Abschnitt: Cuxhaven, Blankenese, Elbe, Este, "Altes Land", Herzogzum Bremen, Mersch, Torf, Buxtehuner.
Die Reise von Hamburg nach Cuxhaven geschah zu Lande. Sie war ziemlich flüchtig, doch ist Verschiedenes bemerkt worden.
Vom disseitigen Ufer sezen die feinen und uneigennüzigen Blankeneser den Reisenden über die Elbe in den Estefluss, und eine kleine Streke hinauf steigt man, der Este zur Rechten, beym Kranz aus, und kommt ins sogenannte Alte Land.
Das Alte Land liegt im Herzogthum Bremen, und ist eine eingedeichte Marschgegend von ungefehr drey Quadratmeilen. Den Namen führt es im Gegensaz von Neuen Lande (z, B. im Kedingischen), welches, als ein späterer Zuwuchs, erst in den folgenden Zeiten eingedeicht worden ist. Der Boden ist fett und thonartig, und trägt verschiedene Getreidearten und Feldfrüchte; insonderheit aber wird viel schönes Obst gezogen. Ein Hauptproduct, das hier gebaut, und womit ein ausgebreiteter Handel getrieben wird, ist Flachs; An Stärke und Feinheit wird derselbe dem Lüneburgischen vorgezogen, wiewohl er keinen so weissen Faden gibt. Das überflüssige Wasser wird von dem Marschboden in breite Gräben oder, wie man sie hier nennt, Wettern (d.i. Wasser, Gewässer) geleitet. Auf den Wettern sieht man lange, schmale Fahrzeuge, oder ausgehöhlte Baumstämme, die leicht umwerfen, wenn man sie nicht recht zu regieren versteht. An den Seiten des Alten Landes liegen zwischen der Marsch (Tiefes Land) und Geest (Hohes Land) grosse Mohrgründe, wo Torf gestochen wird. Da dies Brennmaterial immer mehr abnimmt, und keines Zuwuchses fällig ist, so bemerkt man bey der gegenwärtigen allgemeinen Noth wegen hinlänglicher Feurung, daß der Bauer mehr Industrie auf das Stechen des Torfs verwendet, als in vorigen Zeiten, wo er nur die bequemsten Stellen benuzte, übrigens aber auf die gute Erhaltung seines Grundes gar nicht bedacht war. Das Mohr producirt Märrettig in grosser Menge, wovon man dem Buxstehuder den Vorzug vor dem Horneburger geben will.
Das Alte Land ist sehr bevölkert, und der grösste Theil der Einwohner besteht aus wohlhabenden Landleuten. Ihr kleiner Geist findet grossen Gefallen an allem, was buntschäkigt ist, und von dieser Seite betrachtet, macht der Anblik des Aeusseren und Inneren ihrer Häuser, nebst den Trachten der Weiber, einen seltsamen und widrigen Eindruk, und man möchte dies Land wohl das Land der Harlekine nennen. Von aussen ist an den Häusern nicht nur allerley grässliches Schnizwerk angebracht, das nebst dem übrigen Holz mit grüner, gelber, rother oder blauer Farbe bemalt ist, sondern es sind auch die Ziegelsteine so gelegt, dass sie mancherley Figuren, Schriften, Zahlen &c. vorstellen. Die Farbe der Kirchthürme ist braunroth, und die oberste Spize derselben hellgrün. Inwendig in den Häusern sind nicht nur die Wände sondern auch alles Geräthe, das nur irgend eine Farbe annimmt, auf das bunteste angestrichen. Schnizwerk, zumal an Bänken und Kisten, ist nirgends gespart. Sogar die Kachelöfen haben viele Absäze, worauf bunte Tassen, Kannen, Figuren u.s w. in der möglichsten Fülle aufgestellt sind. Zur Abwechslung sieht man Fahnen und Kränze von Flittergold, und an den Wänden illuminirte Bilder in bleyernen Rahmen, Crucifixe, goldene Engel, Neujahrswünsche in Folio, Papierblumen u. s. w. und oben an der Deke, die auch nicht unbemalt ist, Eyer vom Strausvogel, Glaskugeln u.s.w. Ein solches Zimmer ist ein kleines Paradies für Kinder. Ueber den Thüren ist gemeiniglich ein Büchergestell, und auf demselben ruhen Postillen, Seelenschäze und Schazkästlein, Paradiesgärtlein, Himmlische Liebesküsse, Cubachs Gebetbuch, oder eines und das andere von ähnlichen Erbauungsbüchern, als Zeugen von der Gottesfurcht der Einwohner, deren Character übrigens mehr Neid, Zank und Habsucht, als christliche Liebe und Wohlthun, zu verrathen scheint.
Vom disseitigen Ufer sezen die feinen und uneigennüzigen Blankeneser den Reisenden über die Elbe in den Estefluss, und eine kleine Streke hinauf steigt man, der Este zur Rechten, beym Kranz aus, und kommt ins sogenannte Alte Land.
Das Alte Land liegt im Herzogthum Bremen, und ist eine eingedeichte Marschgegend von ungefehr drey Quadratmeilen. Den Namen führt es im Gegensaz von Neuen Lande (z, B. im Kedingischen), welches, als ein späterer Zuwuchs, erst in den folgenden Zeiten eingedeicht worden ist. Der Boden ist fett und thonartig, und trägt verschiedene Getreidearten und Feldfrüchte; insonderheit aber wird viel schönes Obst gezogen. Ein Hauptproduct, das hier gebaut, und womit ein ausgebreiteter Handel getrieben wird, ist Flachs; An Stärke und Feinheit wird derselbe dem Lüneburgischen vorgezogen, wiewohl er keinen so weissen Faden gibt. Das überflüssige Wasser wird von dem Marschboden in breite Gräben oder, wie man sie hier nennt, Wettern (d.i. Wasser, Gewässer) geleitet. Auf den Wettern sieht man lange, schmale Fahrzeuge, oder ausgehöhlte Baumstämme, die leicht umwerfen, wenn man sie nicht recht zu regieren versteht. An den Seiten des Alten Landes liegen zwischen der Marsch (Tiefes Land) und Geest (Hohes Land) grosse Mohrgründe, wo Torf gestochen wird. Da dies Brennmaterial immer mehr abnimmt, und keines Zuwuchses fällig ist, so bemerkt man bey der gegenwärtigen allgemeinen Noth wegen hinlänglicher Feurung, daß der Bauer mehr Industrie auf das Stechen des Torfs verwendet, als in vorigen Zeiten, wo er nur die bequemsten Stellen benuzte, übrigens aber auf die gute Erhaltung seines Grundes gar nicht bedacht war. Das Mohr producirt Märrettig in grosser Menge, wovon man dem Buxstehuder den Vorzug vor dem Horneburger geben will.
Das Alte Land ist sehr bevölkert, und der grösste Theil der Einwohner besteht aus wohlhabenden Landleuten. Ihr kleiner Geist findet grossen Gefallen an allem, was buntschäkigt ist, und von dieser Seite betrachtet, macht der Anblik des Aeusseren und Inneren ihrer Häuser, nebst den Trachten der Weiber, einen seltsamen und widrigen Eindruk, und man möchte dies Land wohl das Land der Harlekine nennen. Von aussen ist an den Häusern nicht nur allerley grässliches Schnizwerk angebracht, das nebst dem übrigen Holz mit grüner, gelber, rother oder blauer Farbe bemalt ist, sondern es sind auch die Ziegelsteine so gelegt, dass sie mancherley Figuren, Schriften, Zahlen &c. vorstellen. Die Farbe der Kirchthürme ist braunroth, und die oberste Spize derselben hellgrün. Inwendig in den Häusern sind nicht nur die Wände sondern auch alles Geräthe, das nur irgend eine Farbe annimmt, auf das bunteste angestrichen. Schnizwerk, zumal an Bänken und Kisten, ist nirgends gespart. Sogar die Kachelöfen haben viele Absäze, worauf bunte Tassen, Kannen, Figuren u.s w. in der möglichsten Fülle aufgestellt sind. Zur Abwechslung sieht man Fahnen und Kränze von Flittergold, und an den Wänden illuminirte Bilder in bleyernen Rahmen, Crucifixe, goldene Engel, Neujahrswünsche in Folio, Papierblumen u. s. w. und oben an der Deke, die auch nicht unbemalt ist, Eyer vom Strausvogel, Glaskugeln u.s.w. Ein solches Zimmer ist ein kleines Paradies für Kinder. Ueber den Thüren ist gemeiniglich ein Büchergestell, und auf demselben ruhen Postillen, Seelenschäze und Schazkästlein, Paradiesgärtlein, Himmlische Liebesküsse, Cubachs Gebetbuch, oder eines und das andere von ähnlichen Erbauungsbüchern, als Zeugen von der Gottesfurcht der Einwohner, deren Character übrigens mehr Neid, Zank und Habsucht, als christliche Liebe und Wohlthun, zu verrathen scheint.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Beschreibung einer im Sommer 1799 von Hamburg nach und durch England geschehenen Reise.