Heidewüste, Himmelpforte, Eulsete, Conventualinnen, Wirthshaus, Kirchosten, Bremervörde, Neuhaus, Kirchspiel Osten, Zukerbekerey, Entrepreneur, Oste, Ziegelbrennerey, Feurungsnoth, Ziegelsteine, Hamburg, Oberndorf.

Nachdem man von Stade aus ungefähr anderthalb Meilen in der traurigsten Heidewüste zurükgelegt hat, eröfnet sich eine der angenehmsten und fruchtbarsten Gegenden, deren Anfang man eine Pforte des Himmels nennen möchte. Man kommt durch ein Gehölz, auf ein rundes mit Bäumen umgebenes Akerfeld, und dann in ein Dorf, das ebenfalls reizend in einem Gehölz liegt.

Dies Dorf fuhrt auch wirklich den Namen Himmelpforten, aber nicht nach der Gegend, sondern nach einem ehemaligen Kloster, das sich diesen Namen im frommsten Sinne zugeeignet hat. Vor Errichtung des Klosters hieß der Ort Eulsete (Eulensiz), welche Benennung den adlichen Conventualinnen wohl nicht sonderlich muß gefallen haben. Himmelpforten hat ein Amt, eine Kirche, und das Dorf ungefähr 50 Feuerstellen. Ungeachtet der wenigen Passage findet man hier ein gutes, und mit bequemen Logis versehenes Wirthshaus. Beym Ausgang sieht man, was zur Verschönerung der Lage beyträgt, ein Wasser und eine Mühle; hierauf herrliche, fruchtbare Felder.


Kirchosten oder Osten, ein Dorf, das an dem Fluß, die Oste, liegt. Dieser Fluß ist groß, tief, unruhig, fischreich, von Bremervörde an für grössere Fahrzeuge schiffbar, und ergiesst sich 7 bis 8 Meilen weiter bey Neuhaus in die Elbe. Das Kirchspiel Osten hat ungefähr 700 Feuerstellen, und im Dorfe selbst ist eine Kirche, die zwey Predigern Nahrung giebt. Die Kirche ist ganz wie die hamburgische kleine Michaeliskirche gebaut, und von demselben, Architect errichtet Sie liegt aber zu naht an der Wasserseite, und der Grund wird ein so schweres Gebäude, das schon merklich gesakt ist, nicht lange mehr tragen können.

Nahe bey der Kirche ist vor einigen Jahren eine Zukerbekerey angelegt worden, die den dasigen Kaufleuten Schild und Richters zugehört. Die Behandlung ist zwar einem hamburgischen Meister übertragen, und der Zuker in allen Sorten wohl so gut wie in Hamburg. Allein ich zweifle sehrr an ihrer langen Dauer, und glaube nicht, daß ein künftiger Vortheil die bisherigen Verluste wird wieder gut machen können. Unter mehreren Umständen ist auch vornämlich in Betracht zu ziehen, daß die inländischen Käufer sich nicht so leicht vermehren, sondern entweder ans Neid, oder aus Vorurtheil, lieber ihren Zuker aus Hamburg selbst ziehen werden. Uebrigens versteht es sich, daß ein jeder Entrepreneur, der ein nützliches Gewerb in sein Vaterland einführt, sich dadurch um dasselbe verdient macht, und aller Achtung würdig ist.
Man bemerkt sowohl in Osten, als in mehreren an der Oste liegenden Dörfern einen Wohlstand, der fast in Luxus ausartet. Dazu sind die Leute durch ihre Ziegelbrennereyen gekommen, indem sie seit verschiedenen Jahren eine unsägliche Quantität Ziegelsteine in Hamburg abgesezt haben, wo bekanntlich die sowohl, als das Hochstreben mehrerer Kaufleute, zu einer grossen Anzahl von unentbehrlichen Häusern und überflüssigen Gebäuden, Anlaß gegeben haben. Viele Ziegelbrenner haben sich in diesem für sie so günstigen Zeitpunkt Reichthümer erworben, worinn Einige sich nicht recht zu finden wissen, Andere auch der Meinung sind, daß dieser Erwerb kein Ende haben werde. Die Folgen davon äussern sich vornämlich in Kirchosten. Die Einwohner von Kirchosten pflegen den Einwohnern von Neuhaus vorzuwerfen, daß sie geizig und habsüchtig sind; dagegen leztere die ersteren der Verschwendung, Irreligion u.s.w. beschuldigen. Das gröste Verderben herrscht aber unter den Arbeitern; denn diese verbringen, was sie verdienen, sind faul, so lange sie Geld in der Tasche haben, unruhig und aufsäzig bey aller Gelegenheit u. s. w.

Im Allgemeinen ist noch zu bemerken, daß der Nuzen der Ziegelbrennereyen ausserdem noch durch zweyerley Nachtheile fast überwogen wird. Erstlich gehört zum Brennen eine ungeheure Menge von Torf, welcher Umstand bey der jezigen Feurungsnoth ein wichtiges Objekt der Aufmerksamkeit werden wird. Zweytens geräth dabey der Akerbau in Verfall, und die übrigen Gewerbe leiden auch sehr, worüber ich mehrere vernünftige Männer in dortiger Gegend klagen gehört habe; Alles, was Hände hat, verläßt das Feld, und macht lieber Ziegelsteine, wozu die Umliegende Gegend nicht einmal Arbeiter genug liefern kann, sondern noch eine grosse Anzahl aus der Fremde verschrieben werden muss.

Ich habe mich sehr über den unordentlichen Handel mit den Ziegelsteinen gewundert. Wären, einige Entrepreneurs zur rechten Zeit zusammengetreten, und hatten mit allen Ziegelbrennern Contracte geschlossen; die Steine dann gehörig sortirt, und in Hamburg eine Niederlage und Handlung dazu etablirt, so würden diese Entrepreneurs sich nicht nur Vermögen erworben, sondern auch das Ganze zwekmäsig dirigirt haben. So aber verkauft jeder Brenner seine Steine gemeiniglich an einen Schiffer, der sie dann nach Hamburg führt, und daselbst wieder verhandelt. Nur ein Einziger hat in Oberndoff angefangen, Steine auf Speculation zu kaufen. Aber das Ganze hätte, wie gesagt, unter Einer Compagnie und Direction stehen müssen.