Vorwort

Aus der Reihe der Kapitulationen, die der doppelten Niederlage des preußischen Heeres am 14. Oktober 1806 folgten und den Untergang des Staates Friedrichs des Großen einzuleiten schienen, ragt turmhoch die Kapitulation Blüchers bei Ratkau hervor; denn sie erfolgte erst, nachdem Blücher durch einen an Kämpfen reichen, durch Mangel am Notwendigsten erschwerten Rückzug vom Thüringer Land bis fast zur Ostsee in einer Zeit des moralischen Zusammenbruchs ein für alle Zeiten leuchtendes Beispiel treuester militärischer Pflichterfüllung und heldischer Aufopferung gegeben und damit bewiesen hatte, daß der Geist, der die Schlachten des Siebenjährigen Krieges gewinnen half, doch nicht völlig im preußischen Heere erloschen sei. Der letzte und schwerste der Kämpfe, die der tapfere General zu bestehen hatte, ehe er, von sechsfacher Übermacht umringt, die Waffen streckte, brachte Tage des Schreckens über die altberühmte Hansestadt Lübeck, die in seiner Geschichte unvergessen bleiben werden. Aber der Zorn, den die guten Bürger der ehemaligen freien Stadt über den preußischen General empfanden, weil er ihre Heimat den Greueln des Krieges preisgab, ist längst dem Stolze gewichen, daß der Kampf bei und in Lübeck zu einem Ruhmestitel des preußischen Heeres wurde, an dem die Hoffnungen deutscher Vaterlandsfreunde auf eine glücklichere Zukunft sich beleben konnten.

Leipzig, 15. November 1912.
Horst Kohl