Das Gericht des Judenmeisters

In Steiermark oblag die Rechtsprechung über Streitfälle der Juden untereinander nach jüdischem Rechte dem Vorstand der jüdischen Gemeinde, dem Judenmeister, sofern es die Streitenden nicht selbst vorzogen, ihre Angelegenheit dem christlichen Judenrichter zu überantworten. Über eine etwaige Besetzung der Gerichtsbank und die Art der Rechtsprechung sind mir Belege aus Steiermark nicht bekannt. — Die Bedeutung des jüdischen Rechtes in Steiermark scheint später in Übereinstimmung mit den Verhältnissen im übrigen deutschen Reiche in Abnahme geraten zu sein. Neben einiger Wichtigkeit auf privatrechtlichem Gebiete *) war der Einfluss des Judenmeisters späterhin wohl auf administrative und rituelle Angelegenheiten beschränkt. Als Strafmittel stand dem Judenmeister die Verhängung des Bannes zur Verfügung.

*) Herzog Rudolf IV., in einem Streitfall zwischen Musch, Isserleins Enkel von Marburg, und Hakkim von Graz zum Schiedsrichter angerufen, entscheidet am 12. März 1364, dass Hakkim seiner Frau noch 1.000 fl. als Morgengabe zu geben habe, die nach ihrem Tode an jenen fallen solle, „da hin si nach judischen recht pillich gefallen sol“ (HHStA.).
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Beiträge zur Geschichte der Juden in Steiermark