Tegel , Februar 1835. Den 27. Februar.

Ich endete meinen Brief mit Wohlgefallen an Ihrer heiteren Stimmung, und fange wieder damit an und komme darauf zurück. Da das Jahr so gut angefangen hat, wird es auch erwünscht enden. Es ist schon viel mit der guten Vorbedeutung gewonnen, und der Aberglaube selbst ist nützlich, wenn er im Vertrauen bestärkt. Denn Hauptereignisse und wahre Unglücksfälle abgerechnet, nehmen die Dinge meistenteils die Farbe der Seele an. Ein Gemüt, das sich meist in Heiterkeit erhält, ist schon darum so schön, weil es immer auch ein genügsames und anspruchsloses ist. Ich rede natürlich nicht von der durch Leichtsinn entstehenden Sorglosigkeit. Den Leichtsinn schließt schon der Ausdruck der Heiterkeit aus. Denn dies schöne Wort wird in unserer Sprache immer nur im edelsten Sinn genommen. Was heiter macht, ist entweder die ruhig besonnene Klarheit des Geistes und der Gedanken, oder das Bewußtsein einer frohen, aber des Menschen würdigen Empfindung. Man kann nicht Heiterkeit moralisch gebieten, aber nichtsdestoweniger ist sie die Krone schöner Sittlichkeit. Denn die Pflichtmäßigkeit ist nicht der Endpunkt der Moralität, vielmehr nur ihre unerläßliche Grundlage. Das Höchste ist der sittlich-schöne Charakter, der durch die Ehrfurcht vor dem Heiligen, den edlen Widerwillen gegen alles Unreine, Unzarte und Unfeine, und durch die tief empfundene Liebe zum rein Guten und Wahren gebildet wird. In einem solchen Charakter herrscht die Heiterkeit von selbst, wird nur durch wahren Kummer auf Zeiten verdrängt, doch bleibt sie auch da noch, nur in veränderter Gestalt und sich mit der Wehmut vermählend, zurück. So ist sie beglückend und veredelnd zugleich. Daß zur Aufheiterung des Gemüts eine auch heitere Gestaltung der den Menschen zunächst und täglich umgebenden Dinge beiträgt, erkennt niemand so sehr an als ich. Ich bin daher ganz einverstanden mit dem Plan, der Sie zu dem Ende beschäftigt, und wünsche von Herzen, daß er gut vonstatten gehen möge, und bitte Sie, mich von der Ausführung in einigem Detail zu benachrichtigen...

Es scheint, als könne man den eigentlichen Winter als beendigt ansehen. Solche gelinde Winter wie der diesjährige sind zwar weniger schön für das Auge und gewähren nicht die Wintervergnügungen, aber sie sind, was wichtiger ist, menschlicher. Die starrenmachende Kälte hat schon für die Einbildungskraft, geschweige für das Gefühl etwas Beengendes und wahrhaft Fürchterliches, der Not nicht zu gedenken, in welche ein strenger Winter die ärmeren Volksklassen versetzt, und der auch durch reiche Almosen nie ganz abzuhelfen möglich ist, da selbst wohlhabenden Haushaltungen der Unterschied eines strengen und gelinden Winters immer fühlbar bleibt.


Den 27. Februar.

Ich bin im Besitz Ihres Briefes vom 18. d. Monats und danke Ihnen sehr dafür. Ich freue mich, daß Sie fortfahren, wohl und heiter zu sein. Leben Sie heute recht wohl! Wenn mein nächster Brief abgeht, fangen schon die ersten Blätter an hervorzubrechen.

Mit unveränderlicher Teilnahme der Ihrige. H.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Briefe an eine Freundin