Das Badewesen bei den Babylonisch-assyrischen Völkern

Das Badewesen der babylonisch-assyrischen Völkerschaften war uns bis vor kurzem noch völlig unbekannt. Zwar berichtet Herodot (I, 198), wann dort die Sitte es erforderte, durch ein Bad symbolisch die Reinheit wiederzugewinnen, aber von Badeeinrichtungen ist nirgends die Rede. Wie bei den Indern der Ganges so war bei den Babyloniern der Euphrat ein heiliger Strom, in dessen Wellen zu baden sowohl sündenreinigend als heilkräftig wirkte. Erst die neuesten Forschungen fangen an, einiges Licht darüber zu verbreiten, wie man bei den Assyrern badete. In den Ruinen von Assur hat W. Andrae im Palast Königs Adadniraris I. (ca. 1350 v. Chr.) in dem sogenannten Nischenzimmer ein Bad gefunden (s. Bild 2).

Bild 2. Badezimmer in den Ruinen von Assur.


Es ist ein größerer Raum, an einer Seite durch eine Nische erweitert; teils in, teils vor derselben liegt das kleine, mit Platten ausgelegte Badebassin, dessen Abfluss noch erkennbar ist. Zwei ganz ähnliche Badeanlagen sind gleichfalls dort gefunden, gehören aber zu den jüngeren assyrischen Bauten.

Zu Sendschirli in Nord-Syrien 2 ist ein Palast des Asarhaddon (681 — 668 v. Chr.) aufgedeckt worden, welcher drei als Badezimmer anzusprechende Räume enthält. Im oberen Palast findet sich (s. Bild 3, I und II) im Männer- und im Frauenhause jedesmal nahe bei einem größeren Saal hinter einem Vorraum V das Bad B. Beide liegen nicht weit voneinander entfernt. In dem einen ist der Fußboden mit unregelmäßigen Steinplatten, in dem anderen mit gebrannten Tonfliesen belegt, die

Fugen sorgfältig mit Mörtel gedichtet; das Gefälle ist nach einer größeren Platte gezogen, deren runde Öffnung von 15 cm Weite mit Falz für ein Gitter das abfließende Badewasser in einen unterirdischen Kanal fallen ließ. Die Wände sind mit Steinplatten bekleidet, deren Fugen dicht verstrichen sind. Von der Badewanne sind keine Reste gefunden; sie dürfte frei auf dem Fußboden gestanden haben. Wesentlich interessanter ist das Badezimmer des unteren Palastes (s. Bild 3, III), gleichfalls unweit eines Saales hinter einem Vorzimmer gelegen. Neben der ebenso wie oben angelegten Abflussöffnung fanden sich vor der Wand vier Zungenmauern von Ziegeln, ein Stein stark und ein Stein voneinander entfernt, die Zwischenräume voller Asche, Schlacke und Kohle, das Mauerwerk offenbar vom Feuer angegriffen. Hiernach ist nicht zu bezweifeln, dass über den vier Zungen die Badewanne, vermutlich von Bronze oder gebranntem Ton, gestanden hat und von unten erwärmt wurde, während das gebrauchte Badewasser unmittelbar neben der Wanne im Fußboden verschwand. — Dass auch die Kultusstätten der Assyrer mit Badeeinrichtungen für die Priester versehen waren, haben die Ausgrabungen von Sendschirli ebenfalls erwiesen, wo bei einer solchen noch Reste der Wasserversorgung aufgedeckt sind: eine Tonrohrleitung von 11 cm Lichtweite und 2 cm Wandstärke; die einzelnen Rohrstücke von 30 cm Länge greifen mit 5 cm langer Nase in einen entsprechenden Einschnitt des Nebenrohres ein und sind mit Ton gedichtet. — Übrigens ist nicht ausgeschlossen, dass die Anlagen von Sendschirli nicht den Assyrern, sondern einem Hittiter-Fürsten, der den Assyrern tributpflichtig war, zugeschrieben werden müssen.

Bild 3. Badezimmer im Palast von Sendschirli.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Bäder und Badeanstalten
Bäder 002 Badezimmer in den Ruinen von Assur

Bäder 002 Badezimmer in den Ruinen von Assur

Bäder 003 Badezimmer im Palst von Sendschirli

Bäder 003 Badezimmer im Palst von Sendschirli

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