Fünfte Fortsetzung

n der Nacht auf den 16. März wurde der Erzbischof verhaftet. Am 17. befand er sich in Moskau vor Gericht. Seine Bitte, ihn durch Entfernung in ein Kloster in den Ruhestand zu versetzen, wobei er darauf hinwies, dass er ja auch schon früher, unter der Kaiserin Elisabeth, diesen Wunsch geäußert habe, blieb unbeachtet.

Man erzählt, dass Arssenij in Gegenwart der Kaiserin, Grigorij Orlows, des General-Procureurs Gljebow und des berühmten Polizeichefs Schechkowskij verhört worden sei und dabei so unumwunden geredet habe, dass die Kaiserin sich die Ohren verstopfte und der dreiste Kirchenfürst geknebelt worden sei.


Die Kaiserin war erregt. Als Bestushew sich erkühnte, an sie zuschreiben und sie zu bitten Milde zu üben und die Angelegenheit rasch zu einem Abschluss zu bringen, antwortete sie: noch nie sei so dringend für einen Majestätsverbrechcr gebeten worden; im Übrigen habe sie keinen Anlass gegeben, an ihrer Humanität und Mildherzigkeit Zweifel zu hegen; früher sei wohl auch für geringere Vergehen den Kirchenfürsten ohne Umschweife der Kopf vor die Füße gelegt worden; schon um das Volk und das Land ruhig zu erhalten sei es nötig, Aufrührer zu bestrafen, ganz abgesehen von der Pflicht, die von Gott empfangene Gewalt zu beschützen und aufrecht zu erhalten. Bestushew erschrak über den Zorn seiner Gebieterin, wagte es aber noch einmal darauf hinzuweisen, dass man um des Geredes im Volke willen ein Ende machen müsse, und dass Arssenij nur aus Eifer so gehandelt habe und reuig sei. Katharina trumpfte den Minister mit einem kurzen Billet ab, in welchem sie ihm wohl zu schlafen wünschte.

Am 1. April begann die Gerichtsverhandlung. Wenige Tage später wurde das Urteil gefällt. Der Synod erkannte auf Entziehung der Erzbischofswürde und fügte hinzu, Arssenij habe nach bürgerlichen Gesetzen die härteste Strafe verdient, da aber die Kaiserin sich die endgültige Entscheidung vorbehalten hatte, enthielt sich der Synod eines vollständigen Verdikts. Es wurde entschieden, dass Arssenij unter strenger Aufsicht in einem entfernten Kloster interniert leben müsse, wobei ausdrücklich bemerkt wurde, dass er keine Schreibmaterialien zur Verfügung haben dürfe; er blieb Mönch; es wurde ihm bedeutet, dass er Niemand zu seinen Ansichten zu bekehren versuchen dürfe. In der letzteren Hinsicht wurden Warnungsschreiben an die Geistlichen aller Eparchien abgesandt.

Die Degradation fand am 12. April statt; es gab eine große Feierlichkeit; Arssenij musste geloben, dass er nie sich den Namen eines geistlichen Oberhirten anmaßen werde. Zuerst wurde bestimmt, er solle in das Ferapontow'sche Kloster gesperrt werden, wo der Patriarch Nikon als Gefangener geweilt hatte. Dann aber wurde beschlossen, ihn in das Nikolaikloster (im Archangel'schen Gouvernement) bringen zu lassen, wo ein anderer Kirchenfürst einige Jahrzehnte früher, Feodossij Janowskij, als Verbannter gelebt hatte. Ein Unteroffizier und vier Soldaten sollten ihn bewachen. Ausdrücklich wurde befohlen, dass Arssenij die schwersten Arbeiten verrichten, Holz spalten, Wasser tragen müsse. Indessen durfte er einige Bedienung erhalten und es wurde eine nicht ganz geringe Summe zu seiner Verpflegung angewiesen. Man traf Maßregeln, dass der gestürzte Kirchenfürst auf dem Wege zu seinem Verbannungsorte mit Niemandem in Berührung kam.

So konnte es scheinen, dass Arssenij Mazejewitschs Rolle ausgespielt, das Drama zu einem endgültigen Beschluss gelangt sei. Dem war aber nicht so.

Dieselbe Verwegenheit, welche den leidenschaftlichen Mann, als er den Erzbischofsstuhl inne hatte, dazu getrieben hatte, im Interesse der Kirche gegen die Übergriffe der weltlichen Gewalt Protest einzulegen, trieb nun den Mönch, den Staatsverbrecher, zu allerlei gewagten Ausfällen gegen die bestehende Regierung. In noch anderem Sinne als bisher sollte der Unglückliche ein Staatsverbrecher werden. Hatte die Kaiserin im Jahre 1763 Veranlassung gehabt, gerade die politische Seite des Vergehens Arssenijs zu betonen, auf die Notwendigkeit seiner Bestrafung im Interesse der öffentlichen Ruhe und Sicherheit hinzuweisen, so hatte sie vier Jahre später noch strenger zu tadeln, noch härter zu bestrafen. Viel unmittelbarer als dieses bis dahin geschehen war, wagte es der ehemalige Kirchenfürst in der Verbannung die Person der Kaiserin anzutasten, indem er ihre Rechte auf den Thron als in Frage stehend bezeichnete und allerlei unvorsichtige Reden führte. So fand der erbitterte Gegner der weltlichen Macht neue Formen, den Kampf mit derselben auch in der Abgeschiedenheit des Klosterlebens im äußersten Norden fortzusetzen.

Allerdings war dieser Kampf ein Kleinkrieg, unvergleichlich weniger gefährlich als die frühere offene Fehde zwischen der geistlichen Macht und der weltlichen Autorität. Aber er verletzte die Kaiserin persönlich mehr als das Gebahren Arssenijs im Jahre 1763. Nicht umsonst hatte man dafür zu sorgen gesucht, dass der Verurteilte seinen Groll und Unmut nicht etwa Anderen mitzuteilen vermöge, dass er nicht etwa einen Kreis von Unzufriedenen um sich bilde.

Im Kloster genoss Arssenij mehr Freiheit, als für ihn vorgesehen war. Er versammelte Mönche und Soldaten und führte mit ihnen allerlei Reden über die Zeitverhältnisse und die Haltung der ihm verhassten Regierung; auch berührte er nicht selten die Geschichte seines eigenen Konflikts mit der Obrigkeit. Einer der Mönche, welche solche Reden anhörten, berichtete darüber an die Regierungsbehörde und so kam es im Jahre 1767 zu einer neuen Kriminaluntersuchung. Eine bedeutende Anzahl von Personen, außer dem ehemaligen Erzbischof von Rostow, wurde verhaftet und in der Kanzlei von Archangel einem Verhör unterworfen, wobei übrigens einer Instruktion des Fürsten Wjäsemskij gemäß, auf den ausdrücklichen Wunsch der Kaiserin, die Anwendung der Folter ausgeschlossen

Es stellte sich heraus, dass Arssenij sehr bedenkliche Äußerungen getan, Katharinas Rechte auf den Thron in Abrede gestellt hatte. Es war eine bewegte Zeit. Es gab Verschwörungen. Man glaubte in der ersten Zeit der Regierung Katharinas nicht, dass dieselbe von Dauer sein werde. Manche meinten, dass nicht sowohl der Kaiserin als ihrem Sohne Paul der Thron gebühre; Andere äußerten wohl, dass auch die Angehörigen des ehemaligen Kaisers Iwan Antonowitsch ein Recht an die Krone hätten. Zu Gunsten des Letzteren hatte Mirowitsch eine Verschwörung angezettelt, indem er den Versuch machte, ihn aus seinem Gewahrsam zu befreien, wobei der ehemalige Kaiser von seinen Wächtern ermordet wurde. Mirowitsch wurde hingerichtet. Es fehlte nicht an Unzufriedenen, an Frondeurs unter dem hohen Adel, selbst in der Umgebung der Kaiserin.