Abschnitt 7

17 Nachwort.


„Mit der Ansicht, daß die erste Erziehung, so lange die Kinder noch klein sind, der Mutter angehöre, konnte ich mich nicht recht befreunden. Gleich von der Geburt an behielt ich sie scharf im Auge und beobachtete ihre Anlagen, ihre Neigungen und Leidenschaften, denn diese bringt der Mensch schon mit auf die Welt. Ihnen die möglichst gute Richtung zu geben und Entartungen entgegen zu wirken, ist die erste Aufgabe der Erziehung. Es kann damit nicht frühe genug begonnen werden; das kleinste Versehen bereitet später oft größere Schwierigkeiten und Mühe, um einer Unart Herr zu werden, die man aufkommen ließ ... Sobald meine Kinder heranwuchsen und die Söhne sich dem Jünglingsalter näherten, suchte ich unvermerkt den Weg vom strengen Vater zum Freund anzubahnen und einen ganz vertraulichen Umgang herbeizuführen, was sie vollends an mich fesselte. In den Jahren 1828, 1829, 1833 und 1837, in denen ich mich in Geschäften oft veranlaßt sah, längere Zeit vom Hause abwesend zu sein, nahm ich immer einen oder zwei meiner Söhne mit auf Reisen, um sie in die Welt einzuführen, und hatte die Freude zu sehen, daß man überall, wohin ich sie brachte, selbst in den höchsten Kreisen großes Wohlgefallen an diesen, wie man sagte, wohlerzogenen und gutgesitteten jungen Leuten fand. Das schönste Verhältniß, welches zwischen Eltern und Kindern bestehen kann, trat von nun an in’s Leben und führte eine ungemein heitere und glückliche Zeit für die Familie herbei. Die Räumlichkeiten des Ateliers wurden erweitert; dort saß der Vater mit drei Söhnen im vertraulichen Umgang und arbeitete mit Lust und heiterem Sinn; es herrschte ein großer Eifer für das Vorwärtsschreiten in der Kunst und es war eine Freude zu sehen, wie sich die Talente dieser jungen Leute täglich mehr entwickelten ... So verging der Tag froh bei der Arbeit, bis der Abend die ganze Familie wieder zusammenführte. Im Sommer nahm ein schöner, großer Garten mit verschiedenen Ruheplätzen sie dann auf; die Bäume und Gesträuche, welche ich gepflanzt und unter deren Schatten wir jetzt ruhten, waren unterdessen mit den Kindern groß geworden. Außer diesen hatte auch jedes der Kinder ein eigenes, kleines Gärtchen, in welchem sie nach eigenem Gefallen bauen und pflanzen konnten; durch die junge Phantasie, welche hier thätig war, bekam das Ganze bisweilen einen ganz idyllischen Charakter. Unter Thätigkeit in freier Luft, bei Spielen und Leibesübungen verging so die Zeit, bis ein frugales Mahl sie unter heiteren Gesprächen um den großen Familientisch vereinigte. – Die Mädchen bildeten sich an der Seite der Mutter für die wahre Bestimmung des Weibes von bürgerlichem Stand, für tüchtige Hausfrauen frühzeitig aus und wurden gewandt für alle häuslichen Verrichtungen; sie hatten dann bei Tische auch Gelegenheit, ihre Thätigkeit zu entwickeln. Im Winter bot das Haus die nöthigen Räume für die Vereinigung einer zahlreichen Familie, wohl auch für einige Gäste, denn schon frühzeitig dachte ich darauf, wohlerzogene, gutgesittete junge Leute, die beiläufig in dem Alter meiner Kinder waren, in mein Haus zu ziehen. Auf diese Weise fanden sie auch Umgang und Freunde im Hause und suchten nichts außer demselben. So schloß sich das schöne Band der Familie immer enger und fester; es gestaltete sich ein höchst glücklicher Zustand, weil es ein heiterer, geistig und körperlich gesunder und durchaus sittlicher war. – Was ich an Sorge, Zeit und Aufmerksamkeit auf die Erziehung meiner Kinder verwendete, davon erntete ich in reichem Maße die Früchte, es kamen die Jahre, welche den Glanzpunkt meines häuslichen Lebens bildeten.“


„Ein frohes Zusammenleben brachte bald Wohlstand in das Haus; wo Fleiß und Eintracht wohnt und alle von der Natur verliehenen Kräfte in geregelte Thätigkeit gesetzt sind, fehlt auch der Segen nicht. – Unsere Werke waren so gesucht, daß selten ein vollendetes Bild ohne eine Bestimmung im Atelier gefunden werden konnte. Sie breiteten sich in ganz Deutschland aus und gingen nach Frankreich, England und Rußland, schließlich auch nach Amerika. Bisweilen, aber nicht immer, arbeiteten meine Söhne mit an meinen Werken – ein Umstand, welcher mir in späteren Zeiten oft sehr übel gedeutet wurde, besonders von Künstlern. Da aber meine Söhne sehr talentvoll waren, so schien nach keiner Seite hin viel dabei gewagt. Auch hatte ich dabei besonders die Rücksicht vor Augen, daß sie sich leichter entwickelten und durch mein eigenes Beispiel an eine geregelte Thätig keit und gute Verwendung der Zeit gewöhnten; aber ich blieb weit entfernt, sie zu meinem Vortheil zu bloßen Werkzeugen zu machen. Stets trachtete ich dahin, ihre Selbständigkeit und eigene Individualität nicht zu gefährden; das hat auch der Erfolg bewiesen. Es wird keinem Sachverständigen einfallen, jetzt ein Bild von meinem Sohne Benno oder Franz mit einem Bilde von mir zu verwechseln; ein Jeder hat, seiner eigenen, individuellen Anschauung folgend, auch seinen eigenen Weg eingeschlagen, welcher ihn zu der jetzt allgemein anerkannten Meisterschaft führte. In demselben Maße als meine Söhne sich zu meiner Freude entwickelten, wuchsen auch meine Töchter bei echt weiblicher Tugend und zarten Sitten, als eine Zierde der Familie, zur Stütze der Mutter heran ....“

„Alles im Hause war im Wachsen und Gedeihen. Verschiedene Bauten wurden im Hause und Garten vorgenommen und zweckmäßige Verbesserungen, der Bequemlichkeit und den Bedürfnissen der Familie entsprechend, gemacht. Wir hatten einen Stall mit vier Pferden der verschiedensten Racen; diese dienten zum Studium als Modell, nebenbei zum Reiten und zu kleinen Ausflügen auf das Land. Eine Kuh gehörte auch immer mit zum Haushalt, sowie ein Hühnerhof mit allerlei Gattungen von Geflügel. Nebenbei hielten meine Söhne noch verschiedene Hausthiere: Schafe, Ziegen, ein seltenes Exemplar von einem Ziegenbock und andere mehr; schöne Hunde durften nicht fehlen. Auch ein boshafter, heimtückischer Esel diente lange Zeit zur Belustigung der männlichen Jugend, besonders des Abends, wenn man das Freie suchte, um sich in frischer Luft zu bewegen.“

„In den Winterabenden gab es bisweilen Tänze, Maskeraden u. dgl. oder größere Versammlungen zu heiterer, geselliger Unterhaltung,“ wobei seine Tochter Fräulein Wilhelmine gerne „eine dramatische Ueberraschung bereitete“ oder „eine poetische Ader springen ließ“. Wilhelmine verfügte über ein neidenswerthes Talent zu improvisiren, welches sie niemals im Stiche ließ. Dem Drang des Augenblickes nachgebend, tummelte sie ihren Pegasus in gereimten und ungereimten Stegreifreden, womit sie bei Familienfesten und Carnevalsabenden Alles überraschte und hinriß; bald in der Maske einer Wahrsagerin, als Fee, oder Mädchen aus der Fremde u.s.w. „Nie wurde Karten gespielt; es kamen gar keine in mein Haus. Wohl aber waren Armbrust-Schießen mit Preisen oft und vielmals Gegenstand der heitersten Abende. So verstrichen in frohester Vereinigung die Jugendjahre meiner Kinder bis zum Mannesalter und bis zu jener Zeit, wo eines nach dem andern seinen eigenen Herd gründete. Ein Band der Liebe und Eintracht umschlang sie alle. Wohl ein seltenes Beispiel, daß eine so große Familie so lange und so fest zusammenhält. Dieses Verhältniß, so schön und wahrhaft ideal, galt allgemein als ein Gegenstand der Bewunderung.“

„Der älteste meiner Söhne, Benno, hatte frühzeitig schon Leistungen gezeigt, welche zu den Erwartungen berechtigten, die er auch später rechtfertigte.“ Benno Adam (geb. 15. Juli 1812 zu München) ist Meister in der Darstellung der Hausthiere in Verbindung mit den Menschen sowie der Jagdthiere. Er begann seine künstlerische Thätigkeit, indem er die Zeichnungen seines Vaters zu der „Voyage pittoresque“ und anderen Werken desselben auf Stein übertrug, bald aber wendete er sich der Thiermalerei zu und brachte unseres Wissens 1835 sein erstes Bild in den Münchener Kunstverein: „Kühe an einem Brunnen“, wozu Albrecht Adam noch die Landschaft gemalt hatte; dann einen „Hund an der Kette“, 1836 einen „Viehmarkt im bayerischen Gebirge“. Mit seinen weiter folgenden, zahlreichen Bildern wendete er sich entschieden der Thiermalerei zu und entwickelte namentlich in der Ausprägung des Charakters der Thiere sowohl von der ernsten, wie von der komischen Seite – man denke nur an seine humoristischen Esel-Gruppen und die köstlichen Hunde! – ein so großes Talent, daß man ihn „den deutschen Landseer“ genannt hat. 20) Alle seine Bilder zeugen von einem Wohlwollen und einer sprechenden Charakteristik, welche den Beschauer unwillkürlich packt und für den liebenswürdigen Künstler gewinnt. Aus seiner Ehe mit der Tochter des Architektur-Malers Dominik Quaglio stammen zwei Söhne, von denen der eine, Emil als Thiermaler sich auszeichnete, der andre Friedrich der praktischen Baukunde sich zuwendete.

Seinen zweiten Sohn Franz Adam, (geb. 4. Mai 1815 zu Mailand) rühmte der Vater als einen „in Allem was er that, sehr genialen Menschen, als einen wahren Feuergeist.“

„Er war mir sehr ergeben und stand mir immer bereitwillig und hilfreich zur Seite, nachdem ich längst aus dem Atelier meiner Söhne ausgeschieden war.“




20) Julius Meyer (S. 69, wo ein ziemlich ausführliches Verzeichniß der vor ihm und nach ihm lithographisch und photographisch vervielfältigten Werke gegeben ist) und H.A. Müller, Biographisches Künstlerlexikon, Leipzig 1882, S. 4. – In der Neuen Pinakothek zu München befinden sich: Ein Viehmarkt im bayerischen Gebirge (1839). Ein Stall mit einem Schimmel, einer Katze und zwei Ziegen (1841). Zwei todte Hirsche und todtes Federwild, von einem Hunde bewacht (1848). Eine Gruppe Ziegen (1854). Eine Hirschjagd (1856). Eine von einem Hunde bewachte Eule (1856).

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Aus dem Leben eines Schlachtenmalers