Ansichten von Wismar

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1903
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Hansestadt, Hansastadt, Hanse, Wismar, Ostsee, Wismar, Mecklenburg, Seestadt, Schweden, Dreißigjähriger Krieg,
Die alte Hansastadt Wismar an der Ostsee hat bis in unsere Tage in einem höchst eigentümlichen Verhältnis zu Schweden gestanden. Die im Jahre 1301 an Mecklenburg gekommene feste Seestadt war infolge des Dreißigjährigen Krieges 1648 an Schweden abgetreten worden; am 26. Juni 1803 aber wurde die Herrschaft Wismar von Schweden an Mecklenburgs für 1.260.000 Taler verpfändet unter der Bedingung, dass Schweden nach hundert Jahren gegen Rückzahlung dieser Summe nebst 3 Prozent jährlichen Zinsen das Pfand wieder zurücknehmen könne.

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Danach wäre Schweden am 26. Juni dieses Jahres formell berechtigt, die alte deutsche Stadt aus dem Ring des Deutschen Reiches zu lösen, was natürlich praktisch unmöglich ist. Die schwedische Regierung hat denn auch rechtzeitig im Reichstag eine Vorlage eingebracht, welche sie ermächtigt, von ihrem Rückkaufsrecht abzustehen. Nachdem durch diesen Vorgang das allgemeine Interesse auf Wismar gelenkt worden ist, wird es vielen Lesern willkommen sein, von der alten mecklenburgischen Stadt ein Bild zu erhalten.

Wismar, das etwa 18.000 meist evangelische Einwohner hat, liegt an einer geschützten Bucht der Ostsee, ist Knotenpunkt zweier Eisenbahnen und hat einen vortrefflichen, in den letzten Jahren erweiterten Hafen, der einem noch stetig wachsenden lebhaften Seehandelsverkehr dient. Seine vier Tore, die alten Giebelhäuser, die abgestumpften viereckigen Türme seiner gotischen Kirchen und manch anderer Bau geben dem Stadtbild ein mittelalterliches Gepräge. Unsere Gesamtansicht von der Wasserseite lässt die Nikolaikirche mit dem hohen Langhaus in der Nähe der neuen Hafenanlagen, die Marienkirche mit dem 82 Meter hohen Turme, die Georgenkirche, eine Basilika mit prächtigem Hochaltar, deutlich erkennen. In der Nähe der letzteren erhebt sich der Fürstenhof, ein kunstvoller Backsteinbau in italienischer Frührenaissance, der im 16. Jahrhundert von Herzog Johann Albrecht als Residenz aufgeführt wurde, während jetzt in seinen Räumen das Amtsgericht tagt. Unsere Ansicht des Marktplatzes zeigt im Hintergrund wieder die Marienkirche und vorn die aus dem 16. Jahrhundert stammende „Wasserkunst“. Das Rathaus, rechts, ist 1819 neuerbaut, doch sind die gotischen Kellergewölbe älteren Ursprungs. Sehr sehenswert ist auch das Altertumsmuseum, die frühere „Alte Schule“, ein langgestreckter gotischer Bau, südlich der Marienkirche, um 1300 erbaut, 1880 erneut, der jetzt eine chronologisch geordnete interessante Sammlung Wismarischer Altertümer enthält.

Der alte Hafen zieht sich als schmaler Arm am Baumhaus und Zollamt vorüber zum alten Wassertor; hier herrscht immer lebhafter Verkehr von großen und kleineren Schiffen. Die früheren Festungswerke der Stadt wurden schon im 18. Jahrhundert geschleift.

Ansichten von Wismar

Ansichten von Wismar

Ansichten von Wismar, 1 Gesamtansicht Wismars

Ansichten von Wismar, 1 Gesamtansicht Wismars

Ansichten von Wismar, 2 Das Altertumsmuseum

Ansichten von Wismar, 2 Das Altertumsmuseum

Ansichten von Wismar, 3 Der Marktplatz

Ansichten von Wismar, 3 Der Marktplatz

Ansichten von Wismar, 4 Der alte Hafen

Ansichten von Wismar, 4 Der alte Hafen