Abschnitt 8

17 Nachwort.


Franz Adam, welcher ganz unbestritten zu den besten Schlachten- und Pferde-Malern der Neuzeit zählt, schlug zwar die Richtung seines Vaters ein, bekundete aber frühe schon 21) eine eigene malerische Anschauung, welche zugleich in der Art und Weise der Technik den Errungenschaften der Neuzeit Rechnung trug. Die „realistische Kunstweise“ führte Franz Adam noch entschiedener durch als sein Vater und wirkte damit fördernd auf seinen Lehrmeister zurück. Franz gewann überhaupt mehr Einfluß auf den Vater, als derselbe den anderen Söhnen zugestanden hätte. Nachdem Franz schon 1848 unter seinem Vater und 1849 mit seinem Bruder Eugen, während des Krieges in Italien Studien gemacht hatte, begab er sich 1850 zu gleichem Zweck nach Ungarn. Wie in seinen Kriegsscenen bewährte er eine nicht minder treffende Beobachtungsgabe in der Darstellung volksthümlicher Sitten und Gewohnheiten. So entstand eine Anzahl von Bildern aus dem ungarischen Volksleben, insbesondere eine „Schiffsfähre am Strande der Theiß“ mit vielen Figuren und eine Scene an demselben Flusse (eine Heerde Schafe mit ihrem Hirten und Wallfahrer in einem Schiffe); später kamen die Pferde-Märkte und das Einfangen der Pferde: Alles ebenso voll packender Wahrheit wie von großer Kraft und Schönheit der Farbe. Obwohl vielfach im Atelier des Vaters thätig und an dessen größeren Bildern meist in bekannter Weise betheiligt, blieb ihm doch Zeit und Gelegenheit mit eigenen Arbeiten, deren Aufzählung uns hier zu weit führen würde, seinen Namen zu begründen.


Beim Beginn des neuen Krieges (1859) ging Franz Adam mit seinem Bruder Eugen wieder nach Italien und weilte im österreichischen Hauptquartier zu Verona, Villafranca und Vallegio, kehrte aber, durch äußere Umstände veranlaßt, bald wieder nach München zurück. Im August des folgenden Jahres verheirathete er sich mit Ida Freifräulein von Hornstein-Grieningen auf Schloß Grieningen in Württemberg, wobei auch der Vater auf der Hochzeit erschien und in bester Laune den Ehrentag seines Sohnes theilte. Franz Adam ließ sich zu München nieder, ohne, trotz seiner ausgesprochenen Begabung für Schlachtenmalerei, von Seiten einer Regierung mit Aufträgen bedacht zu werden. Und doch hat sich der Künstler, namentlich in der Schilderung des Kriegsgetümmels und der mannigfaltigen Episoden aus dem Feldleben im eminentesten Sinne ausgezeichnet. „Er vor Allen weiß die kühne, leidenschaftliche Bewegung des Momentes, die Kämpfenden in ihrer individuellen Lebendigkeit zu erfassen. Selten fehlte das Pferd dabei; es ist immer nach der Natur und mit meisterlicher Sicherheit geschildert. Er malte dann auch, da ihm selten Gelegenheit zu größeren Aufgaben wurde, selbständige Pferdedarstellungen; am liebsten das wilde, ungebändigte Pferd der ungarischen Pußten und den Soldatengaul, etwas mitgenommen im anstrengenden Dienst, bald im Kampf, bald in der Ruhe des Lagerlebens. Was allen diesen Bildern und insbesondere den späteren, außer der energischen Zeichnung noch eigenen Reiz gibt, ist die malerische Behandlung: Franz Adam weiß Landschaft und Figuren in eine besondere, der Natur fein abgesehene Licht-und Luftstimmung zu setzen und darin die Tonmassen wirksam von einander abzuheben. Auch der Vortrag ist meistens malerisch, markig und breit.“ Eine höchst interessante Leistung des Künstlers, die von seinem Talent und Können ein treffliches Zeugniß gab, war das große, die „Straße zwischen Solferino und Valeggio am Tage der Schlacht vom 24. Juni 1859“ darstellende Bild. 22) Man sieht keine Schlacht, sondern nur den Rückzug der verwundeten Oesterreicher hinter der Front der Armee, während zugleich neue Truppen mit Geschützen zum Angriff vorstürmen. „Alle Schrecken des Krieges sind hier in der hellgrauen, heißen Luft des Mittags scharf ausgesprochen und mit ergreifender Wahrheit versinnlicht.“ Die im Mittelpunkt mit stolzem Trotz befindlichen französischen Gefangenen künden deutlich, auf welcher Seite der Sieg sei. Das Bild bleibt eine der bedeutendsten Leistungen der neueren Malerei. Die schauerlichen Folge des Krieges versinnlichte der Künstler in einem „Rückzug aus Rußland“ (1869). Außerdem entstanden viele kleinere Pferdeporträts, Stallscenen und militärische Genrebilder, darunter ein „Gefecht von österreichischen Ulanen mit piemontesischen Dragoner“, welche namentlich durch die Feinheit der Farbe sich hervorthaten. Von besonderem Werthe waren vier kleine, fast miniaturartig in Oel auf Metall gemalte Schlachtenscenen aus dem Leben des Feldmarschall Prinzen Karl in Bayern, die auf der Decke des dem Prinzen von der bayerischen Armee gewidmeten Pracht-Albums eingefügt wurden. 23) Neuen Aufschwung nahm seine Kunst durch den deutschen Krieg, welchem er theilweise als Augenzeuge bei wohnte. Eine Epoche-machende Leistung war der „Kampf um Floing“ (in der Schlacht bei Sedan), welchen Adam 1874 für den Herzog von Meiningen malte und 1879 für die Berliner Nationalgallerie wiederholte (gestochen von Tobias Bauer), worin der Moment des Anstürmens der französischen Reiterbrigade mit unvergleichlicher Lebendigkeit dargestellt und der Grundcharakter der beiden kämpfenden Nationen auf’s glücklichste zur Anschauung gebracht ist. Ein anderes bedeutendes Werk: „Das erste bayerische Armeecorps bei der Einnahme von Orleans, 11. October 1870“ (gemalt 1877) ist eine Zierde der Neuen Pinakothek. Darauf folgte unter Anderen der „Gefangenen-Transport nach der Schlacht bei Sedan“ (1880) und neuestens der unter Major von Bredow ausgeführte „Reiterangriff auf die französische Artillerie in der Schlacht von Mars-la-Tour“ (für die Berliner National-Gallerie 1884).

Ein pferdereiches Bild „Mazeppa“ (1882) erwarb Se. kgl. Hoheit Prinz Luitpold von Bayern. 24)

„Mein dritter Sohn Eugen – schreibt Adam in seiner Familien-Chronik weiter – ist ein milder Charakter, voll Herzensgüte und jeder Aufopferung fähig; er war stets nur zu aufopfernd für alle Menschen.“ Damit ist dieser Grundcharakter treffend gezeichnet. Geboren zu München 22. Januar 1817, bildete er sich unter der Leitung des Vaters und dem Einflusse der älteren Brüder. Neben der Anlage zur Kunst erbte Eugen auch ein gewisses ethnographisches Interesse und eine besondere Wanderlust, in deren Folge er schon 1843 und in den folgenden Jahren wiederholt Ungarn, Croatien und Dalmatien unter allerlei Abenteuern und Fährlichkeiten nach allen Richtungen durchstreifte, überall zeichnend und durchweg neue, schöne und überraschende Skizzen und Studien sammelnd. Im August 1848 reiste er mit dem Vater nach Italien, wo er, im edlen Wetteifer mit seinem alsbald nachfolgenden Bruder Franz, eine Reihe von Terrain-und Figuren-Zeichnungen aus dem militärischen Leben zusammenbrachte, welche theilweise von Albrecht und Franz Adam zu ihren Schlachtenbildern benützt wurden, dann aber überhaupt für die großen lithographischen Prachtwerke der Brüder die wesentlichste Grundlage bildeten. Während Albrecht, wie bekannt, im Gefolge des greisen Schlachtenmeisters Radetzky blieb, wurde Eugen (Ende November) der Brigade des Grafen Clam-Gallas zugetheilt, lag die Wintermonate zu Como, wo er seine Feldskizzen ausarbeitete, rückte im Vorfrühling 1849 zu neuem Kampf nach Mailand und im Gefolge des Fürsten Karl von Schwarzenberg über Pavia nach Piemont, wo er den Kämpfen bei Mortara und der Schlacht von Novara beiwohnte und im Schnee und Frost, zwischen Verwundeten und Todten, eine Nacht auf dem berühmten Schlachtfelde verbrachte. Die künstlerische Ausbeute war reich und gab dem Maler Anlaß zu mehreren Bildern, welche, später von Franz Adam auf Stein gezeichnet, dem großen Werke der Brüder einverleibt wurden. Er bewährte dabei, wie auch Julius Meyer hervorhebt, ein besonderes Geschick für die charakteristische Schilderung der Localität, der landschaftlichen sowohl als namentlich der architektonischen, deren Zeichnung immer sicher und treffend ist. – Von da ging es nach Venedig, wo die Belagerung von Malghera den Brüdern vielfach zu thun gab. Während Albrecht Adam seine großen Schlachtenbilder in Angriff nahm, begannen die „Brüder Adam“ gemeinsam die Herausgabe der „Erinnerungen an die Feldzüge der k.k. österreichischen Armee in Italien“ – ein Prachtwerk, welches in der lithographischen Anstalt des jüngsten, Julius Adam, gedruckt, mit der Dedication an Radetzky, lieferungsweise in 22. Blättern (München bei Cotta) erschien und verdientes Aufsehen erregte.

Eugen blieb in Mailand in stetem Verkehr mit seinen militärischen Freunden und Gönnern, mit Bestellungen aus dem Gebiete des Kriegslebens betraut, darunter eine Darstellung des „Manövers unter dem Kommando des Kaisers von Oesterreich auf der Haide von Malpensa 1851“, zwei Bilder aus der „Einnahme von Malghera“ u.s.w. Im Jahre 1853 kehrte Eugen nach München zurück, mit der Vollendung eigener Entwürfe vollauf beschäftigt, bis ihn, kaum ein Jahr nachdem er seinen eigenen Herd begründet hatte, der Krieg von 1859 neuerdings nach Italien rief. Es gab zwar Stoff genug, aber die Verhältnisse hatten sich geändert. Oesterreich hatte mit sich selbst genug zu thun und keine Zeit, an künstlerische Aufgaben zu denken. Auch die Zeichnungen für illustrirte Blätter hatten ihre Schattenseite und wurden schlecht reproduzirt. Die furchtbaren Strapazen lohnten sich nicht und die Opferwilligkeit des Malers fand keine Anerkennung. Die schönsten Blätter blieben unausgenützt in seinen Mappen liegen.




21) Man vgl. z.B. das 1849 gemalte, in der Neuen Pinakothek befindliche Genrebild: „Französische Cuirassiere während des Brandes zu Moskau in einer Halle.“
22) Zuerst 1867 auf der Pariser Weltausstellung und daselbst prämirt, ebenso 1869 zu München.
23) Vgl. Fr. Pecht: Aus dem Münchener Glaspalast 1876, S. 178.
24) Ein großer Theil der von Franz Adam theilweise nach den Zeichnungen seines Vaters, seiner Brüder und nach eigenen Werken gemachten Lithographien u.s.w. sind bei Jul. Meyer S. 71 verzeichnet. Ein schönes Porträt des Meisters, Kniestück, sitzend in einer Landschaft, hat L. Raab radirt.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Aus dem Leben eines Schlachtenmalers