Abschnitt 5

13 München und Mailand.


Später erhielt ich den Auftrag, den Feldmarschall Bellegarde mit seiner Umgebung in einem größeren Bilde zu malen. Dieses Gemälde und einige andere aus jener Zeit sah ich nach 40 Jahren wieder in Wien, wo sie in der Familie aufbewahrt und in Ehren gehalten wurden.


Mit wahrer Lust ergriff ich jetzt nach einem traurig durchlebten Jahre, in dem ich mich in lethargischem Hinbrüten und Harren auf den politischen Umschwung befunden, Pinsel und Palette und arbeitete mit jugendlicher Frische. Ich fühlte wieder meine Kraft; jede Sorge für meine Zukunft war entschwunden.

So lebte ich seit Mai 1814 in meiner Familie und meinem Atelier in den angenehmsten Verhältnissen, wie sie sich ein Künstler nur wünschen kann. Prinz Eugen jedoch hatte seine Ansprüche auf mich nicht aufgegeben. Von dem Congresse zu Wien zurückgekehrt berief er mich nach München mit dem Bedeuten, alle meine Zeichnungen und Arbeiten, vollendet oder unvollendet, mitzubringen. Ich konnte aber diesem Wunsche erst sechs Monate später entsprechen, da ich Arbeiten unter der Hand hatte, die ich nicht fallen lassen durfte. Erst nach deren Vollendung schickte ich mich zur Abreise an; ich hätte die vortheilhafte Stellung, in der ich mich zu Mailand befand, noch lange ausbeuten, ja in pecuniärer Hinsicht mir eine sehr angenehme Lage für immer bereiten können. Ich war der allein Gefeierte und hatte in meinem Fache auch nicht annäherungsweise einen Concurrenten oder Nebenbuhler; aber gerade, daß ich allein war, betrachtete ich als Klippe und größte Gefahr für einen jungen Künstler. Es zog mich mächtig an, in ein reges Kunstleben zu kommen, und das fand ich in Mailand nicht. Mit Ausnähme einiger sehr geschickten Architekturmaler, einiger mittelmäßigen Landschaftsmaler und des gefeierten Historienmalers Appiani, der große Verdienste hatte, waren keine hervorragenden Maler dort. Appiani stand mir zu ferne, und mit den übrigen war nicht gut umgehen. Professor Sabatelli war der einzige Mann, von dem ich mich angezogen fühlte. Er hatte viele Verdienste, besonders in Hinsicht auf Zeichnung und Composition und bewies überall einen milden, liebenswürdigen Charakter. Er besuchte mich noch 1850 acht Tage vor seinem Tode in meinem Atelier zu Mailand, als ich die Schlacht von Novara malte.

Die persönliche Anhänglichkeit, die ich stets gegen Prinz Eugen hatte, erleichterte mir den Entschluß, Mailand zu verlassen und die großen Vortheile, die sich mir dort boten, aufzugeben.

Die Trennung von Mailand selbst fiel mir übrigens nicht schwer; ich hatte immer eine Art Widerwillen gegen diese moderne Stadt und die dortige Lebensweise, ohne mir Rechenschaft darüber geben zu können. Ueberall in Italien gefiel es mir besser, als dort, und ich konnte über diesen Widerwillen nie Meister werden.

Schwerer als von Mailand trennte ich mich von meiner Familie. Ich hielt es nämlich der Klugheit angemessen, diese vorerst zurückzulassen und allein nach München zu reisen, um zuzusehen, wie sich meine Verhältnisse dort gestalteten, bevor ich ganz umsiedelte und eine so vortheilhafte Stellung gänzlich aufgab.

Meine treffliche Frau fügte sich, wo es sich um wichtige Entschlüsse handelte, immer gerne in meine Ansichten, und so verließ ich mit ruhigem Herzen und dem Bewußtsein treu erfüllter Pflichten einen Ort, in dem ich, verschiedene Unterbrechungen abgerechnet, sechs Jahre hindurch gewohnt hatte, und eilte meinem lieben Vaterlande zu.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Aus dem Leben eines Schlachtenmalers