Der Judenrichter

Des Judenrichters wird bereits in den ersten für Steiermark erflossenen Judenordnungen als einer bestehenden Einrichtung Erwähnung getan, und zwar in den Art. 15 bis 18 und 22 des F. und in O. und R. Einzelne Judenrichter sind in Steiermark nachweisbar: in Judenburg seit 1805, in Pettau seit 1333, in Marburg seit 1364, in Voitsberg seit 1381, in Graz seit 1382, in Radkersburg seit 1386, in Brück seit 1393.

Die Judenrichter waren als Beamte des Landesfürsten von diesem ernannt. Die Stellung eines Judenrichters war eine angesehene und angestrebte: so bekleidete Andre Trenwekg 1489 in Judenburg das Amt eines solchen, nachdem er 1482 Bürgermeister in Judenburg gewesen war; Thomas von St. Lambrecht war 1406 Judenrichter in Judenburg, nachdem er das Jahr zuvor die Stelle eines Burggrafen von Liechtenstein eingenommen hatte; zu wiederholten Malen sind die mit dem Judenrichteramt Bekleideten vor oder nach ihrer Amtsführung als Stadtrichter tätig. Sehr zahlreich aber sind die Fälle, in denen das Amt eines Judenrichters gleichzeitig mit einem andern Amte in einer Person vereinigt war. So war in Graz die Stelle eines Judenrichters bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts meist mit der des Verwesers verbunden. In Judenburg war in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts die Vereinigung von Judenrichter- und Stadtrichteramt zur Regel geworden; auch in Brück und Marburg lässt sich in einigen Fällen eine gleiche Verbindung der beiden Funktionen feststellen. Auch andere Ämter, wie das eines Landrichters, Hubmeisters, Amtmannes, waren fallweise mit dem eines Judenrichters verbunden.


Eine Besoldung des Judenrichters fand wohl nicht statt, sondern — wie allgemein in jener Zeit — bildete auch für ihn ein Teil der Gerichtseinkünfte die Entlohnung. Über die früheste Zeit geben diesbezüglich Art. 15 bis 18 in F. und ferner O. und R. Aufschlüsse; über die spätere Zeit sind mir Belege nicht bekannt. — Auch waren die Judenrichter von städtischen Steuern und Abgaben befreit.*) Nicht ohne Vorteil mochten auch für sie die Geschäfte mit Juden aus ihrem Amtsbereich gewesen sein, deren sie sich nicht immer enthielten.

Eine Bestimmung der Amtsdauer des Judenrichters ist nicht möglich. Eine Neueinsetzung nach Unterbrechung einer Amtszeit ist wiederholt feststellbar. So ist Hans Leiser in Judenburg 1382 und 1387 als Judenrichter nachweisbar, während 1386 Ulrich Paemkirchen die Stelle bekleidete. Peter Keßler, 1465 Judenrichter in Judenburg, wird 1468 von Jörg Zeiringer abgelöst, folgt diesem 1470, um von ihm 1473 wieder abgelöst zu werden. Ähnliches lässt sich wiederholt feststellen.

*) Mon. Habs., I, Abt. 2, S. 749 Nr. 771. — Friedrich III. befiehlt 1478 Richter und Rat in Marburg, „daz ir . . ., denselben Kundell, aldieweil er unser judenrichter daselbs sein wirdet, der robat wacht steur und anderer mitleidung unangelangt lasset und es damit haltet, wie es vor mit andern Judenrichtern deshalben gehalten worden ist . . .“ („Wachten und Steuern sind Verbindlichkeiten des alle Rechte genießenden Bürgers“ Auer, 366).
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Beiträge zur Geschichte der Juden in Steiermark