Aus der Vergangenheit des Postwesens.

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1921
Autor: Koller, Franz Dr., Erscheinungsjahr: 1921

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Post, Postvertrieb, Postwesen, Thurn und Taxis, Posthaus, Postbote, Briefbote, Briefmarken, Brief, Päckchen,
Erleichterung des Verkehrs und eine möglichst rasche Nachrichtenvermittlung haben alle alten und neueren Kulturvölker angestrebt und auf mannigfaltige Art zu erreichen gesucht. Und doch sind die neuzeitlichen Einrichtungen der Post erst in langsamer Entwicklung aus den verschiedenartigsten Bedürfnissen hervorgegangen. Bis es dahin kommen konnte, dass der Gesamtbevölkerung die Vorteile der Verkehrseinrichtungen zugutekamen, vergingen viele Jahrhunderte. Verkehrseinrichtungen, die militärisch-politischen Zwecken dienten, sind überall den gemeinwirtschaftlichen vorausgegangen und standen nicht nur anfänglich im Gegensatz zu ihnen, sondern erhielten sich als Staatseinrichtungen sogar lange abwehrend gegen privaten Gebrauch. Die Reichspost der Römer diente ausschließlich politischen Notwendigkeiten und blieb im weitesten Sinne eine drückende Last für das Volk, statt ihm eine Wohltat zu sein. Die Provinzen mussten für die Erhaltung der Verkehrsmittel aufkommen, ohne Vorteile für die Allgemeinheit daraus zu erlangen. Und noch in späteren Zeiten änderte sich dieser Standpunkt nicht. Ludwig XI. führte im Jahre 1464 die königliche Post in Frankreich ein; sie war zur schnellen Besorgung eigener Angelegenheiten, für seine Kuriere und Depeschenboten bestimmt. Ausdrücklich war in einem Gesetzesartikel gesagt, dass diese Einrichtung nicht zur Bequemlichkeit anderer, sondern allein nur zu seinem Dienst getroffen worden sei. Bei Todesstrafe war den Stationsleitern verboten, Pferde ohne Befehl des Großmeisters der Post zur Verfügung zu stellen, gleichviel von welchem Rang ein Reisender sein möge.

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Inhaltsverzeichnis
Neben diesen für Staatsangelegenheiten unterhaltenen Verkehrsarten bildeten sich im frühen Mittelalter Einrichtungen, die verschiedenen Ständen mehr oder weniger ausschließlich dienten. Wegen des geringen Güterumlaufes und der unentwickelten geistigen Regsamkeit großer Volksteile machte sich noch kein Bedürfnis nach postmäßigen Verbindungen geltend. An Höfen, in Klöstern, dann auch an Universitäten und aufstrebenden Handelsplätzen regte sich indes ein anderer Geist, und es kam zu lebhafterem Nachrichtendienst, der durch Boten aller Art besorgt werden musste. Bedeutend waren die im Jahre1276 ins Leben gerufenen Reitposten des Deutschen Ordens im fernen Osten, für den die Verbindungen mit Venedig, dem Sitz des Ordensmeisters, unerlässlich gewesen sind. Universitätsboten trugen zur Belebung des geistigen Verkehrs in umfassender Weise bei, denn sie wurden bald für den allgemeinen Verkehr wichtig. Eigene Boten besaßen auch die Klöster, Bistümer und Abteien, die anfänglich gleichfalls nur unter sich im Verkehr standen. Bettelmönche durchwanderten die Länder nach allen Richtungen, und zwar nicht nur im Dienste der Geistlichkeit; sie vermittelten Nachrichten auch an Private. In jenen Zeiten sah man Bettelmönche selten ohne wohlgefüllten Briefbeutel neben ihrem Bettelsack. Bei dem theologischen Charakter der Universitäten standen sie auch mit diesen im Zusammenhang. Im fünfzehnten Jahrhundert kostete die Überbringung brieflicher Nachrichten durch einen Deutschordensritter-„Bryffjongen“ von Marienburg in Preußen nach Rom zehn Mark Silber — zwanzig Dukaten. Ein Mönch, der mit einem Brief des Hochmeisters den gleichen Weg machte, erhielt nur zwei Dukaten, da er Zehrung und Unterkunft auf der ganzen Reise fast allerorten unentgeltlich erhielt.

Eine eigenartige Rolle spielten die sogenannten „Metzgerposten“. Die Metzger reisten mit Wagen und Pferden zum Einkauf von Schlachtvieh mancherorten sechs bis acht, ja nicht selten zwanzig Stunden weit. Da diese Leute meist ein eigenes Haus besaßen und wohlhabend waren, boten sie eine gewisse Sicherheit für die ihnen anvertrauten Güter und als Vermittler von Nachrichten. Kaufmannsgilden schlossen mit Metzgern nicht selten Verträge zur Beförderung ihrer Sendungen. Im sechzehnten Jahrhundert begann ein hartes Ringen des Reichspostmeisters Taxis gegen die Metzgerposten, die „bei Tag und Nacht Briefe und andere Sachen durch eigene Ross und Boten auf- und abführen“. Trotz wiederholter kaiserlicher Verbote, in denen die Aufhebung der „Metzgerposten“ gefordert wurde, erhielten sie sich vor allem in Schwaben bis gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts.

Städte und Kaufmannsgilden und einzelne Personen unterhielten gleichfalls eigene Postboten. Dem Grundzug unseres heutigen Postwesens: unbedingte Benützung für jedermann, entsprachen alle diese mehr oder weniger ständisch gegliederten Einrichtungen noch nicht. „Hervorgegangen aus Sonderbedürfnissen einzelner Körperschaften schlossen sie zwar die große Masse des Volkes nicht unter allen Umständen von der Inanspruchnahme der Einrichtungen aus, aber es blieben so, weit klaffende Lücken offen im Gesamtverkehr, dass man allerorten mit dem steigenden Bedürfnis Mittel und Wege zur Ausfüllung jener Lücken zu schaffen sich bestrebte. Es kam zur Ausbildung eines neuen Berufes und Standes: der zünftigen Boten.“ Da aber nur wenige Gebildete lesen und schreiben konnten, hielten nur diese Kreise sich Boten: der größte Teil des Volkes begnügte sich, durch wandernde Mönche und Pilger mündliche Grüße übermitteln zu lassen. Kaufleute, Pilgrime und fahrende Leute brachten nur gelegentlich Neuigkeiten mit; die Masse war noch nicht in den Verkehr mit einbezogen. Dabei waren auch die hohen Ausgaben entscheidend; wohlhabende Privatleute sowie Gelehrte, die zur Zeit des Wiederaufblühens von Bildung und Wissenschaft zu regem Gedankenaustausch untereinander neigten, verschickten ihre Briefe nicht selten durch eigene Boten, die von ihnen besoldet wurden. Erasmus von Rotterdam — 1467 bis 1536 — unterhielt ständig wenigstens einen Boten für seinen brieflichen Verkehr und gab jährlich den großen Betrag von sechzig Goldgulden dafür aus. Er ließ seine Briefe von seinem Wohnsitz Basel durch einen sicheren eigenen Boten bis nach England befördern. Da man in jenen Zeiten den schriftlichen Äußerungen großer Männer bedeutendes Gewicht beilegte, kam es häufig vor, dass gewinnsüchtige Boten Abschriften davonmachen ließen, die sie teuer verkauften; so wurde der Inhalt manches Schreibens anderwärts eher bekannt als an seinem Bestimmungsort.

Post, ein Mönch als Briefbote aus dem Jahr 1466

Post, ein Mönch als Briefbote aus dem Jahr 1466

Post, Nürnberger Postbote aus der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts

Post, Nürnberger Postbote aus der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts

Post, neuer Államodischer Postbote um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts.JPG

Post, neuer Államodischer Postbote um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts.JPG

Post, deutsche Postuniformen aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts

Post, deutsche Postuniformen aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts

Post, altes Posthaus der Thurn- und Taxisschen Post in Augsburg

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