Aphorismen und Miszellen. 036 bis 040.

Autor: Börne, Carl Ludwig (1786-1837)
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36. Der Hofnarr des Kaisers Claudius sagte: man könne die Namen aller guten Fürsten auf einen einzigen Ring schreiben. Der lateinische Geschichtschreiber, der dieses erzählt, spricht dann weiter: „Fragst du, woher solche böse Fürsten kommen, so antworte ich, mein Bester, daß zuvörderst die Ungebundenheit, dann der Überfluß, außerdem ruchlose Minister, verabscheuungswürdige Gesellschafter, habsüchtige Verschnittene, dumme und nichtswürdige Höflinge und, was nicht zu leugnen ist, die völlige Unwissenheit in den Staatsgeschäften die Ursachen davon sind. Der Kaiser Diocletian, da er bereits in den Privatstand zurückgetreten war, sagte, wie mir mein Vater erzählt hat: es sei nichts schwerer, als löblich zu regieren. Vier oder fünf Personen vereinigen sich, machen einen Plan, den Regenten zu betrügen, und schreiben ihm sein Verhalten vor. Der in seinem Palaste verschlossene Kaiser ist von der Wahrheit nicht unterrichtet, erfährt nichts weiter, als was ihm diese Leute vorreden, besetzt alle Stellen mit Personen, die man entfernen sollte, und entfernt diejenigen, die man hätte beibehalten sollen. Kurz, der beste, vorsichtigste und vortrefflichste Regent wird, wie Diocletian sagt, verraten und verkauft.“

37. Es ist so etwas Kleines, groß zu sein in unsern Tagen, daß man daran erkennt, wie es mehr der Kampf als die Beute ist, woran sich der Ehrgeiz entzündet. Der Ruhm liegt auf allen Wegen, und keiner der Berechtigten greift darnach.

38. Vor der Revolution war es am französischen Hofe Sitte, daß gemeinschaftlich mit den königlichen Prinzen ein bürgerliches Kind erzogen wurde, das, so oft der junge Prinz sich verging, statt seiner gezüchtigt wurde. Eine ähnliche bürgerliche Bestimmung hat das deutsche Volk. Wenn die Franzosen, wenn die Spanier und Portugiesen, wenn die Neapolitaner und Piemonteser, wenn die Russen sich unartig betragen, bekommen die armen deutschen Kinder Ohrfeigen. Es ist gar zu betrübt; wir müssen machen, daß wir groß werden.

39. Ein redlicher Mann will zwar nur recht behalten, wenn er recht hat; doch das Rechthaben soll er mit seinem Gewissen und vor Gott ausmachen, aber mit Menschen soll er um das Rechtbehalten streiten. Diejenigen plebejischen Sachwalter erscheinen mir daher sehr abgeschmackt, die, statt von der Macht, von dem Rechte ihrer Klienten sprechen.

40. Die Staatsbaumeister glauben, um dem Rauchen ein Ende zu machen, brauche man bloß die Schornsteine zu vermauern. Sie tun es, treiben den Rauch zurück, vermehren ihn, werden ärgerlich darüber und ahnen gar nicht, daß ihre Unwissenheit das Übel vergrößert.