Berlin , den 14. Februar 1823.

Sie verstummen ja ganz, liebe Charlotte. Es ist ungewöhnlich lange, daß ich keine Zeile von Ihnen erhielt. Schon seit acht Tagen wollte ich Sie bitten, das Stillschweigen zu brechen. Aber ich hoffte mit jedem Posttag einen Brief zu erhalten. Wenn Sie nur nicht krank sind! Allein gerade dann, dächte ich, hätten Sie geschrieben, mir wenigstens das zu sagen. Sie waren aber sehr angegriffen, hatten sich sehr angestrengt, dazu jetzt die kalte Witterung, das alles könnte Ihnen doch wohl geschadet haben. Ich bitte Sie inständigst, schreiben Sie mir, wie es Ihnen geht. Ich würde in der Tat sehr unruhig sein, wenn ich auch jetzt keinen Brief erhielte. Ich bin wohl, aber sehr beschäftigt. Mein Bruder war vier Wochen hier bei mir. Er ist nun nach Paris zurückgegangen; während seiner Anwesenheit hatte ich alles liegen lassen, und so ist schon das, was sich in meinen Geschäften angehäuft hat, so ansehnlich, daß ich ein paar Wochen daran aufzuräumen haben werde. Darum verzeihen Sie auch die Kürze meiner Zeilen. Da Siegern lange Briefe von mir haben, so wird Ihnen mein letzter gefallen haben, er füllte den ganzen Bogen, und mit meiner kleinen Handschrift ist das sehr viel. Leben Sie wohl, und ich bitte, schreiben Sie mir gleich. Von Herzen und mit unveränderlichen Gesinnungen der Ihrige. H.

Das Geheimnis des Glücks in der Liebe
ISBN: 978-3-939198-38-3
Preis: 9,90 €
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Briefe an eine Freundin