An Adolf Erner - Zürich, den 15. Januar 1882.

Verehrter Freund!

Der Kartonkasten, den Sie mir gesendet, ist so praktisch, daß ich gleich die Briefhaufen der letzten paar Jahre, die meine Tische belästigten, aufgeräumt und hineingepackt habe, so daß ich die Bescherung zu den andern alten Schachteln und Kartons rangieren konnte. Hieraus können Sie entnehmen, wie dankbar ich erst für den Inhalt war und bin; denn wenn Sie glaubten, daß ich die Schachtel zurückgebe, so waren Sie im Irrtum. Um so fröhlicher danke ich Ihnen für das Licht, das Sie mir aufgesteckt haben; es steht artig genug auf dem Rauchtischchen und ist wirklich hübsch gemacht. Die luxuriöse Mappe wandle ich in einem Briefe an die Frau Schwester gleichzeitig ab und lasse die Begeisterung auch noch über diesem Briefe abträufeln. Das dicke schöne Papier darin werde ich mit irgend etwas mir noch Unbekanntem beschreiben, anstatt es als Löschpapier zu benutzen, und zwar mit Bleistift.


Mit dem italienischen Schwindel ist es dies Jahr für mich noch nichts; es würde mich zu stark von der Arbeit abziehen und das Ende unsicher machen. Ich mache nämlich vorher einen einbändigen kleinen Roman fertig und bin am Redigieren der Sammlung dessen, was ich in Versen gehudelt habe, was unter allen Umständen dies Jahr getan sein muß.

Eher könnte ich wahrscheinlich im Spätsommer auf den alten steinigen Wegen Oberöstreichs und so weiter wieder einmal herumstolpern ...

Mit dem ›Sinngedicht‹ geht es gar nicht übel, es wird soeben die dritte Auflage gedruckt; am Ende geht mir noch die Sonne des Geldprotzentums auf, und ich werde fromm und scheinheilig.

Daß von der löblichen Ernerei niemand durch den sel. Offenbach in die Hölle des brennenden Ringtheaters gelockt worden sei, habe ich mir eigentlich vorher gedacht, und so mögt Ihr ferner gesund und fröhlich auf dem rechten Pfade dahinwandeln!

Mit allen Grüßen
Ihr
G. Keller.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Briefe