Aus der Geschichte der Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Hamburg.
Neunzehn Jahre sind seit dem Erscheinen der ersten Ausgabe dieses Buches verflossen und gar Manches hat sich seitdem geändert. Manches wird sich in nächster Zeit ändern, denn das Streben der Gegenwart ist anders als das der Vergangenheit. Um das Streben der Gegenwart zu verstehen, muss man jedoch die Vergangenheit kennen lernen, da sich die Gegenwart aus der Vergangenheit entwickelt. Darum hat gerade jetzt, wo sich ein regeres Leben in der Gemeinde zeigt, der Herr Verleger eine neue Ausgabe dieses Buches veranstaltet, eine Volksausgabe, deren billiger Preis es Jedem ermöglicht, die Stadien der geschichtlichen Entwicklung der deutsch-israelitischen Gemeinde in Hamburg zu verfolgen. Diese Ausgabe wird sich nur durch den billigeren Preis von der ersten Ausgabe unterscheiden und sie wird deshalb hoffentlich bald in jeder israelitischen Familie Hamburgs als Chronik zu finden sein, in welcher Jung und Alt Belehrung findet über das, was die Väter erstrebt und erstritten.
Und nun hinaus zum zweiten Male in das rege Leben der Gegenwart, Du Buch der Vergangenheit! Trete vor sie alle hin und erzähle die Geschichte der Entwicklung der Gemeinde; erzähle von dem Kämpfen und Mühen der Väter um die idealsten Güter der Menschheit! Poche an die Herzen der Jugend und errege dort das Interesse für die reinsten Ideale; erwecke die Erinnerungen des Alters und erwärme dasselbe für das Streben der Jugend, dann wird im Verständnis der Gegenwart durch die Vergangenheit der Gemeinde eine segensreiche Zukunft erblühen!
H. Berger.
1810.
Hundert Jahre waren verflossen, seitdem ein organisches Gesetz die Verhältnisse der Juden in Hamburg geordnet, und zwanzig Jahre, seit Frankreich die Gleichstellung aller Religionen verkündigt hatte. Hamburg, seit 1806 von französischen Truppen besetzt, stand am Vorabend des Verlusts seiner Unabhängigkeit, und mit dem Siegeswagen Napoleons sollten auch die selbst für ihn nicht ganz bezwingbaren Lehren der Revolution ihren Einzug halten in die freie deutsche Reichsstadt, die nun die unfreie Stadt eines undeutschen Reiches werden sollte. Diese Zeitepoche, das Jahr 1810, wählen wir zum Ausgangspunkt unserer Darstellung und beginnen, indem wir die Sachlage schildern, wie sie sich in Folge innerer Entwicklung und äußerer Einwirkung bis dahin ausgebildet hatte.
Geist der älteren Judengesetze in Hamburg
Wenn wir nun zuvörderst die Gesetze betrachten, unter denen die Hamburgischen Juden seit den reichlich 150 Jahren ihres Aufenthaltes (abgesehen von einer nachgewiesenen noch älteren zeitweiligen Niederlassung) gelebt hatten, und dabei den Geist jener Zeiten berücksichtigen, so können wir nicht umhin über deren relative Freisinnigkeit, einer Frucht des mächtigsten Hebels aller Zivilisation, des Handels, zu erstaunen. Ganz im Widerspruch mit sämtlichen die Juden, namentlich Deutschlands, berührenden Gesetzgebungen ist da weder von Schutzgeld, von Tribut und Kirchengebühren noch andererseits von Wucherprivilegien die Rede. Das Recht der Niederlassung erscheint völlig unbeschränkt zu einer Zeit, wo sonst überall hundert Schlagbäume die Zahl der Judenfamilien eng begrenzten und selbst der Ausschluss von den meisten Handwerken und vielen Zweigen des Schnitthandels war kein Ausfluss der eigentlichen Staats-Gesetzgebung, vielmehr nur der Sonder-Gerechtsame der Zünfte, der Professionisten und Krämer. An eine Zurückweisung der Religion wegen war gewiss nicht gedacht worden*), da, was manche deutsche Städte den Juden kaum heute noch einräumen, die Teilnahme an der Bürgerwehr ihnen gleich den Christen von Anfang an oblag; und was die Beschränkung des Häuserkaufes und des Wohnrechts auf einen gewissen, doch mehr als 30 Straßen umfassenden Bezirk anbelangt, so ist diese mehr durch die Gewohnheit der Juden, in der Nähe ihrer, damals täglich angefüllten Synagogen zu wohnen, und auf ihren eigenen Wunsch, zuletzt mehr durch das Herkommen als durch ein förmliches Gesetz gebildet und, weit entfernt von der Idee eines abgesonderten Judenviertels, lag vielmehr die lächerliche Furcht vor, es möchten allmählich große Teile der Stadt in den Besitz dieser Nichtbürger übergehen und dadurch die Zahl der Erbgesessenen solcher Straßen in der Bürgerschaft sich merklich mindern.
Freilich blieben noch Einschränkungen genug, die unserem jetzigen Gefühl so ungerecht als unerträglich erscheinen, doch legen wir nicht unseren, sondern den Maßstab von Zeiten an, in welchen die bürgerliche und politische Berechtigung noch auf bewusstloser Unmittelbarkeit beruhte, so müssen wir gestehen, dass, wenn nur in demselben Geist von Jahrzehend zu Jahrzehend fortgeschritten worden wäre , die Hamburgischen Juden schon lange vor 1789 Alles besaßen, was wir unter dem Namen Emanzipation zusammenzufassen gewohnt sind.
*) Auch die Bemerkung möge hier sogleich Platz finden, dass Alles, was die Juden im weitesten Umfange zu ihrer Religion zählten, hier zu jeder Zeit nicht nur allein Schutz, sondern auch bei Regierung und Publikum stets die rücksichtsvollste Achtung gefunden hat, obgleich die Katzenfreundlichkeit mit den „loyalen, orthodoxen, bescheidenen Juden“ im Gegensatz zu den verhassten, „anspruchsvollen Reformjuden“, deren es namentlich unter den Portugiesen viel gab, noch nicht erfunden war.
Entstehung des Juden-Reglements von 1710
Als das vornehmste der betreffenden, 1810 noch in Kraft befindlichen Gesetze nehmen wir hier das bekannte Judenreglement von 1710 auf, ein auf Anlass des Senats, in nicht deutlich ausgesprochener Beziehung auf den von demselben ohne Zustimmung der Bürgerschaft abgeschlossenen Juden-Kontrakt von 1650, durch die damals hier zur Regulierung vieler wichtigen inneren Angelegenheiten tätige kaiserliche Kommission ausgearbeitetes und nachmals von der Bürgerschaft*) genehmigtes Gesetz. Es besteht aus zwei Teilen, davon der erste die portugiesischen und der zweite die deutschen Juden betrifft. Bis auf den Art. 23 sind beide Redaktionen m. m. ganz gleichlautend. Wir kopieren hier aus der Original-Akte**), in welcher Kaiser Carl VI. 1717 dies von seinem Bruder Joseph I. im Jahre 1710 ausgegangene Gesetz bestätigt:
*) Es wurde nicht der gesamten Bürgerschaft, sondern nur den von ihr delegierten Hundertmännern vorgelegt und von diesen genehmigt. Dasselbe geschah bekanntlich mit mehreren Punkten des Hauptrezesses.
**) Alle in diesem Werke erwähnten Schriftstücke erklärt der Verfasser entweder aus Urschriften oder aus glaubhaften Kopien gezogen zu haben.
Kaiserliche Promulgation
„Wir Carl der Sechste v, G. G. erwählter römischer Kayser zu allen Zeiten Mehrer des Reichs , König in Germanien, zu Castilien, Aragon etc. etc. bekennen öffentlich mit diesem Brief und thuen kund allermänniglich , dass uns n. n. gesambte Portugies und Hochteutsche Juden in unserer und des heyl. Reiches Stadt Hamburg gewisse die Judenschaft hauptsächlich betreffende und von unseres in Gott seeligst ruhenden Herrn Bruders Keysers Josephi Mayt. und Ldn. am siebenten Septembris im Jahre 1710 allermildest bestättigte Articulos oder sogenanntes Reglement fürbringen lassen, welche von Worth zu Worth sambt des Kaysers allergnädigster Confirmation hernach geschrieben stehen und also lauten:
„Wir Joseph von Gottes Gnaden Erwählter Römischer Kayser zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, in Germanien, zu Hungarn, Böheimb etc., König etc. etc. bekennen öffentlich mit diesem Brief und thuen kund allermänniglich , dass uns unsere zu Abthuung deren in unserer und des heyl. Reichs Stadt Hamburg fürgewesten differentien angeordnete Kayserl. Commission gebührend zu vernehmen gegeben, was gestalten Sie unter anderen zur Verbesserung des gemeinen Stadtwesens abzillende Verordnungen nach zuvor darüber eingezogenen reifen Bedenken und genauer Ueberlegung auch ein Reglement der Judenschafit in Hamburg, so Portugies als Hochteutscher Nation entworffen, und dieses zu desto mehrerer stett und vesthaltung zu unserer allergnädigsten Kayserl. Ratification und Confirmation gestellet haben , so von Wort zu Wort, also lautet;
Text des Juden-Reglements von 1710.
Reglement der Judenschafft in Hamburg so Portugiesischer als Hochteutscher Nation de Anno 1710.
Primo; Portugiesische Juden betreffend (mutatis mutandis mit den folgenden gleich lautend).
Secundo: Hochdeutsche Juden.
Sonntagsfeier: Art. 1. Sollen sie ein stilles frommes Leben führen und selbigem zu Folg an der Christen Sonn- und Feyertagen sich still und eingezogen halten, denen Christen auch mit Handel und Wandel, Handarbeit oder sonsten an selbigen Tagen kein Aergerniss geben.
Übertritt zum Judentum verboten: Art. 2. Sollte sich auch Jemand unterstehen, einen Christen zu der jüdischen Religion zu reitzen oder wirklich zu bereden und er dessen rechtlich überführet würde, soll derselbe denen Reichsconstitutionen gemäss nach befundenen Umbständen noch criminaliter bestraffet werden.
Übertritt zum Christentum begünstigt: Art. 3. So sollen sie auch bei schwerer Straff sich unterfangen denen Juden, wann sie über 14 à 15 Jahre alt, so zum christlichen Glauben sich etwa begeben wollten, einige Hinderung zu machen noch weniger sie desswegen zu verfolgen oder ihnen Verdruss und Ungelegenheit zuzufügen, noch ihnen ihre Erb- und andere Güter zu vorenthalten.
Angriffe gegen das Christentum: Art. 4. Würden sie mit ordentlichem Rechte überführet werden können, dass sie in Schrifften oder mit Worten oder bei ihrem Gottesdienst auf die christliche Religion geschmähet, auch gar in die Bosheit verfallen waren, dass sie den Herrn Christum geschimpfet hätten, so sollen sie nach Beschaffenheit der Umbstände an Ehr, Gut oder an Leib und Leben exemplariter gestraffet werden.
Öffentliche Gotteshäuser verboten: Art. 5. Zu Exercirung ihrer Religion und Haltung ihrer Zusammenkünften sollen sie keine publique Gebäuden haben, folglich ihren Gottesdienst in Privathäussern halten, bei Verrichtung ihres Gebettes oder Haltung ihrer Bettstunden aber den Talmud oder andere unter den Christen verbottene Bücher*) nicht lesen, auslegen oder disputiren, auch nichts anderes als die Psalmen Davids, die Bücher Moysis, der Propheten und andere des alten Testaments oder auch die dieser Stadt alten seeligen Vorfahren von ihnen vorgezeigten Gebettsformularia, auch was sonsten zu Pflanz- und Beförderung des Guten gereichet, lesen, singen, beten, thun und verrichten; dann ferner sich bey Verrichtung all solcher ihrer Gebetter des lauten Gerufs und Blasens auf Hörnern und Posaunen enthalten, auch die Lampen in ihren eigenen Wohnhäussern an solchen Orthen aufhangen, dass dieselben von aussen nicht so leicht können gesehen, und also Niemandem dadurch Aergernüs möge gegeben werden.
*) Dies bezieht sich auf den Erlass Pabst Benedict XIII. vom Jahre 1413. Von den späteren Reuchlin'schen Vorgängen scheinen die Kaiserl. Kommissarien keine Notiz genommen und die Hamburgischen Proteatanten nichts gewusst zu haben.
Schnelle Beerdigung: Art. 6. Wenn auch ein nothwendiges Stück ihrer Religion ist, dass ihre Todten am Tag des Absterbens gleich ausgeführt und bestättiget werden, so wird ihnen solches hiermit verstattet, jedoch dass sie den todten Cörper ohne Gepränge und falls der Sterbefall an Sonn- oder anderen Feyertagen sich begebe, nicht eher als nach der Nachmittags-Predigt mit einer oder zwo Gutschen, den Todtenwagen nit mitgerechnet, ausbringen lassen, die Alten der Judenschafft aber solches billig einige Stunden vorher bei dem präsidirenden Herrn Bürgermeister gehörig anmelden und um Erlaubnüs gebührende Ansuchung thun, auch darfür der Cämmerey ein gewisses erlegen müssen.
Unkeuschheit zwischen Juden und Christen. Dienstboten: Art. 7. Wann sie auch mit ordentlichem Recht überführet werden mit Christen Hurerey oder Ehebruch getrieben zu haben, so sollen sie denen Umbständen und kayserl. rechten nach angesehen und bestraffet werden; so sollen sie auch die christlichen Ammen, Mägde und sonstige Bedienten entweder in ihren Diensten nicht haben, oder aber wenn solches geschieht dieselben des Sonntags oder in der Woche nicht allein zur Kirche lassen gehen und an ihrem christlichen Gebett und anderer Andacht in ihren Häussern nicht hinderen oder irren, sondern auch des Sonntags mit solcher Arbeit, die denen Christen alsdann nicht geziemet, verschonen und solche Arbeit an den anderen Werckeltagen in der Wochen thun lassen, sie Selbsten aber unter der Predigt und christl. Gottesdiensten sich der Kirchhöfe entäussern und ohne Noth nicht herüber gehen, in der Christen Kirchen (von denen damals mehrere zu öffentlichen Durchgängen dienten) kein Gezänk und was sonsten ärgerlich treiben; auch auf der Christen Sabbat, grossen Fässt- Buss- und Bettägen keinen Handel, Kauffmannschafft oder Handthierung treiben.
Gestohlenes Gut: Art. 8. Würden sie gestohlene, geraubte und andere verdächtige Gütter wissentlich an sich kauffen, oder Geld darauf vorschiessen, sollen sie, wenn sie dessen rechtmässig überführet, befundenen Umbständen nach nicht nur das Gestollene ohne entgelt herausgeben, und dessen was sie vorgeschossen Verlustiget seyn, sondern auch Anderen zum Abscheu und Exempel denen Gesäzen nach, gestraffet werden.
Wucher: Art. 9. So sollen sie auch Alles in denen Rechten verbottenen übermässigen Wuchers bei Verlust des Capitals und Zinsen sich enthalten.
Wucher: versteckter: Art. 10. Wider man auch öffters verspüret, dass der Wucher damit verdecket werde, dass sie in denen Obligationen das Capital sambt Zinsen in einer Summe sich verschreiben lassen, so sollen sie hinkünftig die Obligaiiones also einrichten lassen, dass die Summa Capitalis allein, und die Zinsen in selbigen Obligationen besonders exprimirt werden, in Verbleibung dessen aber der paraten Execution sich nicht zu erfreuen haben.
Pfänder: Art. 11. Wie dann erstlich ihnen auch und bei Verlust des Capitals und Zinsen verbotten wird, die Obligationen und Contracten auf Verfallung der Pfänder einrichten zu lassen.
Lehen an Unmündige: Art. 12. Wann erweislich dargethan werden kann, dass sie junge unter Vormündern und Curatoren stehende, auch andere ihre Mittelnotorié übel administrirende leuth an sich gezogen und ihnen Obligationes oder Wechsel, wofür die Valuta nicht völlig vergnügt wäre, abgeschwärzet hätten, so sollen sie nicht allein des würklich vorgeschossenen Capitals und Zinsen verlustig, sondern überdies auch gestalten Sachen nach gestraffet werden.
Kleidung: Art. 13. In ihren Kleidungen sollen sie modest und ohne Prahlerey und Uebermuth sich aufführen.
Öffentliche Steuern: Art. 14. Alle ordinaire und extraordinaire Stadt-Onera und Auflagen sollen sie gleich denen Bürgern, und anderen Contributionibus aber unter was Praetext es auch sey, nicht beschwehret werden.
Bürgerlicher Schutz: Art. 15. Dahingegen wird es ihnen hiermit und krafft Dieses aller Obrigkeitliche Schutz und zulängliche Hilffe in ihren gerechtsamen gegen jedermänniglich versprochen.
Betstunde: Art. 16. Wann sie ihre Bettstunden mit denen ihrigen halten, sollen sie von niemand gehindert noch molestirt werden, sondern vielmehr von denen p. t. Gerichtsverwaltern alle Obrigkeitl. Assistenz gegen die Contravenienten als Gewaltthäter zu gewarten haben.
Molestirung: Art. 17. Aller Frevel und Muthwillen so auf öffentlicherer Strasse und sonsten an ihnen verübet wird soll befundenen Umbständen nach bestraffet , auch auf begebenen Fall von denen in der Nähe stehenden Wachten ihnen Schutz gehalten werden.
Visitiren und Jagen: Art. 18. Imgleichen wird jedermänniglich bei hoher willkührlicher und rechtl. Straffe hiemit ernstlich verbotten die Juden auf öffentlichen Strassen noch weniger in Häussern unter dem Praetext des Jagens, Visitirens und anderer Ursachen ohne Erlaubnüs der Obrigkeit anzugreiften, noch dasjenige, was sie bey sich haben, gewaltsam ihnen abnehmen
Ämter und Zünfte: Art. 19. Sollten jedoch dieselben etwas unternehmen, so denen privilegirten und recipirten hiesigen Aembtern zuwider wäre, sollen zwar sothane Aembter bei ihren Gerechtsamen allerdings geschützet werden , diese aber auch jene vor die Herren Ambts-Patronen oder gestalten Sachen nach für's Aembter-Gericht vorfordern zu lassen und Bescheidts zu erwarthen schuldig seyn und via facti wie erst erwähnt, nicht verfahren.
Handwerker: Art. 20. Wann auch einige Juden mit der Hand Arbeit oder anderer kleinen Handlung, so den privilegirten Aembtern nicht zuwider, sich ernähren wollten, soll ihnen solches nicht verwehret werden; dahingegen sie der auch unter Christen selbst verbothenen Vorhökerey sich gäntzlich enthalten und weder selbst noch durch ihre Weiber , Jungen und Gesind. vor den Thören oder sonst in dieser Stadtgebiethen gehen und daselbst Wachs- und andere hereinkommende Victualien aufkauften und dem ordentlichen Marktgang entziehn sollen.
Vormünder: Art. 21. Imgleichen werden die Alten der Hochteutschen Nation hiemit authorisiret, wenn jemand verstirbst der unmündige Kinder nachlasset , denen Unmündigen bei dem präsidirenden Herrn Bürgermeister gleich tutores auszubitten, welche nebst ihnen denen Alten die Aufsicht haben sollen, damit der Unmündigen Haabseeligkeit conserviret und sie umb das ihrige nicht gebracht werden mögen.
Allgemeines Recht. Eherecht und Erbrechte. Scheidebriefe: Art. 22. In allen anderen geistlichen und weltlichen Fällen so allhier ausdrücklich nicht exprimirt soll es der Juden halben bei dieser Stadt Statuten, auch des heyl. römischen Reichs und dieser Stadt Policey Ordnung so weit jene nach dieser Stadt Verfassungen stattfinden auch gemeynen kayserl. Rechten allerdings sein Verbleiben haben, denenselben auch, dass sie in gewissen Fällen, als in Matrimonial und Erbschafftssachen nach Inhalt der mosaischen Gesetze verfahren mögen zwar erlaubet, hingegen aber Imo in gradibus prohibitis levit 18. sich zu verheurathen und also Blutschande, wodurch die ganze Stadt verunreiniget wird , zu begehen, 2do Polygamie oder Vielweiberey zugleich zu exerciren, und 3do ohne obrigkeitliche Erkenntnus Scheidbrieff zu geben oder sonsten die Ehe zu trennen ernstlich verbotten seyn, gestalten sie auch dieser Stadt Jurisdiction nach wie vor in bürgerlichen und peinlichen Sachen allerdings unterworffen bleiben.
Fremde Juden: Art. 23. Weil endlich die Erfahrung bezeiget, dass Hochteutsche Juden von unterschiedlichen Oehrtern sich gleichsam trouppeweise anhero versammeln und niderlassen auch verschiedener Sorten und Qualitäten seyn, so dass man dieselbe schwehrlich Mann für Mann taxiren kann, als wird die Verfügung hiemit gemacht, dass sie sich unter sich selbst taxiren sollen, wie viel ein jeder von ihnen zu dem mit der Stadt accordirteu Quanto jälu'lich geben müsse, welches dann von E. E. Rath dafern es nicht richtig kommen sollte. per executionem eingetrieben, wann aber auch von ein und anderen derselben solche Contribution durch Execution nicht zu erhalten, die Uebrige zwahr solch rückständiges Quantum bezahlen, dergleichen nothdürfftige Juden aber sofort aus der Stadt geschafft werden sollen.
In fidem. Christoph Wilh. Wieder.
Wann uns nun diese der Commission angewandte Fleiss und Sorgfalt nicht allein zu unserm gnedigsten Gefallen gereicht, sondern auch solches durch sie vermitteltes Reglement als ein zu der Stadt Beruhigung diensames Werk gnedigst erwogen, als haben wir solches in allen seinen Articulen, Puncten, Clausulen, Inhalt, Meyn- und Begriffungen aus Kayserl. Macht und wohlbedachtem Muth gutem Rath und rechtem wissen auch gnedigst ratificirt, confirmirt und besteättiget, Thuen das auch hiemit wissentlich in krafft dieses Briefs was wir von recht und billigkeit wegen daran zu confirmiren und zu bestättigen haben sollen und mögen, und meynen, setzen, und wollen, dass obinferirtes Reglement in allen seinen Worten punkten Clausulen, Inhalt Meyn- und Begriffungen mächtig und kräfftig seyn und in vim sanctionis pragmaticae et legis perpetuo valiturae von allen interessirten Theillen steet vest und unverbrüchlich gehalten und in Allem vollzogen auch von keinem wer der auch seyn als von uns oder einem jeweiligen römischen Kayser hinwiederum aufgehoben werden könne oder solle, jedoch uns und dem heyl. Reich auch sonsten jedermänniglich an seinen rechten und gerechtigkeiten ohnpraejudicirlich. Und gebiethen demnach allen und jeden Churfürsten, Fürsten, geistlichen und weltlichen Prälaten, Grafen, Freyen Herren, Rittern, Knechten, Landvögten, Hauptleuthen, Vizdomben, Vögten, Pflegern. Verweesern, Ambtleuthen, Landtrichtern, Schultheissen, Bürgermeistern, Richtern, Räthen, Bürgern, Gemeinden und sonst allen anderen unseren und des Reichs Unterthanen und Getreuen, wes Würden, Standt und Weesen sie seyend, ernst und kräfftiglich mit diesem Brief und wollen, dass sie benannte Judenschafft wider dieses durch unserer kayserl. Comraission vermitteltes und durch uns als ein immerwährendes Gesäz confirmirt und publicirtes Reglement nicht irren oder hinderen, sondern sie dessen was obstehet, geruhiglich und unperturbirt freuen gebrauchen und geniessen lassen. Insonderheit aber befehlen wir Bürgermeister und Rath auch gesambter Judenschafft mehr besagter Stadt Hamburg , dass sie auch ihrerseits respective über solches Reglement halten und demselben insoweit es einen jeden bindet und gegenwärtiger unserer darüber ertheilter Kayserl. Confirmation in allen Puncten, Articuln, Clausuln, Inhalt, Meyn- und Begriffungen, wie obstehet, stracks nachkommen und geleben, darwider nichts thuen, handeln oder fürnehmen, noch das jemand anderen zu thuen gestatten sollen in keiner Weiss noch weeg als lieb einem Jedem Unsere Kayserl. Ungnad und Straff, und dazu ein Poen, nämlich fünfzig Mark löttiges Gold zu vermaiden, die ein jeder so oft er freventlich hierwider thete Uns halb in unsere Kayserl. Cammer und den anderen halben Teil denen Beleidigten unnachlässig zu bezahlen verfallen seyn soll. Mit Urkund des Brieffs besiegelt mit unserem Kayserl. anhangenden Insiegel der geben ist in unserer Stadt Wien am 7ten Tag Monats Septembris nach Christi u. 1. H. u. S. Geburt im 1710ten, Unserer Reiche der Römischen im 21ten, des Hungarischen im 23ten und des Bohaimischen im 6ten Jahre.
Joseph.
Vt. Friedrich Carl Graf von Schönborn
ad man. sacr. caes. maj. propr.
F. Consbruch. [/i]
und uns darauf obbenamete gesambte Portugies und Hochteutsche Juden in Hamburg demüthigst angeruffen und gebetten, wir geruheten als jetzt regierender Römischer Kayser ihnen solche vorbeygedruckte articulos oder Reglement ebenfalls aus tragender allerhöchster Macht und Gewalt aufs Neue allergnedigst zu bestättigen. Wann wir nun dieser mehrgedachter Juden zu Hamburg an uns gebrachte unterthenigste ziembliche Bitte in Kayserl. Gnaden angesehen, Als haben wir ermeldtes Reglement in allen seinen articuln , Punkten (der Schluss wie oben).
Carl.
Vt. Ludwig F. V. Sintzendorff.
ad mand. etc.
E. F. V. Glaudorff.
Vergleichen wir mit diesem Gesetz das 80 Jahre später nämlich 1790 von Friedrich Wilhelm III. für die Breslauer Judenschaft promulgierte Gesetz (Rönne und Simon, Verhältnisse der Juden im preuss. Staat, pag. 226), so werden wir wirklich in den Epochen irre. Und dabei sind in der Hamburgischen Praxis alle Härten der Art. 5, 6, 8, 10 etc. nie angewendet worden: so wie hier überhaupt die gleiche Berechtigung der Juden mit den übrigen kontribuierenden Einwohnern als Basis, die Beschränkung nur als Ausnahme dasteht. Auch haben die Juden nicht für nötig gehalten, von den späteren Kaisern eine Bestätigung ihrer Privilegien zu erbitten.
Nächst diesem Grundgesetz haben wir folgendes Senats-Dekret vom 21. Januar 1734 anzuführen:
Dekret des Senats vom 31. Januar 1834.
„Auf verlesene Supplication und übergebene Vorschläge der Aeltesten hiesiger hochdeutschen Judenschaft, auch abgestatteten Relation der zu dieser Sache verordneten Herren Commissarien decretirt E. E. Rath*):
*) Dieses Dekret ist am 31. Mai dahin interpretiert , dass die Juden nicht mittelst körperlichen Eides, sondern nur vermöge Handschlags an Eides Statt, sich der Stadt verpflichtet machen sollen. Indessen ist auch diese Förmlichkeit bald weggefallen. Siehe weiterhin.
Gemeinde Register. Schutzthaler. Aufnahme von Fremden. Aufpasser
1. Dass an die p. t. wohlweise Herren der Wedde die Juden-Aeltesten ein accurates Namen-Verzeichniss aller hier wohnenden verheiratheten und unverheiratheten Gewerbe Wechsel und Handlung treibenden oder sonst hieselbst deutschen Juden und deren Häupter von den Familien innerhalb 4 Wochen übergeben , darauf dieselben gebührlich der Stadt sich verwandt machen, auch die itzigen, wie künftig alle zu erwählenden Aeltesten, welche sofort nach der Wahl dem p. t. Weddeherrn zu präsentiren sind, zu hiesiger Stadt Sicherheit und zum Besten der Nation, auch zu ihren eignen desto mehreren Ansehn, auf die Weise, gleich solches der Wedde aufgetragen worden, besonders verpflichtet, hingegen der bisher von fremden recipirten Juden gegebene Schutz-Thaler in so weit abgestellet und alle Juden die aus der Fremde sich hier niederlassen wollen, zwar denen Aeltesten sich sistiren und von diesen ob solche anzunehmen oder nicht vorgängig untersucht , jedoch ohne der p. t. Wohlweisen "Herren der Wedde ausdrückliche Erlaubniss und Autorität keiner hier zugelassen oder abgewiesen, Bettler und anderes Gesindel durch die vor den Stadt-Thören beständig zu haltenden Aufpasser sofort zurückzuweisen und was von der Aufpasser. gleichen mit keiner redlichen Hanthierung sich nährende Leute bereits sich allhier befindet, mit Namen aufgezeichnet, selbige an die p. t. Herren Prätores übergeben und nach geschehener Untersuchung aus der Stadt und derem Gebiete relegirt und da sie sich dennoch hier wieder betreffen Hessen, öffentlich und nachdrücklich bestrafet werden sollen, wobei jedoch die Aeltesten bei schwerer Verantwortung sich wohl vorzusehn haben, dass sie den Wohlw. Herren Prätoren niemand aus partheyischen und feindseligen Absichten angegeben und dieselben durch falschen Bericht zur Hinausweisung aus der Stadt verleiten.
Schoss-Kontrakt.
2. Dass wegen des Schosses und desfalls zu errichtenden neuen Contraktes, Supplicanten an die zur Annahme der Fremden verordnete Deputation zu verweisen sein bis dahin es bei dem gewöhnlichen Quanto des Schosses und dessen gewöhnlicher Bezahlung verbleibe.
Kabbinats-Forum. Schiedsgerichte.
3. Dass hiesige Judenschaft und deren Rabbinen und Aeltesten bei schwerer unausbleiblicher Strafe sich aller Citationen , Erkenntnisse , Entscheidung und Jurisdiction in Civil- und Matrimonial-Sachen der klaren Verordnung des 22ten Artikels des ihnen insinuirten Juden-Reglements gemäss, gänzlich zu enthalten haben, insonderheit niemand sich unterstehen soll bei empfindlicher Leibes-Strafe, fremde Citationen allhier zu bestellen oder zu insinuiren oder dergleichen anzunehmen, daferne aber in streitigen Sachen beyde jüdische Parteien derer allhier wohnenden Juden Aeltesten arbitrio sich freiwillig unterwerfen wollten (jedoch dass solche ohne Deposition einiger Geld-Summen oder auf eine andere einen Zwang mit sich führende Weise geschehe) sodann zwar den hiesigen Aeltesten als guten Männern in solchen Sachen zu laudiren und zu sprechen freistehn, der in deutscher Sprache vernehmlich und ordentlich verfassete und den Rechten gemässe Ausspruch, oder das Laudum, aber wenn die Parthey demselben zu pariren sich weigert, nicht anders als durch einen der p. t. präsidirenden Hochw. Herren Bürgermeister oder der Herren Prätoren Wohlw. (welche geziemend darum zu ersuchen sein) zur Execution gebracht werden soll. Und wird übrigens hiemit die im Jahre 1721 privatim erschlichene nach dem beschehenen Verbot dennoch höchst strafbar gemissbrauchte Vergünstigung gänzlich aufgehoben.
Schwarzes Brett. Bann.
4. Dass, wie Supplicanten der Gebrauch des sogenannten schwarzen Bretts in ihren Schulen, zu ihren Religions-Sachen auch vor der Hand und zum Versuch, auf der Aeltesten inständiges Anhalten, zu Beytreibung des Accordirten und der Billigkeit nach unter ihnen repartirten und der Armen-Gelder zwar hiemit vergönnet also sie zugleich ernstlich bei Vermeidung empfindlicher Ahndung gewarnt werden , sich dessen nicht zu missbrauchen noch überhaupt des Bannes in andern Sachen ohne obrigkeitliche Erlaubniss, zu bedienen , viel weniger einen von auswärtigen Rabbinen wider hiesige Schutzverwandte Juden ausgelassenen Bann anzunehmen in der Schulen auszurufen, oder, es sey nun durch dieses schwarze Brett oder auf andere Art, bekannt zu machen, noch einen solchergestalt widerrechtlich vermeinten Verbannten von ihrer Gemeinschaft und Gottesdienst auszuschliessen; sonst im widrigen Falle E. E. Rath an die Aeltesten der Judenschaft sich halten und die Schulen versperren lassen , auch gegen dergleichen der Stadt höchst nachtheilige Unternehmungen alle sonst erforderliche zureichende Mittel verkehren werde.
Handlungs-Freiheit
5. Dass wenn der gesuchten Handlungs-Freyheit mit einigen Waaren es bei dem 20ten Artikel des angezogenen Juden-Reglements zu lassen und übrigens die Untersuchung ob hierunter ein mehres vergönnt werden könne, imgleichen welche Waaren dem Kramer -Amt allein und privative zu verkaufen gebühren, an die hiezu vorhin bereits besonders verordnete Commission zu verweisen sei.
Vormünder
6. Dass bei Absterben eines Judens , die Aeltesten Vormünder, zwar vorläufig und ehe die p. t. Wohlw. Zehnpfennigs-Herren Nachricht davon erhalten den Nachlass versiegeln können, jedoch sie, sobald sie von dem Absterben etwas erfahren als auch diejenigen in deren Behausung der Todesfall sich zuträgt den p. t. Wohlw. Zehnpfennigs-Herren zu gleicher Zeit ohngesäumte Nachricht davon zu ertheilen und dass mittlerweile von dem Nachlass nichts abhanden komme zu verantworten schuldig seyn sollen.
Abgaben
7. Dass die anzulegende Accise und andere dergleichen Abgaben. Auflagen gänzlich abzuschlagen, wenn aber die Nation freiwillig unter sich einige Zulage zum Besten der Nation und ohne Beeinträchtigung der Stadt Gerechtsame beliebet ihr sobald zwar zu überlassen sei, jeden noch daferne sich jemand dabey beschweret zu seyn erachten mögte , demselben allerdings freystehen soll bey den p. t. Wohlw. Wedde-Herren sich desfalls zu melden welche, nach Befinden, entweder darin zu erkennen, oder da die Sache von grosser Wichtigkeit an E. E. Rath zu verweisen.
Dass wegen des Abzugs bei der Zehnpfennigs-Ordnung und der bisherigen Art zu verfahren, es sein Bewenden habe und die p. t. Wohlw. Zehnpfennigs-Herren von selben insonderheit bei Aussteurung der Kinder nach Befinden und Beschaffenheit der Umstände die Billigkeit dabey beobachtet werden.
Kleider-Ordnung
9. Dass wenn Supplicanten den Entwurf einer neuen Kleider-Ordnung übergeben würden, alsdann desfalls weitere Verfügung ergehen solle. Und schließlich :
Staatsschutz
10. Dass gleich wie als lange die hiesige Judenschaft zumalen getreuen und gehorsamen Unterthanen gebühret, der Stadt Verfassungen und Gesetzen auch ihrer Pflichten und Reception gemäs anbei still und ruhig sich aufführt E. E. Rath deren nicht weniger denn anderer Einwohner Bestes und Conservation sich von selbst obrigkeitlich angelegen sein lassen wird; also auch insonderheit denen jedermal. Wohlw. Weddeherren desfalls die speciale Vorsorge und Aufsicht über dieselbe vornehmlich auch zur Verhütung alles, zum Abbruch der Stadt Hoheit, Jurisdiction und Gerechtsame gereichenden, Nachtheils, hierdurch committiret und Supplicanten in vorkommenden Fällen an dieselben verwiesen werden.
Decretum Jovis die 21. Jan. 1734.
Aufpasser
Die erste Bestimmung dieses Mandats scheint nie ins Leben getreten zu sein, vermutlich weil die Juden darin ei beabsichtigte Einschränkung witterten, sowie denn auch der
Handschlag und das anfänglich eingeführte Aufgebot der Copulanden in den Hauptkirchen allmählich außer Gebrauch kamen. Die jüdischen Aufpasser in den Toren waren jedoch 1811 noch in Tätigkeit: sie hatten kleine Buden neben den Wachen am Stein- und Millerntor, wo sie auf die einwandernden fremden Juden Acht hatten, die durchs Dammtor einpassierenden wurden ans Millerntor gewiesen. Wie Artikel 3 gehalten wurde das ist bekannt. Schon wegen des ihnen gestatteten Erb- und Eherechts waren die Juden an das Forum ihres geistlichen Oberhaupts, des Altonaischen Oberrabiners gewiesen, und so war nichts natürlicher, als dass sie auch ihre Zivilstreitigkeiten dahin brachten. Es wurden auch die Vorladungen wenig oder gar nicht versteckt in Hamburg ausgetragen und bei Sterbefällen Versiegelungen vorgenommen, wovon weiterhin noch Einiges zu sagen sein wird.
Den Wachdienst betreffendes Dekret. Herrenmühle. Armenversorgung
Es wären nun noch zu erwähnen: ein Dekret vom 10. April 1752, welches die Juden vom persönlichen Bürgerwachdienst dispensiert und dafür ein besonderes Wachtgeld einführt („Stattgehabte Unzuträglichkeiten“ werden darin als Motive angegeben), und endlich ein Senatsbeschluss vom 18. Februar 1757, worin die Ordnung des den jüdischen Armen von der Herrenmühle zu verabfolgenden wohlfeileren Mehls festgesetzt wird. Diese Begünstigung ist Alles was die Stadt je direkt für die jüdischen Armen geleistet hat. Es sei hier übrigens bemerkt, dass weder ein Gesetz noch ein Vertrag vorhanden ist, wodurch die Juden genötigt wären (wie doch bis 1865 geschah) ihre Armen ohne alle Beihilfe des Staats zu unterhalten, dies Verhältnis ward, namentlich bei Aufstellung der vornehmlich wegen der einwandernden Armen eingeführten jüdischen „Torsteher“, stillschweigend vorausgesetzt; wie es denn auch nicht anders sein konnte zu einer Zeit, wo fast alles Armenwesen Kirchensache war. Sonst ließe sich aus den Worten des Dekrets von 1734, das übrigens weit mehr bei den Portugiesischen als den deutschen Gemeinden in Wirksamkeit geblieben ist, Artikel 10, sehr leicht entwickeln, dass die Stadt nötigenfalls auch für die jüdischen Armen zu sorgen hätte, so lange nicht die Armenpflege wesentlich Staatssache wurde, was erst 1786 bis 1791 durch Begründung der neuen Armenordnung geschah. Diese ward aber (Armenordnung Art. 23) ausdrücklich auf arme Christen beschränkt und man berücksichtigte die dürftigen Juden nur insoweit, dass man so großmütig war nicht nur ihnen das Betteln, sondern auch den wohlhabenden Juden das Almosen geben bei Strafe zu verbieten. In Folge dessen und unter Angabe dieses Motivs wurden nun 1789 die jüdischen Armenanstalten jeder Gemeinde unter diesem neuen Namen durch die folgende Bekanntmachung in gemischter deutsch und hebräischer Sprache vom Sabbath Noach 5549 (Nov. 1789) neu organisiert.
Bekanntmachung der Jüdischen Armenanstalt 1789
Es ist bekannt, dass von Seiten unserer Regierung wegen der neuen Armen-Anstalt und wider die Bettelei ein neues Mandat ergangen, worin es heißt: Art. 2) dass das Betteln der Einheimischen und Fremden sowohl auf den Anstalt Straßen als an den Türen und wo es auch sonst sei sowohl in der Stadt, als vor den Toren gänzlich verboten sein soll und davor auf das Ernstlichste gewarnt wird, dass Alle welche sich künftig im Betteln betreffen lassen, nach dem Zuchthause gebracht und daselbst zu angemessener Arbeit angehalten werden sollen; so wie ferner in Art. 3) dass ferner der Almosengeber selbst, er möge auf der Straße oder an der Haustür oder durchs Fenster, in der Stadt oder vor den Toren geben, jedesmal in 5 Thaler Strafe verfallen sein soll. Dahingegen sind für die nichtjüdischen städtischen Armen neue Veranstaltungen getroffen, um sie zu erhalten und zu ernähren, und es liegt nun auch uns ob für unsere armen israelitischen Brüder Sorge zu tragen, dass sie nicht gänzlich verlassen und aller ihrer Hoffnungen beraubt werden, wenn sie in ihrem Elende durch die Straßen der Stadt gehen und nicht einmal die Hand ausstrecken dürfen, und was Gott verhüte ihnen Niemand etwas darreiche, und sie völlig zu Grunde gehen müssen. —
Subskription für die Armen-Anstalt.
Deshalb haben die Gemeindevorsteher und in sämtlichen Synagogen einige anerkannte Männer auserwählt, die sich bei allen bemittelten Besuchern dieser Synagogen verwenden sollen, um sie durch Bitten und Vorstellungen zu bewegen und anzuhalten, dass jeder nach der Milde seines Herzens monatlich ein Gewisses nach seinen Kräften zu dieser großen und außerordentlichen Wohltat nämlich der Ernährung unserer Armen beitragen möge, und wird morgen und folgende Tage der Anfang mit Aufnahme der Subskriptionen gemacht werden. Die Herren, welche sich, dieser Arbeit unterzogen haben, werden alsdann monatlich das Geld erheben und es unter die Armen nach der Größe ihrer Familien und ihres Bedürfnisses austeilen. Ihr aber, wohltätige Männer, Samen der durch Barmherzigkeit berühmten Gemeinde Israels, die ihr gewohnt seid, Liebe und Wohltat zu üben, wohltätige Kinder von Wohltätern, barmherzige Kinder von Barmherzigen; tut, wie ihr von je her getan habt etc. etc.
Schoss-Kontrakt.
Inzwischen lässt sich doch nicht behaupten, der Bedarf der jüdischen Armen sei von Seiten der Stadt gar nicht weiter berücksichtigt gewesen; denn die Schoss Abgabe, bekanntlich eine Vermögenssteuer von ¼ pro Cent, welche jeder Bürger einzeln nach geheimer seinem Gewissen überlassener Schätzung, entrichtete — war mit den Judengemeinden im Ganzen zu Achttausend Mark Banco verakkordiert zu einer Zeit, wo einzelne Firmen notorisch das ganze Steuer-Kapital zu diese Summen (Bco. Thaler 3.200.000) besaßen: und das geschah, wie sich mehrfach in den Akten ausdrücklich erwähnt findet, „in anerkannter Rücksicht darauf, dass die Juden gar keine Beihilfe aus der Staats-Kasse bezögen“.
Im Schoss-Kontrakt war nämlich verakkordiert:
Jahre 1777—1786 Schoss jährlich Bco. Thaler 4.500
Jahre 1787—1791 Schoss jährlich Bco. Thaler 4.200
Jahre 1792—1796 Schoss jährlich Bco. Thaler 5.000
Jahre 1797—1800 Schoss jährlich Bco. Thaler 6.000
Jahre 1801—1805 Schoss jährlich Bco. Thaler 8.000
Jahre 1806—1810 Schoss jährlich Bco. Thaler 8.000
Für jedes Bankfolium Bco. $ 150. Für jedes neue Etablissement eines Hiesigen nach Klassen 10, 20 u. 40 Thaler Cour. Für jeden angesessenen Fremden40 Thaler.
Supplik der Stadt Hamburg an den Deutschen Kaiser wegen geforderter Goldguldensteuer
Dass Hamburg seine jüdische Bevölkerung von jeher als eine nützliche betrachtet hat, und nicht etwa, wie in manchen anderen deutschen Staaten, als ein möglichst zu beschränkendes Übel, das können wir nicht umhin durch den Inhalt einer vom 10. Januar 1731 datierten Supplik dieser Stadt an den deutschen Kaiser zu dokumentieren, der damals von den hiesigen Juden einige sonst im Reich übliche Judensteuern — Goldgulden und Opferpfennige genannt — gefordert hatte. Es heißt darin:
„Ew. Maj. sehen selber allergnädigst aus der Judenschaft Supplicato, dass dieselben lieber die Stadt und Alles den verlassen, als der Forderung des Opferpfennigs, der ihnen auch in Ansehung ihrer gewöhnlichermassen zahlreichen Familien unerträglich und unmöglich fällt, sich unterwerfen wollen. Und es ist kein Zweifel, dass sie solches ins Werk setzen werden, sobald wir nur den Anfang machen würden, durch die Execution sie zur Erlegung dieser vorhin ihnen ganz unbekannten Abgabe, anzustrengen, insonderheit da wir nicht den Abzug derselben mit einigem Fug weigern können, dass wir vielmehr, vermöge der von Altersher mit ihnen bei ihrer Aufnahme geschlossenen Verträge und darin beiden Teilen vorbehaltenen Loskündigung nach Leistung der Gebühr solchen zu verstatten den Rechten nach verbunden sein würden.
Bey Erfolgung dessen aber geruhen Ew. k. M. allergn. in Erwägung zu ziehen, wie nicht nur sodann hiedurch einige 100 Häuser , die von Juden anjetzo hier bewohnt werden zu der Eigenthümer und der gantzen Bürgerschafft unüberwindlichem Schaden ledig zu stehen kommen, die Stadt einen ansehnlichen Theil ihrer Einwohner und die allemal damit verknüpfte Zehrung und Contributiones verlieren und die Handlung durch dieselbe noch mehr ab- und zu anderen Orten hingezogen werden, sondern auch dennoch nicht einmal hiedurch der freye Besuch der Börse und Treibung ihres Gewerbes und Handels in hiesigen Ringmauern wegen der so nahe gelegenen nur etwa 1/4 Stunde weit entfernten frembden Herrschafften mit Nachdruck zu wehren seyn, mithin in der That ihnen nur mehrere Freyheit und Vortheile, der Stadt allein hingegen nichts als Verdruss, Schade und Verlust zuwachsen würde.
Im Verfolg wird die Höhe der geforderten Steuer von drei Rheinischen Gulden für jeden männlichen über 13 jährigen Kopf gerügt und dann fortgefahren:
Hienächst aber wird solche Schätzung bemittelte Juden, die einen erlaubten Kauffhandel treiben, allhier sich niederzusetzen abhalten, und wie ohnedas durch den blossen Ruf der an hiesige Judenschaft gemachten Forderungen bereits geschehen, anderwärts ihre Wohnung zu erwählen noch mehr veranlassen, den allhier sich auffhaltenden Juden aber von ihren übrigen Glaubensgenossen dadurch der unleidliche Vorwurff einer besonderen Knechtschafft vor allen Anderen aufgebürdet werden.
Zu kais. Maj. allerhöchst erleuchteter Einsicht verstellen wir dabei in tiefster Unterthänigkeit ob nicht dem teutschen Vaterlande selber nicht geringer Vortheil entzogen würde wenn begüterte Juden von demselben noch mehr sollten abgehalten und bei anderen Nationen sich niederzulassen bewogen werden.
Es haben dieselben an des allgemeine Commercii Wesen anjetzo unstreitig einen so grossen Antheil, dass wie Engelland und Holland mit ihrem Exempel bezeugen, als woselbst man ihnen gerne und klüglich alle Freyheit einräumet, allenthalben ein stattliches Gewerbe und Handlung ihnen auf dem Fusse nachfolget.“*)
*) Es ist noch anzuführen § 13 der Wechselordnung v. 1711: „Wenn Wechselbriefe auf hiesige Juden an einem Sonnabend oder der Juden Festtage ankommen, sollen die Juden an solchen Tagen zwar unmolestirt bleiben, aber dennoch schuldig sein, wenn die Wechsel nach Sicht lauten, von dem dato dass sie hier angekommen, zu acceptiren.“
Hamburg 001 Blick auf die Binnen- und Außen-Alster
Hamburg 002 Südwestlicher Stadtteil mit dem Blick auf die Unterelbe
Hamburg 003 Rathaus und Alsterarkaden
Hamburg 004 Kontorhäuser in der Mönckebergstraße
Hamburg 005 Nikolai-Flet mit Gemüseevern
Hamburg 006 Flet in der Altstadt
Hamburg 007 Johannisbollwerk am Niederhafen mit Hochbahn
Hamburg 008 Elbhöhe mit Bismarck-Denkmal
Hamburg 009 Südöstlicher Stadtteil mit dem Binnenhafen, der Speicherstdt und den älteren Seehäfen
Hamburg 010 Elbe im Hafen
Hamburg 011 Segelschiffhafen
Hamburg 012 Werft von Blom & Voß. Im Hintergrund Kohlenschiffhafen und Köhlbrandmündung
Hamburg 013 St. Pauli-Landungsbrücken
Hamburg 014 Freihafen-Lagerhäuser
Hamburg 015 Innenansicht eines Kaischuppens
Hamburg 016 Australiakai am Indiahafen mit Doppelkränen
Hamburg 017 Kohlenkipper am Kirchenpauer-Kai
Hamburg 018 Getreideheber im Kuhwärderhafen
Hamburg 019 Umschlag im Strom
Hamburg 020 Eisenbahn-Elbbrücke
Hamburg 021 Börse
Hamburg 022 Universitätsgebäude
Hamburg 023 Museum für Völkerkunde
Hamburg 024 Gelehrtenschule des Johanneums
Hamburg Uhlmann & Co
Hamburg, Blick auf die Unterelbe
Hamburg, Flet in der Altstadt
Hamburg - Deichstraßenfleet
Hamburg - Leitergasse
Wirtshausszene in der Hansezeit
01. Row of buildings of the Free Port Warehousing Company
02. Transportation map of Germany
03. Hamburg freighter, being served by barges and lighters.
04. The Steekelhorn, one of Hamburg’s ancient canals
05. The „Kaiserin Auguste Victoria“.
06. Hamburg freighter at a pier, discharging.
07. Pier cranes discharging cargo at Hamburg.
08. Church in the emigrant village at Hamburg.
10. View looking into the main basin of the Hamburg-American Line.
11. Launching of the „Fürst Bülow“.
09. The „Deutschland“
12. The „Imperator,“ the Hamburg-American’s new monster liner.
13. River terminal at Torgau on the Elbe. River scene on the Elbe at Magdeburg.
14. River scene on the Elbe at Laube-Tetschen. Pier crane in the river port at Torgau on the Elbe.
15. The levee at Saint Louis. A cotton landing on a tributary of the Mississippi.
16. Loading a trainload of cable direct from cars into steamer.
17. Elbe barges being discharged at a steamship pier at Kuhwärder.
Hamburg 1842
Hamburg, St. Nicolai
Hamburg, St. Petri
001 Langermann, Jacob (1700-1762) Hamburger Senator (C. A. Wagner) 1740
002 Jacobus Reineccius (1572-1613) evangelischer Theologe, Pastor, Pädagoge in Hamburg (Dirksen) 1613
003 Amsink, Rudolph (1577-1636) Hamburger Kaufmann und Senator (David Kindt)
005 His, Pierre (?) Hamburger Kaufmann (Th. Fr. Stein) 1763
006 Roosen, Berend (1705-1788) Hamburger Reeder, Kaufmann, Diakon (C. F. Löhr)
007 Amsinck, Elisabeth geb. de Hertoghe (1690-1748) (David Kindt)
011 Das Kenotaphium Michael Richeys im Vestibul der Hamburger Stadtbibliothek
012 Das Kenotaphium der Gebrüder Wolff im Vestibul der Hamburger Stadtbibliothek
013 Amsinck, Rudolph (1518-1590) Bürgermeister zu Zwolle (Holländ. Meister)
014 Amsinck, Anna geb. Kamferbeke (1520-1583)
015 Pauli, Broderus (1598-1679) Hamburger Syndikus und Bürgermeister (A. v. Hulle)
016 Möller, Eberhard (1606-1657) Hamburger Domherr, Canonicus, Senior (Sturheld)
018 Braem, Johannes (?) Hamburger Kaufmann (Simon de Passe)
019 Reimarus, Hermann Samuel (1694-1768) Gymnasialprofessor für orientalische Sprachen in Hamburg (Th. Fr. Stein) 1751
021 Mumssen, Jacob (1737-1819) Hamburger Arzt und Schriftsteller (Gröger) 1819
023 Bildnis der Frau Kirchner (Wilhelm Graupenstein) 1863
024 Harzen, Ernst Georg (1790-1863) Hamburger Kunsthändler (H. Steinfurth)
026 Westphalen, Engel Christine (1758-1840) Hamburger Schriftstellerin (O. Speckter)
030 Herren aus der Familie Willinck (?) Hamburger Reeder und Kaufleute (B. Graat)
031 Aepinus, Johannes (1499-1553) Hamburger Theologe und Reformator
032 Coldorf, Paridom (?) Hamburger Senator (B. Denner)
033 Lindenbrogius, Henricus (1673-1648) Hamburger Jurist und Philologe
034 Kohl, Ditmar (..-1563) Hamburger Bürgermeister und Seeheld (D. Kindt)
036 Petkum, Johannes Hieronymus (1657-1713) Hamburger Pastor und Prediger (Dittmers)
038 Bildnis eines Ratsherrn (E. Galli)
039 Bildnis eines Rabbiners (M. Scheits)
046 Coldorf, Joachim (1656-1749) Hamburger Senator (Paulsen)
050 Moller, Meta (1728-1758) Hamburger Schriftstellerin, Klopstocks erste Frau (Smissen)