Die Schöpfung des Weines - Theodor Apel (1811-1867)

Apel, Guido Theodor (1811-1867) deutscher Jurist, Schriftsteller und Stifter

Ich weiß ein Märchen wunderbar,
Das will ich Euch erzählen:
War einst ein Mägdlein, hold und klar,
Mit roter Wang’ und gold’nem Haar,
Die tat die Männer quälen,
  {t]  Ja quälen,
So recht nach Herzenslust!


Ein Jüngling warb so liebevoll
Lang um die spröde Dirne;
Sie lachte nur; da ward er toll
Und heulte laut vor Wut und Groll,
Trug Falten auf der Stirne,
  {t]  Ja Stirne,
Und Backen kreideweiß!

Der liebe Gott zur Erde kam
Und sah den armen Jungen;
Und wie er sah den schweren Gram,
Er sich’s sogleich zu Herzen nahm
Und rief aus vollen Lungen,
  {t]  Ja Lungen,
Blitzmädel, gleich komm’ her!

Machst Du die Männer krank und bleich
Mit meinen Huldgeschenken,
Ja wär’ ich nicht so gnadenreich.
Mein Blitz erschlüge Dich sogleich —
So will ich Dich nur senken,
  {t]  Ja senken,
Gleich hier ins Ackerland!

Am Ort, wo sie versunken war,
Erwuchsen d’rauf zwei Reben,
Die goldig, wie der Jungfrau Haar,
Und rot, wie ihrer Wangen Paar,
Den Wein, den Wein uns geben,
  {t]  Ja geben,
Zum Trost für Liebesqual!
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Bacchus Buch des Weins
Apel, Guido Theodor (1811-1867) deutscher Jurist, Schriftsteller und Stifter

Apel, Guido Theodor (1811-1867) deutscher Jurist, Schriftsteller und Stifter

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