Abschnitt 6

14 Künstlerleben in München.


Auch mehrere dänische Künstler lebten damals in München, die vieles zu einer lebhaften Concurrenz beitrugen; besonders hinsichtlich der Technik, der Farbe und Wirkung ihrer Bilder hatten sie manches vor unsern einheimischen Malern voraus. Unter diesen sind besonders Simonsen, 29) Holm, 30) Fearnley, 31) Gurlit, 32) Storch 33) und Andere zu nennen.


Unter den schon früher in München lebenden Künstlern war auch ein Niederländer, Landschaftsmaler Cogels. 34) Seine Werke hatten in Farbe und Vortrag viel Verdienstliches und weichen hierin ziem lich von denen der Münchener Künstler ab. Tieferes Studium der Natur und Ernst der Gedanken durfte man aber in Cogel’s Bildern nicht suchen. Besonders begünstigte ihn Langer.

Als warmer Kunstförderer ist hier zu nennen ein schlichter Bürgersmann, Namens Reichel. Er legte sich eine kleine, aber schöne Sammlung von Gemälden an, der einzige, der im Verhältnisse zu seinen Mitteln vieles leistete, so daß sein Name hier genannt zu werden verdient. Seine Kunstliebe war weit entfernt von Ostentation, sie kam aus seinem Innern. Von Cogel besaß er nur zu viel für eine kleine Sammlung.

Von 1823 an steigerte sich das Kunsttreiben immer kräftiger bis 1840. Viele Kunstvereine entstanden in dieser Zeit in Deutschland. Zu den ersten und erwähnenswerthesten gehören die zu Hannover, Hamburg, Prag. Diese waren in Folge des großen Interesses, das man dort den neuen Erscheinungen im Gebiete der Malerei und besonders den von München kommenden Werken schenkte, von großem Einflusse auf Belebung der Kunst. Ihnen folgten viele andere, ja zu viele, da bei manchen der Wirkungskreis und die Mittel nicht hinreichten, um bedeutenden Einfluß auszuüben und sie dadurch der Produktion des Mittelmäßigen oft Vorschub leisteten. Manches ging dadurch von der Würde verloren, womit die Hebung der Kunst behandelt werden soll.

Es wäre schwer, alle die Namen jener Künstler aufzuzählen, welche in jener Epoche Vorzügliches leisteten und zu dem neuen Aufblühen der Kunst beitrugen; ihre Werke, welche sich durch ganz Deutschland ausbreiteten, werden von selbst die Namen ihrer Meister der Vergessenheit entreißen.

Wie die Kunstvereine wesentlich mitwirkten, Leben und Thätigkeit in der Kunst anzuregen, und jungen Talenten Gelegenheit boten, ihre Kräfte zu prüfen und zu entwickeln, so wurde für die höhere Entwicklung der Kunst in großartigstem Maßstabe gesorgt durch König Ludwig, ja eine neue Kunstepoche hervorgerufen.

Cornelius 35) wurde von ihm nach München gezogen, um die Frescobilder in der Glyptothek zu malen und durch Andere unter seiner Leitung ausführen zu lassen. Mit Cornelius wuchs eine ganz neue Schule, aus der das Große und Erhabene des Gedankens mächtig hervortrat. Später kamen auch Schnorr 36) und andere tüchtige Meister, welche diese großartige Richtung einschlugen.

Unter der Leitung von Cornelius erhielten andere junge Künstler den Auftrag, die Arkaden am Hofgarten mit einer Reihe von Frescobildern aus der bayerischen Geschichte zu zieren, was viele Kräfte in Thätigkeit setzte und Gelegenheit bot, sich für die Historienmalerei auszubilden.

Rottmann setzte diese historischen Bilder unter den Arkaden in einer langen Reihe von Fresken fort, die interessante und klassische Punkte Italiens darstellen. Sie gewähren dauernden Genuß und machen den Beschauer mit jenem schönen Lande bekannt. König Ludwig dichtete dazu eigene sinnige Verse, welche über den Bildern angebracht wurden.

Schnorr erhielt den Auftrag, die Säle der neuen Residenz mit Wandgemälden zu schmücken. Zuerst malte er die Nibelungensäle, später die Festsäle. Hiebei fanden auch andere Künstler unter Schnorr’s Leitung Beschäftigung.

Die wohnlichen Räume des Palastes zierten Kaulbach, 37) Philipp Foltz, 38) Schwind 39) und andere tüchtige Künstler mit Gemälden, zu denen der Stoff meistens aus den Poesien deutscher Dichter gewählt wurde. Peter Heß malte im Auftrag des Königs fünf große Schlachtgemälde: Darstellungen von siegreichen Kämpfen der Bayern aus der neuern Kriegsgeschichte. Diese Bilder sind mit der bekannten Meisterschaft dieses Künstlers ausgeführt. Es ist nur zu bedauern, daß sie so hoch und unvortheilhaft aufgestellt sind, dadurch entgeht dem Beschauer die große Vollendung, mit der Heß sie bis in das kleinste Detail durchführte. In demselben Saale, in welchem sich diese Bilder befinden, sind Gemälde von Wilhelm Kobell, auch ein großes Bild von mir, die Schlacht bei Borodino darstellend, und eines von D. Monten.

Heinrich Heß bekam die Fresken in der Allerheiligenkirche auszuführen. Dieses großartigen Auftrags entledigte er sich mit jener Meisterhand und der Tiefe des Gefühles, welches er in allen seinen Werken, besonders auf dem Gebiete der christlichen Kunst, kundgibt. Einen Antheil an diesen Werken hatte auch Schraudolph, 40) der dieselbe Richtung verfolgte.

Später zierte Heinrich Heß auch die Basilika mit Fresken, die zu den schönsten Kunstwerken Münchens gehören.




29) Niels Simonsen, geb. 10. Dezember 1807 zu Kopenhagen, gest. 12. Dezember 1885 das. Nagler 1846, XVI. 448 f. Seubert, Künstlerlexikon 1879, III. 317.
30) Christian Fred. Carl Holm, geb. 18. Februar 1804 zu Kopenhagen, gest. 1846 (nach Müller-Klunzinger 1860, II. 397 zu Rom 1847). Vgl. Raczynski, Geschichte der Kunst 1830, II. 401. Vincenz Müller, Universalhandbuch für München 1845, S. 143. Weilbach, „Dans Künstlerlexikon“ 1878, S. 286–288.
31) Thomas Fearnley, geb. 27. Dezember 1802 zu Friedrichshall, gest. 16. Januar 1842 zu München.
32) Ludwig Gurlit, geb. 8. März 1812 zu Altona. Vgl. Seubert 1878, II. 148. W. Kaulen, Deutsche Künstler 1878, S. 73 ff. S. Biographie in den Mittheilungen der Gesellschaft für vervielfälti gende Kunst III. Jahrgang, Nr. 2 vom 22. Januar 1875, S. 25 ff.
33) Friedrich Ludwig Storch, geb. 21. Juli 1805 zu Kjerte auf Fünen, gest. 2. September 1883 zu Kopenhagen. Vgl. Seubert 1879, III. 372.
34) Jos. Cogels, geb. 5. November 1786 zu Brüssel, gest. 31. Mai 1831 zu Leitheim bei Donauwörth. Vgl. Nagler 1836, II. 36 ff. und Neuburger Collectaneenblatt 1872, S. 59. – Unbegreiflicherweise hat Albrecht Adam zwei Künstler mit Stillschweigen übergangen, mit denen er zeitlebens persönlich innig befreundet war, diese sind sein Landsmann Johann Michael Voltz (geb. 15. Oktober 1784 zu Nördlingen, gest. 17. April 1858. Vgl. das schöne Buch von K. Hagen: Der Maler J.M. Voltz von Nördlingen und seine Beziehungen zur Zeit- und Kunstgeschichte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Stuttgart 1863) und Johann Adam Klein (geb. 24. November 1792 zu Nürnberg, gest. 21. Mai 1875 zu München. Vgl. C. Jahn: Das Werk von J.A. Klein. München 1863).
35) Peter Cornelius, geb. 23. September 1783 zu Düsseldorf, gest. 6. März 1867 zu Berlin. Vgl. die schöne, schwungvolle Biographie dieses Meisters von E. Förster, Berlin 1874.
36) Julius Schnorr von Carolsfeld, geb. 26. März 1794 zu Leipzig, gest. 24. Mai 1872 zu Dresden. Vgl. E. Förster 1860, V. 91 ff.
37) Wilhelm von Kaulbach, geb. 1805 zu Arolsen, gest. 7. April 1874 zu München.
38) Philipp Foltz, geb. 1805 zu Bingen, gest. 5. August 1877 zu München.
39) Moriz von Schwind, geb. 21. Januar 1804 zu Wien, gest. 8. Februar 1871 zu München.
40) Johann von Schraudolph, geb. 1808 zu Oberstdorf im Allgäu, gest. 31. Mai 1879 zu München.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Aus dem Leben eines Schlachtenmalers