Die Union und die Liga; ihr kirchlicher und politischer Gegensatz

Dieser Standpunkt der römischen Curie darf aber nicht ohne Weiteres als Standpunkt des Kaisers und der katholischen Fürsten betrachtet werden. Es waren bei diesen ohne Zweifel politische Motive, welche entscheidend mitwirkten. Gleich bei dem böhmischen Kriege lässt sich nicht verkennen, dass es sich in demselben wesentlich auch um die Wahrung und Verteidigung der kaiserlichen Rechte und Ehren handelte. Die Union und die Liga trugen nicht nur den kirchlichen, sondern auch den politischen Gegensatz in sich, welcher in seinen Konsequenzen zur Zersetzung und Auflösung des Reiches führen musste. Selbst die energische und erfolgreiche Aktion der Liga wird nicht ohne Weiteres allein oder auch nur überwiegend auf religiöse Motive zurückzuführen sein*). Hat dieselbe auch unbestreitbar nicht wenig dazu mitgewirkt, manche zum Protestantismus übergetretene Länder zur katholischen Kirche zurückzuführen, so verfolgte doch die Liga nicht minder bis auf einen gewissen Grad unverkennbar die Aufgabe, die Machtstellung des Kaisers, welche den protestantischen Fürsten gegenüber durch die Glaubensspaltung doppelt gesunken war, zu stützen und aufrecht zu halten. Die lutherischen Fürsten selbst, und unter ihnen insbesondere Kurfürst Johann Georg von Sachsen, sahen in der böhmischen Bewegung einen Aufstand, der die Religion zwar vorschützte, im Grunde aber gegen die rechtmäßige Herrschaft des Hauses Habsburg gerichtet war. Hatten die österreichischen Stände schon am 13. August 1569 freie Religionsübung erlangt in Grundlage der von Chyträus ausgearbeiteten lutherischen Kirchenordnung, welche am 30. Mai 1570 die kaiserliche Bestätigung erhielt **), so würde es bei den Freiheiten, welche die utraquistischen Stände Böhmens bereits besaßen, schwerlich zum Kriege gekommen sein, wenn nicht der kirchliche und der politische Gegensatz sich gegenseitig geschärft hätten.

*) Politischer Diskurs Von Jetzigen Kriege in Teutschland, in acht Capittel kürtzlich verfasset. Darinn man augenscheinlich sehen kann, ob dieser Krieg ein Regions- oder ReligionsKrieg sey? Verfertiget von einem alten redlichen Teutschen, deme die uhralte Freyheit des Teutschen Vater Lands nicht weniger, als die Religion selbsten hoch angelegen ist. Gedruckt Im Jahr 1627. 4.


**) (Andr. Sebast. von Stumpf) Diplomatische Geschichte der teutschen Liga im siebenzehnten Jahrhundert. Mit Urkunden. S. 162 f.