Fünfte Fortsetzung

Wo nur immer eine Chaussee gebaut wurde, da erhoben sich schnell viele stattliche Fuhrmannsgasthäuser mit großen Höfen und geräumigen Stallungen. Die Straßen selbst waren vom Frachtfuhrwerk äußerst belebt; auf den Hauptstraßen kamen im Verlauf einer einzigen Stunde oft mehr als zwanzig Wagen vorüber, so dass die Chausseegeldeinnehmer immer in Tätigkeit waren. Abends „im Quartier" konnte man gar oft mit Recht sagen:

        „Wer kennt die Völker, nennt die Namen,
        Die gastlich hier zusammenkamen?"


Da saßen die „Bergschen", von denen die Elberfelder (Ostermann, Taschenmacher, Rosenthal, Lening, Becker, Backhaus etc.) je zehn bis zwanzig Wagen auf der Straße hatten. Auch Solingen (Flucht etc.) und Remscheid (die Flesche etc.) waren mit einer entsprechenden Anzahl Wagen vertreten. Die Muntschauer, wie sie vulgo hießen (aus Montjoie), hielten sich mehr an ihre Nachbarn aus Lennep (Klüte, Schulte etc.), während die vielen Gütersloher, die aus Hahn bei Schwelm, die aus dem Fuhrmannsdorf „Unter der Haube" und die Iserlohner die westfälische Gruppe bildeten. Die Pfälzer in ihren kurzen blauen Kitteln und langen Hosen erkannte man schon von Weitem an den niedrigen Rädern der Wagen und den niedrigen Kummeten der Pferde. Auf die letztere» legten sie bei schlechtem Wetter blauleinene, mit rotem Besatz versehene Decken, die als Vorboten der späteren sogenannten Pferdedecken anzusehen sind, welche letzteren der Fuhrmann jedoch nie in Gebrauch gehabt hat. Das badische und schwäbische Fuhrwerk sah man höchstens in Frankfurt a. M.; weiter ging es nicht. In Bayern gab es außer einem großen Fuhrmannsdorfe im Fichtelgebirge — Weidengeses bei Bayreuth — nur wenige Fuhrleute in Tennelohe (Klein etc.), in Erlangen (Böhm etc.) und in Bayersdorf bei Erlangen (Gebr. Resch etc.).

Unter dem Namen „Eschweger" und „Fuldaer" waren die Hessen und unter dem letzteren namentlich die vielen Fuhrleute aus Weidenhausen bekannt, während die hannöverschen Fuhrwerke meist als Mündener oder Popendieker (Gauß, Stude etc.) bezeichnet wurden. Die Brökelschen, in der Nähe von Celle, fuhren meist zwischen Leipzig und Frankfurt a. M. Die Seesener entlehnten ihren Namen, von dem braunschweigischen Flecken Seesen; als großes Fuhrmannsdorf war hier namentlich Münchhofen (Gebr. Röppel etc.) bekannt. Unter den Harzern nahmen die aus der Umgegend von Goslar (die Gieske etc.) und Wernigerode (Becker, Pollmann etc.) den ersten Platz ein. Aus Leist, einem Dorfe bei Bremen, fuhren mehrere Hundert von Fuhrleuten nach allen Richtungen aus (Fink, Schulz, Tapenleder zc.), ebenso ans Wernsdorf im sächsischen Voigtlande. Unter den „Östreichern"' verstand man die meist zwischen Magdeburg und Gera fahrenden Eisenberger. Sie sollen diesen Namen erhalten haben wegen ihrer großen Gewandtheit im Handeln (Präßler, die Krafte, Sühler etc.). Auch Langensalza stellte sein Kontingent ebenso wie das benachbarte Gräfentonna (Walther, Helbig, Kaiser, Schottmann, Schein, Held, Höhl, Dönert, Lämmerhirt, Kruspe etc.), während Mühlhausen (die Walche etc.) und Stadt-Ilm (Röser) nur durch wenige, aber weitberühmte Geschirre vertreten waren. Auch das Eisenacher (Krause, Dänert, Bruder etc.), das Erfurter (Clär, Gebr. Müller, Helbig etc.) und das Ober-Weimarische Fuhrwerk (Reichard) kam weit herum.

Sehr bekannt war auch das Tambacher und Schwarzhäuser (Michel etc.) Fuhrwerk im Gothaischen, ebenso die Emlebener, die Krahwinkler und die Ohrdrufer (Gebr. Emmelingen etc.). Seit alter Zeit waren Benshausen und Hinternah bei Schleusingen als Fuhrmannsorte bekannt, sowie auch die Suhlaer Wagen (Schlegemichel, die Sieberte, Günzel, Schuh etc.) auf allen Straßen anzutreffen waren. Im südöstlichen Teil des Thüringer Waldes, in der Nähe von Gräfenthal, lagen acht Fuhrmannsdörfer, welche gegen 400 Pferde in den verschiedensten Gegenden Deutschlands und in den angrenzenden Ländern im Dienste des Frachtfuhrwesens unterwegs hatten. Da sie auf allen Straßen Deutschlands zu finden waren, so ging von ihnen das Wort:

        „Gräfenthal und loses Geld
        Find't man in der ganzen Welt."


Sie waren nämlich bekannt unter dem Namen „Gräfenthaler Fuhrleute" (die Müller. Paschold, Dietz, Gottschalk, Büttner, Büchner, Apel, Haushalter.,Neubert, Bock etc.).*) — Von anderen Fuhrmannsorten an der südöstlichen Seite des Thüringer Waldes sind Amtgehren, Langenwiesen (Haase etc.), Meißelbach, Kursdorf, in gewisser Weise selbst Schwarza (Neubert etc.) zu nennen. In Pommern gab es viele Fuhrleute bei Stolpe. In Grüneberg (Grundmann, Schein etc.) und in Breslau (Schei. Bonewitz etc.) wurde ebenfalls großes Fuhrwerk angetroffen. — Die Böhmen (Ziescheck, Lehmann, Rosenkranz, Kilian etc.) führten auf der Straße hinter dem großen Frachtfuhrwagen ein kleines Wägelchen zu ihrer Bequemlichkeit.—