Zweite Fortsetzung

Es ist zweifelsohne eines der größten Verbrechen, wenn nicht das größte, welches die arischen Völker an den Juden begangen haben, dass sie ihnen niemals das erste und oberste Menschenrecht, das Recht auf Wahrheit, gewählt haben. Man beschimpft den Juden oder man lügt ihn an. Bestenfalls hüllt man sich ihm gegenüber in artiges Stillschweigen.

Jedes dauernde, friedliche Verhältnis kann aber immer nur auf gegenseitiger rückhaltloser Offenheit beruhen. Mit höflicher Zurückhaltung findet man höchstens bei vorübergehenden Besuchen sein Auskommen. Für die Ehe genügt sie nicht. Wenn zwei Leute dieselbe Wohnung beziehen, so muss ihr Verhältnis zu einander von Beginn an scharf abgegrenzt werden, sonst hören die Streitigkeiten niemals auf und das gemeinsame Heim wird zur Hölle. Als der Arier den Juden emanzipierte, ist er mit ihm eine Ehe eingegangen und es ist ebensosehr seine Schuld wie die seines Partners, dass eine schlechte Ehe daraus wurde.


Der Durchschnittsjude hat auch heute noch keine Ahnung davon, wie der Durchschnittsarier über ihn denkt, ihm gegenüber empfindet. Er kennt Antisemiten, das sind rohe, ungebildete Leute, die den Juden beschimpfen und verfolgen und dann wieder edle, gesittete Menschen, die ihm tagtäglich in allen Tonarten versichern, dass die konfessionelle Frage im Zeitalter der Aufklärung ein überwundener Standpunkt sein müsse, es auch in kürzester Frist ganz bestimmt sein werde. Was der Jude aber nicht weiß, ist, dass ganz vereinzelte Ausnahmen abgerechnet, auch heute noch im berühmten Zeitalter der Aufklärung, nicht nur der rohe, ungebildete Antisemit, sondern auch der edelste und gesittetste Arier im Juden immer zuerst den Juden und dann erst den Menschen sieht. Das ist zunächst nur eine Sinneswahrnehmung, die mit geistigen und seelischen Eigenschaften gar nichts zu tun hat und darum auch keine Beleidigung des Juden in sich schließt. Von hundertmal erkennt der Arier fünfundneunzigmal den Semiten auf den ersten Blick und das nicht nur etwa in den nordischen Ländern, wo die körperliche Verschiedenheit zwischen Ariern und Semiten zumeist eine augenfällige ist. Man kann denselben Vorgang auch im Süden beobachten, wo dunkler Teint, dunkle Augen und dunkles, krauses Haar, sowie Lebhaftigkeit des Mienen- und Gebärdenspiels beiden Rassen gemeinsame, äußere Merkmale sind. Der Durchschnittsarier fühlt im Juden beinahe stets instinktiv das ihm wesensfremde Element und diese Empfindung ist so stark, dass sie zuerst immer die prädominierende ist. Der Jude kennt diese Empfindung des Ariers ihm gegenüber nicht und diese Unkenntnis ist für ihn zum tragischen Verhängnis geworden.

Die arischen Völker haben die Juden emanzipiert, weil sie nach der Proklamierung der Menschenrechte nicht gut anders konnten, kaum einem inneren Drang gehorchend. Vielleicht handelten sie auch im guten Glauben und haben sich nur über ihre eigenen Gefühle getäuscht. Es soll dies zuweilen auch in anderen Ehen vorkommen. Ungleichartige Elemente ziehen sich von der Entfernung an und erst das Zusammenleben zeigt, dass sie nicht zueinander passen. Wie dem auch immer gewesen sein möge, die Folgen der Judenemanzipation waren jedesfalls andere, als es Arier und Juden erwartet hatten. Die Juden in ihrer begreiflichen Sehnsucht, jede Erinnerung an die verhasste Ghettozeit endgültig zu verwischen, konnten sich in Anbiederungsversuchen an die arischen Völker gar nicht genug tun. Diese Anbiederung wurde zuerst höflich, dann entschieden, schließlich derb zurückgewiesen. „So war es nicht gemeint gewesen, nein, wirklich und wahrhaftig nicht!" Die Freiheit, neben ihnen ein menschenwürdiges Leben leben zu können, ja. Aber mit ihnen, niemals! Der Vergleich mit den gewissen wohltätigen Veranstaltungen, bei denen Mitglieder des Adels und der Bourgeoisie mitwirken, drängt sich einem beinahe unwillkürlich auf. Man hat zusammen Champagner ausgeschenkt, Wursteln verkauft und Theater gespielt. Der gemeinsame Zweck erforderte das gemeinsame Vorgehen. Wehe aber der Bürgerlichen, die daraus Schlüsse für die Zukunft ziehen wollte! Erstauntes Hinaufziehen der Brauen, empörtes Herabsenken der Mundwinkeln und wenn dies nichts nützt, hochmütige Abweisung der Zudringlichen von Seite der adeligen Dame ist alles was sie zu gewärtigen hat.

Die bürgerliche Dame ist etwas schwer von Begriff. Eben war die Aristokratin noch so freundlich zu ihr, ganz wie zu ihresgleichen und jetzt? - - - - Jetzt ist eben die Komödie aus und das Leben tritt wieder in seine Rechte. Im Fall der Juden war es eine Tragödie. - - - Sie hielten sich bereits für vollständig assimiliert. Wie sollten sie es ahnen, dass die Emanzipation ihnen nur mit einem Vorbehalt gewährt worden war, dass die arischen Völker sie auch heute noch gleichsam nur als Gäste betrachten, niemals aber als Miteigentümer des gemeinschaftlichen Hauses! Die Juden wollten immer und wollen noch mit den Ariern leben, während diese nur an ein Nebeneinanderleben dachten. Der moderne Antisemitismus ist nur die naturnotwendige Konsequenz dieses fundamentalen Irrtums der Juden und ihrer sich daraus ergebenden gewaltsamen Anbiederungsversuche.

Die Empfindungen des Durchschnittsariers dem Juden gegenüber lassen sich am besten in dem Wort eines bekannten Wiener Schriftstellers zusammenfassen: „Ich habe nichts gegen die Juden. Sie müssen aber nicht überall dabei sein." Die Juden glauben aber durch die Emanzipation das Recht erworben zu haben, überall dabei zu sein und überall mitzutun und sie setzen geradezu ihren Stolz darein, das zu erzwingen. Dieses überall dabei sein und überall mittun wollen hat mehr zur Förderung des Antisemitismus beigetragen als die wirtschaftlichen Momente und ist eine seiner Hauptursachen. Ein innerer Zusammenhang zwischen der Rolle, die Lasker im Kulturkampf spielte und dem Auftreten Stöckers, lässt sich allerdings nicht nachweisen, wohl aber ein zeitlicher, der kaum ein zufälliger sein dürfte. Wo wir Juden als Vorkämpfer der Aufklärung finden, kann man sicher sein, dass die schwärzeste Reaktion bald siegreich ihren Einzug halten werde. Die Juden könnten geradezu als Geheimagenten der finstersten Mächte des Rückschritts gelten. Der wachsende Klerikalismus ist nicht auf das Wiedererwachen des religiösen Gefühls zurückzuführen, sondern in erster Reihe ihr Werk. Der Jude glaubt, dass der Antisemitismus die Folge des Klerikalismus sei. Das Umgekehrte ist der Fall. Die arischen Völker empfinden im allgemeinen durchaus kein Bedürfnis darnach, sich von den Juden missionarisieren zu lassen, sondern betrachten deren Aufklärungsbestrebungen vielmehr zumeist nur als eine unerträgliche Einmischung von Fremden in ihre ureigensten Angelegenheiten. Man kann nicht einmal, sondern hundertmal und das von Leuten aus den verschiedensten Ständen hören: „Ich bin freisinnig, aber die jüdischen Aufklärungspioniere könnten mich zum Klerikalen machen." Nichts hat so sehr zur Befestigung der christlich sozialen Herrschaft beigetragen wie der Kampf der Juden gegen sie. Der seelische und geistige Vorgang dabei ist genau derselbe wie bei Angriffen Außenstehender auf die eigene Familie. Man kennt ihre Schwächen und Fehler fast immer selbst am besten, dennoch wird kein anständiger Mensch zugeben, dass sie in seiner Gegenwart von Fremden verunglimpft werde. In diesem Augenblick erwacht das natürliche Zusammengehörigkeitsgefühl und tritt zur Abwehr in Aktion. Der denkende Christ weiß ganz genau, dass manche Einrichtung seines kirchlichen Lebens reformbedürftig ist, aber er will diese notwendigen Reformen selbst, nach seinem eigenen Gutdünken durchführen, nicht sie von den Juden sich vorschreiben lassen. Jede Einmischung der Juden verzögert nur diese notwendigen kirchlichen Reformen und dadurch den allgemeinen Fortschritt. Der Judäoliberalismus hat den Freisinn erschlagen und das verzeihen die freisinnigen Christen den Juden am wenigsten.

Ebenso wie die Sache des Freisinns, haben die Juden durch unzweckmäßiges Vordrängen und Einmischen auch die Sache des Deutschtums in Österreich schwer kompromittiert und geschädigt. Deutschtum war stets gleichbedeutend gewesen mit Freisinn, jetzt wurde es auf einmal identisch mit Judaismus und allen Vorstellungen, welche die arischen Völker leider gewohnt sind mit diesem Begriffe zu verknüpfen. Die Juden haben den Deutschen mit ihrer Gefolgschaft einen schlechten Dienst erwiesen. Als diese Erkenntnis den Deutschen zu dämmern begann, war die führende Rolle der Juden unter ihnen auch zu Ende. Die Deutschen wollen sich ihre nationalen Angelegenheiten selbst besorgen, nicht von deutschsprechenden Juden besorgen lassen, noch weniger von diesen Unterricht im Volksgefühl entgegennehmen. Die politische Einmischung der Juden in ihre nationalen Angelegenheiten lassen sich zur Stunde nur die Nationalitäten noch gefallen, die aus Gründen der numerischen Schwäche auf die jüdische Unterstützung angewiesen sind. In deren Reihen stellen sie dann gewöhnlich die ärgsten Schreier dar, bis ihre Zeit auch dort abgelaufen sein wird, was sich überall bereits mit mathematischer Sicherheit vorausberechnen lässt. Bündnis bis auf Widerruf. Von Seite der Arier, versteht sich: Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan; der Mohr kann gehen. Wenn sich Familienangehörige voneinander trennen, so verklärt die wechselseitige Erinnerung ihr Bild, bis nur mehr die Lichtseiten daraus hervortreten und die Schattenseiten ganz verschwinden. Bei Fremden hingegen gedenkt man zumeist nur der unangenehmen Stunden, die sie uns bereitet haben und vergisst darüber, dass wir ihnen auch manche frohe Augenblicke zu danken hatten. Wenn die arischen Völker den Juden die Abrechnung präsentieren, steht immer nur das „Soll" darin verzeichnet.

Parallel mit dem politischen Antisemitismus läuft der soziale. Seine Ursachen sind die gleichen. Auch in gesellschaftlicher Beziehung wollen die Juden immer und überall dabei sein. Die Zudringlichkeit der Juden ist nicht umsonst sprichwörtlich unter den Ariern. Allerdings übersehen diese, dass es sich hier immer nur um gewisse Schichten des Judentums handelt. Der gebildete Jude empfindet die Zudringlichkeit seiner Stammesgenossen ebenso peinlich wie der Arier und muss noch überdies dafür büßen. Es ist bekannt, dass sowie sich die Juden in größerer Anzahl in einer Sommerfrische ansiedeln, die Arier diesen Ort künftig meiden. Auch die, welche keine Antisemiten sind. Und die gebildeten Juden erst recht. Die Arier wollen sich nicht einen ihnen nicht zusagenden gesellschaftlichen Verkehr aufzwingen lassen, die gebildeten Juden schämen sich und fürchten mit ihren Brüdern identifiziert zu werden. Es ist leider eine traurige Tatsache, dass es Juden gibt, deren Umgang auszuweichen, ohne ausgesprochene Rohheit, für den Arier manchmal wirklich unmöglich ist. Rohheit ist aber nicht jedermanns Sache. Winke mit dem Zaunpfahl werden nicht verstanden und so hat der oder die Unglückliche nolens volens seinen oder ihren gesellschaftlichen Kreis um Elemente bereichert, die gewiss nicht dazu beitragen, die Vorliebe des Ariers für jüdischen Verkehr zu steigern. Diese jüdische Zudringlichkeit hat allerdings tieferliegende Ursachen und ist das Ergebnis ebensosehr der guten wie der schlechten Eigenschaften der Juden. Der ungebildete Arier ist um nichts angenehmer im Verkehr wie der ungebildete Jude, aber — und das ist seine schönste Eigenschaft — man bekommt ihn gesellschaftlich nur in Ausnahmefällen zu Gesicht. Er ist zufrieden mit seiner sozialen Stellung und besitzt keinerlei Ehrgeiz sie zu verbessern. Anders der Jude. Geistig viel regsamer, lässt er sich an seinem Status quo fast niemals genügen und strebt nach jeder Richtung darüber hinaus. Sein Bildungsbedürfnis ist viel größer als das des Ariers auf gleicher Lebensstufe und er sucht es um jeden Preis zu befriedigen, wie und wo er kann. Natürlich ist er nicht heikel in der Wahl seiner Mittel, kann es gar nicht sein. Er wünscht den erlesensten arischen Verkehr, häufig nicht so sehr aus angeborener Zudringlichkeit und gemeiner Streberei, als weil er instinktiv fühlt, dass sein Bildungsniveau durch diesen Verkehr gehoben würde. Gelingt ihm das gewaltsame Eindringen beim Haupttor nicht, so schwindelt er sich eben bei einer Seitentüre herein. Aber dabei muss er sein. Selbstredend bringt er die ihm aus niederen Gesellschaftsschichten anhaftenden Umgangsformen auch in seinen neuen Kreis mit. Wie alle ungebildeten Elemente spricht er viel und laut. Er ist sozusagen noch nicht bei der Türe herein und schon führt er das große Wort. Ohne eigenes Urteil hat er immer die letztaufgeschnappten Gemeinplätze im Mund, die er als der Weisheit letzten Schluss verkündet. Er erzählt fortwährend unpassende Witze und lacht als Einziger darüber. Auch jetzt lässt ihn sein Bildungsdrang nicht zur Ruhe kommen. Er muss alles wissen, was man ihm verschweigen will, zuerst. Er stellt ununterbrochen die indiskretesten Fragen. Neueintretende protegiert er väterlich, auch wenn diese ihm deutlich zu verstehen geben, dass seine Protektion ihnen unwillkommen sei. Wenn man ihn sieht und hört, könnte man glauben, er sei hier der Erbgesessene, die andern die Eindringlinge. Er ist immer ein Protz, verschwenderisch nach außen, schäbig nach innen. Diese Gattung Juden lebt immer und überall über ihre Verhältnisse und verleitet unwillkürlich auch die Arier dazu, die ihr Unglück mit ihnen in Berührung bringt. Jede neue Mode wird von diesen Frauen allsogleich aufgegriffen und dadurch für die andern unmöglich gemacht. Je bunter, greller, augenfälliger sie ist, desto besser. Diese Klasse Juden ist Schnittlauch auf allen Suppen und überall macht sie sich gleich unliebsam bemerkbar. Ein Jude äußerte einmal zu mir im Theater: „In diesem Saal sind ungefähr zweitausend Menschen, davon sind höchstens dreihundert Juden und doch hat man die Empfindung, als ob nur Juden hier wären." Unter diesen dreihundert Juden waren wieder höchstens fünfzig Juden der eben geschilderten Kategorie. Diese machten aber mehr Lärm als alle übrigen Anwesenden zusammen, denn Lärm ist eben das Lebenselement dieser Juden. Was immer sie Gutes oder Böses tun, muss an die große Glocke gehängt werden. Erreichen sie ihr Ziel trotz aller Anstrengungen nicht, so haben sie einen vergifteten Pfeil in ihrem Köcher: Den Vorwurf des Antisemitismus. Der Durchschnittsarier meidet den Verkehr mit diesen Juden, nicht weil sie Juden, sondern weil sie menschlich unerträglich sind. Er verkehrt auch nicht mit seinen Stammes- und Glaubensgenossen derselben Kulturstufe. Diesen fällt es aber, wie gesagt, auch gar nicht ein das zu verlangen. Der Jude dagegen fordert es als sein verbrieftes Emanzipationsrecht und gewährt man es ihm nicht freiwillig, so erkämpft er es sich mit den schmutzigsten Waffen. Wenn mir der Vorwurf des Antisemitismus gemacht wird — und das geschieht leider nicht selten — weil ich mit der oder mit diesem nicht verkehre, so sage ich jedesmal: „Ich weiß, dass diese oder jener stammreine Arier und glaubenstreue Christen sind, aber es ist mir deshalb noch nie eingefallen, sie zu mir zu bitten." Die Tatsache, dass ich Arierin bin, stellt für mich noch immer kein Recht dar, meinen Verkehr andern Ariern aufzunötigen und ebensowenig kann und darf dies bei Juden der Fall sein.

Leider lassen sich viele und gerade die besten und feingebildetesten Juden aus einem ebenso natürlichen wie falschen Zusammengehörigkeitsgefühl dazu bestimmen, für ihre minderwertigen Stammesgenossen einzutreten. Sie verurteilen sie innerlich genau so unbarmherzig wie die Arier, wahrscheinlich sogar noch härter, weil bei ihnen sich auch noch das Gefühl der Scham hinzugesellt, sie halten sich aber für sittlich verpflichtet, die Stammesbrüder zu verteidigen, anstatt jede Gemeinschaft mit ihnen offen abzulehnen. Das ist die falsche Standesehre, die man so häufig, und das nicht nur bei Juden, antrifft. Niemals kann ein ganzer Stand, geschweige ein ganzes Volk für einzelne Auswürflinge aus seiner Mitte verantwortlich gemacht werden, es sei denn, dass der ganze Stand oder das ganze Volk sich mit den Genossen solidarisch erklärt. Dieses falsche Zusammengehörigkeitsgefühl der Juden, das geschichtlich durch die Jahrtausende lange Bedrückung leicht erklärlich ist, hat zweifelsohne auch viel zur Förderung des sozialen Antisemitismus beigetragen.

Das Gegenstück der „zudringlichen" sind die „stolzen" Juden. Sie verfallen in das entgegengesetzte Extrem. Um nicht zu höflich zu erscheinen sind sie ungezogen, Sie sind ebenso misstrauisch wie empfindlich und wittern überall Beleidigungen, auch dort, wo sie niemals beabsichtigt waren. Sie schießen immer und überall übers Ziel. Sie empfinden ihr Judentum als ein Unglück, unter dem sie unsäglich leiden. Dennoch verbietet ihr Stolz ihnen die letzten Bande, die sie nach ihrer Auffassung damit noch verknüpfen, auch äußerlich zu trennen. Sie bleiben Juden aus Trotz. Sie fühlen sich nicht als Juden und werfen deshalb ihr Judentum dem Arier immer in der aufdringlichsten und unangenehmsten Weise ins Gesicht. Sie glauben sich das selbst schuldig zu sein. Sie setzen ihren Stolz darein, immer das Gegenteil von dem zu tun, das sie annehmen der Arier von ihnen erwartet. Um nicht als Kriecher zu gelten, stoßen sie jeden Arier aus Grundsatz vor den Kopf. Ihr Judentum ist für sie der Ankerpunkt ihres Seins, aus dem heraus sie alle und alles beurteilen. In Gedanken ziehen sie fortwährend zwischen sich und den Ariern Parallelen. Auf den Arier, der sich nicht die Mühe nimmt in ihren Gedanken- und Gefühlskreis einzudringen „wirken sie womöglich noch unangenehmer als die zudringlichen" Juden. Sie sind innerlich völlig aus dem Gleichgewicht und dieses Gefühl des Desequilibriertseins teilt sich unwillkürlich in peinlicher Weise der Umgebung mit. Beim Durchschnittsarier tragen sie gewiss nicht zur Erhöhung des Philosemitismus bei. Wessen Blick hingegen auch unter die Oberfläche zu dringen vermag, der fühlt hier unter einer widerwärtigen Maske ein tiefes, unheilbares Leid und lüftet im Vorübergehen achtungsvoll den Hut.

Der wirtschaftliche und der intellektuelle Antisemitismus entspringen zum Teile denselben Ursachen und haben auch zum Teile dieselben Wirkungen. Es ist eine bekannte Tatsache, dass die Gegenwartsjuden ein Mittelstandsvolk sind, wie kein zweites. Sie waren es wahrscheinlich ursprünglich nicht, sondern sind es erst durch die Beschränkungen des Ghettolebens geworden. Heute sind sie es aber unstreitig und das sowohl in wirtschaftlicher wie in intellektueller Beziehung. Es gibt wohl unter den Juden einzelne, die große Reichtümer angesammelt haben, aber nur sehr wenige Großgrundbesitzer.

Das allerdings sehr große jüdische Proletariat ist zum größten Teile osteuropäisch und kommt für die Kulturstaaten nur als Nachschubreservoir in Betracht. Das Gros der westeuropäischen Juden stellt den kleinen Mittelstand dar. In intellektueller Beziehung fehlt ebenfalls die große Höhe wie die große Tiefe. So dumm wie ein dummer Arier ist der Jude beinahe niemals. Anderseits gebricht es den Juden, im Vergleiche zu den Ariern, an den großen schöpferischen Geistern fast vollständig. Ausnahmen bestätigen hier nur die Regel. Darum ist der Antisemitismus auch in keiner Schichte so stark entwickelt, wie im Mittelstande, weil hier die Berührungs- und dadurch die Reibungsflächen am größten sind.

Die Ursache des wirtschaftlichen Antisemitismus ist ganz gemeiner Brotneid. Der kleine Mittelstand ringt heute überall schwer um seine Existenz. Hier zeigt es sich am deutlichsten, dass der Arier den Juden ebensosehr wegen seiner Vorzüge, wie wegen seiner Fehler hasst. Der Jude ist im allgemeinen genügsamer, flinker im Erfassen des Augenblickes und zäher als der Arier. Er ist nüchtern, ein guter Rechner, behender, geschmeidiger nach jeder Richtung als der Christ. Er ist nicht positiv gescheiter als der Arier, aber seine geistige Anpassungsfähigkeit an die äußeren Verhältnisse ist größer als bei diesem. Durch seine vielen erzwungenen Wanderschaften ist auch sein allgemeines Akkomodationsvermögen größer. Er findet sich auch dort zurecht, wo es dem Arier unmöglich ist. Was der Jude einmal erfasst hat, lässt er nicht so leicht mehr los. Zwanzigmal fängt er, wenn es sein muss, von vorne wieder an, bis es ihm zum einundzwanzigsten Male glückt. Unter den gleichen Bedingungen wird es der Jude fast immer wirtschaftlich weiter bringen als der Arier. Dazu kommt, dass das Betätigungsfeld der Juden auch heute noch ein verhältnismäßig engbegrenztes ist und sich fast ausschließlich auf den Handel und die sogenannten freien Berufe beschränkt. Der jüdische Bauer existiert, einzelne Oasen, wie Hessen, abgerechnet, auch in Westeuropa nicht. Jüdische Handwerker gibt es in Westeuropa ebenfalls nur in verschwindender Zahl, hauptsächlich darum, weil es den Juden an Ausbildungsmöglichkeiten für diese Berufe fehlt. Christliche Meister nehmen Jüdische Lehrlinge nur in den Ausnahmefällen auf, die Gewerbeschulen jüdische Schüler nur gezwungen und sehr ungern. Der Beruf des Offiziers, des Beamten, des Lehrers wird neuesten Datums den Juden überall sehr erschwert, wenn nicht ganz verschlossen. Bleiben also nur die oberwähnten freien Berufe und der Handel. Die Fertigkeit im Handel ist es aber wieder, welche die Arier den Juden in erster Linie vorwerfen.

Zweifelsohne ist der Jude im allgemeinen handelstüchtiger als der Arier, schon allein aus dem Grunde, weil er auf diesem Gebiet eine Tradition hat, die dem Christen fehlt. Im ganzen Mittelalter galten der Handel und das Geldgeschäft als unfein und die Arier wollten sich mit wenigen Ausnahmen damit nicht die Hände beschmutzen. Handelsvölker waren bis in die neueste Zeit eigentlich nur die Portugiesen, die Holländer und die Engländer; früher einmal die Venetianer, während den Juden in den Ghetti eben nur das Geldgeschäft gestattet war. Natürlich haben sie dadurch auf diesem Gebiet eine Überlegenheit über den Arier erzielt, welche die Hauptursache des wirtschaftlichen Antisemitismus ist. Dazu kommt, dass, wenn der Jude einmal zu Reichtum gelangt ist, er diesen viel leichter ausgibt als der Arier. Er treibt mehr Aufwand und erregt dadurch mehr Neider. Daher stammt ja auch die irrige Vorstellung, die man so häufig antrifft, dass die Juden das Geld haben. In Wien besitzen Dreher, Schöller und Dräsche allein ein größeres Vermögen, als alle Wiener Juden, mit Ausnahme Rothschilds, zusammengenommen. Die großen Geldausgaben einiger weniger reicher Juden schüren dann den ohnedies immer latenten wirtschaftlichen Antisemitismus des arischen Mittelstandes nur noch mehr.

Im kleinen Mittelstand wieder ist der jüdische Hausierer der wirtschaftliche Sündenbock. Der jüdische Hausierer gilt hier als die Ursache, dass der kleine Geschäftsmann nicht leben kann. Das ist natürlich nur zum geringsten Teile richtig, denn im allgemeinen ist es der Großbetrieb, der dem Kleinbetrieb den Boden unter den Füssen abgräbt. Aber der eine Bissen, den der Hausierer dem hungrigen Munde des Kleingewerbetreibenden wegschnappt, ist schon zu viel für diesen, um so mehr als der, welcher ihn verspeist, ein Jude und kein Einheimischer, sondern fast immer ein „Zugereister" ist. Ganz gewiss gibt es unter den Juden viele dunkle wirtschaftliche Existenzen, vielleicht prozentual sogar mehr als unter den Ariern, obzwar sich dies kaum ziffernmäßig feststellen lässt. Selbst aber wenn dies der Fall sein sollte, wäre es dadurch leicht erklärlich, dass der Jude im allgemeinen in den wirtschaftlichen Kampf viel schlechter ausgerüstet eintritt wie der Arier. Ihm fehlt das Hinterland, die Volksgemeinschaft, und er ist für sein Fortkommen zumeist nur auf seine eigenen Fähigkeiten angewiesen.

Der Arier kauft im Detailgeschäfte nur dann beim Juden, wenn er sich davon einen Vorteil für seine Tasche verspricht.

Entweder er muss um denselben Preis bessere Ware als bei seinem Stammesgenossen erhalten oder dieselbe Ware um einen billigeren Preis. Von der jüdischen Kundschaft allein kann aber der jüdische Kaufmann in Westeuropa nicht leben. Dadurch sind schon die wirtschaftlichen Voraussetzungen zu seinen Ungunsten verschoben und er muss, um den Kampf mit seinem arischen Konkurrenten mit Aussicht auf Erfolg aufnehmen zu können, sich auf andere Weise schadlos halten, die dann wieder naturgemäß dem Antisemitismus Vorschub leistet.

Der Vater des intellektuellen Antisemitismus ist der Anti-Journalismus. Einmal muss das Ding beim rechten Namen genannt werden. Der intellektuelle Antisemitismus besteht nur in den Ländern, wo die Presse zum größten Teil in den Händen der Juden ist. Wie sein Name bereits andeutet, ist er ein Privileg der gebildeten Schichten. Der gebildete Mittelstand ist bei uns — und wahrscheinlich überall am Festland — in seiner großen Mehrheit freisinnig gesinnt. Die Männer sind fast ganz oder ganz ungläubig, die Frauen besitzen nur so viel Glauben, als man eben fürs Haus braucht. Einmal etwas mehr, einmal etwas weniger, aber doch beinahe stets etwas. Vollständige Atheistinnen findet man unter den Vollarierinnen des gebildeten Mittelstandes nur sehr selten. An irgend etwas, sei es auch nur eine äußere Form, hängt fast jede. Dieses Publikum stellt nun das Hauptkontingent der Leser der sogenannten Judenpresse dar. So sonderbar es klingen mag, es ist dennoch eine Tatsache: die antisemitischen Blätter werden bei uns im gebildeten Mittelstand nur von den Juden gelesen. Von den Ariern niemals, weil sie sowohl, was die Form anbetrifft, wie die wirtschaftlichen Informationen nicht den Anforderungen entsprechen, die der gebildete Arier an ein großes Blatt stellt, Sie können folglich in dieser Schichte auch nicht den Antisemitismus erzeugen, wie irrtümlich von den Juden geglaubt wird.

Dieses Geschäft besorgen gewisse Judenblätter. Ein geistreicher Kopf behauptete einmal: „Der einzig tödliche Streich gegen den Antisemitismus in den gebildeten Schichten wäre die behördliche Suspendierung der Judenpresse". Das ist natürlich nur ein Scherz, aber der Scherz enthält leider ein Gutteil Wahrheit. In der gewissen Judenpresse ahnt man natürlich nicht, dass sie dem Antisemitismus Vorspanndienste leiste, noch dazu in den Schichten, in denen vermöge der hohen Bildungs- und Gesittungsstufe der natürliche Nährboden für die Giftpflanze fehlen würde. Hier wird sie nur künstlich gezüchtet, und zwar ausschließlich von den Juden selbst.

In den gewissen Judenblättern bekommt der arische Leser jeden Morgen zum Frühstück die Quintessenz von dem vorgesetzt, was dem Durchschnittschrist am Juden in geistiger Beziehung am unsympathischsten ist. Wenn der arische Leser sie dennoch liest, so geschieht dies, weil seinerzeit tatsächlich für sie kein vollwertiger Ersatz bestand und er heute aus Gewohnheit seinem Leibblatt treu bleibt, auch weil er den gewohnten Morgenärger nicht mehr entbehren kann und ihn geradezu als Verdauungsmittel braucht. Die betreffenden Herren Journalisten wissen das selbstredend nicht. Woher sollten sie es auch? Sie kennen die arische Psyche nicht, können sie gar nicht kennen, denn sie haben niemals Gelegenheit gehabt sie kennen zu lernen. Ihr geistiger und noch mehr ihr seelischer Horizont ist ein sehr enger und wird von ihrem Stammcafé, höchstens noch von den Börse- und Kaisalons begrenzt. Das Urteil dieser Kreise, die für sie die Welt bedeuten, ist für sie das maßgebende, denn sie hören niemals ein anderes. Wie man jenseits des Stammcafés und des Kais denkt und fühlt, ahnen sie nicht. Schon der Rennweg ist für sie seelisches und geistiges Neuland, geschweige die Wieden und Mariahilf. Das Stammcafé und der Kai sind aber nicht die Welt, nicht einmal die Gesellschaft, sondern höchstens eine bestimmte Koterie. Sie können ihren Gesichtskreis auch beim besten Willen nicht erweitern, denn wollten sie auch jenseits des Kais anklopfen, sie fänden doch alle Türen versperrt. Diese jüdischen Journalisten befinden sich in der peinlichen Lage für ein Publikum schreiben zu müssen, das sie gar nicht kennen und für dessen Geschmack sie keinerlei Anhaltspunkte besitzen. Es ist daher weniger ihre Schuld, als vielmehr ihr Verhängnis, wenn sie so häufig anstoßen, und sagen wir es aufrichtig, direkt herausfordern.

Die verschiedene Bewertung, die der Arier und der Jude gewissen journalistischen Erscheinungen angedeihen lassen, versinnbildlicht am besten folgender Gegensatz: Der Jude schmunzelt wohlgefällig und sagt: „Ein geistreicher Kerl". Der Arier zuckt die Achseln und meint wegwerfend: „Ein Gassenbub", wenn er sich nicht viel kräftiger ausdrückt. Zwei Weltanschauungen stehen sich hier schroff gegenüber. In jedem Deutschösterreicher steckt bewusst oder unbewusst ein Gutteil „Gemüt". Er hängt mit zäher Festigkeit an überlieferten Gefühlsbegriffen. Auch dort, wo er bereits umdenken gelernt hat, hat sich dieser Prozess noch nicht in seiner Empfindung vollzogen. Vorübergehend lässt er sich wohl manches, ihm Wesensfremdes suggerieren, aber diese Suggestion ist niemals von langer Dauer und wenn sie vorüber ist, macht sich das Primäre seiner Natur nur um so stärker geltend. Im Grunde seines Herzens ist er durch und durch konservativ, auch wenn er mitunter tut, als ob er „modern“ wäre.

Gerade das Gegenteil ist beim Juden der Fall. Vermöge seiner großen, geistigen Agilität ist der Jude ungemein schnell im Erfassen aller neuen Zeitströmungen, deren begeisterter Vorkämpfer er allsogleich wird. Jede neue Strömung hat aber nicht nur von Hause aus naturgemäß alle konservativen Elemente gegen sich, sondern bedarf immer erst einer gewissen Zeit der Klärung. Diesen ungegorenen, geistigen und seelischen Most kredenzen dann die jüdischen Fünfuhrtee-Dekadenten dem Arier in der Presse und in der Literatur. Sie fühlen instinktiv die arische Gegnerschaft und um diese abzuwehren, werden sie aggressiv. Jedem, der ihre Anschauungen nicht teilen sollte, geben sie zu verstehen, dass er ein Esel sei. Mit wahrer Meisterschaft treten sie fortwährend dem Arier auf seinen liebsten, seelischen Hühneraugen herum. Die Freiheit besteht für sie in der Lizenz die Gefühle der anderen straflos verletzen zu dürfen. Mit grandioser Selbstüberhebung urteilen sie über Dinge, von denen sie gar nichts verstehen, weil ihnen jede Voraussetzung des Verständnisses fehlt. Mit einem Witz gleiten sie über die ernstesten Fragen, das Letzte und Tiefste im menschlichen Leben hinweg. Um einen schlechten Witz verkaufen sie jederzeit ihr Seelenheil und das der anderen. Wenn der Jude wüsste, wie namenlos, wie unsäglich der Durchschnittsarier diesen sogenannten „jüdischen Geist" hasst! Ihm ist dabei zu Mut, wie der Katze, der man verkehrt über den Rücken fährt. Neunzehntel des intellektuellen Antisemitismus kommen auf Rechnung dieses sogenannten Geistes, der alles verneint und in den Kot zerrt und den der Arier als Zynismus bezeichnet und verabscheut. Ich möchte mich an dieser Stelle gleich im voraus gegen den wahrscheinlich gegen mich erhobenen Vorwurf, ich sei eine grundsätzliche Gegnerin aller jüdischen Geistesprodukte verwahren. Artur Schnitzler ist unter den Modernen mein Lieblingsschriftsteller und ich war eine begeisterte Verehrerin Theodor Herzls, lange bevor ich seine zionistischen Schriften kannte. Diese allerdings, gehören für mich, was ihren sittlichen Gehalt und ihren Reichtum an ewig menschlichen Empfindungen betrifft, zum Schönsten aus der ganzen Weltliteratur. Gegen diesen hervorragenden jüdischen Dichter und Denker und auch noch gegen viele andere mehr oder minder begabte jüdische Schriftsteller wird gewiss kein denkender, gesitteter Arier den Vorwurf des Zynismus oder den der Anmaßung erheben. Die Anmaßung ist zumeist nur der Deckmantel für die geistige und seelische Impotenz. Je kleiner das Talent, desto größer gewöhnlich die Frechheit. Was man den Juden fälschlich auf wirtschaftlichem Gebiete vorwirft, dass sie nur Konsumenten und keine Produzenten seien, das trifft bei gewissen jüdischen Literaten zu. Sie schaffen keine Werte, aber sie zersetzen die bestehenden. Sie haben den Niedergang des deutschen Theaters auf dem Gewissen, ihnen verdanken wir mittelbar das Entstehen der „Überbrettln", mit ihren widerwärtigen, depravierenden Begleiterscheinungen. Natürlich erzielen sie fast immer die entgegengesetzte der beabsichtigten Wirkung. Wo sie Freunde gewinnen wollten, haben sie sich nur Feinde gemacht, um so ingrimmigere als diese zum Stillschweigen verurteilt sind. Der Arier macht die Faust im Sack. Der Jude verliert aber durch das Warten nichts. Für jede — sagen wir — Taktlosigkeit gewisser jüdischer Literaten, büßen tausend unschuldige Juden. Man erinnere sich der famosen Veraliteratur, die in arischen Kreisen unter den Namen der „Schickselliteratur " bekannt war. Wie viel diese zur Förderung des gesellschaftlichen Antisemitismus beigetragen hat, wäre einer Untersuchung wert. Der Außenstehende wirft zumeist alles in einen Topf. Der Durchschnittsarier machte alle jüdischen Mädchen und Frauen für die schriftstellerische Schamlosigkeit einiger Hysterischen unter ihnen verantwortlich. Die Folgen davon, kann sich jeder an den fünf Fingern selbst abzählen.

Die zweite Abart des intellektuellen Antisemitismus ist die, welche sich gegen das Vordringen der Juden in den freien Berufen richtet. Diese Strömung ist heute bereits so stark, dass sie sich auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens geltend macht und nicht mehr übersehen werden kann und darf. Die Regierung stellt Juden nur mehr in beschränkter Anzahl als akademische Lehrer an. Die arischen Studenten unterlassen keinen Versuch ihre jüdischen Kollegen von den Universitäten wegzuekeln. So barbarisch es klingen mag, auch diese Strömung entbehrt nicht einer gewissen Berechtigung. Es ist nur eine nackte Tatsache, wenn behauptet wird, wir hätten prozentual eine zu große Zahl jüdischer Ärzte und Advokaten. Wir haben sie nicht allein komparativ im Vergleich zu den Ariern, sondern tatsächlich. Die Juden sind die Schuldtragenden an der Überfüllung und dadurch der Proletarisierung der freien Berufe. Auch dieses hängt wieder mit den guten und schlechten Eigenschaften der Juden zusammen. Die Juden sind, wie schon gesagt, auch in geistiger Beziehung ein Mittelstandsvolk. Sie produzieren rastlos mittlere Intelligenzen, deren einziger Abfluss durch die eigentümlichen Verhältnisse, die freien Berufe und der Journalismus sind. Ein Teil der studierenden Juden ist minderwertiges Material in kultureller Beziehung, d. h. er steht auf einer kulturell tieferen Stufe als der arische Durchschnittsstudent. Er ist auch aus einer sozial tieferstehenden Schichte hervorgegangen als dieser. Es ist das Ideal jedes Juden, seinen Sohn studieren zu lassen. Dieses Volk, dem man die Geldgier als treibendes Motiv vorwirft, besitzt einen wahrhaft unersättlichen Wissensdurst und Bildungsdrang. Der Sohn, buchstäblich beinahe eines jeden Hausierers, muss studieren, auch wenn er nicht über die dazu erforderlichen materiellen Mittel verfügt. Um sein Leben während der Studienzeit zu fristen, ist er zu allerlei Nebenbeschäftigungen gezwungen, die ihm seine arischen Kollegen, die es ja, Gott sei Dank, nicht notwendig haben, verübeln. Niemals satt, schäbig, sehr häufig körperlich unrein, weil ihm durch das notwendige Verdienen sogar die Zeit zur erforderlichen körperlichen Pflege mangelt, geistig abgespannt, unmanierlich in der Form, gereicht der jüdische Bettelstudent der akademischen Jugend gewiss nicht zur Zierde und wird dementsprechend auch von ihr behandelt! Hat er glücklich promoviert, beginnt für ihn erst recht das Elend. Nur wenigen dieser Unglücklichen gelingt es, sich in eine gesicherte Lebensstellung emporzuschwingen. Die andern müssen aber auch essen, und um den ewig hungrigen Magen zu füllen, ist ihnen schließlich alles gut. Wie sie ihre Studiengenossen diskreditierten, so diskreditieren sie jetzt ihren Stand. Da sind die Winkeladvokaten, deren ganzes Leben ein Jonglieren über die Gesetzesparagraphen ist, die gewissen Spezialisten unter den Ärzten, die „gewesenen" Mitglieder der Ärzte- und Advokatenkammer, bei denen alles, auch die Praktiken, dunkel ist. Sie sind zumeist viel beklagenswürdiger als verdammenswert, dennoch versudeln sie jeden Stand, in den sie in größerer Anzahl eindringen. Weil derlei Existenzen aus den angegebenen Gründen, bei den Juden zahlreicher als bei den Ariern sind, so wird auch hier ungerechterweise von den Ariern verallgemeinert, und die große Zahl der als Menschen und als Gelehrte gleich hochstehenden jüdischen Ärzte und Advokaten einfach ignoriert. Die jüdischen Bettelärzte und Advokaten proletarisieren ihre Standesgenossen und setzen sie in der öffentlichen Meinung auch noch herab. Es ist daher nur zu begreiflich, wenn sich diese im besonderen und auch die Allgemeinheit, mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln gegen sie wehren.

Fassen wir zusammen. Der politische, der soziale, der wirtschaftliche und der intellektuelle Antisemitismus, sind eine Tatsache, die mit aller Schönrednerei nicht aus der Welt zu schaffen ist und was noch ungleich wichtiger ist, alle diese Varianten besitzen unleugbar eine gewisse Berechtigung. An Vorwänden für den Antisemitismus jeder Schattierung fehlt es keineswegs. Das Verbrechen ist nur, dass die gedankenlose Masse auch hier überall generalisiert und mit Schlagworten arbeitet. Man verwechselt einzelne Juden mit dem Judentum und betrachtet einzelne Erscheinungen losgelöst von ihrem Zusammenhang mit der Gesamtheit. Alle erwähnten Versuche zur Bekämpfung des Antisemitismus mussten kläglich scheitern, weil sie sich darauf beschränkten, die Vorwände des Antisemitismus einfach zu leugnen. Mit negativer Arbeit wird man hier aber nichts erreichen, sondern nur mit positiver. Die Zeit der Phrase ist endgültig vorbei.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Antisemitismus und Nationaljudentum
08 Die Bewohner des Kellers

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14 Jüdische Proletarierwohnung

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