Die Ausbildung und Unterrichtung der Jugend

Die studierende Jugend wurde zum größten Teile durch die Unterstützung von Vereinen und Wohltätern, aber auch durch die Lehrer selbst, bei denen die Schüler nicht selten auch wohnten, unterhalten 16a). Fremden oder armen Studierenden gab man gerne sogenannte Freitische, eine Sitte, die nicht wenig dazu beitrug, das Interesse für die Wissenschaft in den Familien wach zu erhalten und Gelegenheit bot, Manches in den Gesprächen am Tische zu erfahren, was häufig der Hausherr aus Büchern zu lernen nicht vermochte.

Die Liebe zum Thora-Studium blieb in allen Kreisen heimisch; wandten sich auch nicht Alle den spezifisch gelehrten Studien zu, so gab es doch in der Heranbildung der Knaben zur Kenntnis des Hebräischen und des väterlichen Glaubens zwischen Reich und Arm keinen Unterschied. „Meine Söhne und Töchter“ so heißt es in einem Testamente aus dem 14. Jahrhundert 17), sollen womöglich in jüdischen Gemeinden wohnen, damit ihre Kinder jüdisches Leben kennen lernen und ihre Söhne, wie auch ihre Töchter, im göttlichen Gesetze unterrichtet werden können; sollten sie auch betteln müssen, um ihre Kinder durch religiösen Unterricht erziehen zu können, und sie nicht an Müßiggang gewöhnen!“


Auch die Mädchen, welche schon im zarten Alter von den Müttern nach dem Gotteshause mitgenommen wurden 18), lernten hebräisch lesen, viele selbst den Pentateuch übersetzen und außer der praktischen Übung der jüdischen Pflichten, zu der alle von frühester Jugend an angehalten wurden, strebte man, ihnen auch eine theoretische Kenntnis vorzüglich der mit dem jüdischen Hauswesen in engster Verbindung stehenden religiösen Vorschriften beizubringen 19). Viele hatten darin eine so weitgehende Kenntnis sich erworben, dass sie von berühmten Gesetzeslehrern in zweifelhaften Fällen befragt wurden 20).

Im Übrigen wurde hauptsächlich darauf hingezielt, die Mädchen für das Haus tüchtig heranzubilden. So empfiehlt jener bereits angeführte Vater aus der Mitte des 14. Jahrhunderts in seinem Testamente, dass die Töchter stets im Hause ihre wahre Welt finden mögen, dass sie nicht auslaufen oder an der Tür des Hauses stehend, jeden Vorübergehenden neugierig mit den Blicken verfolgen. (War es ja die liebste Unterhaltung der Frauen, an den Fenstern oder Söllern zu stehen und in die Weite zu schauen, ob auf den Straßen Jemand nahe, der ihnen bunte Kunde in das alltägliche Grau der häuslichen Geschäfte bringe 21).