Der Bericht Carel van Manders

Die Natur hat erstaunlich gut ihren Mann gefunden und getroffen, um wiederum von ihm herrlich getroffen zu werden, als sie in Brabant, nicht weit von Breda, in einem unbekannten Dorfe, dessen Namen er trägt und seiner Nachkommenschaft hinterlassen hat, den geistreichen und witzigen Pieter Bruegel, den dauernden Ruhm der Niederlande, unter Bauern geboren werden ließ, damit er Bauern mit dem Pinsel nachahmte. Er hatte die Kunst bei Pieter Koeck van Aalst gelernt, dessen Tochter er später heiratete; als sie noch klein war, hatte er sie oft auf dem Arm getragen, wenn er bei Pieter wohnte. Dann arbeitete er bei Jeroon Cock, reiste darauf nach Frankreich und von dort nach Italien. Er hatte sich viel an dem Stil des Jeroon van den Bosch geübt und machte in der selben Art Spukgeschichten und Schnurren, weshalb er von manchen „Pier den Drol“ genannt wurde. Und man sieht auch wenige Stücke von ihm, die der Zuschauer weise, ohne Lachen ansehen kann, ja, wie würdig und mit wie strengen Augenbrauen einer einhergehe, er muss zum mindesten schmunzeln oder grinsen. Auf seinen Reisen hat er viel nach der Natur gearbeitet, so dass es von ihm heißt, er hätte, als er in den Alpen war, sämtliche Berge und Felsen verschlungen und sie, nach Hause zurückgekehrt, auf Leinwand und Malbrett wieder ausgespien, so eigentlich vermochte er in dieser und anderer Hinsicht der Natur nahezukommen. — Er wählte und nahm seinen Wohnsitz in Antwerpen und trat in die Malergilde ein im Jahre des Herrn 1551. Hier arbeitete er viel für einen Kaufmann namens Hans Franckert, einen anständigen und gutmütigen Mann, der gerne bei Bruegel war und täglich mit ihm verkehrte. Mit diesem Franckert ging Bruegel oft hinaus zu den Bauern, wenn Kirmes oder Hochzeit war, in Bauerntracht verkleidet, und sie gaben Geschenke wie andere, indem sie flunkerten, dass sie zu den Verwandten oder Landsleuten der Braut oder des Bräutigams gehörten. Bruegel hatte seine Freude daran, die Bauern in ihrer drolligen Art, zu essen, trinken, tanzen, springen und freien, zu beobachten, was er dann witzig und lustig in Farben nachahmte, mit Wasser wie mit Ölfarbe, denn er handhabte beides gleich vorzüglich. Er verstand es, die Bauern und Bäuerinnen in ihrer eigenartigen Kempener Tracht wiederzugeben, und das ungeschlachte bäuerische Wesen im Tanzen, Gehen, Stehen und anderen Bewegungen auf das natürlichste zu kennzeichnen. Mit großer Sicherheit ordnete er seine Figuren an und handhabte die Feder sauber und geschickt, namentlich in seinen vielen kleinen Landschaftsbildern nach der Natur. Während er noch in Antwerpen wohnte, hielt er mit einer Magd haus, die er auch geheiratet hätte, aber es missfiel ihm, dass sie sparsam mit der Wahrheit und gewohnt zu lügen war. Er traf mit ihr eine Verabredung, dass er all ihre Lügen in ein Kerbholz kerben wollte, wozu er ein ziemlich langes Kerbholz schnitt; wenn dieses innerhalb einer bestimmten Zeit voll wäre, würde es mit der Hochzeit ganz und gar zu Ende sein. Dazu kam es dann auch nach kurzer Zeit. Endlich freite er, als die Witwe von Pieter Koeck zuletzt in Brüssel wohnte, um deren Tochter, die er, wie erzählt, oftmals auf dem Arm getragen hatte, und heiratete sie; die Mutter jedoch bestimmte, dass Bruegel Antwerpen verlassen und nach Brüssel ziehen sollte, damit er von dem andern Mädchen loskäme und es vergäße, was also geschah. Er war ein stiller und vernünftiger Mann, der nicht viel Worte machte, aber in Gesellschaft witzig sein konnte, indem er zum Beispiel die Leute, sogar seine eigenen Gesellen mit Spuk oder Gepolter in Schrecken versetzte.

Einige seiner wichtigsten Werke sind jetzt bei dem Kaiser, nämlich ein großes Bild, das den Turm von Babel darstellt, mit vielen hübschen Einzelheiten ; man kann auch von oben hereinsehen. Noch eins mit derselben Geschichte, aber kleiner, auch zwei Kreuztragungen, sehr lebendig in der Darstellung und immer mit einigen spaßhaften Figuren dazwischen. Weiter ein Kindermord, worauf viele wahrheitsgetreue Dinge zu sehen sind, von denen ich anderswo erzählt habe: wie dort eine ganze Familie um das Leben eines Bauernkindes bittet, das einer der mörderischen Kriegsknechte gepackt hat, um es zu töten; wie die Mütter wehklagen und in Ohnmacht fallen, und andere gut wiedergegebene Geschehnisse. Dann eine Bekehrung Pauli mit sehr schönen Felsen. Es wäre schwer zu erzählen, was er alles an Spukbildern, Höllen- und Bauerndarstellungen und derartigem fertiggestellt hat. Er malte auch eine Versuchung Christi, darauf man wie in den Alpen herunterblickt auf Städte und Länder, und durch die Wolken darüber an einigen Stellen hindurchschauen kann. Ferner eine „Dulle Griet“ (Tolle Grete), die einen Raub für die Hölle tut, ganz stier guckt und sonderbar angezogen ist. Ich glaube, dass diese und andere Stücke auch im Besitze des Kaisers sind. In Amsterdam bei dem kunstliebenden Herrn Hermann Pilgrims gibt es auch eine sehr gute Bauernhochzeit in Ölfarbe, wo die Gesichter, Hals und Hände der Bauern gelb und braun, von der Sonne verbrannt, mit hässlicher Haut, anders als bei den Städtern, zu sehen sind. Er hat auch den Streit zwischen Fasten und Fassnacht gemalt, auch ein Bild, darauf alle Heilmittel, die gegen den Tod angewandt werden, dargestellt sind, dann eins, das allerlei Kinderspiele zeigt, und noch sehr viel mehr Allegorien. Ferner gibt es zwei Bilder in Wasserfarbe auf Leinwand bei dem kunstliebenden Herrn Willem Jakobz, bei der neuen Kirche zu Amsterdam, eine Bauernkirmes und eine Hochzeit mit vielen drolligen Figuren, recht in der Art des Bauern ; so ist an der Stelle, wo sie die Braut beschenken, ein alter Bauer, der seinen Geldbeutel um den Hals trägt und in seine Hand das Geld zählt. Diese Bilder sind ganz hervorragend. Kurz vor seinem Tode haben die Herren von Brüssel ihn beauftragt, das Ausheben des Kanals von Brüssel nach Antwerpen auf einigen Bildern festzuhalten. Aber durch seinen Tod unterblieb es. Viele von seinen seltsamen und verschnörkelten Allegorien sind in Kupfer gestochen, er hatte deren aber noch viel mehr sauber gezeichnet gehabt und mit Inschriften versehen, aber da sie zu beleidigend und bissig waren, ließ er sie, als er todkrank war, von seiner Frau verbrennen, entweder weil er sie bereute, oder weil er befürchtete, dass ihr daraus Unannehmlichkeiten erwachsen würden oder sie zur Verantwortung gezogen werden könnte. Er hinterließ seiner Frau in seinem Testament ein Bild mit einer Elster auf einem Galgen und wollte mit der Elster die Klatschzungen bezeichnen, die er an den Galgen wünschte. Weiter hat er ein Bild, da die Wahrheit ans Licht kommt, gemalt, und nach seiner Meinung war dass das beste, was er geschaffen hatte. Er ließ zwei Söhne zurück, die auch gute Maler sind, der eine, namens Pieter, lernte bei Gillis van Conincxloo und ist Porträtmaler; Jan lernte bei seiner Großmutter, der Witwe des Pieter van Aalst, die Wasserfarbenmalerei und kam dann zu einem gewissen Pieter Goekindt, der viel schöne Sachen im Hause hatte, wo er die Ölmalerei lernte. Ferner reiste er nach Köln und weiter nach Italien ; durch seine Landschaften mit sehr kleinen Figuren, die er ausgezeichnet zu machen versteht, ist er sehr berühmt geworden. Lampsonius spricht folgendermaßen zu Bruegel, indem er fragt:


        Quis novus hie Hieronymus Orbi
        Boschius, ingeniosa magistri
        Somnia peniculoque, styloque
        Tanta imitarier arte peritus,
        Ut superet tarnen interim et illum?
        Macte animo, Petre, mactus ut arte;
        Namque tuo, veterisque Magistri
        Ridiculo, salibusque referto
        In graphices genere inclita laudum
        Praemia ubique, et ab omnibus ullo
        Artifice haud leviora mereris.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Bruegel
036. Fallsüchtige Frauen. Handzeichnung von Bruegel. 1564. Wien, Albertina

036. Fallsüchtige Frauen. Handzeichnung von Bruegel. 1564. Wien, Albertina

037. Der Sturz des Ikarus. Gemälde von Bruegel. (Spät.) Brüssel, Altes Museum

037. Der Sturz des Ikarus. Gemälde von Bruegel. (Spät.) Brüssel, Altes Museum

038. Dorfansicht. Handzeichnung von Bruegel. München, Graphische Sammlung

038. Dorfansicht. Handzeichnung von Bruegel. München, Graphische Sammlung

039. Dorfansicht. Handzeichnung von Bruegel. München, Graphische Sammlung

039. Dorfansicht. Handzeichnung von Bruegel. München, Graphische Sammlung

040. Brabantische Landschaft. Federzeichnung mit Tinte von Bruegel

040. Brabantische Landschaft. Federzeichnung mit Tinte von Bruegel

041. Marktszene. Federzeichnung mit Tusche von Bruegel. Wien, Albertina

041. Marktszene. Federzeichnung mit Tusche von Bruegel. Wien, Albertina

042. Ländliches Paar. Handzeichnung von Bruegel. Berlin, Kupferstichkabinett

042. Ländliches Paar. Handzeichnung von Bruegel. Berlin, Kupferstichkabinett

043. Zwei Weiber und ein Bursche. Handzeichnung von Bruegel. Berlin, Kupferstichkabinett

043. Zwei Weiber und ein Bursche. Handzeichnung von Bruegel. Berlin, Kupferstichkabinett

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