Aus dem Thüringer Walde.

Die Gartenlaube, illustriertes Familienblatt.
Autor: L. St., Erscheinungsjahr: 1863
Themenbereiche
Der Hauch des Geistes, der wie ein frischer würziger Bergluftzug immer von den Höhen und aus den Tälern des Thüringer Waldes anregend und belebend strömt, hat auch in diesem Jahre manche erfreuliche Blüte getrieben. Zunächst ist des geistesfrischen, rührigen und liebenswürdig humanen Alex. Ziegler’s treffliches Buch: „Der Rennsteig des Thüringer Waldes“ (Dresden, Höckner) zu nennen, ein süßer Liebesgruß aus der und an die grüne Bergheimat des Verfassers, der eben so schönes Zeugnis für die bekannte Wanderlust desselben, für den hellen Blick, mit welchem er ihr genügt, wie für den echt deutschen Forschertrieb, der ihn beseelt, beibringt. Denn das höchst interessante Buch enthält nicht nur eine mit der ganzen liebenden Hingebung an die prächtige Bergnatur seines heimischen Gebirges geschriebene Wanderung über den ganzen romantischen Rennsteig, sondern auch das Resultat langjähriger, mühevoller, ausführlicher Geschichtsstudien über das Alter dieses durch so hohe Eigentümlichkeit ausgezeichneten Gebirgswegs. Ziegler’s Buch ist ein wertvoller Beitrag zu der immer wichtigere Bedeutung gewinnenden kulturhistorischen Literatur unserer Zeit; denn er zeigt uns, wie ernstlich wir erst auf kleinen Feldern zu forschen haben, ehe wir mit Sicherheit das Gesamtgebiet der Kulturgeschichte betreten können.
Nach einer andern Seite hin hat der bekannte literarisch tätige Archidiakonus Aug. Wilh. Müller in Meiningen die Spezialgeschichte des Thüringer Gebirgslandes mit einem werthvollen Beitrage bereichert, der nicht ohne erfreuliche Einwirkung auf die sittliche Stärkung Deutschlands sein kann. Wir meinen sein mit Liebe und Sachkenntnis geschriebenes kleines Buch: „Dr. Martin Luther und sein Stammort Möhra“ (Meiningen, Gadow), welches von der Aufstellung der ehernen Lutherstatue in Möhra Veranlassung genommen, die Geschichte der Entstehung dieser Denksäule, so wie die Beziehungen des großen Reformators zu seinem Stammorte in höchst lebendiger und anziehender Weise mitzutheilen. Ein Mahnruf Luther’s an unsere Zeit und eine sehr sinnig zu dem bestimmten Zwecke zusammengestellte Blumenlese aus Luther’s Schriften wird den meisten Lesern eine willkommene Zugabe sein. Ebenso hat derselbe Schriftsteller uns den als Tondichter und Menschen gleich liebenswürdigen und beliebten Andreas Zöllner in einer trefflich geschriebenen Schilderung („Aus des Liederkomponisten Andreas Zöllner Leben und Streben“, Magdeburg, Heinrichshofen) vorgeführt.