der Hofmarschall Baron v. Stenglin, der Oberjägermeister Graf von Bernstorff und der Hofmarschall Frhr. v. Brandenstein gingen zu dreien, sodann erschien der Obermarschall von Bülow mit dem Stabe. Jetzt folgte als erster und höchster Leidtragender Se. Königl. Hoheit der Großherzog, an einer Seite von dem Erbgroßherzog und an der andern von dem Herzog Paul Friedrich begleitet. Das Gefolge bildeten der General-Adjutant, Generalmajor v. Zülow, die Flügel Adjutanten Major v. Herzberg und Rittmeister von Lützow, sowie der Gouverneur der großh. Prinzen, Hauptmann Baron v. Nettelbladt. Der Herzog Wilhelm kam jetzt mit Sr. Königl. Hoheit dem Großherzog von Mecklenburg-Strelitz, dem Prinzen Albrecht (Sohn) von Preußen, dem Herzog von Altenburg, zwei Prinzen Reuß, dem Fürsten Hugo von Windischgrätz und den übrigen hohen Gästen, hinter denselben der zur Dienstleistung kommandierte Major v. Blücher und das Gefolge der fremden Herrschaften. Geführt von den Kammerherren v. Plessen und v. Laffert I. folgten nun die zur Kondolenz anwesenden Gesandten, von welchen wir den Grafen Karolyi (Österreich), den Oberjägermeister Graf Eberhard Stolberg und den Freiherrn von Richthofen (Preußen), sowie den Oberhofmeister Grafen Dönhoff (Vertreter der Königin-Witwe von Preußen), den Baron Budberg (Russland), den Lord Augustus Loftus (England), den Baron Cintrat (Frankreich), den Kammerherrn v. Fabrice (Sachsen), den Flügel-Adjutanten Oberst v. Boddien (Hannover), den General v. Bülow (Dänemark), den Baron Jaerta (Schweden), den Baron Schimmelpennig van der Oye (Niederlande), den Oberjägermeister Baron Hopffgarten (Sachsen-Weimar), den Flügel-Adjutanten Hauptmann Zedelius (Oldenburg), den Flügel-Adjutanten Major Baron Nauendorff (Nassau), den Schlosshauptmann v. Behrenhorst (Lippe-Detmold) nennen. Darauf kamen die Minister und die wirklichen Geheimräte, die Landräte, die Generale und gleichen Rang habende Zivilbeamte, eine Anzahl hier anwesender Landstände, die Mitglieder der höheren Landes Dikasterien, die großh. Beamten und übrige landesherrlichen Diener von Zivil und Militär, sowie die eingetroffenen Deputationen, der hiesige Magistrat mit dem Bürgerausschuss, welchem sich eine überaus zahlreiche Menge von Bürgern und Einwohnern freiwillig angeschlossen hatte. Eine halbe Escadron Dragoner und eine Abteilung Gensdarmen machten endlich den Beschluss des langen Zuges, welcher um 4 ¼ Uhr die Domkirche erreichte, wo der Sarg von der Domgeistlichkeit empfangen, und während das Orgelspiel ertönte, bis vor den Altar gebracht ward. Beim Niedersetzen des Sarges sprachen die fungierenden Landstände ein Gebet. Der Schlosschor sang darauf; dann hielt der Superintendent Karsten eine Rede, worauf der Sarg hinter den Altar an einen Platz in die Kapelle gebracht wurde, wo der Superintendent Karsten den Segen sprach. Damit endete die ebenso erhabene wie ergreifende Feier der Beisetzung dieser durch ihren wohltätigen Sinn namentlich auch um Schwerin hochverdienten und tiefbetrauerten Fürstin. – Auch in der Synagoge, wo die Säulen der Bundeslade, der Chor, die Kronleuchter usw. schwarz verhangen waren, fand Abends um 6 Uhr ein Trauergottesdienst statt, ebenso am Morgen dieses Tages im Augustenstifte. Am 16. März wurde in allen Kirchen eine feierliche Gedächtnispredigt gehalten.

Um diese Zeit hatte die verstorbene Oberlandforstmeisterin Eggerß, geb. Boldt, ein Stipendium von 8.000 Thaler laut testamentarischer Verfügung zu dem Zwecke ausgesetzt, dass die Zinsen dieser „Boldt’schen Stiftung“ einem jungen mecklenburgischen Maler, Bildhauer oder Architekten zum Besuche einer Kunstakademie oder zu einer größeren Studienreise jedesmal auf 3 Jahre verliehen werden sollten.

Zu Ostern etwa war das neue Artillerie-Etablissement (die Kaserne) auf dem Ostorfer Berge vor dem Berliner Tore vollendet worden, nachdem seit dem Herbste 1856, jedoch mit Ausnahme ungefähr eines halben Jahres während der Mobilmachung des Militärs im Sommer 1859, ununterbrochen an ihr gebaut war. Zur Baugeschichte dieser Kaserne werden folgende Mitteilungen von Interesse sein. - Der Bau einer solchen war schon i. J. 1846 projektiert worden, und war zuerst der Platz neben dem großherzoglichen Amte in der Alexandrinenstraße und der Platz am Wismarschen Tore in Vorschlag gebracht. Doch sah man von diesen Plätzen bald ab, und kam darauf, da die Eisenbahngesellschaft kontraktmäßig das Terrain zwischen der Eisenbahnlinie, der Wilhelmstraße und den Hofplätzen der Häuser an der Wismarschen Straße dort, wo jetzt der Exerzierplatz ist, bis zum Niveau der Eisenbahnlinie in einer sanften Neigung zur Wismarschen Straße hin musste abtragen lassen, dieser Platz in Vorschlag und wurde im November d. J. hier der Bau eines Artillerie-Etablissements beschlossen. Zuvörderst wurde nun der Luisenplatz, welchen man über das früher vorgesteckte Maß hinaus erweiterte, in seiner Ausdehnung abgesteckt und diese Erweiterung landesherrlicher Seits genehmigt. Darauf wurde der Hofbaurat Demmler im Dezember zur Einreichung von Plänen für das beabsichtigte Etablissement aufgefordert. Diese legte er im Februar 1847 dem Ministerium vor. Es war gefordert worden, dass das Gebäude mindestens 60 Pferde fasse, aus einem Hauptgebäude mit Wagen- und Kanonen-Remisen, Schmiede, Krankenställen, Spritzenhaus, Curschmiedewohnung und Reithaus bestehe. Nach den Plan war es auf ca. 49.000 Thaler N 2/3 berechnet. Im März 1847 erhielten der General-Adjutant Oberst von Hopffgarten und Demmler das Baukommissorium. Im April wurde der Platz der Eisenbahngesellschaft zur Anlage eines Schuppens, der als provisorisches Empfangsgebäude dienen sollte, einstweilen überlassen und begann nun der Erdabtrag von dem Platze. Dieser war im Sommer 1849 vollendet; in Folge der unruhigen Zeiten wurde nun aber das Projekt seiner Bebauung nicht zur Ausführung gebracht.

Die Leitung des neuen Baues nun, der Entwurf der Risse usw. war dem Militärbaumeister L. Wachenhusen i. J. 1855 übertragen worden, in welchem zugleich eine Baukommission eingesetzt war, bestehend aus dem Obristlieutenant Köhler, dem Major Schmidt, dem Hauptmann Giffenig und dem Militärbaumeister Wachenhusen. Nach dem ursprünglichen Plane sollte das Etablissement eine gedeckte Reitbahn, zwei große gewölbte Stallungen mit Verbindung zur Reitbahn, eine große und zwei kleinere Remisen, Wohnräume für die Artillerie der Garnison, sowie von jenen getrennte Schlafräume und Waschlokale enthalten. Doch wurde während des Baues eine Abänderung in dem ursprünglichen Dispositionen getroffen, da es sich herausstellte, dass die umfassenden Räumlichkeiten die Kasernierung eines weiteren Teiles des Militärs gestatteten. Hierzu wurde zunächst das Corps der Pioniere bestimmt, später beschloss man statt seiner zwei an Zahl stärkere Compagnien des Infanterie-(4) Bataillons mit in die Kaserne zu legen, bei welchem Beschlusse es geblieben ist. Die ganze Anlage bildet ein großes Viereck mit einen Turme an jeder Ecke und einem Mittelbau in jeder Fronte, jedoch mit verschiedenartigen Fassaden sowohl außen wie innen nach dem Hofe zu, und ist im Rohbau, mit untergeordneter Anwendung des Putzes, erbaut. Der Eingang ist auf der dem Ostorfer Höhenzuge zugewandten Seite und führt auf einen geräumigen Hof mit turmartigem Mittelbau. Die Anlage dieses Gebäudes veranlasste zugleich eine Umlegung der Chaussee von hier bis zum faulen See und eine Verbreiterung derselben nach der Seite des Berliner Tores hin, welche durch den Abstich von einigen Fußen des Malchinischen Gartens gewonnen wurde.

Anfang des Jahres 1863 wurde, einem Beschlusse des Magistrats und des Bürgerausschusses gemäß, der Luisenplatz mit Linden umpflanzt. Anfangs Dezember 1862 wurden auch die großen Pappeln längs der Rostocker Straße am s. g. Totendamme weggenommen, an deren Stelle demnächst Linden gepflanzt wurden. Es ist im Plane, allmählich alle breiteren Straßen der Stadt mit Linden zu versehen.

Im Mai d. J. wurde der Beschluss gefasst, dass die noch nicht mit Glasgemälden (s. d. J. 1858) versehenen Fenster der Nicolaikirche, 12 an der Zahl, allmählich mit solchen geschmückt, jedoch jährlich nur eins hergestellt werden solle. Auf den Antrag des Landbaumeisters Richter wurde nun E. Gillmeister mit der Anfertigung eines neuen Fensters von der großherzoglichen Kammer beauftragt, welches im Sommer des Jahres 1863 aufgestellt werden soll.

Am 27. und 28. Mai fand das im vorigen Jahre gegründete Wettrennen auf der Schweriner Bahn statt. Die einzelnen Rennen und ihre Preise waren folgende: Am ersten Tage: 1) Herrenreiten um 100 Thaler, 1 engl. Meile; 2) Erinnerungsrennen zum Andenken an die 22. Versammlung deutscher Land- und Forstwirte um 1.000 Thaler, 2 ½ Mal die Bahn (1/2 deutsche Meile); 3) Rennen für dreijährige Kontinentalpferde um 400 Thaler, 1 engl. Meile; 4). Herrenreiten (Verkaufsrennen) um 200 Thaler, ½ deutsche Meile; 5) Verlosungsrennen um 400 Thaler, ¼ deutsche Meile; 6) kleines Schweriner Handicap um den Stadtpreis von 300 S., 74. d. Meile; 7) Jagdrennen. Am zweiten Tage: 8) Rennen um einen vom Großherzoge gegebenen Preis von 250 Thaler und einem Ehrenpreis; 9) großes Schweriner Handicap um 500 Thaler, ½ deutsche Meile; 10) Rennen um den Ehrenpreis der Frau Großherzogin Alexandrine, 2 englische Meilen; 11) Rennen für Pferde jeden Alters und Landes um 400 Thaler, 14 deutsche Meile; 12) Verkaufsrennen um 400 Thaler, 1 ½ engl. Meilen. 13) fand eine Prüfung und Prämierung von Gespannen statt.

Am 30. Mai beschloss der Bürgerausschuss, in Mitbewilligung des Magistrats, die Gründung einer Stadtbibliothek, zu welchem Zwecke für das erste Jahr eine Summe von 150, für die folgenden Jahre von 100 Thaler jährlich bestimmt wurde. Auch die Einrichtung einer Dombibliothek ist vor kurzem beschlossen worden.

Schon seit dem vorigen Jahre war, da der Domkirchhof nahezu angefüllt ist, die Gründung eines neuen Kirchhofes zur Frage und zur lebhaften Erörterung gekommen. Ursprünglich war für einen solchen der Platz zwischen dem jetzigen Kirchhofe und der Reiferbahn, dann der Platz hinter der Kunstziegelei am Ziegelsee entlang rechts von der wismarschen Chaussee bestimmt worden, und war auch von den letzteren Platze, welcher zum Areale des großherzoglichen Domänengutes Gr. Medewege gehörte, eine Fläche von 3.846 []Fuß vom Großherzoge an die Kirche geschenkt worden. Es traten gegen seine Wahl jedoch bald gewichtige Stimmen auf und kamen nun wieder verschiedene andere Plätze in Vorschlag, unter denen eine Zeitlang der Platz nahe vor dem Wittenburger Tore sehr hervorgehoben, schließlich aber dem vom Hofbaurat Demmler in Anregung gebrachten Platze vor dem Feldtore der Vorzug gegeben wurde. Mit der Herstellung dieses Platzes zum neuen Kirchhofe beauftragte der Großherzog den Gartendirektor Klett, und sandte ihn im August d. J. nach Paris, damit er dort die berühmten Kirchhöfe Pere Lachaise und Montmartre in Augenschein nehme, um nach diesen den Entwurf für die hiesige Anlage mit bestimmen zu können. Die Erdarbeiten sind hier im Laufe des Winters begonnen, die Steige abgesteckt und bis zum Schluss d. J. teilweise angelegt, die Vertiefungen mit Erde gefüllt usw. Der Kirchhof, gleich links am Ausgange aus dem Feldtore liegend, zu Anfange der s. g. Schweriner Schweiz, wird nach seiner Vollendung, umgeben von herrlichen Seen und mit einem prachtvollen Überblicke über die Stadt, einen sehr lieblichen Punkt, eine sehr würdige Ruhestätte bilden. Man sieht seiner Einweihung im Frühling 1863 entgegen. Mit Blumen und Gebüsch-Anlagen geschmackvoll verziert, wird die ganze Fläche in Felder abgeheilt und jedes Feld drei verschiedene Abschnitte 1) für die s. g. ganzen, 2) für die halben und 3) für die viertel Schulleichen erhalten, wobei die Anordnung getroffen ist, dass Kapellen und gemauerte Begräbnisse nur auf dem ersten Abschnitte errichtet werden sollen. Die Wahl der Plätze und deren Ankauf steht. Jedem an dem ihm gefälligen Orte, so lange Raum vorhanden ist, frei, und sollen die Armen und Soldaten nicht, wie bisher, auf getrenntem Platze, sondern im dritten Abschnitte mit beerdigt werden. Nur für die eingepfarrten ländlichen Ortschaften wird ein abgesonderter Platz reserviert bleiben.

Am 3. August tagte hierselbst die 4. Generalversammlung des stenographischen Vereins für Mecklenburg, verbunden mit der ersten Jahresversammlung des norddeutschen Stenographenbundes.

Vom 10. bis 20. September fanden wieder kommissarisch-deputatische Verhandlungen über die Reform des Steuer- und Zollwesens, unter dem Vorsitze des Finanzministers von Levetzow, statt.

Am 26. September bildete sich ein Handwerker-Verein, welchem zunächst 80 Meister beitraten, zu dem Zwecke, um die vielseitig angeregten Reformen des Gewerbewesens auf dem Boden der bisher bestehenden Gewerbe Ordnung (Zunftverfassung) zu erhalten. Am 6. Oktober fand die Beratung der Statuten dieses Vereins statt, wonach für die Mitglieder ein vierteljährlicher Beitrag von 4ß fest gesetzt ist.

Schon im Frühling d. J. war, in Gemäßheit der Beschlüsse des Magistrats und des Bürgerausschusses, ein Teil der früheren, seit einigen Jahren eingegangenen Sandgrube beim Feldtore, durch den Hofgärtner Lehmeyer zu einer städtischen Baumschule eingerichtet worden. Am 16. Oktober wurde eine Erweiterung dieser Anstalt beschlossen und zugleich bestimmt, dass die Schüler der hiesigen Volksschule durch denselben während des Winters in der Baumzucht unterwiesen werden sollten, eine sehr zeitgemäße Bestimmung, zu deren Förderung eben jene Baumschule angelegt worden.

Der Plan zur Erbauung der neuen Kirche (Paulskirche, s. d. J. 1860) am Ausgange der Ackertwiete war nun, verzögert durch lange Unterhandlungen mit den Besitzern der dortigen Grundstücke, soweit zum Abschluss gelangt, dass der Magistrat schon am 25. April dem Bürgerausschusse von der definitiven Entschließung des Großherzogs für diesen Platz hatte Kunde geben können. Die Kirche soll ohne jegliche Belastung der Stadt, selbst ohne dass diese künftig die, Erhaltungskosten zu tragen hätte, durch die Munifizenz des Großherzogs erbaut werden. Die Ausführung der Entwürfe und die obere Leitung ist dem Landbaumeister Krüger, die spezielle Leitung des Baues dem Baukondukteur Daniel übertragen worden. Nach dem Abbruche der der Eisenbahn zunächst gelegenen Häuser der Ackertwiete begann der Bau, die Planierung des Platzes und die Erdarbeiten, im Herbste d. J.; im Winter wurde auch der Anfang mit der Behauung der zum Sockel bestimmten Granitblöcke gemacht. Dagegen ging im Dezember d. J. der Exerzierplatz am Luisenplatze für eine Kaufsumme von 15.000 Thaler definitiv in den Besitz der Stadt über. – Die Fortführung dieses großen Kirchenbaues ist nun der nächsten Zukunft aufbehalten; wie die Umgebung der Kirche sich nach ihrer Vollendung etwa darstellen wird, zeigt Folgendes: Die neue Kirche in der Paulsstadt wird zunächst drei Zugänge haben: von Osten die Verlängerung der Kommandantenstraße, von Westen über eine neue Eisenbahnbrücke die Verlängerung der Lankowerstraße, und von Südosten die Ackertwiete, welche breiter gemacht werden muss, was um so eher zu erreichen ist, als alle größeren, auf Seite des Bauplatzes gelegenen Gebäude an derselben bereits abgebrochen sind. Ein weiterer Plan geht alsdann dahin, von Seiten des Luisenplatzes über den jetzigen Exerzierplatz eine zu dieser Kirche führende Straße anzulegen. Zu diesem Zwecke hat die Stadt den Exerzierplatz übernommen, während ein neuer Exerzierplatz hinter dem Domkirchhofe angelegt werden soll. Hiernach würden die Wismarsche- und Gustavstraße, zwischen denen die Eisenbahn hinläuft, noch eine dritte neue Parallelstraße erhalten. Zu Anfange des Dezembers erhielt der vom Landbaumeister Krüger entworfene Bauplan die Genehmigung des Großherzogs. Nach diesem Entwurfe wird die Kirche, aus drei Langschiffen, einem Querschiffe und einem s. g. Hohen Chore bestehend, nach dem Prinzipe der Hallenkirche erbaut und mit einem Hauptturm von etwa 225 Fuß Höhe am Westende abgeschlossen werden. Außerdem erhält die Kirche über der Dachkreuzung einen kleineren Turm (Dachreiter) und dort, wo der Chor sich an das Schiff anschließt, zu jeder Seite einen achteckigen Turm von etwa 150 Fuß Höhe. In der Grundfläche wird sie etwa doppelt so groß, wie die Nicolai-Kirche.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin