Die Sage vom "Petermännchen"

An das Schloss zu Schwerin knüpft sich die Sage von einem Geiste, Petermännchen genannt, einem freundlichen, gutmütigen Zwerge, welcher neckend und wachsam, nur die Bösen strafend, in den Räumen des Schlosses umhergeht. Zu welcher Zeit die Sage von ihm entstanden sei, ist ungewiss; in späterer Zeit, noch im 18. Jahrh. soll der Geist zuweilen von den im Schloss beschäftigten Leuten und von Wache haltenden Soldaten gesehen worden sein. Aus einem darüber i. J. 1747 angestellten Verhöre teilt Lisch (Jahrb. f. meckl. Gesch. V. S. 59) Folgendes mit:

„Nachricht von dem sich ehedem im hochfürstlichen Schloss zu Schwerin öfters sehen lassenden, sogenannten Kleinen Männgen, wie es der seel. Daniel Gardemin, gewesener Kammer-Lakai bei des hochseel. Herrn Herzoges Friedrich Wilhelm hochfürstliche Durchlaucht, gar oft an seine Frau, die jetzige Witwe Kastellanin Gardeminen hieselbst (in Bützow), erzählt. Es wäre nämlich solche Positur nur ganz klein gewesen, ältlich, mit Runzeln, aber nicht fürchterlich von Angesichte, einen etwas langen, weißen, spitzen, fast bis auf die Brust hängenden Bart, kurze, graue, krause Haare, ein Kalotchen, auf dem Kopfe und ein Krägelchen um den Hals, einen langen bis auf die Füße hängenden schwarzen Rock mit ganz engen Ärmeln, vorne eines guten Fingers breit mit Weiß aufgeschlagen, etwas große und vorne breite Schuhe anhabend. Dieses Männchen wäre gedachter Gardemin so gewohnt und dreist geworden, dass er ihn öfters auf einer gewissen Wendeltreppe (welche sich oben auf der Seite befunden, wo der Gottseel. Durchl. Herzog logiert gewesen), in welchen Öffnungen um die Treppe her es so eben hätte stehen können, mit dem Lichte nahe ins Gesicht geleuchtet, wobei es ganz still gestanden, gar oft vor und neben ihm gegangen, auch einstmals, wie er seinen Durchl. Herrn des Abends spät über die Galerie geleuchtet, Höchstderselbe gesagt: „Daniel, mich werden die Haare am Kopfe kriechend und mich schaudert so.“ „Ja, gnädigster Herr“, wäre eine Antwort gewesen, „sehen Sie nicht, was wir für Gesellschaft bei uns haben?“ Worauf dieselben ihm Schweigen geheißen und gesagt, Sie sähen nichts. Es hätte sich meistens auf dem Gange und der Seite, wo die Kleiderkammer gewesen, befunden, auch hätte er solchen einige mal aus einer gewissen Kammer, welche sich auf dem Gange, wenn man in dem Gebäude die breite Treppe aufsteigt, und obgleich Fenster darin, dennoch sehr finster ist und anitzo der Kastellanin Meinung nach einige Mädchen darin wohnen, kommen sehen. Einstmals wäre er, der Gardemin, nebst einem Pagen, dessen Name ihm entfallen, zu Bette gegangen, welcher deshalb bei ihm geschlafen, weil ihr Herr zeitig aus gewollt habe, hätten eine Keule von Lämmerbraten zum Frühstück auf dem Tische liegen gehabt, und beide mit offenen Augen gesehen, wie das Männchen gekommen, nach dem Braten gegriffen und unter großem Gelächter damit fortgelaufen, hätten auch am andern Morgen, allen Suchens ungeachtet, nichts davon wieder gefunden. Reden und antworten hätte er ihn niemals gehört; wenn er aber mit Schelt- und Fluchworten sei angegriffen, wäre des Nachts ein solches Gepolter über ihrer Kammer gewesen, dass Keiner ein Auge hätte zutun können. Später wäre gedachter Gardemin einstmals des Abends mit der Abschenke aus dem Keller gekommen und dieses Positürchen immer kurz und langsam vor ihm hergegangen. Weil ihm nun eben etwas Widerliches begegnet sei, dass ihm der Kopf nicht recht gestanden, hätte er gesagt: „Du Kröte, gehe aus dem Wege oder ich nehme die Flasche und schlage dich auf den Kopf; du sollst dies oder das werden!“ Worauf er eine solche derbe Ohrfeige zum Lohne bekommen, dass er über eine halbe Stunde ohne Empfindung gelegen, bis ihm Andere gefunden, mit Essig bestrichen und so weggebracht hätten, da sein Kopf denn einige Tage darauf noch einmal so dick gewesen sei wie sonst. Weil ihm nun auf diese Weise bedeutet worden, nicht so brutal mit diesem ehrbaren Männchen umzugehen, hätte er auch nachher mehr Respekt gebraucht und so viel, wie nur immer möglich, seine Gesellschaft vermieden und sei ihm aus dem Wege gegangen.


Hans Christof Dankward, fürstlicher Saalknecht, erzählte und versicherte ganz fest, oft erwähntes Männchen zu gleicher Zeit einmal gesehen zu haben. Sein bei sich habender Mops hätte solches eher gewahrt, als er; es hätte vor dem roten Gemache am Kamin in vorbeschriebener Kleidung gestanden. Weil er sich nun gefürchtet habe und ihn über dem die Sprache schwer werde, so habe er nicht fragen mögen, wer er wäre und was er wolle? sondern er wäre wie der heimgegangen, woher er gekommen sei.“ –

Es finden sich noch mehrere Erzählungen von Petermännchen, die meistens darauf hinauslaufen, dass er die Leute geneckt und Solche, welche darüber zornig und grob geworden, bestraft habe. Doch auch von seiner Wachsamkeit erzählt man sich, wie er ermüdete, oder auf ihrem Posten eingeschlafene Soldaten geängstigt und ermuntert habe, wie er überhaupt für die Erhaltung der Ordnung und Ruhe im Schloss besorgt gewesen sei. In neuester Zeit ist Petermännchen aus den Räumen des Schlosses und aus der Erzählung des Volkes verschwunden; zur Erinnerung aber ist auf der südöstlichen Seite des Schlosses in einer Mauernische seine Bildsäule aufgestellt. –
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin
Petermännchen, Schweriner Schlossgeist

Petermännchen, Schweriner Schlossgeist

Petermännchen, Schweriner Schloss-Geist 2

Petermännchen, Schweriner Schloss-Geist 2

Petermännchen, Schweriner Schloss-Fassade

Petermännchen, Schweriner Schloss-Fassade

Petermännchen, Schweriner Schlossgespenst

Petermännchen, Schweriner Schlossgespenst

Petermännchen, Wappen von Pinnow

Petermännchen, Wappen von Pinnow

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