C. Gotth. Langhans.

Auf die stilistische Entwicklung der Berliner Baukunst konnte Erdmannsdorff in den nächsten Jahren nur von partiellem Einfluss sein. Im Anfang mehr aus Liebhaberei und theoretisch die Baukunst betreibend, kein Baumeister von Hause aus, als Herausgeber römischer Bauwerke und Übersetzer des Vitruv, als Lehrer und Schriftsteller programmatisch wirkend, hängt er mit der voraufgehenden heimischen Kunst nur lose und mittelbar zusammen. Im Gegensatz dazu nimmt die Berliner Bau; schule Grundelemente des alten Stiles in die neue Epoche mit hinüber. Die älteren Meister Unger (Monbijou 1787), Friedr. Wilhelm Titel (Häuser: Mauerstraße, Behrenstraße 66 Militärkabinett des Kaisers 1793, Behrenstraße 41 neben der Bibliothek 1794) behalten den Louisseizestil bei. Gontard wendet diesen in den von ihm eingerichteten Räumen der Königskammern an (1787-88), mit reich vergoldeten zierlich gerahmten Boiserien. Dagegen benutzt er in dem von 1787-90 für den König aufgeführten Marmor; Palais am heiligen See, sicher auf den ausdrücklichen Wunsch des für alles Englische schwärmenden Monarchen, den neuklassischen englischen Landhausstil. Aber in der Detaillierung, der schalentragenden Puttengruppe der Kuppel, den Puttenfriesen, den ovalen Reliefs, den körnig gemeißelten Blumen-, Masken- und Rocaillemotiven in den Türbogen des Mittelbaues ist doch das reiche, plastische Leben gegenüber den zuweilen mageren Bauten Erdmannsdorffs (Wörlitzer Schloss) auffällig.

032 C. G. Langhans Querschnitt und Grundriss der Vieharzneischule 1789
033 C. G. Langhans Querschnitt zu einem Mausoleum 1784.


Carl Gotthard Langhans, der nach; dem Gontard in Ungnade gefallen, die Inneneinrichtung dieses Baues übernahm, als Direktor des Hofbauamts der vielbeschäftigste Meister Berlins für die nächsten Jahre, ist ebenfalls, anders als Erdmannsdorft, mit der heimischen Bautradition eng verbunden. Bereits als Knabe in seiner Heimat Schlesien in dem Baufach ausgebildet, zeichnet er seinen ersten Bau, die evangelische Kirche in Glogau (1764), mit einer Barockfassade mit doppelten Kuppeltürmen in der Art der älteren protestantischen Kirchen Schlesiens. Der Hatzfeldsche Palast in Breslau (1766) im römischen Hochrenaissancestil, ähnlich wie ihn die Berliner Schule der Zeit an den großen Immediatbauten anwandte, zeigt in den wenigen Stuck-Dekorationen des Inneren, woran der Stuckateur Echtler aus Würzburg mitwirkte, noch Anklänge an den Barockstil. Der Saal im Rheinsberger Schloss 1769 mit teilweiser Rokokodekoration entsteht im gleichen Jahre wie Erdmanndorffs Wörlitzer Schloss mit seinen Innendekorationen im herkulanischen und römischen Geschmack! Die Reisen nach Italien, Frankreich und England gaben Langhans entscheidende Anregungen in der neuen Richtung auf Einfachheit und Sachlichkeit. Das Studium Palladios macht sich geltend: Landhaus in Romberg hei Breslau 1776, Kirchen in Groß-Wartenberg und Waldenburg 1785. Im Jahre 1786 Übersiedelung nach Berlin und Beginn der Blütezeit des Langhans. Innendekorationen im Marmorpalais, Orangerie und weitere Bauten im neuen Garten, Vieharzneischule im ehemaligen Reußschen Garten an der Panke 1787 mit rundem Amphitheater, Bohlenkuppel mit Malerei von Rode; Charlottenburg, Schlosstheater und Belvedere im Park, Marienkirchturm 1789, Herkulesbrücke mit den Sphinx; und Herkulesgruppe von Schadow, Mohrenkolonnaden. Mag man in diesen Bauten Motive des römischen Barockstils und der Hochrenaissance, des genuesischen Palast-Stils, des englischen Neuklassizismus und Palladios vermischt sehen: das lebendige sinnlich räumliche Gefühl gibt ihnen einen hohen selbständigen Wert. Die Unbefangenheit des Schaffens unter Benutzung des Trefflichen, wo es sich bietet, gibt Langhansens Bauten vor denen des Erdmannsdorff manche Vorzüge. Neben diesem nach neuer architektonischer Gestaltung ringenden Meister mag Langhans als rückständig erscheinen. Dafür steht er aber in lebendigerer Verbindung mit dem architektonischen Gefühle des Barock und dies sichert vielen seiner Bauten die kräftigere Wirkung. Selbst das Brandenburger Tor, das scheinbar aus dem übrigen Schäften herausfallt, wo Langhans der Mode der Zeit folgend, auf Befehl und nach der Idee des Königs die Propyläen von Athen nachbilden sollte, ist durch dieses plastisch räumliche Gefühl des Barock belebt; man beachte: die Grundrissbildung mit den ehemals geschlossenen Wachhäusern, die nach außen den halbrunden, durch Hainbuchenwände vom Tiergarten abgegrenzten halbrunden Vorplatz, nach innen den viereckigen Pariser Platz wirklich abschlossen; die erhebliche Erweiterung der mittelsten Öffnung; die kubisch empfundene Bildung der Säulen; der blockartig ineinander geschobenen Baukörper der Attika, die sich auf das kräftige dorische Gesimse auflagert; den aus den Stufenbauten heraus; getürmten Untersatz des Siegeswagens mit Konsolengesimse; die handwerkliche Sorgfalt im Schnitt und der Fügung der Quadern aus schlesischem Marmor, die feine Belebung der Flächen durch die figürlichen Reliefs. Langhans' zweites Hauptwerk, das Nationaltheater auf dem Gensdarmenmarkt, begonnen im April 1800, eröffnet am 1. Januar 1802 in Gegenwart des Königs und der Königin mit einem von Iffland gesprochenen Prolog und den Kreuzfahrern von Kotzebue, ist im Jahre 1817 niedergebrannt. Der Bau, auf dessen Fundament sich teilweise das Schinkelsche Schauspielhaus erhebt, bildete im Äußeren ein langgestrecktes Rechteck mit einer sechs; säuligen jonischen Vorhalle nach dem Platze zu; die Längsseiten und die vier schwach vortretenden Ecken waren mit Rundbogens Stellungen geziert, vier eingestellte jonische Säulen wie am Schauspielhaus in Potsdam (1799) flankierten die drei Eingänge auf den Schmalseiten; Stuckreliefs von Schadow mit Darstellungen antiker tragischer Stoffe (Iphigenie), von Dichtern, Musen und Genien, waren an den Hauptstellen des Mezzaningeschosses eingesetzt. Das Innere bildete ein ansteigendes Parterre von elliptischer Form mit dreizehn Parterrelogen und vier Rängen, die Mitte des ersten und zweiten Ranges nahm die Königsloge ein; nach Norden war ein mit acht dorischen Säulen geziertes Vestibül vorgelegt, der Vorhang war nach Schadows Idee von Kimpfel gemalt und stellte die drei Künste dar. Unter mehreren Sälen wird der Konzertsaal von elliptischer Form mit eins gebautem Orchester und Logen besonders gerühmt. Langhans starb im Jahre 1808.


BB 031 Berlin, Zeichnung zu einer Zimmerwand im Marmorpalais 1790. C. C. Langhans, Hohenzollernmuseum

BB 031 Berlin, Zeichnung zu einer Zimmerwand im Marmorpalais 1790. C. C. Langhans, Hohenzollernmuseum

BB 032 Berlin, Querschnitt und Grunriss der Vieharzneischule 1789. A. G. Langhans

BB 032 Berlin, Querschnitt und Grunriss der Vieharzneischule 1789. A. G. Langhans

BB 033 Berlin, Querschnitt zu einem Mausoleum 1784. C. G. Langhans

BB 033 Berlin, Querschnitt zu einem Mausoleum 1784. C. G. Langhans

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