Das Badewesen des vorklassischen Altertums.

Das Ländergebiet der Völker des vorklassischen und klassischen Altertums liegt unter einer südlicheren Sonne; das wärmere Klima bringt es mit sich, dass dem Menschen infolge der intensiveren Hauttätigkeit leichter und eindringlicher als bei uns die Unreinlichkeit des Körpers sich bemerklich macht. Die klimatischen Verhältnisse zwingen förmlich zum Bade, das fast zu den Existenzbedingungen des Menschen gehören müsste, wie man glauben sollte; dennoch war ursprünglich der Gebrauch der Bäder ohne weiteres noch nicht allgemein; es bedurfte zu ihrer Einführung noch gesetzlicher Vorschriften, welche indessen erst dann Verbreitung und wirksame Anerkennung fanden, als sie auf religiöser Grundlage erlassen wurden. Es ist deshalb eine weise, hygienische Maßnahme, ein Akt von höchstem sanitären Nutzen, dass die Religionsgesetze eines Brahma, Buddha, Zoroaster, Manu, Moses und Muhammed häufige Bäder und Waschungen als religiöse Notwendigkeit eingeführt haben.

Bei den Kultusgebräuchen der vorklassischen Völker des Altertums spielen die Begriffe rein und unrein eine wichtige Rolle; es gibt vielerlei Veranlassung, unrein zu werden. Unrein wird der Mann durch Kohabitation und Pollution, unrein die Frau durch Menstruation und Entbindung, unrein ist das neugeborene Kind, der Kranke, die Leiche, deren Berührung schon unrein macht, unrein sind die Höhlen des menschlichen Körpers unterhalb des Nabels und alle Ausscheidungen desselben u. s. w. Aber jegliche Unreinheit beseitigt das Wasser, indessen muss es „lebendiges" Wasser sein, d. h. Quellwasser oder mindestens Grundwasser, klar, hell und ohne alle Verunreinigung.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Bäder und Badeanstalten