Beziehungen zu Darmstadt.

Ich erneuere Ihnen bei dieser Gelegenheit mit eben soviel Anhänglichkeit wie Freundschaft die Versicherungen ausgezeichneter Hochachtung, mit der ich bin“ p. p. *)

Der Landgraf hatte keine Lust, auf diese Anleihe sich einzulassen, er hielt die Hände gern fest auf seiner Kasse, und so versuchte Montgelas, der Waitz' Erkrankung das Ausbleiben jeder Antwort auf die Anfrage zuschrieb, es mit einem zweiten Briefe, wobei er hervorhob, der Gegenstand liege dem Kurfürsten sehr am Herzen und er bitte den Landgrafen, sich zu äußern**).


Auch der Landgraf von Hessen-Darmstadt, Ludwig X., näherte sich dem Kurfürsten Max Joseph mehr und mehr und schrieb ihm eigenhändig am 19. Mai 1799***):

„Sie haben mir befohlen, mein liebster Bruder, mich der Titel nicht mehr zu bedienen, die ich Ihnen als Kurfürsten schuldig bin; ich werde mich aber derjenigen bedienen, die unsere Freundschaft und unsere Verwandtschaft uns seit so lange diktirt haben; dieser neue Beweis Ihrer Güte und Ihrer Freundschaft ist mir zu teuer und zu kostbar, um mich ihm nicht mit dem lebhaftesten Eifer anzupassen, weil es eine neue Versicherung der Fortdauer der Gefühle ist, die mir auf immer die kostbarsten sind und bleiben werden, da sie Ihrer Güte entstammen. Auf diese Freundschaft gestützt, die Sie freundlichst für mich hegen wollen, mein liebster Bruder, ergreife ich mit Eifer die Gelegenheit, welche die politischen Ereignisse mir bieten, um Sie um die Gunst zu bitten, diese persönliche Freundschaft zu Beziehungen guter Nachbarschaft zwischen unseren Landen zu erweitern. Der Krieg, der sich zwischen Oesterreich und Frankreich neu entzündet hat und der sich grossenteils auf Unkosten des Reichs abspielen muss, wird unseren unfehlbaren Ruin herbeiführen, wenn nicht die Fürsten, die sich in gleiche Lage und in gemeinsame Interessen versetzt finden, sich dahin vereinen, konforme Massregeln zu treffen; unter diesen Gesichtspunkten betraue ich meinen Generaladjutanten Herrn von Oyen, der die Ehre haben wird, Ihnen dies zu überreichen, damit, Ihren Augen die Details meiner privaten Absichten über diesen Gegenstand zu unterbreiten. Ihre Lage als Kurfürst von der Pfalz und von Bayern giebt Ihnen, mein theuerster Bruder, durch die Ressourcen und die Ausdehnung beider Kurlande die Gewalt, eine Hauptstütze der Erhaltung unserer Existenz und der Ruhe unserer Lande zu sein, weil die Energie und die „Weisheit, die Sie seit dem Momente Ihres Gelangens zur Kur entfaltet haben, die allgemeine Aufmerksamkeit auf Sie gelenkt hat, und weil überdies der Einfluss, dessen Sie sich am Berliner Hofe erfreuen, Sie in die Lage versetzt, das Vertrauen auf die interessirten Teile zu verbreiten, und weil er den Erfolg für das Heil unserer Lande und unserer persönlichen Ruhe sichern wird.

*) Am Rande steht: Gebilligt. Max Joseph Knrfürst.
**) München, Montgelas an Waitz, 14. Juni 1799, Concept. Ebenda. Am Rande: Gebilligt Max Joseph Knrfürst.
***) Französisch. Kasten grün. 84/1. Miscellanea 1797—1801. Ebenda.

Indem ich den Ueberbringer dieses nochmals Ihrer Güte empfehle, bitte ich Sie, mein liebster Bruder und Freund, der Mission, mit der er betraut ist, Glauben zu schenken, mir Ihre Güte und Ihre kostbare Freundschaft zu bewahren und zu glauben, dass nichts die zärtliche und unverletzliche Zuneigung ändern könnte, die Ihnen auf ewig gewidmet hat

Ihr treuester Bruder, Vetter, Freund und Diener
Ludwig L.“

Max Joseph erwiderte am 10. Juni*):

„Ich habe durch Oyen den liebenswürdigen Brief erhalten, womit Sie ihn am 19. Mai für mich betraut hatten; er hat mir ein um so tiefer empfundenes Vergnügen gemacht, als er mich an die Gefühle gemahnt, deren Aufrichtigkeit und Lebhaftigkeit gewiss kein Ereigniss und keine Lage je ändern wird. Sie**) würden mich veranlassen, liebster Bruder, die Beziehungen guter Nachbarchaft zwischen unseren Landen einzurichten und sorgsam zu pflegen, wonach Sie das Verlangen in einer für mich so angenehmen und so schmeichelhaften Weise bekunden, selbst wenn der Geist der Verträge, die uns verknüpfen, und die Natur unserer wechselseitigen Interessen es nicht gebieterisch erfordern würden. Meine Minister in Berlin und Regensburg erhalten Befehl, sich mit den Ihrigen über alle Fragen von allgemeinem Interesse zu verständigen, die sich bieten könnten. Es ist sehr zu wünschen, dass andere Fürsten diesem Beispiele in einem Momente folgen wollen, in dem die Gesetze und die Formen, die uns Allen als Sauvegarde dienen, so große Anfechtungen erfahren haben. Ich meinerseits werde nichts von allem dem unterlassen, was zu diesem heilsamen Zwecke führen kann. Was aber die Form und den ganz präzisen Endzweck dieser Einigung betrifft, so fühlen Sie selbst, liebster Bruder, dass, bevor man entscheidende Maßregeln in dieser Hinsicht ergreift, man sich der Unterstützung Preußens versichern muss, das bisher nicht geneigt schien, uns sehr wirksam zu dienen. Wenn man eine Entscheidung über diesen wichtigen Stoff überstürzte, so würden wir uns dem aussetzen, uns zu kompromittieren und die Gefahren herauf zu beschwören, die wir meiden wollen. Gewisslich hat es nicht von mir abgehangen, dass unser gemeinsames Vaterland nicht schon des Friedens genieße, der ihm so nötig ist; vielleicht hätten meine Bemühungen mehr Erfolg gehabt, wenn weniger Spaltung in den Gemütern und mehr Kraft in den Willensäußerungen gewesen wäre. Empfangen Sie, liebster Bruder, mit Ihrem gewöhnlichen Interesse die aufrichtigsten Versicherungen der zärtlichen und unverletzlichen Zuneigung, welche Ihnen auf ewig bewahren wird

Ihr treuer Bruder, Vetter und Freund Max Joseph Kurfürst.“

*) Ebenda.
**) Diese Gefühle.

Die Lage, von der die befreundeten Fürsten hier sprachen, wurde immer ernster, und am 1. August 1799 schrieb von Oyen aus Darmstadt nach München*):

*) Ebenda.

„Durch Missverständniss und Abwesenheit blieb Ihr erstes Schreiben unbeantwortet; ich glaubte, dass unser Minister, dem ich es mitgeteilt hatte, Ihnen geantwortet hätte, und erst durch Ihr zweites Schreiben erfuhr ich das Gegenteil. Der Landgraf wird seinen Anteil am Kontingente verweigern, da er in bekannter Ohnmacht, es tun zu können, ist, und man wird vermeiden, die Neutralität auszusprechen: da man noch einen Monat Zeit hat, um seine Meinung zu sagen, so hat man noch einmal mit Haugwitz gesprochen, um zu wissen, was er rät, auch wird man bei Thugut sein Möglichstes tun, um seine üble Laune zu besänftigen; sobald man das Resultat weiß, wird man es Ihnen mitteilen. Hier läuft das Gerücht von einem Abkommen zwischen Österreich und Frankreich zum Nachteile des Reiches um; ich meinerseits glaube nicht daran; die französische Armee hat unendlich viel Rücksichten (procédés) für uns, die Österreicher passabel. Wenn Sie etwas Interessantes über die Partei hören, die man ergreift, so bittet man Sie um Mitteilung; übrigens kann Montgelas überzeugt sein, dass nicht nur in den gegenwärtigen Konjunkturen, sondern auch in Zukunft man nichts so sehr wünscht wie eine enge Liaison.

von Oyen.“


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Bayern und Hessen 1799-1816.