Bilderbuch fuer Hagestolze

Autor: Klic, Karel, 1841-1926, Vacano, E. M. (Emile Mario), 1840-1892, Erscheinungsjahr: um 1900
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Gesellschaft, Frauen, Liebe, Frauenrechte, Freiheit, Familie
An meine lieben Hagestolzen!

Die ganze Welt weiß und die heiligen Schriften bestätigen es, dass das Paradies der glückseligste Aufenthalt war, der jemals Menschen in sich barg.

Im Paradiese gab es noch keine sanktionierte, regelrechte, gesetzmäßige, unlösliche Verbindung zwischen Mann und Frau, mit einem Worte, es gab noch keine Ehe.

Folglich ist die Ehe zur Glückseligkeit des Menschen nicht notwendig. Nichts ist klarer, als diese Logik.

Was zur Glückseligkeit nicht notwendig ist, das lade ich mir aber auch nicht auf, und deshalb bin ich ein Hagestolz geblieben, das heißt ein Mensch, welcher die Freiheit des Paradieses den Ehescheidungs-Prozessen der nachsündflutlichen Epoche vorzieht. Und in diesem Buche wende ich mich vorzüglich an meine Glaubens-, Schicksals- und Denkungs-Genossen.

Unsere Rasse, das heißt die der Hagestolzen, ist weit verbreitet in beiden Hemisphären, und wenn nur der hundertste Teil derselben dieses Buch kauft, ist das Glück — meiner Verleger gemacht.

Die Hagestolzen rangieren sich vorerst in zwei Klassen: in Gezwungene und in Freiwillige.

Die Gezwungenen sind eigentlich keine echten Hagestolzen und dieses Titels nicht ganz würdig. Darunter gehören die Mitglieder des Zölibats, dann Jene, welche nicht heiraten, weil sie kein Auskommen haben, und endlich Solche, welche ledig bleiben, weil — ja, wie soll ich das sagen? Am besten, ich verweise den Leser auf einen Kirchenhistoriker — auf Abälard.

Alle diese Celibataires sind keine echten Hagestolzen. Der Hagestolz, der echte, der interessante, der einzig legitime, hat im Gegenteile Alles, was zur — Ehe erforderlich ist: Geld, Galanterie und einen Schnurrbart. Er könnte heiraten, aber er will nicht.

Und warum will er nicht? — Nun, der Gründe für dieses Warum gibt es gar viele, und so zerfallen denn auch diese echten Hagestolzen in mehrere Klassen, und zwar:

1. In Die, welche von ihrer ersten Liebe betrogen, die Frauen fürchten;

2. in Die, welche übersättigt vom Genusse des Lebens, die Frauen verachten, und endlich

3. in Solche, welche — von Natur aus schüchtern — seit ihrem zwanzigsten Jahre nach dem Mute ringen, um eine Frau zu werben; in Diejenigen, welche sich nicht trauen. Alle diese drei Racen aber kommen doch in Einem überein, nämlich, dass sie die Frauen lieben. Sie heiraten nicht, aber sie denken immer daran; sie spotten über die Frauen, aber sie sehnen sich nach ihnen; sie schimpfen, aber ihre Hand wühlt stets in dem Kupfergelde ihrer Hosentaschen, um zu kaufen. Der echte Hagestolz — gestehen wir es ein, Brüder! — schleicht stets um die Ehe herum, wie die Katze um den heissen Brei.

Ach, die Meisten von uns gehen auch zu Grunde am verbrannten — Maule.

Da es nun viele meiner Genossen gibt, welche durch Berufsgeschäfte oder durch angeborene Schüchternheit verhindert sind, in ununterbrochenem Kontakt mit den Frauen zu bleiben, so will ich diesen doppelt Entbehrenden hier eine kleine Serie meiner Bekanntschaften vorstellen. Er wird dadurch das Weib, wie es ist, besser kennen lernen, als durch hundert Zeitungs-Annoncen.

Und nicht nur das Weib, wie es ist, sondern sogar das Weib, wie es nicht sein soll.

Ich will dem Leser die Frauen vorführen aus der Gesellschaft — was man so Gesellschaft nennt! — Wir wollen sie auf dem Balle und im Salon aufsuchen, wie auf dem Eise, auf das sie gar Manchen führen. Dann wollen wir uns auch die „Emanzipierten" ansehen, die in ihrem Bestreben, das ewig Weibliche abzustreifen, uns insoferne ähnlich sind, als sie meist weibliche Hagestolze, das heißt alte Jungfern werden; und schließlich wollen wir auch die Halbwelt ins Auge fassen, ein Vergnügen, auf das eben nur Hagestolze ein naturgemäßes Anrecht haben. Es gibt in allen diesen Klassen gute und pikante Frauenzimmer, aber ob sie noch so gut bleiben würden, sobald sie unsere Gattinnen hießen ? —

Meine Herren Kollegen, urteilen Sie selbst.
                  E. M. Vacano.



                        Aus der Gesellschaft



In der Kirche nach der Messe,
      Aufs Gebetbuch tief gebeugt,
Sitzt im Betstuhl die Komtesse,
      Wie ich oft mich überzeugt.
Noch so jung und so viel beten !
      Dacht' ich, nicht gar sehr erbaut.
Bin dann hinter sie getreten,
      Hab' in's Buch hineingeschaut !
Doch was sah ich da voll Grauen?
      Knieend auf des Betstuhl's Holze
Las sie, um sich zu erbauen.
      In dem „Buch für Hagestolze!"

Bilderbuch für Hagestolze

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Bilderbuch für Hagestolze, Titel

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Verführung

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Amor

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