Der Weingesang - Ludwig Bechstein (1801-1860)

Bechstein, Ludwig (1801-1860) Apotheker, Schriftsteller, Bibliothekar, Archivar, Herausgeber

Chor.


Des Finkenschlags Krone heißt Weingesang,
Er stammt aus Noah’s Arche.
Dem ward in der Arche die Zeit gar lang,
Und nachsann der Patriarche,
Dazu schlug der Fink: sinksinkferlingsing!
Und Noah ersann ein treffliches Ding,
Es klang so verlockend, so rein schön:
Trief, trief, wir wollen zum Wein gehn!

Und als das Triefen vorüber war,
Da träufte göttlicher Segen;
Im Becher perlte bald wunderbar
Des Rebstocks goldener Regen.
Dazu schlug der Fink: sinksinkferlingsing!
Die Menschheit verstand den göttlichen Wink,
Wie hütt’ ihr der sollen nicht eingeh’n?
Trief, trief, wir wollen zum Wein geh’n!

Und seit dieser Zeit geht die Menschheit zum Wein.
Liebt die Gottesgabe zu trinken;
Auch stellten noch nie den Weingesang ein
Die trinkenden, pinkenden Finken.
Horcht! Hört Ihr den Fink: sintsinkferlingsing?
Von Weitem da lautet’s melodisch kling kling!
Kommt. Freunde, wer mag hier allein steh’n?
Trief, trief, wir wollen zum Wein geh’n!

Wir wollen mitsingen den Weingesang,
Selbst lustige, durstige Finken.
Uns wird bei den Bechern die Zeit nicht lang,
Patriarchenwohl lasset uns trinken!
Laut schmett’re der Fink: sinksinkferlingsing!
Wie macht Lieb’ und Lust uns die Arbeit gering
Wir können nicht auf Einem Bein steh’n:
Trief, trief, wir wollen zum Wein geh’n!

Solo.
(Stimme eines moralischen Katzenjammers,)

O wäre doch nicht der Weingesang,
Da hätt’ ich viel vollere Speicher!
O wäre nur nicht der lockende Klang,
An Geld und Gut wär’ ich viel reicher.
Mein spottet der Fink: sinksinkferlingsing!
Wie gern’ tränk’ ich Wasser, ach wenn es nur ging’;
Mir schwindelt! O hättet Ihr mein Dreh’n!
Trief, trief, lasst ab vom zum Wein geh’n!

Chor.

Wer jammert so jämmerlich hinter dem Fass?
Ein Geist gibt sich schreckliche Blößen.
O reicht ihm der Traube viel köstliches Nass,
Ein frischer Trunk wird ihn erlösen!
Finksinkferlingsing, kling kling!
Ein guter Trunk ist doch allweg gut Ding,
Nur Grämlinge haben kein Einseh’n:
Trief, trief, wir wollen zum Wein geh’n!

*) Komponiert von Franz Kühmstedt
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Bacchus Buch des Weins