Bazar

Wir wandern noch ein paar Schritte weiter dem Menschenzug nach und haben das Zentrum des Verkehrs, den Markt, oder, wie ihn der Europäer und Türke, kaum aber der Araber zu nennen beliebt, den Bazar erreicht. Die weiten offenen Plätze der Stadt sind nur für schattige Stunden und an gewissen Tagen der Woche zum Verkaufe der Lebensmittel bestimmt, das Krämern geht dagegen in den Kaufgässchen vor sich, die bei ihrer Enge durch Selbstbeschattung oder eine oben quer übergelegte Decke in einem beständigen Halbdunkel gehalten sind, wo man mit Behaglichkeit die heißesten Tages- und Jahreszeiten zubringen kann. Die Läden bestehen in Reihen niederer Zellen, im Grundstock eines Wohnhauses oder in besondern niedern langgestreckten Gebäuden eingelassen. Man weiß so viel zu erzählen von den prächtigen Bazaren des üppigen Orients! Dafür konnten vielleicht unsere Ururväter schwärmen, als die europäische Industrie, überhaupt Europa in Allem hinter dem reichen Orient weit zurück war. Heutzutage erscheint ein solcher Bazar, selbst in den größten Städten Ägyptens, gegenüber den europäischen Prachtläden kleinlich und ärmlich. Ganz Unrecht mag der arabische Kaufmann nicht haben, wenn er, wie er entgegenzuhalten pflegt, seinem Lädchen nicht die gleißende Ausstattung verleiht, die einen guten Teil des Anlagekapitals verzehrt und hinter der häufig genug der hohläugige Gant lauert. Der schönste und reichste Laden eines Landeseingeborenen steht in der Regel, was die äußere Erscheinung betrifft, hinter dem Lädchen eines europäischen Vorstadthändlers oder der Bude eines vagierenden Jahrmarktkrämers zurück. In der Provinz besteht er im besten Fall aus einer, einige Fuß über dem Straßenboden erhabenen viereckigen Kammer, die eben nur das aufrechte Stehen erlaubt, damit darin das Gebet verrichtet werden kann, und die in den andern Dimensionen in der Regel noch weniger misst. Im Hintergrund sind die wenigen vorrätigen Waren auf einigen offenen Brettständern aufgestapelt. Einige Tücher und Flitter hängen von dem dachartig aufgeschlagenen oberen Flügel der Ladentür herab, während der untere Flügel hinab, oder zur Vermehrung der Oberfläche des Ladenbodens tischartig nach außen geschlagen ist. Hier und da bringt auch ein Fachkästchen mit gläsernem Deckel allerlei kleine hübsche Waren zur Anschauung. Große Schilder und Annoncen darf man hier nicht suchen; man sieht ja, was im Laden ist, denkt der Kaufmann, und die Wenigsten würden jene Aufschriften lesen können. Die angeschlagenen Schriftstücke sind vielmehr Sprüche aus dem Koran. Ein ausgebreiteter Teppich mit einigen Kissen bildet den einzigen und vollständigen Komfort des behäbigen Ladenbesitzers, und da sitzt er mit übereinander geschlagenen Beinen, die lange Pfeife oder die Papier-Zigarette im Mund, und wartet mit Würde und Ruhe der Käufer. Ein anderer, der noch weniger auf Prunk sieht, schleppt seine Ware tagtäglich hinten aus dem finstern Magazin in die türenlose Ladenzelle, füllt mit ihnen seine Strohkörbe auf und stellt sie in Parade auf alte Kisten oder Palmzweigkäfige, die leichtern gaukeln malerisch auf ausgespannten Stricken und Stangen. (Fig. 2.)
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Bilder Oberägypten, der Wüste und dem Roten Meere