Bildnisse berühmter Männer - Rezensionen

Aus: Deutsches Museum. Zeitschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben. Herausgegeben von Robert Prutz. 1ter Jahrgang 1851. Januar-Juni.
Autor: Redaktion - Deutsches Museum, Erscheinungsjahr: 1851
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Große deutsche Männer, Amerikanische Männer, berühmte Männer, Goethe, Herder, Humboldt, Hebel, Schiller, Staatsmänner, Dichter, Denker, Wissenschaftler, Forscher
Das Land der alten und das Land der neuen Bildung, Deutschland, dessen Gestirn immer unaufhaltsamer in immer tiefere Nacht versinkt, und Amerika, dessen sterngeschmücktes Banner bereits so Vielen als das Banner der Zukunft überhaupt erscheint, halten gleichzeitig Heerschau über ihre großen Männer — oder doch wenigstens über die Bildnisse derselben.

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Von den „großen Deutschen“ wird uns von Leipzig aus sogar zur selben Zeit eine doppelte Sammlung angekündigt. Sollte es vielleicht deshalb sein, weil wir in der Tat solchen Überfluss an großen Männern haben? Oder tritt vielleicht umgekehrt auch hier der bekannte Fall ein, dass man am meisten an das denkt, was man am schmerzlichsten entbehrt? und nicht der Überfluss, sondern vielmehr der Mangel großer, bedeutender Persönlichkeiten, an dem die deutsche Gegenwart leidet, hätte uns zu diesem Kultus unserer Berühmtheiten zurückgeführt? — Jedenfalls scheint uns von den beiden Leipziger Unternehmungen, diejenige, welche sich lediglich auf die Berühmtheiten der Vergangenheit, auf die Heroen deutscher Wissenschaft und Kunst beschränkt hat, das bessere Teil erwählt zu haben. Die „Bildnisse berühmter Deutschen“, welche in Breitkopf und Härtel’schem Verlag erscheinen und von denen uns das erste Heft, die Bildnisse von Lessing, Goethe, Winkelmann enthaltend, vorliegt, sollen, dem Prospekt zufolge, die Bildnisse derjenigen großen Männer vorführen, welche „seit dem Aufschwung des deutschen Geistes im vorigen Jahrhundert die Vorbilder der Nation, vornehmlich in Kunst und Wissenschaft“ gewesen und als die „geistigen Häupter derselben anerkannt“ sind. Das Unternehmen beschränkt sich also auf ein echt deutsches Gebiet, das Gebiet des Geistes, der Theorie des Ideals, dieses einzige, welches uns armen Deutschen überhaupt bestimmt zu sein scheint, und das wir gleichwohl, wie fest wir uns jetzt auch darin angesiedelt haben, auf die Dauer nicht behaupten können, es sei denn, dass wir die neue Welt, die Welt des Handelns und der Tat, dazu erwerben. Dieselbe vorsichtige Beschränkung spricht sich auch in der Auswahl derjenigen Persönlichkeiten aus, deren Bildnisse, im Ganzen vierundzwanzig, uns in dieser Sammlung geliefert werden sollen. Nicht nur fehlt aus den bezeichneten Gebieten und für die angegebene Zeit kein Name, der auf die wirkliche und allgemeine Verehrung der deutschen Nation begründeten Anspruch hätte! sondern, was wir noch viel höher anschlagen, es hat auch keine Rücksichtnahme Unebenbürtigen den Zutritt eröffnet. — Eben so gediegen endlich, um nach der vorliegenden Probe zu urteilen, ist auch die Ausführung. Über die Wahl der Gemälde freilich, nach denen die Zeichnungen genommen, ließe sich mitunter einigermaßen rechten. Das Goethe’sche Bildnis zum Beispiel, nach dem Sebbers’schen Original, mag sehr treu, sehr ähnlich sein, es mag den achtzigjährigen Greis mit großer Genauigkeit bis auf die kleinste Falte, die leiseste Runzel hin darstellen. Aber in einer Sammlung, welche nicht der flüchtigen Neugier dienen, nein, die wahrhaft dem Kultus des deutschen Genius gewidmet sein soll, hätten wir doch lieber einen Goethe gesehen, der uns auch in seiner äußerlichen Erscheinung die großartige, selige Lebensfülle, die gediegene, stolze Manneskraft dieses erhabenen Genius dargestellt hätte; nicht also den achtzigjährigen, sondern den Goethe, der Egmont und Tasso vollendete, den Goethe, mit einem Wort, der unter Italiens Himmel „nordische Kraft mit griechischer Anmut vermählte“ und dadurch der deutschen Poesie ihren eigentümlichsten und dauerndsten Ausdruck gab. — Was dagegen die Ausführung der Stiche betrifft, (sie sind sämtlich von dem bekannten, tüchtigen Meister Stichling) so ist dieselbe vortrefflich; das Auge des Kunstfreundes, ermüdet durch die kokette Zierlichkeit der üblichen Stahlstiche, ruht ordentlich mit Wohlgefallen aus auf diesen markigen, kräftigen und dabei doch so zarten, so gefühlten Linien. Gelingt es den Unternehmern, das Werk in derselben gediegenen Weise fortzuführen, so wird es außer seinem nächsten Zweck, ein Ehrendenkmal für die Vergangenheit deutscher Wissenschaft und Kunst zu sein, auch noch den erfüllen, eine glänzende und siegreiche Probe von den gegenwärtigen Leistungen des deutschen Grabstichels zu geben.

Eine weit misslichere Aufgabe haben sich die „Deutschen Zeitgenossen“ gestellt, welche im Weigel’schen Verlag erscheinen und von denen uns ebenfalls die erste Lieferung vorliegt. Während jene sich nur auf Kunst und Gelehrsamkeit beschränken und von Mitlebenden nur wenig allgemein anerkannten Namen den Zutritt gestattet haben, wollen die „Zeitgenossen“ eine „lebensvolle Galerie“ liefern, der „bedeutendsten vaterländischen Persönlichkeiten der Gegenwart“ und zwar nicht bloß der Gelehrten und Künstler, sondern auch — der Staatsmänner. Der Umfang des Werkes ist vorläufig auf zwölf Lieferungen festgesetzt, von denen jede drei Bildnisse enthalten soll, und zwar jedesmal das Bildnis eines lebenden deutschen Fürsten oder Staatsmannes, eines Gelehrten und eines Künstlers. — Wir bekennen, dass wir, mit allem möglichen Respekt vor der Überlegsamkeit und Umsicht der Unternehmer, für die erste Rubrik, die Rubrik der Staatsmänner, doch ein wenig in Sorge sind. Zwölf „staatsmännische Größen“ verspricht man uns, zu einer Zeit, da es schmachvoll klar geworden ist vor ganz Europa, dass wir in Deutschland weder zwei noch zwölf, weder große noch kleine Staatsmänner haben, sondern überhaupt gar keine! Zwölf Staatsmänner, „die von bleibendem Einfluss auf die Entwicklung unseres Volkes sind“, ach, wir fürchten sehr, wenn auch der Einfluss bleiben sollte, eine „Entwicklung“ wird es doch nicht gewesen sein, was diese vermeintlichen Staatsmänner hervorgebracht, sondern im Gegenteil, eine — Verkümmerung! Werke, wie das vorliegende, die, auch bei der gründlichsten künstlerischen Ausführung, doch immer nur auf ein augenblickliches, vielfach wechselndes Zeitinteresse gegründet sind, müssen vor Allem rasch erscheinen. Das war auch Wunsch und Absicht des verstorbenen Biow, und auch nur dies augenblickliche, rasch vorübergehende Interesse kann es rechtfertigen, wenn bei Sammlungen dieser Art die schnellste, aber auch unwahrste, genaueste, aber auch unkünstlerischste Art der Porträtierung, das Lichtbild zu Grunde gelegt wird. Aber Biows Wunsche damals trat die Ungunst der Zeit hindernd entgegen: und auch jetzt will es uns fast Schade dünken, um die vortreffliche künstlerische Ausstattung, welche an diese Zeitgenossen verwendet, beinahe hätten wir gesagt, verschwendet ist. Wenige Monate erst sind seit der Ankündigung des Unternehmens verflossen — und schon jetzt, du lieber Himmel! in diesem Register berühmter Zeitgenossen wie viel Veraltetes, wie viel Verschollenes! Beckerath, Camphausen, Mittermaier und ähnliche „gute Männer und schlechte Musikanten“ — sollen die jetzt auch noch für „staatsmännische Größen“ passieren?!

Nein! Da lob’ ich mir den Amerikaner, den praktischen Mann! Auch die Galerie berühmter Amerikaner Gallery of illustrious Americans, New-York herausgegeben von C. Edward Tester hat es nur mit Zeitgenossen oder genauer nur mit solchen Berühmtheiten zu tun, die seit Washingtons Tode aufgetaucht sind. Aber der amerikanische Ruhm, der Ruhm eines General Taylor, Daniel Webster, Henry Clay, Oberst Fremont etc., ist auch etwas dauernder, weil mühsamer errungen, als diese Lorbeeren der Paulskirche, mit denen wir unsere deutschen „Staatsmänner“ groß gezogen haben; jedes Kind im Lande kennt die Namen dieser Männer, denn es sieht und genießt die Früchte ihres Thuns; Niemand von ihnen steht in der Gefahr, vergessen zu sein, bevor der Kupferstecher noch mit seinem Bildnis fertig geworden. — Auch die Portraits der „berühmten Amerikaner“ sind nach Lichtbildern genommen. Aber dafür liegen uns in rascher Folge auch bereits sechs Hefte vor und alle vierzehn Tage erscheint ein neues: nur Lithographien, aber von so kecker Behandlung, so geistreicher Ausführung, dass sie uns lieber sind und jedenfalls unendlich mehr Wahrheit und Leben enthalten, als die Mehrzahl unserer landesüblichen Kupferstiche. — Dieselbe Keckheit und Frische liegt auch in den Gesichtern selbst, es sind im charakteristischen Gegensatz gegen die „großen Deutsche“ fast ausschließlich Staatsmänner, Männer des Handelns und der Wirklichkeit, deren Bildnisse uns hier gebracht werden, wenn schon auch ein Washington Irving, ein Prescott und andere Zierden der jungen amerikanischen Literatur nicht fehlen. In der Mehrzahl dieser Gesichter, welche Ursprünglichkeit, welch energische, fast trotzige Frische! Das sind freilich nicht die harmonisch-gerundeten Züge unserer Goethe, Herder, Hebel, Humboldt: aber dafür auf diesen eckigen Stirnen, zwischen diesen harten Mundwinkeln, in diesen großen, verwunderten Augen schwebt ein Etwas — ist es nur das ursprünglichere, der Natur noch so viel verwandtere Blut des Hinterwäldlers, das diese amerikanischen Gesichter durchströmt? oder ist es die Jugend des amerikanischen Lebens überhaupt, der Morgenhauch seiner großen, weltgebietenden Zukunft, was auf diesen freien, offenen Stirnen thront, und wogegen die Mehrzahl unserer deutschen Berühmtheiten so alt, so abgewelkt aussieht? — Jedenfalls bieten diese drei Sammlungen nicht nur dem Kunstfreunde reichen Stoff des Genusses, sondern auch zum Nachdenken bieten sie Geschichtsfreunden, Politikern, sowie überhaupt Allen, die sich für das Leben der Nationen interessieren, reichliche Gelegenheit, und wollen wir sie daher in beiden Beziehungen angelegentlichst empfohlen haben. N. P.

Beethofen, Ludwig van (1770-1827) Komponist

Beethofen, Ludwig van (1770-1827) Komponist

Prof. Dr. Albert Einstein, Physiker, Forscher (1879-1955)

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Feuerbach, Ludwig (1804-1872) deutscher Philosoph und Anthropologe

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Fichte, Johann Gottlieb (1762-1814) Erzieher und Philosoph

Fichte, Johann Gottlieb (1762-1814) Erzieher und Philosoph

Fontane, Heinrich Theodor (1819-1898) Apotheker und Schriftsteller

Fontane, Heinrich Theodor (1819-1898) Apotheker und Schriftsteller

Goethe, Johann Wolfgang von (1749-1832) Dichter und Universalgelehrter

Goethe, Johann Wolfgang von (1749-1832) Dichter und Universalgelehrter

Händel, Georg Friedrich (1685-1759) deutsch-britischer Komponist und Opernunternehmer

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Hegel, Georg Friedrich Wilhelm (1770-1831) deutscher Philosoph

Hegel, Georg Friedrich Wilhelm (1770-1831) deutscher Philosoph

Heinrich Heine

Heinrich Heine

Herder, Johann Gottfried (1744-1803) Dichter, Übersetzer, Theologe, Kulturphilosoph

Herder, Johann Gottfried (1744-1803) Dichter, Übersetzer, Theologe, Kulturphilosoph

Wilhelm von Humboldt (1767-1835) Staatsmann, Wissenschaftler, Gelehrter und Mitbegründer der Universität in Berlin

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Humboldt, Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von (1769-1859) deutscher Naturforscher

Humboldt, Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von (1769-1859) deutscher Naturforscher