Abschnitt 4

17 Nachwort.


Vor Uebergabe des Bildes ließ es der Kaiser in die Hofburg bringen, hielt sich mit großem Wohlgefallen sehr lange davor auf und erwies sich gegen den Künstler, wie immer, ungemein gnädig und liebreich. Die Freude des Feldzeugmeisters war unbeschreiblich und sowohl er selbst als alle Militärs waren im höchsten Grade befriedigt und überhäuften den Maler mit schmeichelhaften Huldigungen, so daß man eigentlich kaum mehr wußte, wer von den Beiden eigentlich der Mehrgefeierte sei. Dem Festabende bei Feldzeugmeister Heß folgten solche zu Ehren Adams bei Herrn von Arthaber in Döbling, dem Geschäftsleiter des österreichischen Kunstvereins in Wien (woselbst das Bild zur Ausstellung kam) 9) und bei dem Bildhauer Fernkorn.


Vom Dezember 1855 bis Ende Juli 1857 blieb Albrecht Adam in Wien, um den an ihn ergangenen vielfachen Aufträgen zu obliegen. Er hatte dazu ein sehr schönes Atelier mit prächtigem Licht in der kaiserlichen Burg und ein anderes, kleineres im kaiserlichen Marstall nahe bei der Reitschule.

Außer verschiedenen Pferdebildern entstand im März 1856 ein Reiterporträt des Grafen Grünne. Inzwischen fiel der 70. Geburtstag des Meisters, dazu gab es am 15. und 16. April zahlreiche Gesellschaften in den gewähltesten Kreisen, mit Toasten und Krän zen und einem Deklamatorium der Hofburg-Schauspielerin Amalie Haizinger. 10) Gleiche Ehre wiederfuhr ihm beim Maifest der Wiener Künstler, wobei Minister Graf Thun und Direktor von Ruben sich mit Auszeichnungen gegen den gefeierten Gast überboten. Um diese Zeit erging der Auftrag, ein lebensgroßes Reiterbild des Kaisers zu entwerfen und auszuführen. Wir können zur Genesis des Bildes allerlei Detail aus Briefen nachtragen. Nachdem auch Franz Adam nach Wien gekommen war, ging es rasch vorwärts. So schreibt Albrecht Adam unterm 24. Mai: „Das große Reiterbild ist der Hauptsache nach aufgezeichnet und Franz malt schon mit Lust daran. Ich habe die beste Hoffnung, daß es etwas Tüchtiges wird und daß wir uns zusammen verständigen.“ Nachdem sie mit Graf Grünne (im Juni) im Gestüt zu Kladrub verweilt hatten, wahrscheinlich um das zum Reiterbild passendste Pferd auszuwählen, lud der Kaiser die beiden Maler nach Laxenburg. „Der Kaiser“, berichtet Albrecht Adam unterm 1. Juli nach München, „gibt uns hier die Sitzungen zu seinem Porträt; er ist uns schon zweimal gesessen und morgen zu Pferd in ganzer Gala-Uniform. Somit sind alle unsere Wünsche, Erwartungen und Hoffnungen mehr als erfüllt, sie sind durch die liebenswürdige Zuvorkommenheit des Kaisers weit übertroffen.“

Sie genossen als Gäste des Monarchen eine wirk lich kaiserliche Bewirthung; den Genuß steigerte der herrliche Park. „Der Kaiser hat uns schon vier Sitzungen gewährt, drei im Zimmer, eine im Garten zu Pferde. Letztere war früh 6 Uhr bestimmt und mit dem Glockenschlage traf der Kaiser ein. Es war etwas wahrhaft Feierliches dabei. Rings standen auf 600–1000 Schritte Wachposten, damit Niemand stören sollte; ich und Franz waren allein zugegen, nicht einmal ein Adjutant.“ Dann folgte noch eine Sitzung. Der Aufenthalt zu Laxenburg dauerte über zwei Wochen und hätte den Sommer über währen dürfen, „aber das große Bild hier zu malen ging aus vielen Gründen nicht.“ So bezogen die beiden Maler wieder ihr Atelier in der kaiserlichen Burg zu Wien, das Bild rückte vorwärts, insbesondere war es Franz, welcher nach dem Zeugnisse des Vaters daran „gewaltig arbeitete“. Der Kaiser kam ab und zu auf Besuch, verweilte einmal eine halbe Stunde und sagte beim Weggehen höchst gnädig: er habe viel erwartet, aber seine Erwartungen seien weit übertroffen. Des andern Tages (Ende August) schickte der Kaiser auch seinen Oheim Erzherzog Ludwig und seinen Bruder, den Erzherzog Max Ferdinand (den nachmaligen Kaiser von Mexiko). Im Oktober, während Franz wieder bei Graf Nákó in Schönau weilte, arbeitete der Vater allein am Kaiserbild weiter. Der Sohn staunt nach seiner Rückkehr, „wie weit das Bild vorgerückt ist und findet sehr gut, was ich gemacht habe.“ Endlich, am 14. November, that Franz „die letzten Pinselstriche daran“ und setzte nach dem Willen des Vaters seinen Namen „Franz Adam“ auf das heute noch im Conferenzsaale des Arsenals 11) prangende, etwas über lebensgroße Porträtbild. Franz vollendete auch ein kleines Porträt des Kaisers, welches Albrecht begonnen hatte, für den Grafen Grünne; „er hat dieses mit recht vieler Liebe und Sorgfalt gethan und mir einen großen Dienst erwiesen, um so höher angeschlagen, als er mit Sehnsucht beim Grafen Nákó erwartet wird.“ Auch Benno kam nach Wien und half mit, da neue Bestellungen folgten.

Im Dezember beabsichtigte der Kaiser Ihrer Majestät der Kaiserin die Porträts zweier gesattelter Reitpferde (Norma und Fantasia) auf zwei Bildern von gleicher Größe zum Geschenk zu machen, wobei eines der beiden Bilder auch das Porträt des großen, schwarzen Hundes der Kaiserin als Nebenstaffage erhalten sollte. Diese beiden Bilder wurden am 15. Juli 1857 zur vollsten Zufriedenheit des hohen Bestellers übergeben. In demselben Monate entstand im Auftrage der Kaiserin eine sehr schöne Skizze zu einem Oelbilde, welches jedoch in München ausgeführt werden sollte. Da darauf das Bildniß des Generalmajor Freiherrn Joseph Jablonsky del Monte Verico 12) anzubringen war, ging Adam vorerst noch über Laxenburg und dem hintern Brühl in das Lager von Eisenstadt in Ungarn. Dann erfolgte am 29. Juli 1857 die Abreise von Wien über Prag, Dresden und Nürnberg mit je eintätigem Aufenthalte nach München.

Im Juni 1858 lieferte General Freiherr von Lauingen zur Tarnow in Galizien Zeichnungen und sonstige Materialien zur Herstellung eines (4 Fuß 7 Zoll langen und 3 Fuß 4 Zoll hohen) Bildes der „Schlacht von Landshut in Schlesien“ (23. Juni 1760) für Erzherzog Carl Ludwig, welches im Februar 1859 zu Innsbruck aufgestellt wurde.

Am 18. März 1859 schloß Geheimrath von Klenze als Bevollmächtigter und auf Befehl Sr. Maj. des Königs Maximilian II. einen aus sieben Paragraphen bestehenden Contract über die Ausführung eines großen, die „Schlacht von Zorndorf“ (25. August 1758) darstellenden Oelbildes. Demselben wurde ein Umfang (17 Fuß 9 Zoll Länge und 13 Fuß 1 Zoll Höhe) bestimmt, welcher des Künstlers ganze Energie herausforderte und zwar um so mehr, da Albrecht Adam beschloß, dasselbe ganz allein und ohne Beihilfe seiner Söhne zu malen. Adam erbat sich dazu eine dreijährige Frist und entledigte sich dieses ehrenvollen Auftrages auch in der stipulirten Zeit. Der königliche Mäcen geruhte nach Vollendung des Werkes den Künstler im Atelier zu besuchen und über eine Stunde daselbst zu verweilen, wobei Se. Majestät dem Künstler wiederholt die höchste Befriedigung aussprach. Auch die Kritik erklärte, überrascht von der Leistungsfähigkeit des hochbetagten Mannes, dieses Erzeugniß als sein hervorragendstes Werk.

So schrieb z.B. Julius Grosse: 13) „Der Künstler wählte den entscheidenden Moment am Nachmittage der Schlacht, in welchem Seydlitz an der Spitze seiner Cuirassiere, Dragoner und Husarenschwadronen ein russisches Quarré stürmt, eine unvergleichliche Aufgabe für einen Maler. Die Composition zeigt auf der rechten Seite des Bildes gleichsam in drei gewaltigen, durch das coupirte Terrain geschiedenen Strömen die preußischen Reitermassen heranbrausen. Ganz vorn im Vordergrunde die weißen Gardecuirassiere, durch eine kleine, flache Schlucht getrennt die langen, sonnenbeschienenen Schwadronen der gelben Cuirassiere, welche sich fächerartig in mächtigem Schwunge gegen die russische Front entfalten. Ueber ihnen, auf einem mäßigen Hügel hält der große König mit seinen Generälen, von denen Seydlitz sich soeben verabschiedet hat. Jenseits des Hügels werden die übrigen Reitermassen der Dragoner und Husaren sichtbar, welche nur des Commando’s warten, um gleichfalls zum Angriff zu schreiten. Den linken Theil des Bildes füllt das feindliche Heer aus. Dicht aneinander gedrängt leisten die Colonnen des Quarrés, dessen eine Seite den anstürmenden Gardecuirassieren zugekehrt ist, energischen Widerstand. Eine Anzahl preußischer Reiter hat soeben das Quarré durchbrochen und wüthet nun im Innern im Verein mit den äußeren Angreifern gegen die Verzweifelten. Aus dem Innern des Quarrés flüchten bereits die Gepäckwagen, während neue Colonnen herbeirücken, um die Lücken auszufüllen. Im weiten Hintergrunde werden neben brennenden Dörfern die fliehenden Kosaken und die zerstreuten Infanteriemassen des preußischen Heeres sichtbar. – Man mag aus dieser flüchtigen Skizze den lebendigen und wirkungsvollen Gesammteindruck des Gemäldes entnehmen; namentlich sind mit großer Wahrheit die verzweifelten, dicht zusammengeballten Russen dargestellt, welche sich im wildesten Handgemenge mit Kolben, Säbeln und Bajonetten gegen die einzelnen einhauenden Reiter wehren. Die meisterhafte Behandlung der Pferde, der historischen Costüme und die psychologische, mannigfach variirte Abstufung heroischer Entschlossenheit und verzweifelten Todesmuthes: Alles wirkt im höchsten Grade fesselnd und gibt das überzeugende Bild dieser blutigen Affaire. Und diese poetische Unmittelbarkeit läßt denn auch manches vergessen, was die Mühe verräth, die Schwierigkeiten der Composition zu überwinden.“




9) Eine lithographische Reproduktion veranstaltete Julius Adam, welche in Oesterreich die weiteste Verbreitung fand.
10) A. Haizinger, geb. 6. Mai 1800 zu Karlsruhe, gest. 16. August 1884 zu Wien.
11) Ebendaselbst auch das über lebensgroße Reiterbild des Feldmarschall Grafen Radetzky, gleichfalls bezeichnet: „Franz Adam 1859“.
12) Vgl. Wurzbach 1863, X. 8.
13) Im Abendblatt Nr. 34 der Neuen Münchener Zeitung vom 8. Februar 1862.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Aus dem Leben eines Schlachtenmalers