Die jüdischen Ärzte und Apotheker im Mittelalter

Aber in einem besonderen Fache war es, wo die Juden sich behaupteten, in welchem sie auch von den Christen sehr gesucht waren, nämlich als Ärzte. Wir können bereits ein ganz artiges Verzeichnis von jüdischen Ärzten, häufig von der städtischen Verwaltung besoldet und von der Judensteuer befreit, nach den Geschichtsquellen aufstellen. 222) Von jüdischen Ärzten am Oberrhein hat man früher Nachrichten als von den christlichen Laienärzten.

Die Juden zu Speyer handelten schon um 1494 mit Arzneien, 223) und 1494 begegnen wir einem jüdischen Apotheker in dem Jakob Haigerloch zu Ulm. 224) Allerdings standen die jüdischen Ärzte gleich ihren christlichen Kollegen auf einem sehr niedrigen Standpunkte der medizinischen Wissenschaft und halten keinesweges einen Vergleich aus mit den Ärzten in Spanien und Italien, wo auch die jüdischen Ärzte einen bedeutenden Ruf und Namen in der Wissenschaft der Medizin sich erworden haben.


Ein Verzeichnis von Medikamenten, welches wir nach handschriftlichen Quellen an einem andern Orte geben werden, gewährt einen interessanten Einblick in die damalige Kur-Methode der Judenärzte in den deutschen Gegenden. Immerhin aber hatten die jüdische Ärzte mehr Zulauf wie die christlichen. Einzelne Kirchenbeschlüsse setzten zwar fest, die Juden sollten keine Arzneikunde treiben oder die Christen wenigstens keinen Juden annehmen, allein diese Bestimmungen wurden gleich den übrigen bei der oft überwiegenden Geschicklichkeit der jüdischen Ärzte umgangen. 225) Herr v. Falkenstein stieß sich, als er 1376 erkrankte, nicht an das Verbot jüdischer Ärzte. 226) Selbst geistliche Fürsten hatten nicht selten jüdische Leibärzte und ließen sich nicht abhalten, trotz aller Verbote, die Schmerzen des christlichen Leibes durch jüdische Rezepte lindern zu lassen.

Es beruhte dieses Vertrauen nicht allein auf der größeren Geschicklichkeit, es war vielmehr auch derjenige menschliche Trieb, welcher die Leidenden zu ihnen sich wenden ließ, die die christliche Anschauung am Wenigsten dulden durfte. Das Mittelalter glaubte übrigens alle Rabbiner in der Heilkunde erfahren. 227) Hören wir doch, wie ein hochgestellter Christ in seiner Krankheit zum Rabbi schickt und flehentlich bittet, von seinem Weine ihm zu senden, da er genau wisse, dass er sonst sterben müsse 228) So sendet ein Ritter zum Rabbiner hin und bittet um eine Mesusa für seine Burg, die er wahrscheinlich damit vor jedem Unfall zu sichern glaubt. 229) Anders denkt man heutigen Tages noch in Ostfriesland, wo man behauptet, dass beim ersten Begegnen des Morgens ein Jude Anzeichen eines großen Unglücks sei und guckt ein solcher gar ins Fenster hinein, so herrscht die ganze Woche Unglück im Hause. Oder an der Bergstraße in Süddeutschland, wo es als Regel gilt, wenn ein Kranker zu sterben wünsche, so müsse er den Rabbiner für sich um langes Leben und Wiedergenesung beten lassen. 230)

Doch wenden wir uns ab von Dem, wozu der Jude früher herhalten musste und noch in der Gegenwart nicht selten herhalten muss. Beantworten wir uns lieber am Schlusse die Frage: Was hat ihn trotzdem erhalten? Einzig und allein das Leben in Gott, welches in der Lehre seine unversiegbare Quelle findet und aus ihr die nötige Kraft für alle Lagen und Verhältnisse gewinnen lässt. Ist, wie Zunz sagt, echte Wissenschaft tatenzeugend, so ist die echtjüdische Wissenschaft, auf der Basis dieser Gotteslehre, die echteste; denn sie hat die größte, wunderbarste Tat gezeugt, gezeigt in der Erhaltung der Juden. Für sie bleibt ewig wahr das Vorbild in jener Offenbarung: „Es steht der Dornbusch in Flammen, aber er wird doch nicht verzehrt!“
Äskulap ist in der griechischen Mythologie der Gott der Heilkunst

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