Abschnitt 1

Zwischen dem Großherzog Friedrich Franz I. und dem Feldmarschall v. Blücher bestand ein freundschaftliches Verhältnis, das nicht erst durch Blüchers Ruhm begründet wurde. Dies bezeugt der Briefwechsel zwischen beiden aus den Jahren 1787 - 1790. Das Schweriner Archiv bewahrt sieben Briefe Blüchers aus dieser Zeit an den damaligen Herzog Friedrich Franz. Aus späterer Zeit (1817) ist nur einer erhalten. Der früheste vorhandene Brief ist aus Berlin, vom

Harren die Erlaubnis erhalten, wieder ins preußische Heer einzutreten, als Major bei seiner alten Truppe, dem Schulenburgischen, vormals Bellingschen Husarenregiment. Hiervon machte er dem Herzoge, in dem er als geborener Mecklenburger immer noch seinen Landesherrn sah, alsbald Mitteilung und dankte zugleich für die seinem "guten, aber unglücklichen Bruder" 1)
erwiesene Gnade. Im Jahre darauf (14. Juni 1788) meldete Blücher aus seinem hinterpommerschen Standort Rummelsburg seine Beförderung zum Obristleutnant. Auf beide Schreiben empfing er freundliche, glückwünschende Antworten. Sein nächster Brief an den Herzog ist ebenso wie die folgenden hauptsächlich im Interesse seines für den Militärdienst bestimmten Neffen geschrieben.


Der Brief 2)
lautet:

Allergnädigster Landes-Herr.

Ich war fest entschloßen, Euer Hochfürstlichen Durchlauchten meine tiefste Submission persöhnlich zu bezeugen. Ein Krank-Lager von 7 Wochen beraubte mich diese Glückseeligkeit und nun sind die Aussichten hier so, daß man sich vom grossen Haufen nicht entfernen darf. Ich nehme dieserhalb zu meinem innigst geliebten Landes-Herrn meine Zuflucht schriftlich, von einen Vertrauen beseelt, was Euer Durchlaucht durch Gnade und Herablaßung mir eingeflößt. Mein Bruder-Sohn 3)
hat das Glück, Eure Durchlaucht als Page zu dienen. Als ein armer Edelmann ist für ihm keine andere Bestimmung, als sich einen rühmlichen Todt oder ein mäßiges Auskommen im Militair-Dienst zu erwerben. Erlaubten es also Euer Durchlaucht, so würde ich diesen jungen Menschen in hiesige Dienste, und zwar bei dem Regiment, wobei ich stehe, anzubringen suchen, der Cheff ist mein Freundt und ich darf auf seinen Beistand zur Fortun meines Neffen rechnen, allein, Gnädigster Landes-Herr, sein Vater ist arm und kann ihm mit nichts unterstützen; für mich wäre dieses Pflicht, ich habe aber selbst starcke Familie und bin in Ansehung meiner Oeconomie mit Beschämung sen es gesagt, vielleicht mehr Kind als mein Bruder-Sohn. Allergnädigster Herr, geruhen Sie diesen jungen Menschen eine geringe Zulage monathlich, so lange er Juncker ist, zu accordiren, für diese allerhöchste Huld werde ich täglich zum heiligen Subiesky flehen, daß er durch hundert gutte Jahre den Appetit meines innig geliebten Landes-Herrn so erhalte wie beim Punsch unter den Krohn-Leuchter in der Stadt Paris 4)
.

Mit mich geht dieser mein Schutz-Patron tyranisch um, vor das zu viel genoßene Gute zu Berlin hat er mich die gantze Woche ordinairen Wein zu trincken verurtheilt, und nur am Sontage ist es mich erlaubt, beim Punsch für die Gesundheit meines liebeswürdigsten Landes-Herrn zu flehen, welches denn auch von ganzen Hertzen geschiehet.

Es hat allen Anschein, das wir aufs Früh-Jahr marschiren werden, ich gehe mit den Entschluß, mich so zu verhalten, daß Euer Hochfürstlichen Durchlaucht mit dem Betragen Ihres Vasallen zufrieden seyn. Im voraus bitte zu dieser Wallfahrt um den Seegen des besten Fürsten, für den ich mit die Gesinnungen der tiefsten Verehrung und Submission lebenslang seyn werde

Euer Hochfürstlichen Durchlauchten

alleruntertänigster und gewiß treuster Diener

Blücher,

Rummelsburg in Pommern, den 14t. Decbr. 1788.

Auf der Rückseite dieses Briefes findet sich folgender Vermerk von der Hand des Herzogs:

Ich habe unter dem heutigen Dat. auf dem, was wegen des Supl. Neveu in diesem Briefe stehet, folgendes geantwortet. Was Sie mich wegen Ihren Neveu schreiben, will ich ihm, bis daß er Officir wird, mit einem Louisd'or monathl. gerne accordiren und Ihnen das Geld in Quartal-Ratis durch meinen Cab.-S. 5)
Foeldtner richtig übermachen lassen, nur wan er Officir wird, muß ich zum voraus sagen, finde ich mich außer Stande, ihm weiter zu helfen, da ich zuviel junge Leute auf meine Tasche habe und ich ehe die Zahl zu vermindern als zu vermehren suche.

Llust 26. Dec. 88. F. F. H. z. M.

Am 20. Februar 1789 dankte Blücher für die dem Neffen gewährte Zulage. Als dann im nächsten Jahre Preußen gegen Österreich mobil machte, meldete er am 16. Mai aus Rummelsburg dem Herzoge, daß der Befehl zum Aufbruche gekommen sei, und bat, seinem Neffen, der als ältester Junker des Regiments die Garnison verlasse, zur Equipierung zu verhelfen, sobald er Offizier werde. Der Feldzug bestand in einem Aufmarsch an der schlesisch-böhmischen Grenze, verlief unblutig und wurde durch den Vertrag von Reichenbach beendet. Aus dem Aufmarschgebiet schrieb Blücher:

Durchlauchtigster Herzog,

Gnädigst und innigst geliebter Herr und Landes-Vatter.

Ew. Hochfürstlicht Durchlauchten melde allerunterthänigst, wie mein Bruder-Sohn durch die Allerhöchste Gnade des Königs zum Cornet avancirt. Da er aber vorjetzt noch übercompletter Officier ist und kein Tractament genießt, so fält die gantze Last seiner Unterhaltung auf mich. Bey dem besten Willen und Überzeugung meiner Pflicht, ihm helfen zu müßen, herßt doch in meinen Finanz-Umständen für dieses Jahr gäntzlicher Mißwachß, so daß ich nicht absehe, wie ich und mein Cornet ohne Wunder durchkommen werde. Mich bleibt nichts übrig, als Ihnen, Allergnädigster Herr, bey dem heiligen Subiesky zu beschweren, Ihre wohlthuende Hand nicht von uns abzuziehen, denn voll Vertrauen zu der Gnade des besten innig geliebtesten Landes-Vater wage ich es, allerunterthänigst zu bitten, den angehenden Krieger zu Anschaffung seiner Officier-Equipage ein Gnaden-Geschenk angedeyen zu laßen. Der junge Mensch hat durch Dienst-Fleiß und guter Aufführung die Liebe und Achtung aller Officier erworben, und ich darf zuversichtlich hofen, daß der Dienst des Königes einen rechtschaffenen Officier an ihm erhalten wird. Ich übergebe sein Schicksahl der Allerhöchsten Gnade Ew. Hochfürstl. Durchlaucht und dancke allerunterthänigst für die bishero mich und ihm erzeugte Gnade.




1) Gemeint ist Siegfried Ulrich v. B., Oberforstmeister in Testorf bei Zarrentin (Wigger, Gesch. d. Familie v. Blücher, II, 1, S. 158 ff.).
2) Wie alle hier erwähnten Briefe Blüchers aus der Zeit bis 1790 von fremder Hand geschrieben. Unterschrift eigenhändig.
3) Gustav v. Blücher, geb. 1770, gest. 1854 als preußischer Major, Sohn des Oberforstmeisters Siegfried Ulrich v. B., Wigger a. a. O. S. 161 ff.
4) Der heilige Sobiesky und der Kronleuchter in der Stadt Paris, offenbar einem Berliner Gasthof, spielen schon in der früheren Korrespondenz eine Rolle. Blücher bezeichnete sich als Mundschenk des Königs von Polen Johannes Sobiesky. Es muß sich dabei um irgend einen Ulk handeln.
5) Cabinet-Secretair.