Beiträge zur Heimatkunde der Insel Föhr

Zur Eröffnung des Friesen-Museums Föhr. 1908
Autor: Häberlin, Carl Dr.(1870-1954) deutscher Arzt und Heimatforscher, Erscheinungsjahr: 1908
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Insel Föhr, Trachten, Friesen-Museum, Heimatforscher, Meerespflanzen, Seetiere, Vogelwelt, Prähistorie, Naturwissenschaft, Geschichte
I. Landgestaltung: — untergegangene Wälder der Postglacialzeit — Torf — Entstehung der Marsch — Sturmfluten — Durchbruch des englischen Kanals bei Dover — Säkulare Senkung.

II. Erste Besiedelung — Kjökkenmöddinger — jüngere Steinzeit — Bronzezeit — Eisenzeit — Spinnwirtel — Lembecksburg — Moorleichen — prähistorische Wollgewebe — Hadeby — Gnidelsteine — Lavamühlen — Internationaler Handel in der Stein- und Bronzezeit — der Bernstein als Kulturbringer des germanischen Nordens.

IV. Saxo, Werften, Baumaterial, Salzgewinnung, Brennmaterial, Waffenrüstung, Springstöcke, Gnidelsteine, Schafsscheren, Lavamühlen, Besemer.
Einleitung

Das Friesen-Museum steht an historischer Stätte, in unmittelbarer Nähe der alten Richtstätte für Osterland-Föhr und auf dem nördlichen Stück eines an eisenzeitlichen Funden sehr reichen Landstreifens. Erbauer ist der „Naturwissensch.-Kulturhistorische Verein“, Baumeister Architekt Bomhoff.

Der Stil des Gebäudes lehnt sich an den des friesischen Bauernhauses an, am deutlichsten erkennbar in der Bedachung des Hauses, den breiten und niedrigen Formen seiner Fenster und der Einfriedigung des ganzen Bezirkes durch einen Erdwall. Schon äußerlich tritt Zweck und Bedeutung des Hauses klar hervor, da ein Teil der für unsere Inselkultur bezeichnenden Gegenstände im Freien untergebracht sind. Die Eingangstür wird flankiert von mächtigen Walfischrippen, aus denen auch im Innern des Hofes die Einfassung eines Ziehbrunnens hergestellt ist; desgl. hat hier ein „Nost“ (Steinsarg, solche wurden zahlreich im 12. bis 13. Jahrhundert vom Unterrhein importiert, als Tränktröge) Platz gefunden. Am Hause selbst fällt gegenüber dem Eingang die massige Gallionfigur einer Frau ins Auge, links von der Haustür eine Reliefplatte aus dem 18. Jahrhundert.

Treten wir in das Haus selbst ein, so finden wir schon die mit Steinen belegte Diele des Erdgeschosses ausgenutzt als Ausstellungsraum für umfangreiche Baumreste aus dem submarinen Walde im Gotinger Watt. Links ist der Zugang zu der Wärterwohnung, rechts von der Treppe der Eingang in den für die Föhrer Prähistorie bestimmten Raum.

Dieser Teil der Sammlung ist, soweit möglich, den Zeitperioden entsprechend angeordnet. Den Vorzug des Alters, haben die Fundstücke aus dem versunkenen Wald, es folgt eine reichhaltige Sammlung aus den zahlreichen Muschelhaufen (Kjökkenmödding) unserer Insel. Die ganze Westwand wird eingenommen von Vitrinen mit steinzeitlichen Artefakten, die Nordwand von den besonders schön vertretenen Resten der Bronze- und denen der Eisenzeit. Die Urnen, von denen gute Stücke aus allen Perioden vorhanden sind, haben ihren Platz in zwei breiten Wandschränken. Der eiserne Schrank in der Mitte des Raumes sucht durch Zusammenstellung geeigneter Stücke die Gesamtkultur der einzelnen Perioden zu veranschaulichen.

In dem Saale neben der Prähistorie hat die Naturwissenschaft ihre Stätte: Reiche Petrefakten-Sammlung (bemerkenswert das Mio- und Eocän), Profile von Bohrungen (eine solche von 440 m); Dreikanter, Torfproben etc.; Land- und Meerespflanzen; Seetiere, besonders schön Seemoose, Muscheln, Fische. Bemerkungen über den nationalökonomischen Wert der Meeresbewohner geben lehrreiche Aufschlüsse. Die Vogelwelt ist fast in allen ihren hier vorkommenden Arten vertreten; die prächtigen Enten und Gänse ziehen vor allem die Aufmerksamkeit auf sich. Eine Treppe hoch finden wir die Volkskunde: Hausbau, Möbel, Geräte, Hausfleiß, Ackerbau, Walfischfang, Nautik, politische Geschichte, Trachten, Schmuck, Münzen. Zahlreiche Bilder aus alter Zeit etc., eine kleine Bibliothek der wichtigsten Werke; im Flur eine Sammlung „angedrifteter“ Gegenstände, teils aus Schiffbrüchen, teils von fernen Ländern angetrieben.

Die Bearbeitung dieser Sammlungen erforderte Studien, deren Resultate weitere Kreise interessierten, so dass sie im Nachfolgenden als kurzer Beitrag zu einigen Fragen der Heimatkunde zusammengefasst wurden. Vollständigkeit wurde dabei nicht angestrebt — (Die wenigen sprachlichen Bemerkungen kommen aus äußeren Gründen phonetisch nicht entsprechend im Druck wiedergegeben werden.)