Vierte Fortsetzung

Die Epidemie des Jahres 1855 begann am 21. Juli in der Frauenstraße und währte bis zum 30. Oktober, 14 Wochen und 4 Tage oder 102 Tage. Ihr Höhepunkt fällt in die 7. Woche mit 140 Erkrankungen. Es erkrankten 801 Personen und es starben 478. Von den Erkrankten gehörten 428 zum männlichen und 363 zum weiblichen Geschlecht, von den Gestorbenen waren 268 männlichen und 210 weiblichen Geschlechts. Die meisten Erkrankungen und Sterbefälle ereigneten sich in dem Alter von 20 bis zu 30 Jahren, in diesem Alter erkrankten nämlich 139 männlichen und 94 weiblichen Geschlechts und es starben 81 und 38, dagegen starben mehr Kinder im Alter von 1 bis 10 Jahren, nämlich 86 männlichen und 72 weiblichen Geschlechts. Von der ganzen Summe der Erkrankten fallen 234 auf den Außenbezirk, so dass für die Stadt 567 übrigbleiben. Hieran beteiligte sich die Lastadie mit 191 Erkrankungen. In 22 dem letzteren Stadtteil litten die Häuser No. 67, 107, 130 und 260, jetzt No. 8 in der Speicherstraße, No. 9 in der Pladrinstraße, No. 17. 18 in der Wallstraße und No. 10 auf der großen Lastadie am meisten. In letzterem Hause waren schon in der Epidemie von 1853, 7 Erkrankungsfälle vorgekommen.

Im Juni und Juli des Jahres 1856 kamen einzelne Cholerafälle im Fort Preußen und auf der Galgwiese vor, die Krankheit entwickelte sich aber nicht weiter epidemisch.


Vom 19. Oktober 1857 bis zum 15. Februar 1858 erkrankten 58 Personen, von denen 34 starben. Die Krankheit war vorwaltend nur im Außenbezirk und unter dem Militär verbreitet.

In der zweiten Epidemie des Jahres 1858 erkrankten vom 20. August bis zum 15. Februar 1859 273 Personen, von denen 180 starben. In den Monaten Oktober, November und Dezember von 1859 starben noch wieder 12 Personen an der Cholera.

Seit dem Jahre 1831 bis jetzt, also in 35 Jahren, ist Stettin von 12 Cholera-Epidemien heimgesucht worden, es sind in denselben 5.907 Personen verstorben und über 9.000 erkrankt. Die letztere Ziffer lässt sich mit Sicherheit nicht feststellen, weil in den Akten die Zahl der Erkrankungen während der Epidemien von 1832 und 1837 nicht angegeben ist. Die Zahl der Erkrankungen in den anderen 10 Epidemien beträgt 8.539.

Von den 12 Epidemien hatten 2, die von 1849 und von 1866, ihren Beginn im Monat Juni, 2, die von 1853 und von 1855, im Juli, 5, die von 1831, 1837, 1848, 1850 und 1858—59 im August, 2, die von 1832 und von 1852 im September und 1, die von 1857, im Oktober.

Die am frühesten im Jahre ausgebrochene Epidemie ist die von 1866, sie datiert vom 2. Juni, die 1849er vom 14. Juni. Ganz frei von der Cholera als Epidemie sind hier bisher die Monate März, April und Mai geblichen.

Die kürzeste Epidemie von 1832 verlief in 44 Tagen, die längste von 1858 — 59 in 180 Tagen.

Unter den großen Epidemien von 1831, 1837, 1848, 1849, 1853, 1855 und 1866 hat die Letztere hier am längsten gewährt, nämlich 129 Tage, die kürzeste unter ihnen war die von 1837 mit 70 Tagen. Aus der Dauer der Epidemie lässt sich daher kein Schluss auf ihren Charakter in Bezug Extensität und Intensität ziehen.

In den fünf kleinen Epidemien der Jahre 1832, 1850, 1852, 1857 — 58, und 1858 — 59, fand ein besonderer Wechsel in der Zu- und Abnahme der Krankheit nicht statt; wohl zeigt sich derselbe aber in den übrigen sieben großen Epidemien, so dass es also scheint, als ob eine stetige Zunahme in der ersten Woche der Epidemie auf eine bevorstehende bedeutendere Entwicklung derselben hindeutend sich verhalte. Die Höhe der Entwickelung der Cholera in den großen Epidemien schwankt hier zwischen der 4. und 8. Woche, sie tritt aber nicht vor der 4. und nicht nach der 8. ein.

In den Cholera-Epidemien Breslaus fällt der Kulminationspunkt in der Regel auf die 4. und 5. Woche. Der diesjährige für Stettin fällt auf die 5. Woche. Mit Ausnahme der Epidemien von 1831, deren Höhepunkt auf die 4. und 8. Woche fiel, hat die diesjährige ihre Steigerung am schnellsten vollendet gehabt. Mit dem Ende der 5. Woche waren hier, bei einer Dauer der Epidemie von 18. Wochen und 3 Tagen, schon 1.755 Personen erkrankt und 1195 gestorben, also über die Hälfte aller Erkrankten und Gestorbenen; 24 rechnet man zu diesen 5 Wochen noch die folgenden 3 mit 912 Erkrankungen und 636 Todesfällen hinzu, so fallen 2.667 Erkrankungen und 1.831 Todesfälle auf die ersten 8 Wochen der Epidemie und 750 Erkrankungen mit 405 Todesfällen auf die letzten 10 Wochen und 3 Tage derselben.

Es folgt hieraus, dass die Cholera hier ihren Charakter bewahrt hat, mit dem sie im vorigen Jahre aus Ägypten in Europa eingeschleppt worden ist, d. h. sie verlief schneller und verheerender wie in früheren Epidemien. So erkrankten z. B. in der Epidemie von 1853, die nach der diesjährigen die stärkste hier verlaufene ist, in den ersten 3 Wochen nur 52 Personen, in der diesjährigen dagegen 785.

In der diesjährigen Epidemie sind von den 87.871 Einwohnern 3,89 Prozent erkrankt und 2,55 gestorben, von den Erkrankten sind 65,44 Prozent, also fast 2/3 gestorben. In der Stadt Stettin mit dem Militär 70.889 Einwohner, sind 3,81 Prozent erkrankt, 2,47 gestorben und von den Erkrankten sind 64,79 gestorben; in dem Außenbezirk mit 16.982 Einwohnern sind 4,20 Prozent erkrankt, 2,85 gestorben und von den Erkrankten 67,88 gestorben. Es sind also im Außenbezirk 0,39 Prozent mehr erkrankt und 3,09 Prozent von den Erkrankten mehr gestorben als in der Stadt.

I. Revier der Stadt, 11.862 Einwohner,
erkrankt 654, oder 5,51 Prozent,
gestorben 435, oder 3,67 Prozent,
von den Erkrankten gestorben 66,59 Prozent.

II. Revier. 20.004 Einwohner,
erkrankt 635, oder 3,17 Prozent,
gestorben 459, oder 2,29 Prozent,
von den Erkrankten gestorben 72,28 Prozent.

III. Revier. 12.036 Einwohner,
erkrankt 448, oder 3,72 Prozent,
gestorben 329, oder 2,73 Prozent,
von den Erkrankten gestorben 73,44 Prozent.

IV. Revier. 11.246 Einwohner,
erkrankt 171, oder 1,52 Prozent,
gestorben 130, oder 1,16 Prozent,
von den Erkrankten gestorben 76,02 Prozent.

V. Revier. 7.931 Einwohner,
erkrankt 312, oder 3,93 Prozent,
gestorben 215, oder 2,71 Prozent,
von den Erkrankten gestorben 68,91 Prozent.

Hafenamt. 361 Personen,
erkrankt 97, oder 26,87 Prozent,
gestorben 43, oder 11,91 Prozent,
von den Erkrankten gestorben 44,23 Prozent.

Auf die Bevölkerung von 65.440 Seelen ohne Militär, sind also im Ganzen 2.317 oder 3,65 Prozent erkrankt, 1.611 oder 2,54 Prozent gestorben und von den Erkrankten 69,53 Prozent gestorben. Die Erkrankungen waren am größten im
Hafenamt mit 26,87 Prozent, dann im

I. Revier mit 5,51 Prozent,
V. Revier mit 3,93 Prozent,
III. Revier mit 3,72 Prozent,
II. Revier mit 3,17 Prozent,
IV. Revier mit 1,52 Prozent,

Von den Erkrankten sind dagegen fast in umgekehrter Ordnung am meisten gestorben im

IV. Revier mit 76,02 Prozent,
III. Revier mit 73,44 Prozent,
II. Revier mit 72,28 Prozent,
V. Revier mit 68,91 Prozent,
I. Revier mit 56,51 Prozent,
am geringsten im Hafenamte mit nur 46,53 Prozent.

Die Militärbevölkerung betrug 5.836 Seelen, hiervon sind erkrankt 387 oder 6,63 Prozent, gestorben 141 oder 2,41 Prozent und von den Erkrankten sind gestorben 36,43 Prozent.

In Grabow mit 6.607 Einwohnern sind
erkrankt 156, oder 2,36 Prozent,
gestorben 106, oder 1,60 Prozent
von den Erkrankten gestorben 67,95 Prozent.

In Bredow und Bredower Anteil, mit 5.868 Einwohner sind
erkrankt 365, oder 6,22 Prozent,
gestorben 222, oder 3,78 Prozent
von den Erkrankten gestorben 60,82 Prozent.

In Züllchow mit 2.687 Einwohnern sind
erkrankt 133, oder 4,77 Prozent,
gestorben 109, oder 3,91 Prozent
von den Erkrankten gestorben 81,59 Prozent.

In Frauendorf mit Herrenwiese 1.397 Einwohner
erkrankt 46, oder 3,29 Prozent,
gestorben 37, oder 2,65 Prozent
von den Erkrankten gestorben 80,43 Prozent.

In Bollinchen mit 324 Einwohnern
erkrankt 13, oder 4,01 Prozent,
gestorben 10, oder 3,04 Prozent
von den Erkrankten gestorben 76,29 Prozent.

Es sind also, abgesehen vom Hafenamte und vom Militär, in Bredow mit 6,22 Prozent die meisten Erkrankungen vorgekommen und von den Erkrankten sind am meisten in Züllchow mit 81,95 Prozent gestorben.