Das Stift

Als Karl der Große die kaum durchs Schwert bezwingbaren Sachsen durch eine die Barbarei mildernde Religion sicherer zu bezwingen und zu behaupten gedachte, wählte er zum Sitze des nördlichsten Bistums den Ort Bremen, der also um dieser Bestimmung willen schon nicht unbedeutend gewesen sein muss, aber auch durch Handlung schon mit Recht in Betracht gezogen wurde. Dem Bistum übergab er die durch fischreiche Wasser und fette Weiden schätzbaren, aus zehn Gauen bestehenden, Provinzen Wigmodia und Lorgau, und einen Teil von Friesland zum Sprengel, und den Zehnten aller Erzeugnisse des Landes zur Unterhaltung und Beschützung der Diener Gottes, doch ohne irgend eine Gerichtsbarkeit oder andere Landeshoheit, weder über die Stadt noch über das Land.

Um die neu gepflanzte Kirche nach kanonischer Ordnung einzurichten, den Samen des Wortes Gottes und des übrigen Unterrichts auszustreuen, wurde Willehad, ein englischer Priester sassischer Abstammung, von Karl dem Großen (788) zum ersten Bischof ernannt. Aus Vorliebe für das Land seiner Väter hatte er schon früher an dem Ufer der Weser die Heiden bekehrt, schon einmal eine kleine Kirche und Gemeine in Bremen gestiftet; dann hatte er durch Überfall der heidnischen Sassen nach Italien entfliehen müssen, war nach Wittekinds Bekehrung zurückgekommen, baute unter des mächtigen Karls Schutz das zerstörte Heiligtum wieder auf, und fand endlich als Märtyrer an der untern Weser das Ziel seines Tagewerks.


Außerhalb des durch die Balge *) und die Weser begrenzten Ortes, auf einer, vor der Gewalt des Flusses sicher liegenden, nach allen Seiten sichtbaren, mit Heidekraut bekleideten Sandhöhe, wo sich jetzt der Dom in majestätischer Länge hinstreckt, ward von dem Apostel und ersten Bischof der nördlichsten Sachsen und Friesen eine den Bedürfnissen und Mitteln angemessene, gewiss nicht große, hölzerne Kirche erbaut, und mit andern dazu gehörigen Gebäuden umgeben.

*) Balgen heißen an der untern Weser die Gräben, welche die ablaufende Ebbe auf den Watten macht. Dass weiter hinauf auch andere ähnliche Sandgräben, die nicht dieselbige Entstehung hatten, so genannt wurden, ist natürlich. Watt nennt man an der See diejenige Gegend, die wenigstens durch die Springflut überschwemmt wird.

Als es unter Kaiser Ludwig dem Frommen für nötig erachtet wurde, ein noch nördlicheres Bistum zu errichten, wurde Ansgarius zum Erzbischof von Hamburg ernannt, das bald durch den Tod des dritten Bischofs unbesetzte Bistum Bremen mit jenem vereinigt, und dagegen von allen Suffraganverbindlichheiten gegen das Erzstift Colin freigesprochen, obgleich dies durch Gunst des Kaisers gegen letzteres noch nicht gleich zur Vollziehung gebracht werden konnte. Der siebzehnte Erzbischof von Hamburg, Liemarus, da seinem Sprengel die in Dänemark, Norwegen und Schweden entstandenen Bistümer entzogen worden, nannte sich Erzbischof von Bremen, und fortan wurde nur dieser Titel gebraucht.