Auf der Höhe - Band 2

Autor: Auerbach Berthold 1812-1882, Erscheinungsjahr: 1865
Themenbereiche
Inhaltsverzeichnis
    Drittes Buch
    1. Erstes Kapitel. - Hansei schaute in der niedern Stube zum Fenster hinaus, hielt seine Pfeife ...
    2. Zweites Kapitel. - »Majestät,« sagte eines Tages Gräfin Irma zum König, als sie mit ihm in
    3. Drittes Kapitel. - »So gib mir doch endlich Antwort,« sagte Bruno zu seiner Schwester. ...
    4. Viertes Kapitel. - Irma gewann ihre Heiterkeit wieder und war der übermütige Kobold des ganzen Hofes, ...
    5. Fünftes Kapitel. - Das königliche Residenzschloß stand mitten in der Stadt, nicht von Wall, ...
    6. Sechstes Kapitel. - »Wie lebt ihr denn im Winter auf dem Lande?« fragte die Königin, als sie ...
    7. Siebentes Kapitel. - In den Tagen und Nächten von Weihnachten bis Neujahr geschehen noch ...
    8. Achtes Kapitel. - Walpurga saß vor Zorn weinend in ihrem Zimmer, dann ballte sie wieder die Fauste ...
    9. Neuntes Kapitel. - Es war beim Thee im kleinen Kreise. Die Erlesenen aus den Auserwählten waren ...
    10. Zehntes Kapitel. - »Heut abend geh' ich auch ins Theater,« sagte Baum am 22. Januar mittags zu ...
    11. Elftes Kapitel. - Der Karneval am Hofe war diesmal still; man hatte indes schon im voraus ...
    12. Zwölftes Kapitel. - Die Königin war krank. Sie wurde gerettet. Eine Hoffnung ging verloren. ...
    13. Dreizehntes Kapitel. - Walpurga dachte heim und war in Gedanken dabei, wie ihr Brief ankam. ...
    14. Vierzehntes Kapitel. - Einst wie war's? Wie soll's einst werden? ...
    15. Fünfzehntes Kapitel. - Der Frühling zog ein mit Lerchensang und Finkenschlag und mit neuen Pariser Moden. ...
    16. Sechzehntes Kapitel. - Am Abend kam die Königin zu Walpurga und sagte: ...
    17. Siebzehntes Kapitel. - Als Walpurga wieder zu Hansei herauskam, fragte er: »Soll ich auch hinein?« ...
    Viertes Buch
    1. Erstes Kapitel. - Ein leiser Morgendämmer schimmerte durch den herzförmigen Ladeneinschnitt ...
    2. Zweites Kapitel. - »So? bist schon fleißig?« sagte Hansei, da er in die Küche trat; er hatte das Kind ...
    3. Drittes Kapitel. - »Und für deine Mutter baue ich nach dem Garten zu ein sonniges Stüble, ...
    4. Viertes Kapitel. - Es war am Abend. Die Großmutter war in der Kammer und sang mit bewegter ...
    5. Fünftes Kapitel. - Als Hansei am Morgen erwachte, waren die Kühe bereits gemolken und im ...
    6. Sechstes Kapitel. - Sind denn das nicht dieselben Menschen im Dorfe, die zu Weihnachten, ...
    7. Siebentes Kapitel. - Die Leute in der Gstadelhütte merkten nichts davon, daß in der Nacht der Staub ...
    8. Achtes Kapitel. - Es war Gemeindeversammlung. Hansei wurde auf das Rathaus entboten. ...
    9. Neuntes Kapitel. - Hansei machte nicht viel Umstände mit dem Ohm. Er kannte ihn schon lange; ...
    10. Zehntes Kapitel. - Als Walpurga am andern Morgen erwachte, fand sie den Sack voll Gold ...
    11. Elftes Kapitel. - Am Sonntag gingen Hansei, Walpurga und die Mutter miteinander in die Kirche. ...
    12. Zwölftes Kapitel. - Der Wetterhahn dreht sich wieder und steht auf gut Wetter, kaum leise, zerstreute ...
    13. Dreizehntes Kapitel. - Hansei eilte nach der Anlande. Da stand das ganze Dorf und dabei die vollzählige ...
Hansei schaute in der niedern Stube zum Fenster hinaus, hielt seine Pfeife mit beiden Händen und schmauchte in den Morgen hinein; nicht weit von ihm spaltete ein Taglöhner eine Fuhre Holz. Hansei schaute ruhig zu, nickte, wenn der Holzspalter gut traf, und lächelte als echter Kenner über den ungeschickten Menschen, wenn er ein Stück mit einem widerspenstigen Ast um und um wenden und vergebens einhacken musste. Die Großmutter begann das kleingehackte Holz nach der Giebelseite unter das Vordach zu tragen und dort aufzuschichten. Jedesmal, wenn sie ab- und zuging, schaute sie nach Hansei, der aber rührte sich nicht: endlich sagte sie, mit einem Armvoll Holz vor ihm stehen bleibend:

»He! Jo!«

»Freilich!« erwiderte er und paffte weiter. Die Großmutter hatte mit dem kurzen Anrufen sagen wollen: was ist denn das? bist du nur zum Zusehen da? kannst du nicht wenigstens das gespaltene Holz aufschichten?

Der Angeredete hatte verstanden, was in dem Anrufe »He jo« lag, und hatte ganz richtig darauf geantwortet: »Freilich thu' ich nichts, das ist just so mein Wille.«

Die Großmutter war eben dran, einen Armvoll Holz vor seinem Angesicht niederzuwerfen; aber sie besann sich – der Taglöhner draußen braucht das nicht zu sehen. Sie trug das Holz an seine Stelle, dann kam sie in die Stube und sagte:

»Hansei, guck ein, ich will dir was sagen.«

»Ich hör' schon,« erwiderte dieser zum Fenster hinaus.

»Ich weiß nicht, was du vorhast? was bildest dir denn ein?«

Hansei hielt es nicht für nötig, eine Antwort zu geben! er rauchte bequemlich weiter, und die Großmutter fuhr fort:

»Es ist schon Schand genug, dass du dir das Holz vor das Haus führen lassest, und nicht selbst in den Wald gehst und aufladest; bist doch selber Holzhauer. Und jetzt lässt du gar noch einen Holzspälter da herkommen! Das ist nicht geschehen, so lang das Haus dasteht, daß einem fremden Mann die Axt in der Hand warm geworden ist. Schämst du dich denn nicht?«

»Hab's nicht nötig,« erwiderte Hansei, sich ein wenig nach der Stube umwendend.

»Gut, wirst schon wissen, was du nötig hast!« rief die Alte zornig. »Aber ich will nicht zanken, bleib nur so; lass dich verkommen und alles, du wirst allein ausessen müssen, was du einbrockst. O, wenn das meine Walpurga wüsste! die ist in der Fremde für uns, und derweil bist du ...«

»Jetzt hab' ich's genug,« wendete sich Hansei nach der Stube und schloss das Fenster. »Schwiegermutter, ich lege Euch nichts in den Weg, ich lasse Euch wirtschaften, wie Ihr wollt, und so lass' ich mir auch nichts dreinreden.«

»Ich will dir auch nichts dreinreden, du bist Vater und Ehemann.«

»Schöner Ehemann das, dem die Frau auf ein Jahr davongeht.«

»Es kommt ihr vielleicht schwerer an als dir.«

»Kann sein. Aber sie hat Lustbarkeit und Unterhaltung, und was hab' ich? Ich lauf' in der Welt herum wie verloren, und drum sag' ich's gerad', ich schäm' mich nicht – das beste ist, dass es noch Wirtshäuser gibt; da hat man doch noch eine Heimat, wenn man daheim keine mehr hat, und ich hab's einmal nicht mehr nötig, dass ich Holz führe und spalte, ich will auch etwas davon haben, dass meine Frau – «

Hansei konnte nicht weiter reden, die Tür ging auf und Zenza trat herein.

»Was tust du da? Wer hat dich gerufen?« fuhr die Großmutter die Eintretende an. Diese aber erwiderte:

»Schönen guten Morgen. Ich komme nicht zu dir, ich hab' da mit dem Mann zu reden: bist du hier Meister oder der Mann vom Haus?«

»Red nur, was gibt's?« sagte Hansei und winkte seiner Schwiegermutter.

»Ich soll dir einen schönen Gruß ausrichten, und deine Flinte ist oben beim Schmied, sie ist gut im Stand, du sollst sie holen.«

»Also ein Jägdler willst du jetzt auch werden?« fragte die Großmutter, »du willst auf die Jagd gehen?«

»Wenn Ihr mich nicht traget, muss ich wohl gehen,« erwiderte Hansei und lachte laut über seinen Witz.

Die Großmutter ging hinaus und schlug die Tür zu, dass es schallte. Zenza sprang schnell wie eine Katze auf Hansei zu und sagte:

»In der Dämmerung ist sie oben und wartet auf dich.« Laut rief sie dann: »Behüt' dich Gott, Hansei!« und verließ das Haus.

Die Großmutter ging hinaus zu dem Holzhacker und sagte, er solle ja nicht glauben, dass man so verdorbene Menschen wie die Zenza ins Haus ließe, aber sie sei aufdringlich und komme, so oft man sie auch fortwiese, immer wieder, weil sie sich dankbar erzeigen wolle, dass die Walpurga den Thomas bei dem König freigebeten habe; es sei freilich ein dummer Streich gewesen, der rote Thomas sei am besten hinter Schloss und Riegel, aber die Walpurga habe es eben doch gut gemeint. [Aus Kapitel 1]