Baugeschichte des Fürstenhofes

Johann Albrecht von Mecklenburg war trotz seiner Jugend schon vielfach mit der Welt und mit den sie bewegenden Fragen in Verbindung getreten, als er mit zweiundzwanzig Jahren 1547 die Erbschaft seines Vaters antrat. Am Hofe seines Oheims, Joachim II., in Berlin erzogen, hatte er dort einen der glänzendsten deutschen Fürstenhöfe kennen gelernt; dann war er auf der Universität Wittenberg in Verbindung getreten mit humanistisch gebildeten Männern und eingeweiht worden in ihre gelehrte Bildung. Der Schmalkaldische Krieg sah ihn im Gefolge des Kaisers, bis ihn der jähe Tod des Vaters vom Schlachtfelde aus in die Heimat zurückrief. Es waren schwierige Verhältnisse, unter denen der junge Fürst die Regierung übernahm; denn eine gewaltige Schuldenlast war ihm hinterlassen worden, und die Regelung der Erbteilung führte zu Misshelligkeiten mit seinen Brüdern. Trotz dieser Schwierigkeiten und kriegerischer Unternehmungen, in welche die bewegte Zeit ihn verwickelte, beschäftigte er sich nicht nur mit praktischen Unternehmungen. Eine Besichtigung seiner Schlösser, die Johann Albrecht im Juni 1550 unternahm, hatte ihm gezeigt, dass neben Schwerin vor allem in Wismar eine umfassende Restauration nötig wäre, um das Gebäude wiederum in wohnlichen Zustand zu versetzen.

Sein Oheim, Heinrich der Friedfertige, hatte 1512 jenes fürstliche Haus errichtet, und an ihn musste sich Johann Albrecht wegen eines Umbaues wenden; denn es gehörte beiden Herzögen gemeinsam.


Der Briefwechsel, den sie über diese Angelegenheit führten, lässt erkennen, dass Johann Albrecht schon im Jahre 1550 nicht nur an die Wiederherstellung des alten Schlosses, sondern auch an einen Neubau dachte. Er ersucht seinen Oheim um einen Geldzuschuss und bittet ihn, seinen Baumeister Erhard Altdorfer mit einer Anzahl Maurern zu schicken. Ferner möchte er die Städte Lübeck, Rostock und Wismar auffordern, gegen gebührliche Bezahlung Mauersteine zu liefern, und einige geistliche Stifter und angesessene Edelleute dazu anhalten, auf ihren Ziegelscheunen während des Sommers Steine zu brennen. Für bloße Restaurationsarbeiten wären diese umfangreichen Vorkehrungen jedenfalls unnötig gewesen. Zuerst ist Heinrich nun den Plänen seines Neffen nicht abgeneigt. Die große Eile jedoch, mit der dieser zur Ausführung drängt, verstimmt den alten Herzog, so dass er schließlich nur in die Wiederherstellung des Treppenhauses an dem von ihm errichteten Gebäude willigt. Schwer genug mag es dem jungen kunstsinnigen Fürsten geworden sein, auf seine Pläne zu verzichten, zumal er mit der Absicht umging, sich mit Anna, der Tochter des Herzogs Albrecht von Preußen, zu vermählen, und es nicht wohl anging, dieselbe in einen verfallenen Fürstensitz zu führen. Im Februar 1552 starb Herzog Heinrich der Friedfertige, und jetzt ruhte, da dessen Sohn regierungsunfähig war, die Herrschaft der ganzen mecklenburgischen Lande in der Hand Johann Albrechts. „Seine bisher durch die ängstlich behutsame Mitregierung gehemmte Energie hatte nun freie Bahn“. Ebenso wie es für das Verlangen nach allseitiger Durchführung der kirchlichen Reformation keinen Widerstand mehr gab, so war auch jetzt für den Herzog kein Hindernis mehr vorhanden, seinen Lieblingsplan auszuführen. Er tat noch in demselben Jahre die nötigen Schritte, um sobald als möglich den Neubau eines fürstlichen Hauses in Wismar zu beginnen.

Drei Männer sind es, deren Namen mit dem Bau des Fürstenhofes in Wismar in Verbindung gebracht werden: Gabriel von Aken, Valentin von Lira und Statius von Düren. Wenn der Biograph Herzog Johann Albrechts die ersteren beiden als die „Baumeister des Fürstenhofes“ bezeichnet, so folgt er eben nur der allgemein üblichen Ansicht.

Es steht fest, dass Gabriel von Aken, aus Lübeck stammend, als „Maurmeister“ 1552 schon in Diensten des Herzogs stand. Er ging im Oktober des Jahres nach Dänemark, um Steine aus den Brüchen von Kull auf Schona zu kaufen und kehrte im Dezember nach Wismar zurück. Vermutlich mit diesen Steinen legt Gabriel im Sommer 1553 das Fundament zum Fürstenhofe; verlässt jedoch schon im November des Jahres in Folge eines Streitfalles mit dem gleichfalls dort beschäftigten Lübecker Maurermeister Valentin von Lira den begonnenen Bau und kehrt in seine Heimatstadt zurück. Aus einem Brief Gabriels vom 4. April 1554 erhellt, dass sich der Herzog um die Dienste des Lübecker Meisters von neuem bemüht hatte; doch dieser lehnt ab, „da er viel Arbeit in Lübeck angenommen habe und nicht gut abkommen könne. Die Arbeit, die er in Verding genommen, nämlich die Herstellung der Fundamente, wäre geleistet.“ Wir sehen, dass Gabriel von Aken kein „Baumeister“ des Fürstenhofes genannt werden kann, und dass man in ihm nur einen Maurermeister (wie er auch stets in den herzoglichen Rechnungsbüchern genannt wird) zu sehen hat. Er war die Verpflichtung eingegangen, eine bestimmte Arbeit, hier die Fundamente, mit seinen Leuten auszuführen, und kam derselben nach. Wenn ihm auch ein Anteil an der künstlerischen Ausschmückung des Fürstenhofes, an der eigenartigen Terrakotta Architektur desselben, zugeschrieben wird, so ist diese Vermutung durch keine Anhaltspunkte begründet.

Auch der Stellung, die Valentin von Lira beim Schlossbau in Wismar eingenommen hat, ist vielfach eine zu große Bedeutung beigelegt worden, Maurermeister des Rats in Lübeck, trat er 1563 in die Dienste Johann Albrechts und war bis zur Vollendung des Fürstenhofes, im Februar 1555, dort beschäftigt; neben ihm arbeiteten jedoch auch noch andere Maurermeister, wie „Meister Michel und sein Sohn“ und „Hans Vorring“. Vielleicht waren diese ihm in gewissem Sinne untergeordnet; denn für seine höhere Stellung am Bau spricht der Umstand, dass er sich an den Herzog selbst wendet und darum bittet, dass die Lieferung der Formsteine des Statius von Düren beschleunigt werde: „Er könne sonst mit dem Bau nicht fortfahren“. Im November des Jahres 1554 weigern sich die Leute Valentins, weiter zo arbeiten, da sie ihren Wochenlohn nicht erhalten haben; trotzdem wird in den nächsten Monaten der Schlossbau so weit zum Äbschluss gebracht, dass Johann Albrecht im Februar 1555 auf seinem neuen Fürstensitze mit großem Gepränge die Vermählung mit Anna von Preussen feiern kann. Nach allem, was aus den Bauakten ersichtlich ist, war also Valentin nur Maurermeister, und es spricht jedenfalls nichts dafür, an eine künstlerische Tätigkeit seinerseits zu denken oder in ihm den leitenden Baumeister des Fürstenhofes zu sehen.

Wenn sich der Herzog im Jahre 1553 an den Kurfürsten August von Sachsen mit der Bitte wendet, den Baumeister Kaspar Voigt zu schicken, damit er ihm „bei seinen vorhabenden Gebäuden rätlich sei“, so wird es sich wohl hier nicht um den Schlossbau in Wismar, sondern vielmehr um die Befestigungsbauten, die Johann Albrecht zu dieser Zeit in Schwerin und Dömitz vor hatte, gehandelt haben; war doch Kaspar Voigt in dieser Hinsicht am Sächsischen Hofe tätig, indem er den Festungsbau in Dresden und die Errichtung der Pleissenburg in Leipzig leitete. Auch der um Weihnachten 1554 von Johaun Friedrich dem Älteren nach Mecklenburg gesandte Polirer kann auf den Fürstenhof von keinem bedeutenden Einfluss mehr gewesen sein, da der Bau, wie wir gesehen, schon zwei Monate später vollendet war. Er wird gleichfalls Beschäftigung in Schwerin gefunden haben, hatte man ihn doch vor allem deshalb kommen lassen, um die „Gewölbe unter dem Walle zu schließen.“

Der dritte Mann, welcher neben Gabriel von Aken und Valentin von Lira bei der Baugeschichte des Fürstenhofes genannt wird, ist Statius von Düren aus Lübeck. Er lieferte nachweisbar die gebrannten Formsteine für den dekorativen Schmuck des Schlosses. Zwar wird er in den Bauakten nur als „Steinbrenner, Ziegelbrenner oder Ziegelmeister“ erwähnt, aber schon das Verhältnis , in dem er zu dem Herzog Johann Albrecht stand, lässt erkennen, dass seine Stellung nicht als die eines gewöhnlichen Handwerkers aufzufassen ist. Er ist etwas langsam mit seiner Arbeit; aber gerade dieser Umstand scheint dafür zu sprechen, dass er dieselbe nicht handwerksmäßig betrieb. Der Herzog nimmt auch hierauf Rücksicht, schreibt selbst an ihn, oder lässt ihm durch seinen gelehrten Freund Andreas Mylius sagen, dass er sich etwas beeilen möchte. Was die Bezahlung jedoch betrifft, so verhandelt er nicht selbst mit ihm, sondern trägt seinem Rentmeister auf, „er möchte in seinem Namen gutsagen und geloben, die Bezahlung mit dem ersten zu erlegen.“ Ein Brief ferner, welcher an Gabriel von Aken, „murmester tho sveryn“ gerichtet ist und demnach in die Zeit seines Aufenthaltes in Mecklenburg (vom Oktober 1552 bis zum November 1553) fallen muss, gibt uns weiteren Aufschluss über die Tätigkeit des Statius. Es bietet hier ein Bürger der Stadt Zwoll in Holland dem ihm persönlich bekannten Gabriel eine Ladung „Bentheimer Steins“ an, da er gehört hätte, „Statius habe Befehl vom Herrn des Bentheimer Steins halber“. Statins von Düren ist also vom Herzog mit einer für den Neubau des Schweriner Schlosses in Bentheimer Sandstein auszuführenden Arbeit beauftragt. Wir sind in der Lage, dieselbe näher anzugeben. Es ist die Dekoration des Portals, von dem einige wenige Reste noch heute in Gestalt von stark verwitterten Karyatiden erhalten sind. Sie befinden sich jetzt im Schlossgarten zu beiden Seiten eines Kanal-Ausflusses und lassen die stilistische Übereinstimmung mit den Skulpturen am Fürstenhofe erkennen. Lisch, welcher noch das Schloss und seinen ursprünglichen Eingang vor der Restauration sah, urteilt über den letzteren: „Das Portal ist eine Zusammensetzung im Stil des Portals am neuen Fürstenhofe in Wismar.“ Wir glauben demnach zu der Annahme berechtigt zu sein, dass Statius von Düren auch der Schöpfer der Sandstein-Skulpturen am Fürstenhofe gewesen ist, und dass man seine Persönlichkeit nicht als die eines Handwerkers, sondern eines Künstlers aufzufassen hat. Aus seiner schöpferischen Hand gingen Gebilde hervor, denen er in Ton und Stein Gestaltung verlieh. Eine stilistische Vergleichung wird die Übereinstimmung, welche in dem gesamten dekorativen Schmuck des Fürstenhofes herrscht, nachweisen.

Trotzdem haben wir kein Recht, dem Statius von Düren auch die Oberleitung des Baues zuzuschreiben. Diese hatte jedenfalls der Baumeister des Herzogs, ein Amt, welches an den mecklenburgischen Höfen jener Zeit die Beaufsichtigung sämtlicher baulicher Unternehmungen, auch der fortifikatorischen, in sich schloss. In den ersten Jahren seiner Begierung scheint diese Stellung bei Johann Albrecht der Maurermeister Christoph Haubitz eingenommen zu haben. Er war 1549 in seine Dienste getreten und bei den Befestigungsbauten in Wittenberg verwandt worden. Haubitz wird wohl auch gemeint sein, wenn der Herzog 1550 an seinen Oheim berichtet: „Wir hätten es samt unserem Maurermeister und anderen, die wir hinzugezogen, für gut und bequem gehalten etc.“ Johann Albrecht scheint jedoch „seinem Maurermeister“ nicht volles Vertrauen für die Umgestaltung des Wismarer Schlosses geschenkt zu haben, denn er erbittet sich, wie wir oben (pag. 11.) erwähnt haben, den Baumeister seines Oheims, Erhard Altdorfer. Dieser war Hofmaler des Herzogs Heinrich, diente ihm aber auch in Bauangelegenheiten, wie er z. B. bei der Errichtung der Festung Plau mehrmals mit der Äblöhnung der Bauleute beauftragt wurde. Von Altdorfer ist nun ferner ein undatierter Brief) an den Herzog Johann Albrecht erhalten als Begleitschreiben zu einem: „klein Werk mit seiner Faust gemacht,“ Altdorfer bietet hier mit Erlaubnis seines fürstlichen Heim (Herzog Heinrich des Friedfertigen) seine untertänigen Dienste an und unterzeichnet sich; „Erhard Altdorfer, itzt Baumeister.“ Sollte nun nicht vielleicht dieses Anerbieten in einem gewissen Zusammenhange stehen zu den Plänen Johann Albrechts, den Fürstenhof betreffend? Wir wissen, um es noch einmal zu wiederholen, dass der Herzog sich ihn als Baumeister erbeten hatte , nun reicht er demselben ein selbstgefertigtes „kleines Werk“ ein und betont dabei ausdrücklich seine Eigenschaft als Baumeister, da ist dann wohl die Annahme nicht zu gewagt, dass dies kleine Werk ein architektonisches Modell gewesen ist und zwar für den Neubau des Fürstenhofes berechnet.

Den „Baumeister“ verraten auch die Holzschnitte Erhard Altdorfers; denn mit Vorliebe verweilt der Künstler hier, z, B. in den Illustrationen der Lübecker Bibel vom Jahre 1553 bei der Darstellung architektonischer Motive, sei es, dass er eine Stadt oder einen Palast veranschaulicht. Die Renaissance Formen beherrscht er vollkommen; er sieht die Säule, den Pilaster, das Gebälk mit den Augen des Architekten und weiß deshalb dieselben auch richtig und nicht so unverstanden, wie die meisten gleichzeitigen Maler und Zeichner wiederzugeben. Die Schichtung der Steine in den Mauern und bei den Türbogen bringt er mit überraschender Sorgfalt, wie es eben nur ein Fachmann versteht, zur Anschauung. Auf einem Blatte scheint sich der Künstler selbst dargestellt zu haben: In einer Hallenkirche gewahren wir im Hintergrund, an eine Säule gelehnt, eine männliche Gestalt, welche in keinem Zusammenhange mit der dargestellten Szene steht, aber durch danebenliegende Werkstücke, durch Winkelmaß und Zirkel, als Baumeister charakterisiert ist. „War doch auch sein Bruder Älbrecht nicht nur Maler, Stecher und Zeichner, sondern auch „Ratsherr und Baumeister der Stadt Regensburg.“

Wie wir gesehen haben, nimmt der Steinbrenner Statius von Düren eine bedeutende Stellung beim Bau des Fürstenhofes ein; bestimmt doch vor allem die Anwendung der aus seiner Werkstatt gelieferten Terrakotten den Charakter des Gebäudes. Eine enge Beziehung zwischen diesem Manne und dem leitenden Baumeister muss deshalb jedenfalls vorausgesetzt werden. Wenn nun auch keine Dokumente vorliegen, aus denen sich eine solche zwischen Statius von Düren und Erhard Altdorfer mit Bestimmtheit folgern ließe, so macht doch die Abhängigkeit, in welcher einige Formziegel des Lübecker Meisters von einem Holzschnitte Altdorfers stehen, eine Beziehung zwischen beiden Männern in hohem Grade wahrscheinlich. Die in Frage kommenden Tonreliefs befinden sich an einigen Lübecker Häusern und über dem Portal des Schlosses zu Gadebusch und veranschaulichen Szenen aus der biblischen Geschichte, von denen wohl die Hauptmomente: Sündenfall, Kreuzigung und Auferstehung leicht zu erkennen sind, deren inneren Zusammenhang jedoch erst ein Vergleich mit dem Titelblatt der lübecker Bibel erklärt. Dieser Holzschnitt versinnbildlicht das Wesen des alten und neuen Bundes und geht wohl auf einen Holzschnitt des Geoffroy Tory zurück, der denselben Gegenstand bebandelt. In der Mitte sehen wir einen Baum, dessen linke Seite abgestorben ist, während die rechte in frischem Laube prangt. Hier sind Szenen aus dem neuen, dort solche aus dem alten Testament dargestellt. Am Fuße des Baumes sitzt die Figur des „Menschen“, während links von ihm der Prophet des alten Bundes, rechts der des neuen, Johannes der Täufer, angebracht ist. Dem Tod, einem Menschengerippe auf einem Sarkophage ruhend, ist der Besieger des Todes, Christus, gegenübergestellt, wie er mit der Kreuzesfahne Tod und Teufel vernichtet hier der Sündenfall, dort die Erlösung von der Sünde, Christus am Kreuz, dem das Lamm Gottes zur Seite steht. Während hier Moses aus der Hand Gottes auf dem „Mons Sina“ die Gesetzestafeln empfingt, schwebt dort der auf dem „Mons Sina“ knieenden Maria das Christuskind mit dem Kreuz im Arme entgegen. Der Erhöhung der Schlange im jüdischen Feldlager ist die frohe Botschaft gegenüber gestellt, die den Hirten auf dem Felde durch den Engel des Herrn verkündigt wird. Ältdorfer behandelt die einzelnen Szenen liebevoller und eingehender, wie der Franzose. Der Darstellung des Todes z. B. hat er in wirkungsvollem Gegensatze einen blühenden Baum an die Seite gesetzt, in dessen Zweigen Vögel ihr Lied singen.

Nach diesem Holzschnitt Altdorfers hat Statius von Düren seine Reliefs komponiert. Aber auch er hat wiederum die einzelnen Szenen vereinfacht und zusammengefasst, so dass es schwer fällt, wie schon erwähnt, sie ohne Kenntnis des Vorbildes zu deuten. Die Mittelplatte zeigt eine solche Verschmelzung zweier Szenen: Wir sehen den Gekreuzigten, aber statt des Kreuzes jenen Baum, dessen eine Seite verdorrt ist, während die andere grünt. Rechts steht, wie dort, Johannes, links der Prophet des alten Bundes. Wie auf dem Holzschnitte, empfängt Moses die Gesetzestafeln; auf der andern Seite schwebt ein Engel zu einem gläubig die Hände faltenden Hirten herab. Auf der rechten Platte sehen wir im Anschluss an die erstere einen zweiten Hirten; hinter ihm kniet Maria auf einer Anhöhe im Hinblick auf das in Wolken schwebende Christkind. Unter ihr steht das Lamm Gottes und den Abschluss bildet Christus mit der Siegesfahne, den Tod überwindend. Auf der linken Platte ist der Sündenfall dargestellt und neben ihm ein Sarkophag, hinter dem ein Drache, wohl die Hölle versinnbildlichend, hervorschaut. Einige Blätter im Hintergrunde erinnern an den erwähnten Baum auf dem Holzschnitte. Unten quer liegt ein Totengerippe ausgestreckt, zu dessen Füßen Felsen und Bäume angebracht sind. Links in der Ecke endlich hält ein Putto in der einen Hand ein Stundenglas, in der andern ein Täfelchen mit der Jahreszahl 1556.

Ein Zusammenhang zwischen Altdorfer und Düren wird durch diesen Vergleich augenscheinlich bewiesen, und wenn wir zu diesem Momente die oben erwähnte Vermutung hinzufügen, dass ersterer ein architektonisches Modell für den Fürstenhof eingereicht hatte, dass er ferner im Jahre 1552, wo dessen Bau beginnt, nach dem Tode Herzog Heinrichs als Baumeister in die Dienste Johann Albrechts trat, so liegt die Annahme wohl nicht gar zu fern, dass wir in ihm den leitenden Architekten und den eigentlichen Schöpfer des Fürstenhofes zu sehen haben. Wenn wir neben Altdorfer und neben Statius von Düren noch einem dritten Manne Anteil an der geistigen Urheberschaft einräumen, so denken wir nicht an Gabriel von Aken, nicht an Valentin von Lira oder einen andern Mauermeister, sondern an den Bauherrn selbst, an den kunstsinnigen Herzog Johann Abrecht, über welchen ein Zeitgenosse folgendes Urteil gefällt hat: „Er war in der Kunst selbst bewandert und bediente sich bei seinen Ausführungen der auserlesensten Meister; auch folgten die Architekten seinen Anordnungen und leiteten danach das Tagewerk.“
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Beiträge zur Mecklenburgischen Kunstgeschichte