Berlin , im April 1824.

Allerdings gehört das vollkommene Gelingen unserer Unternehmungen der ursprünglichen Kraft wohl größtenteils an, die der Mensch nicht in seiner Gewalt hat. Ich teile ganz Ihre Meinung, daß es noch mehr von einem nicht zu erklärenden höheren Segen abhängt, der einzelne begleitet, und wohl, wie Sie sagen, auf der Lauterkeit Ihrer Gesinnungen beruht. Ihr Ausdrucke, daß es scheine, als ob die Gottheit ihren Segen nur in reine Gefäße ergieße, hat mir ungemein gefallen. Der Mensch vermag diesen Segen, wenn er ihm entsteht, nicht herbeizuzaubern. Daß dieser Segen wirklich mit den Menschen zusammenhängt auf unsichtbare und geheimnisvolle Weise, das glaube ich mit Ihnen. Aber die Begriffe von Glück und Unglück sind selbst bei denen, die richtige Ideen zu haben pflegen, so unbestimmt und so irrig, daß ich von früh an immer gestrebt habe, mir darüber ganz klar zu werden, und wie ich dahin gelangt bin, habe ich gefühlt, daß man des Glückes, bis auf einen gewissen Grad wenigstens, immer sicher ist, so wie man sich von den äußeren Umständen unabhängig macht, so wie man lernt, Freude aus allem Erfreulichen in Menschen und Dingen zu ziehen, aber in Menschen und Dingen nichts eigentlich zu bedürfen.

Gewiß hat man seinen Lohn dahin, indem alles Verdienst aufhört, wenn man der Folgen wegen etwas tut.


Was ich beitragen kann, Ihr Leben zu erheitern, werde ich immer mit Freuden nach meinen Kräften tun. Erlauben Sie mir den Rat, sich einmal einige Erholung zu gönnen in der schönen Jahreszeit; sollte Ihnen nicht eine Badekur zuträglich sein? Antworten Sie mir vertrauend, liebe Charlotte, niemand als Sie und ich weiß von dem, was Sie mir und ich Ihnen sage. H.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Briefe an eine Freundin