Zweiter Brief -3-

Ich habe gestern im „Café Royal“ den Kammermusikus gesprochen. Er hat mir eine Menge kleiner Neuigkeiten erzählt, wovon ich die wenigsten im Gedächtnis behielt. Versteht sich, daß die meisten aus der musikalischen Chronique scandaleuse sind. Den 20. ist Prüfung bei Dr. Stöpel, der nach der Logierschen Methode Klavierspielen und Generalbaß lehrt. Graf Brühl wird von seiner Krankheit bald ganz hergestellt sein. Walter aus Karlsruh’ wird noch in einer neuen Posse, „Staberles Hochzeit“, auftreten. Herr und Madame Wolff geben jetzt Gastrollen in Leipzig und Dresden. Michael Beer hat in Italien eine neue Tragödie geschrieben: „Die Bräute von Aragonien“, und von Meyerbeer wird jetzt in Mailand eine neue Oper gegeben. Spontini komponiert jetzt Koreffs „Sappho“. Mehrere Menschenfreunde wollen hier eine Anstalt für verwahrloste Knaben stiften, ähnlich der des Geheimrats Falk in Weimar. Kosmeli hat in der Schüppelschen Buchhandlung „Harmlose Bemerkungen auf einer Reise durch einen Teil Rußlands und der Türkei“ herausgegeben, die so ganz harmlos nicht sein sollen, weil dieser originelle Kopf überall mit eignen Augen die Dinge sieht und das Gesehene unverblümt und freisinnig ausspricht. Die Lesebibliotheken werden von seiten der Polizei einer Revision unterworfen, und sie müssen ihre Kataloge einliefern; alle ganz obszöne Bücher, wie die meisten Romane von Althing, A. v. Schaden und dergleichen, werden weggenommen. Letzterer, der jetzt nach Prag gereist ist, hat soeben herausgegeben: „Licht und Schattenseiten von Berlin“, eine Broschüre, die viele Unwahrheiten enthalten soll und vielen Unwillen erregt. Der Fabrikant Fritsche hat eine neue Art Wachslichter erfunden, die ein Drittel wohlfeiler sind als die gewöhnlichen. Auch für die nächste Ziehung der Prämienstaatsschuldscheine werden bedeutende Geschäfte in Promessen gemacht. Das Bankierhaus L. Lipke ;& Comp. hat allein schon beinahe 10000 Stück abgesetzt. Böttiger und Tieck werden hier erwartet. Die geistreiche Fanny Tarnow lebt jetzt hier. Die neue „Berliner Monatschrift“ ist seit Januar eingegangen. Der General Menu Menutuli hat aus Italien das Manuskript seines Reisejournals hergeschickt an den Pr. Ideler, damit derselbe es zum Druck befördere. Pr. Bopp, dessen Vorlesungen über das Sanskrit noch immer viel Aufsehn erregen, schreibt jetzt ein großes Werk über allgemeine Sprachkunde. Ungefähr dreißig Studenten, worunter sehr viele Polen, sind wegen demagogischer Umtriebe arretiert worden. Schadow hat ein Modell zu einer Statue des großen Friedrichs vollendet. Der Tod des jungen Schadow in Rom hat hier viel Teilnahme erregt. Wilhelm Schadow, der Maler, lieferte neulich ein vortreffliches Bild, die Prinzessin Wilhelmine mit ihren Kindern darstellend. Wilhelm Hensel wird erst diesen Mai nach Italien reisen. Kolbe ist beschäftigt mit den Zeichnungen der Glasmalereien für das Schloß zu Marienburg. Schinkel zeichnet die Skizzen der Dekorationen zu Spontinis „Milton“. Dieses ist eine schon alte Oper in einem Akte, die hier nächstens zum erstenmal gegeben werden soll. Der Bildhauer Tieck arbeitet am Modell der Statue des Glaubens, welche in einer von den beiden Nischen am Eingang des Doms aufgestellt wird. Rauch ist noch immer beschäftigt mit den Basreliefs zu Bülows Statue; diese und die schon fertige Statue Scharnhorsts werden an beiden Seiten des neuen Wachthauses (zwischen dem Universitätsgebäude und dem Zeughause) aufgestellt. – Die ständischen Arbeiten gehn, dem äußern Anscheine nach, rasch vorwärts. Die Notabeln von Ost- und Westpreußen werden dieser Tage von unserer Regierung entlassen und alsdann durch die Notabeln unserer sächsischen Provinzen ersetzt werden. Die Notabeln der Rheinprovinzen, sagt man, sollen die letzten sein, die herberufen werden. Von den Verhandlungen der Notabeln mit der Regierung erfährt man nichts, da sie, wie man sagt, Juramentum silentii abgelegt haben. – Unsere Differenzen mit Hessen, wegen Verletzung des Territorialrechts bei dem Prinzessinraube in Bonn, scheinen nicht beigelegt zu sein; es will sogar verlauten, als sei unser Gesandte am Kasseler Hofe zurückberufen. – Es wird hier ein neuer sächsischer Gesandte erwartet. Der hiesige portugiesische Gesandte, Graf Lobrau, ist jetzt definitiv von seiner Regierung entlassen; ein neuer portugiesischer Gesandte wird täglich erwartet. Unser preußischer Gesandte für Portugal, Graf von Flemming, der Neffe des Staatskanzlers, ist noch immer hier. Unsere Gesandten bei dem königl. sächsischen und bei dem großherzoglich darmstädtischen Hofe, Herr v. Jordan und Baron v. Otterstedt, sind ebenfalls noch hier. Ein neuer französischer Gesandte wird hier erwartet. – Von der Heirat des schwedischen Prinzen Oskar mit der schönen Fürstin Elise Radziwill wird hier viel gesprochen. Von der Verbindung unseres Kronprinzen mit einer deutschen Fürstentochter verlautet nichts weiter. Großen Festlichkeiten sieht man hier entgegen bei Gelegenheit der Vermählung der Prinzessin Alexandrine. Die Assembleen bei den Ministern sind jetzt geschlossen; die einzigen, die noch fortdauern, sind die, welche dienstags bei dem Fürsten Wittgenstein stattfinden. Unser Staatskanzler befindet sich jetzt ganz hergestellt und ist teils hier, teils in Glienicke. – Zur Ostermesse erscheinen: „Jahrbücher der königl. preuß. Universitäten“. Der Bibliothekar Spieker gibt das Festspiel „Lalla Rookh“ heraus. – Der Riese, der auf der Königsstraße zu sehen war, ist jetzt auf der Pfaueninsel. – Devrient ist noch immer nicht ganz hergestellt. Boucher und seine Frau geben jetzt Konzerte in Wien. Maria von Webers neue Opern heißen „Euryanthe“, Text von Helmine von Chézy, und „Die beiden Pintos“, Text von Hofr. Winkler. Bernhard Romberg ist hier.

Ach Gott! es ist eine schlimme Sache mit Notizenschreiben. Die wichtigsten darf man oft nicht mitteilen, wenn man sie nicht verbürgen kann. Kleine Klatschereien darf man ebenfalls nicht schreiben; erstens, weil sie oft zu tief in Familienverhältnisse eingreifen, und zweitens und hauptsächlich, weil die, welche in Berlin am amüsantesten sind, oft in der Provinz langweilig und läppisch klingen. Um des lieben Himmels willen, was interessiert es die Damen in Dülmen, wenn ich erzähle, daß jene Tänzerin jetzt im Dualis sprechen könnte und jener Leutnant auffallend falsche Waden und Lenden trägt? Was kümmert’s diese Damen, ob ich in jener Tänzerin eine oder zwei Personen annehme und ob ich jenen Leutnant aus zwei Drittel Watte und ein Drittel Fleisch oder aus zwei Drittel Fleisch und ein Drittel Watte bestehen lasse? Was soll man endlich Notizen über Menschen schreiben, von denen man gar keine Notiz nehmen sollte?


Wie man diesen Winter hier lebte, läßt sich von selbst erraten. Das bedarf keiner besondern Schilderung, da Winterunterhaltungen in jeder Residenz dieselben sind. Oper, Theater, Konzerte, Assembleen, Bälle, Tees (sowohl dansant als médisant), kleine Maskeraden, Liebhabereikomödien, große Redouten usw., das sind wohl unsere vorzüglichsten Abendunterhaltungen im Winter. Es ist hier ungemein viel geselliges Leben, aber es ist in lauter Fetzen zerrissen. Es ist ein Nebeneinander vieler kleinen Kreise, die sich immer mehr zusammenzuziehen als auszubreiten suchen. Man betrachte nur die verschiedenen Bälle hier; man sollte glauben, Berlin bestände aus lauter Innungen. Der Hof und die Minister, das diplomatische Korps, die Zivilbeamten, die Kaufleute, die Offiziere usw. usw., alle geben sie eigene Bälle, worauf nur ein zu ihrem Kreise gehöriges Personal erscheint. Bei einigen Ministern und Gesandten sind die Assembleen eigentlich große Tees, die an bestimmten Tagen in der Woche gegeben werden und woraus sich durch einen mehr oder minder großen Zusammenfluß von Gästen ein wirklicher Ball entwickelt. Alle Bälle der vornehmen Klasse streben, mit mehr oder minderm Glücke, den Hofbällen oder fürstlichen Bällen ähnlich zu sein. Auf letztern herrscht jetzt fast im ganzen gebildeten Europa derselbe Ton, oder vielmehr, sie sind den Pariser Bällen nachgebildet. Folglich haben unsere hiesigen Bälle nichts Charakteristisches; wie verwunderlich es auch oft aussehen mag, wenn vielleicht ein von seiner Gage lebender Sekondeleutnant und ein mit Läppchen und Geflitter mosaikartig aufgeputztes Kommißbrotfräulein sich auf solchen Bällen in ent setzlich vornehmen Formen bewegen und die rührend kümmerlichen Gesichter puppenspielmäßig kontrastieren mit dem angeschnallten, steifen Hofkothurn.

Einen einzigen, allen Ständen gemeinsamen Ball gibt es hier seit einiger Zeit, nämlich die Subskriptionsbälle oder die scherzhaft „unmaskierte Maskeraden“ genannten Bälle im Konzertsaale des Neuen Schauspielhauses. Der König und der Hof beehren dieselben mit ihrer Gegenwart, letzterer eröffnet sie gewöhnlich, und für ein geringes Entree kann jeder anständige Mensch daran teilnehmen. Über diese Bälle und die Hoffestlichkeiten spricht sehr schön die geist- und gemütreiche Baronin Karoline Fouqué in ihren „Briefen über Berlin“, die ich wegen der Tiefe der Anschauung, die darin herrscht, Ihnen nicht genug empfehlen kann. Dieses Jahr fielen die Subskriptionsbälle nicht so glänzend aus wie voriges Jahr, da sie damals noch den Reiz der Neuheit hatten. Die Bälle der großen Staatsbeamten hingegen waren diesen Winter besonders brillant. Meine Wohnung liegt zwischen lauter Fürsten- und Ministerhotels, und ich habe deshalb oft des Abends nicht arbeiten können vor all dem Wagengerassel und Pferdegetrampel und Lärmen. Da war zuweilen die ganze Straße gesperrt von lauter Equipagen; die unzähligen Laternchen der Wagen beleuchteten die galonierten Rotröcke, die rufend und fluchend dazwischen herumliefen, und aus den Beletagefenstern des Hotels, wo die Musik rauschte, gossen kristallene Kronleuchter ihr freudiges Brillantlicht.

Wenig Schnee und folglich auch fast gar kein Schlittengeklingel und Peitschengeknall hatten wir dieses Jahr. Wie in allen protestantischen Städten spielt hier Weihnachten die Hauptrolle in der großen Winterkomödie. Schon eine Woche vorher ist alles beschäftigt mit Einkauf von Weihnachtsgeschenken. Alle Modemagazine und Bijouterie- und Quincailleriehandlungen haben ihre schönsten Artikel – wie unsere Stutzer ihre gelehrten Kenntnisse – leuchtend ausgestellt; auf dem Schloßplatze stehen eine Menge hölzerner Buden mit Putz-, Haushaltung- und Spielsachen; und die beweglichen Berlinerinnen flattern, wie Schmetterlinge, von Laden zu Laden und kaufen und schwatzen und äugeln und zeigen ihren Geschmack und zeigen sich selber den lauschenden Anbetern. Aber des Abends geht der Spaß erst recht los; dann sieht man unsere Holden oft mit der ganzen respektiven Familie, mit Vater, Mutter, Tante, Schwesterchen und Brüderchen, von einem Konditorladen nach dem andern wallfahrten, als wären es Passionsstationen. Dort zahlen die lieben Leutchen ihre zwei Kurantgroschen Entree und besehen sich con amore die „Ausstellung“, eine Menge Zucker- oder Drageepuppen, die, harmonisch nebeneinander aufgestellt, rings beleuchtet und von vier perspektivisch bemalten Wänden eingepfercht, ein hübsches Gemälde bilden. Der Hauptwitz ist nun, daß diese Zuckerpüppchen zuweilen wirkliche, allgemein bekannte Personen vorstellen. Ich habe eine Menge dieser Konditorladen mit durchgewandert, da ich nichts Ergötzlicheres kenne, als unbemerkt zuzuschauen, wie sich die Berlinerinnen freuen, wie diese gefühlvolle Busen vor Entzücken stürmisch wallen und wie diese naiven Seelen himmelhoch aufjauchzen: „Ne, des is schene!“ Bei Fuchs waren in der heurigen Ausstellung Bilder aus „Lalla Rookh“, wie man sie vorig Jahr auf dem bekannten Hoffeste im Schlosse sah. Es war mir unmöglich, von dieser Herrlichkeit bei Fuchs etwas zu sehen, da die holden Damenköpfchen eine undurchdringliche Mauer bildeten vor dem viereckigen Zuckergemälde. Ich will Sie nicht langweilen, mein Lieber, mit der Beurteilung der Ausstellung bei allen Konditoren; der Kriegsrat Karl Müchler, der, wie man sagt, Berliner Korrespondent in der „Eleganten Welt“ ist, hat bereits in diesem Blatte eine solche Rezension geliefert.

Von den Redouten im Jagorschen Saale läßt sich nichts Erhebliches sagen, außer daß bei denselben die schöne Einrichtung getroffen ist, daß es jedem, der sich dort zu Tode zu ennuyieren fürchtet, ganz unverwehrt bleibt, sich wieder zu entfernen. Die Redouten im Opernhause sind sehr schön und großartig. Wenn dergleichen gegeben werden, ist das ganze Parterre mit der Bühne vereinigt, und das gibt einen ungeheuern Saal, der oben durch eine Menge ovaler Lampenleuchter erhellt wird. Diese brennenden Kreise sehen fast aus wie Sonnensysteme, die man in astronomischen Kompendien abgebildet findet, sie überraschen und verwirren das Auge des Hinaufschauenden und gießen ihren blendenden Schimmer auf die buntscheckige, funkelnde Menschenmenge, die, fast die Musik überlärmend, tänzelnd und hüpfend und drängend im Saale hin und her wogt. Jeder muß hier in einem Maskenanzuge erscheinen, und niemanden ist es erlaubt, unten im großen Tanzsaale die Maske vom Gesicht zu nehmen. Ich weiß nicht, in welchen Städten dieses auch der Fall wäre. Nur in den Gängen und in den Logen des ersten und zweiten Ranges darf man die Larve ablegen. Die niedre Volksklasse bezahlt ein kleines Entree und kann, von der Galerie aus, auf all diese Herrlichkeit herabschauen. In der großen königl. Loge sieht man den Hof, größtenteils unmaskiert; dann und wann steigen Glieder desselben in den Saal hinunter und mischen sich in die rauschende Maskenmenge. Diese besteht aus Menschen von allen Ständen. Schwer ist hier zu entscheiden, ob der Kerl ein Graf oder ein Schneidergesell ist; an der äußern Repräsentation würde dieses wohl zu erkennen sein, nimmermehr an dem Anzuge. Fast alle Männer tragen hier nur einfache seidene Dominos und lange Klapphüte. Dieses läßt sich leicht aus dem großstädtischen Egoismus erklären. Jeder will sich hier amüsieren und nicht als Charaktermaske andern zum Amüsement dienen. Die Damen sind aus demselben Grunde ganz einfach maskiert, meistens als Fledermäuse. Eine Menge femmes entretenues und Priesterinnen der ordinären Venus sieht man in dieser Gestalt herumflirren und Erwerbsintrigen anknüpfen. „Ich kenne dir“, flüstert dort eine solche Vorbeiflirrende. „Ich kenne dir auch“, ist die Antwort. „Je te connais, beau masque“, ruft hier eine Chauve-souris einem jungen Wüstlinge entgegen. „Si tu me connais, ma belle, tu n’es pas grande chose“, entgegnet der Bösewicht ganz laut, und die blamierte Donna verschwindet wie ein Wind.

Aber was ist daran gelegen, wer unter der Maske steckt? Man will sich freuen, und zur Freude bedarf man nur Menschen. Und der Mensch ist man erst recht auf dem Maskenballe, wo die wächserne Larve unsere gewöhnliche Fleischlarve bedeckt, wo das schlichte Du die urgesellschaftliche Vertraulichkeit herstellt, wo ein alle Ansprüche verhüllender Domino die schönste Gleichheit hervorbringt und wo die schönste Freiheit herrscht – Maskenfreiheit. Für mich hat eine Redoute immer etwas höchst Ergötzliches. Wenn die Pauken donnern und die Trompeten erschmettern und liebliche Flöten- und Geigenstimmen lockend dazwischen tönen, dann stürze ich mich wie ein toller Schwimmer in die tosende, bunt beleuchtete Menschenflut und tanze und renne und scherze und necke jeden und lache und schwatze, was mir in den Kopf kömmt. Auf der letzten Redoute war ich besonders freudig, ich hätte auf dem Kopfe gehen mögen, ein bacchantischer Geist hatte mein ganzes Wesen ergriffen, und wär mein Todfeind mir in den Weg gekommen, ich hätte ihm gesagt: „Morgen wollen wir uns schießen, aber heute will ich dich recht herzlich abküssen.“ Die reinste Lustigkeit ist die Liebe, Gott ist die Liebe, Gott ist die reinste Lustigkeit! „Tu es beau! tu es charmant! tu es l’objet de ma flamme! je t’adore, ma belle!“ Das waren die Worte, die meine Lippen hundertmal unwillkürlich wiederholten. Und allen Leuten drückte ich die Hand und zog vor allen hübsch den Hut ab; und alle Menschen waren auch so höflich gegen mich. Nur ein deutscher Jüngling wurde grob und schimpfte über mein Nachäffen des welschen Babeltums und donnerte im urteutonischen Bierbaß: „Auf einer teutschen Mummerei soll der Teutsche Teutsch sprechen!“ O deutscher Jüngling, wie finde ich dich und deine Worte sündlich und läppisch in solchen Momenten, wo meine Seele die ganze Welt mit Liebe umfaßt, wo ich Russen und Türken jauchzend umarmen würde und wo ich weinend hinsinken möchte an die Bruderbrust des gefesselten Afrikaners! Ich liebe Deutschland und die Deutschen; aber ich liebe nicht minder die Bewohner des übrigen Teils der Erde, deren Zahl vierzigmal größer ist als die der Deutschen. Die Liebe gibt dem Menschen seinen Wert. Gottlob! ich bin also vierzigmal mehr wert als jene, die sich nicht aus dem Sumpfe der Nationalselbstsucht hervorwinden können und die nur Deutschland und Deutsche lieben.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Briefe aus Berlin 1822