Abschnitt 4

15 Der italienische Krieg 1848.


In Vicenza verweilten wir am längsten auf unserer Tour; es gefiel mir ungemein daselbst und ich trennte mich hart davon. Wir hatten die Absicht, unsere Reise noch weiter auszudehnen, allein die aus Oesterreich kommenden Berichte lauteten immer bedenklicher. In Wien tobte die Revolution in ihrer größten Rohheit. Unser Begleiter wurde dadurch sehr beunruhigt und trachtete bald nach Mailand zurückzukehren. So beschlossen wir, die Rückreise ohne weitern Aufenthalt anzutreten. Uebrigens hatten wir so viel Material zu Bildern gesammelt und so viele Einsicht in die Ereignisse des Feldzuges bekommen, daß wir mit dem Erfolg unserer kurzen Rundreise zufrieden sein konnten. Ein Jahr später wohnten zwei meiner Söhne, Franz und Eugen, unter dem besonderen Schutze des Feldmarschall-Lieutenant Haynau der Belagerung von Malghera bei und sammelten daselbst höchst interessante Motive. Dadurch waren sie in den Stand gesetzt, das lithographirte Werk über die italienischen Feldzüge von 1848 und 1849 erscheinen zu lassen. 2)


Während unserer Abwesenheit verschlimmerte sich die Stimmung in Mailand wieder bedeutend. Die Ereignisse in Wien erhitzten die Köpfe der Italiener abermals. Die Großmuth, die Radetzky, nachdem er als Sieger in Mailand eingezogen war, in seinem Edelmuthe ihnen angedeihen ließ, fand keine Anerkennung. Der Italiener kennt keine Großmuth und verlacht den, der sie übt. Der böse Geist, der überall herrschte und im Finstern arbeitete, nahm täglich mehr überhand, so daß man sich österreichischerseits mit dem Gedanken an den Ausbruch einer neuen Revolution vertraut machte und viele Vorsichtsmaßregeln deßhalb traf.

Ein solcher Zustand erzeugt stets unbehagliche Stimmung; ich ließ mich aber dadurch nicht beirren und verweilte noch über einen Monat in Mailand. In dieser Zeit vollendete ich das Portrait des Grafen Clam-Gallas, zeichnete in Aquarell eine Menge ähnlicher Portraits der hervorragendsten Persönlichkeiten aus Radetzky’s Umgebung und machte verschiedene Studien, die mir zur Ausführung von Bildern dienlich sein konnten. Die Mittel, welche mir hier für meine Zwecke zu Gebote standen, nach Kräften zu benützen, machte ich mir zur besondern Aufgabe.

Der Feldmarschall, dessen täglicher Gast ich noch immer war, erwies mir stets große Auszeichnung und beglückte mich mit seinem besondern Wohlwollen. Er sprach oft und in vertraulicher Weise mit mir; häufig begegneten wir uns in unsern Ansichten. Auch mit Feldmarschall-Lieutenant von Schönhals verkehrte ich viel, der Umgang mit diesem geistreichen Mann war mir von großem Werth; durch ihn und den Feldmarschall-Lieutenant von Heß wurde noch vieles ergänzt, was mir über die Ereignisse dieses denkwürdigen Jahres wissenswerth war. Ich hatte mich wieder ganz in den Krieg hineingelebt und fand ein eigenes Wohlbehagen in diesem Kreise. Mit schwerem Herzen nur konnte ich mich von ihm losreißen. Radetzky übte einen wahren Zauber aus auf alles was ihn umgab. Und alles war hier edel und groß.

Den Winter über in Mailand zu bleiben, schien mir nicht geeignet, die Tage wurden immer kürzer, das Wetter trübe und unfreundlich, ich schickte mich daher Mitte November zur Heimreise an, hoffte aber mit der Frühlingssonne wieder dort zu sein. Jedoch gelang es mir erst im folgenden Spätsommer, dieses Vorhaben auszuführen.

Der Feldmarschall bezeigte mir beim Abschiede solche Herzlichkeit, daß jene Stunde mir denkwürdig bleibt, so lange mein Herz noch schlägt; er hatte Thränen im Auge, als ich von ihm schied. Sein Portrait nahm ich mit, um es in München zu vollenden.

Feldmarschall Radetzky hatte durch seine Thaten in Italien die Augen von ganz Europa auf sich gezogen und wurde ein Gegenstand allgemeiner Bewunderung. Es war daher natürlich, daß ein getreues Bild desselben in seiner ganzen Gestalt und Erscheinung sammt seinem Pferde in München Aufsehen erregte; ich erhielt eine Menge Besuche von hohen Persönlichkeiten. Alles wollte diesen Wundermann, der in seinem 82. Jahre solche Thaten gethan, wenigstens in einem Bilde sehen, das in jener Zeit nach dem Leben gemalt war und an dessen getreue Auffassung man glauben konnte. Schon war demselben durch bayerische Offiziere, welche nach Mailand kamen, ein Ruf vorangegangen, ehe ich mit dem Bilde selbst eintraf. Unter diesen Besuchern befand sich voran der große deutsche Mann, König Ludwig, der, nachdem er lange Jahre her wenig Notiz von meinem Kunsttreiben genommen hatte, nun seine Aufmerksamkeit auf mich richtete. Es mußte diesem so ganz und gar deutsch gesinnten Fürsten widerliche Eindrücke erregt haben, daß ich fast 30 Jahre hindurch damit beschäftigt war, die Siege der Franzosen durch meine Bilder der Nachwelt zu überliefern; allein dies geschah nicht aus Mangel an guter deutscher Gesinnung, ich hatte mir in der glorreichen Zeit der Franzosen ein echt deutsches Herz bewahrt, aber ich besaß nun einmal eine große Anzahl der interessantesten Motive aus dem Kriegsleben der Franzosen. Die Ausführung derselben wurde vorzugsweise von mir begehrt, und es ist sehr begreiflich, daß ich lieber das Selbsterlebte darstellte, als jeden andern Gegenstand. Ohnehin gelang es mir nicht, Alles auszunützen, was der Ausführung werth gewesen wäre, und Vieles wird nach meinem Tode noch unverwendet bleiben.

Es schmerzte mich immer im Stillen, daß in Oesterreich gar nichts geschah, Züge der Tapferkeit der österreichischen Truppen zu verherrlichen. Ein einziges Bild aus dem Feldzug von 1813 bekam ich im Auftrag des Fürsten Windischgrätz zu malen.

Um so begieriger ergriff ich deßhalb die Ereignisse des Jahres 1848 in Italien. Nicht Speculation, sondern Begeisterung für die deutsche Sache trieb mich dorthin; es war mir als hätte ich eine alte Schuld abzutragen. Nach meiner Rückkehr aus Italien hatte ich oft Gelegenheit zu bemerken, daß mir dieser Schritt als eine Art Demonstration für die gute Sache angerechnet wurde, besonders bemerkte ich dies am König Ludwig. Von nun an richtete er seine Aufmerksamkeit auf meine Werke und beglückte mich mit seiner besonderen Gunst, von der er mir bis zum heutigen Tage unzählige Beweise gegeben. Auch erhielt ich einige Monate nach meiner Rückkehr ganz unerwartet den bayerischen Orden vom hl. Michael, dem wie gewöhnlich bald noch andere Auszeichnungen folgten.




2) Erinnerungen aus dem Feldzuge der k.k. österreichischen Armee in Italien 1848–1849. In Handzeichnungen nach der Natur, lithographirt und herausgegeben von den Brüdern Adam. Mit Text von Fr. Hackländer. 24 Blatt. Fol. Gedruckt in der lithographischen Anstalt von Jul. Adam, Verlag der lithographisch-artistischen Anstalt von Cotta. (Größtentheils nach Originalzeichnungen und Aquarellbildern von Eugen Adam mit Franz Adam ausgeführt. (Vgl. Eggers, Deutsches yKunstblatt 1850, S. 183 ff.)

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Aus dem Leben eines Schlachtenmalers