auf dem Programm: Saujagd.

Die Basedower Kennels beherbergen eine Fuchsmeute, ein Pack „Saupacker”, einige vorzügliche russische Vorstehhunde und etwa dreißig Doggen. Für heute stand eine Saujagd auf dem Programm, und 22 Koppeln waren zur Stelle, jede einzelne von einem Manne an einer starken Leine geführt; mehrere von ihnen trugen ehrenvolle Narben zum Andenken an die geschworenen Feinde. Ich erinnere mich nicht, jemals einer Beschreibung des „boar-hound” begegnet zu sein; er scheint in der Tat keinen bestimmten Typus zu haben; ich möchte ihn für eine Kreuzung der alten Dogge und des Windhundes halten. Einige von den Hunden des Grafen Hahn waren die stärksten ihrer Art, die ich je gesehen habe; ohne diese Riesenkräfte und einen vor nichts zurückschreckenden Mut wären die Tiere freilich den Gefahren ihres Berufes nicht gewachsen. 18000 Pfund Jahreseinkommen in Deutschland bedeutet so viel als 50 000 in England. Wenn man dies in Rechnung zieht und sich den ungeheuren Grundbesitz vergegenwärtigt, aus dem ein solcher Ertrag gezogen wird, so wird es den Leser nicht überraschen, dass Graf Hahn 45 Wildhüter in Diensten hat, von denen heute 35 in grüner Uniform im Felde waren; sie unterstanden dem Forstmeister, der auf einem russischen Grauschimmel am Waldrande hielt.

Außerdem waren mindestens 100 Treiber auf den Beinen. Die Schlichtheit des englischen „Hunting”: nur 17 Koppeln Hunde und drei Piköre in schmutzigem, abgetragenem Zeug, ? kein Trara, keine Musik, nichts was an Parade oder Theater erinnert, nur das Geläut der Hunde und hin und wieder ein Hornstoß, das wirkt auf jeden Fremden überraschend und wird manchen enttäuschen. Ich entsinne mich, in dieser Hinsicht einen sehr amüsanten Brief gelesen zu haben: „Ich versichere Sie”, schreibt der Verfasser (allem Anschein nach kein Sportsman!), „die englischen Jagden machen mir einen kläglichen Eindruck, seitdem ich den Sport in Polen gesehen habe. Wer einmal im Königreich einer öffentlichen Jagd beigewohnt hat, dem können Ihre armseligen Füchse und Hasen nicht mehr imponieren. Man hat oft gesagt, die Jagd sei das Ebenbild des Krieges; dies ist in Polen tatsächlich der Fall. Der polnische König zieht wie die Herrscher des Morgenlandes mit einem Heer zur Jagd. Ein Kreis wird in der Forst mit Netzen eingestellt, so dass nur ein Ausgang nach der freien Ebene bleibt. Um diesen bilden die Jäger und Zuschauer einen Halbkreis. Auf ein Zeichen werden die Hunde in den abgestellten Teil der Forst hineingelassen, aus dem sie Hirsche, Elche, Büffel, Bären und Wildschweine ins Freie treiben. Das Gewühl von Menschen, Pferden und wilden Tieren, das Kampfgetümmel, das Gekläff der Rüden, das Blasen der Hörner macht einen überwältigenden Eindruck.” Auf diese Weise hat allerdings schon Xenophon gejagt, und sie mag nach dem Geschmack des römischen Pöbels gewesen, das den Circus maximus bevölkerte; mir aber lasse man die drei Piköre in ihrem befleckten, roten Rock und die siebzehn Koppeln englischer Fox! Chacun à son goût.


Weder die Saufinder noch irgendein anderer Hund kann ohne Szent jagen, und im August wird kein Wild das schützende Dickicht verlassen, außer in der höchsten Todesangst, so muss ich leider berichten, dass alle die kostspieligen und umständlichen Vorbereitungen unseres liebenswürdigen Wirtes vergeblich waren, und wir nicht ein einziges Schwein zu Gesicht bekamen. Gegen zwei Uhr wurde mit Rücksicht auf die Hitze des Tages beschlossen, die Saujagd aufzugeben. Ein Versuch mit der Fuchsmeute war aus den gleichen Gründen ergebnislos. Uns kam es höchst spaßhaft vor, mit einem Degen umgürtet hinter den Hunden zu reiten; mit einem solchen waren wir nämlich vor der Saujagd alle bewaffnet worden. Ich hatte an dem Tage noch Gelegenheit, einen vortrefflichen Schuss zu beobachten. Einer der Waldwärter schoss auf ein flüchtiges Reh, das im Feuer lag; zu meiner Verwunderung war der Schuss mit gewöhnlichem Schrot abgegeben worden.

Am 23. August stand wiederum „Saujagd” auf der Tagesordnung. In einem von sechs Pferden gezogenen Stuhlwagen begaben wir uns nach dem acht (engl.) Meilen entfernten Stelldichein. Unser Weg führte uns durch die herrlichen Waldungen des Grafen Hahn, die nach dem Wert ihres Holzes – Eiche und Fichte – ein unschätzbares Vermögen repräsentieren würden, wenn sie an der Wasserstraße lägen. Der Graf erzählte uns, dass er auf einer anderen Stelle seiner Begüterung einen Forst von einer Million Ouadratruten Flächeninhalt habe und dass die Hoffnung bestehe, einen Kanal durch diese Gegend geführt zu sehen. Als wir zur Stelle waren, fanden wir dort wiederum den Forstmeister mit der gleichen Zahl von Jägern, von denen jeder eine doppelläufige Flinte über der Schulter trug. Sobald wir mit Gewehren und Nickfängern ausgerüstet waren, wurden wir angestellt; auf jedem Posten befand sich ein Feldstuhl, der uns von einem Jäger nachgetragen wurde. Da ich hieraus schloss, dass wir längere Zeit zur Untätigkeit verurteilt sein würden, so hatte ich mir ein Buch in die Tasche gesteckt; diese Maßregel erwies sich als sehr glücklich, denn wir saßen über eine Stunde, ohne dass sich außer dem Forstmeister, der einmal auf seinem grauen „Kosack” an uns vorübergaloppierte, etwas gezeigt hätte. Nur hin und wieder hörte man in der Ferne einen Hund anschlagen, worauf der Jäger mir jedes Mal zuflüsterte: „Wildschwein, Wildschwein!” und wir uns beide schussbereit machten. Dies wiederholte sich im Laufe des Tages an den verschiedenen Stellen des Waldes, wo wir „ansaßen”, ohne dass auch nur ein einziges Wildschwein uns zu Gesicht kam. Ich für meine Person kam zweimal zu Schuss – auf einen Rehbock, den ich fehlte, und auf einen Hasen, den ich niederstreckte.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Aus alten Zeiten - Nimrods Tagebuch