An die Russen. Zur Feier des großen Nationalfestes im Jahre 1813

Da das uralte Fürstenhaus Romanow zweihundertjährig auf Russlands majestätischem Kaiserthrone glänzt
Autor: Pott, Georg August von (?-?) Russisch-Kaiserlicher Ingenieur-Capitain, Erscheinungsjahr: 1813

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Russland, Russen, Romanows, 1812, 1813, Napoleon, Franzosen, Kutusow, Krieger, Rurik, Borodino, Moskau, Reußen, Deutsche, Teutsche, Verbündete, Charakter,
Zwei der wichtigsten Nationalfeste für Russlands Millionen, feiert unser jetziges Jahrhundert. Um das Jahr 1862 wird Russland eine tausendjährige Monarchie, und jetzt, im Jahre 1813, glänzt auf Russlands majestätischem Throne zweihundertjährig das uralte Fürstenhaus Romanow.

Allmächtiger Vater der Welten! vernimm gnädig den ehrfurchtsvollen, heißen. Dank der Millionen die deine Huld so hoch beglückte. Furchtbar schwarz türmten sich Wolken auf Wolken, als des verflossenen Jahres Pforten sich öffneten, blutig war der Horizont gefärbt, und blutige Hände der Versuchten entweihten deine heiligen Tempel. Doch deine Allmacht stärkte unsern Arm; noch eh die Tore dieses Schreckenjahrs sich schlossen, ließ deine Vaterhuld Errettung, Segen auf sie ruhen. An eines Nordens Felsen, den des zweiten Attila verblendete Gehilfen zu erschüttern wähnten, zertrümmerte der Franken starkes Heer; in eignen Flammen, für Russen angezündet, fanden sie den martervollen Tod und in zerstörten Wohnungen, des friedlichen Herdes beraubt, erstarrte das heiße, raubgewohnte Herz. So hat der Tod sie überall ereilt, und diese kühne Macht, die ganz Unüberwindliche, wie sie sich nannte, die traf der Russen tapferes Schwerdt. Sie schlummert nun auf Russlands weiten Fluren! Der du den Arm des Streiters für die gerechte Sache stärktest, ewiger, allgütiger Gott! der du dein Volk nicht verließest in der Stunde der Gefahr, der du Segen verliehest den dir geheiligten Fahnen, welche zur Ehre der bedrohten Religion, für den unaussprechlich verehrten KAISER und für das allgemeine Wohl des Vaterlandes den mächtigen feindlichen Scharen entgegen gingen, – schwache Menschen sind wir vor dir, vor deiner Majestät fallen wir in stummer, demütiger Verehrung nieder, empfinden, dich anbetend, deine Gnade; doch würdig dir zu danken, deine Huld vollkommen zu erkennen, wie es uns höchst Beglückte nun gebührt, vergib Allgnädiger! – der schwache Mensch vermag dies nicht.

Auch Euch! unüberwindlichen Söhnen des Vaterlandes! die Ihr für die Religion, für den erhabensten Kaiser, für Euch selbst und Eure Kinder, für des ganzen Russlands jetziges und kommendes Glück den unverwelklichen Lorbeer mutig errungen habt, auch Euch können Eure Brüder nie hinreichend danken. Ihr tragt den Lohn der Taten in der eignen Brust.

Als ihr den großen Kaiser, unsern allgeliebten Vater wiederum in Eurer Mitte sahet, als Er, der Milde, Euch begrüßte, – das Freunde! war Euer schöner Lohn! Als Ihr die Grenzen des durch Euch befreiten Vaterlandes wiederum betratet und als, o rührender und heiliger Augenblick! empor zum Himmel das Hurrah! weit umher erschallte, – war das nicht Eurer Taten schönster Lohn?

Die wichtige Jahreszahl 1812, sie hat Euch Allen, Allen die Unsterblichkeit auf Erden schon errungen. Mit Flammenschrift in jedem Eurer Herzen eingegraben, wird sie den Kindern und den späten Enkeln tapfrer Krieger unvergesslich sein. Schmückt Russlands Millionen! die geweihten Schutzgötter Eurer nun friedlichen Wohnungen mit dieser geheiligten Zahl, und wenn vor ihnen Ihr betet so gedenkt dankbar der Seligen die in dem großen Kampfe für die gerechte Sache bluteten, gedenket derer, die für Euch geduldet. Es rufe jedem Sohne, jedem spätesten Enkel Russlands diese Jahreszahl zu, was einst geschah, was eine biedre Nation, die treu der heiligen Religion, und dem Monarchen, die festvereint und mutig ist, vermag. Ein Reich das Tausendjährig ist, das konnte nie des tausendjährigen Friedens immer sich erfreuen. Auch Russland, das Uralte, sah seit Ruriks Zeiten, der Fehden und der Schreckensszenen Viele. Doch keine war, seit den verheerenden Mongolischen Kriegen so furchtbar als diese, und keine endete seit Russlands Existenz so bald, so glorreich, so vollkommen.

Als unter Izislaw dem VIERTEN, dem Sohne Mstislaws, der Chan der goldenen Orde Batü mit 600.000 Mongolen Russlands Provinzen im Jahre 1236 überfiel, da siegte er durch Übermacht, und weil es ihm gelang der Zwietracht Samen auszustreuen. Auch damals fehlte es den Russen nie an Mut und nie an Helden, an Einigkeit nur fehlte es. Das Wohl der Einzelnen war mit dem allgemeinen Wohl des ganzen Reiches noch nicht fest verbunden, denn nicht EIN väterlicher Führer. Seiner Völker beschirmte sie mit milder, segensreichen Hand , kein unauflöslich starkes Band umschlang zum mutigen, erfolgreichen Widerstande, Russlands Alle, schon damals mächtigen, zahlreichen Provinzen.

Dies lang ersehnte Heil, dies Einzige Glück für eine große Nation, war kommenden Jahrhunderten noch vorbehalten. Des mutigen, vereinten Patriotismus heilbringende Folgen, haben nun in unsern Tagen so glänzend sich bewährt, und Züge hoher, seltener Tapferkeit, wie die Vergangenheit sie lieferte, hat auch die jetzige Zeit gegeben, ja noch weit Edlere, weit Mehrere.

Als einst an den Ufern des Don die tapferen Russen den Scharen des Mamai gegen über standen, an Zahl der Streiter sich gleich, und die Mongolen, hochmütig prahlend mit der unfehlbaren Unüberwindlichkeit ihres Heeres, die blutige Schlacht durch einen Zweikampf entscheiden zu lassen, oder vielmehr zu vermeiden beschlossen, als aus ihren Reihen der gepanzerte berühmte Kämpfer, der nie überwundene Riese Temir Murza mit Schild und Speer hervortrat, und des gewohnten Sieges sich bewusst, hohnlächelnd nach einem würdigen Gegner spähte, da trat – in klösterlichem Gewande, ohne Helm und Harnisch, Alexander Pereswiet, der Mönch, hervor, begann den Zweikampf im Angesichte beider Heere, doch Keiner beugte vor dem Andern sich. Ein tiefes Schweigen herrschte in den langen Reihen, nur hörbar war die Faust der Kämpfer und ihrer Speere Schlag. Er dauerte lange, dieser mutige Kampf, denn dem gewandt geführten Stoß des Einen, wich der Andre noch gewandter aus. Doch als sie Beide zu geschickt die Speere schwangen, durchbohrte jede Spitze seines Feindes Herz.

Entseelt, doch Beide unbesiegt, sah' sie das Heer zu Boden stürzen.

Wer aber blieb der Mutigste? – der edle Russe in dem Mönchsgewande.

So musste nun die blutige mörderische Schlacht beginnen und entscheiden, und Sieger war Großfürst Dmitri IV, Iwanowitsch. Der ewig denkwürdige Tag, der 8te September 138o gab ihm den Heldennamen Donskoi.

Mit einer solch ein Schlacht, nicht mit gewöhnlichen, mit dieser an dem Dom, worin, Ihr tapferen Russen! Eure Ahnen glänzten, ist die von Euch an der Moskwa ruhmvoll. Gewonnene nur zu vergleichen.

Denn als, – nach neuem Stil – am 8ten September des nun verflossenen Jahres, nach den unglaublich heißen, hartnäckigen Gefechten bis in die tiefe Nacht, der erste Strahl der Morgenröte das blutige Schlachtfeld wiederum erhellte, sah er von den, den Russen weit überlegenen Feinden über 40.000 hingestreckt und Russlands Adler siegreich aufgepflanzt auf dem behaupteten Wahlplatze. Der Held der vielen Schlachten, der hoch erfahrene Fürst Kutusow, war auch der Held von Borodino, erkämpfte hier den Generalfeldmarschallsstab, womit er bald hernach die Fürstenkrone von Smolensk errang. Wie jene Schlacht am Don, gab diese an der Moskwa der Kämpfer Jedem die irdische Unsterblichkeit. Hier kämpfte. Eine große Nation. Ein weiser, hochverehrter Vater. Sein er Millionen Kinder lenkt hienieden das Schicksal dieser vielen Völker milde, gerecht und gütig, Ein majestätischer Thron ist. Aller Reußen höchstes Glück, der heilige Wille des Monarchen ist. Allen Millionen heiliger Befehl, Ein leiser Wunsch, für jedes Russen treu ergebenes Herz, Gebot.

Anbetend. Einen ewigen Gott, verehrend. Einen Kaiser, EIN teures Vaterland bekennend, zu. Einem Zwecke fest und brüderlich vereint, beseelt von Einem Geiste und von Einem Mute, – das ist der Russen Schild und Waffe gegen jeden Feind. Und so beglückt, gelang den Russen nur zu tun, was keiner Nation gelang.

Denn in weit größerem Maße ruhmvoller, unvergleichlich schneller und vollkommener, habt Ihr! tapfere Enkel Eurer tapferen Vorfahren! deshalb die Euch bereitete Schmach gerächt, die feindlichen Scharen vernichtet. Nach langem Kampfe, nach vielen wiederholten Fehden ward von jenen Tapferen endlich der Mongolen Macht gebrochen. Großfürst JOHANN III. Wasilewitsch vollendete dies große Werk, als ihn im Jahre 1480 der Chan Achmet mit neuer Macht bedrohte und 1481 blieb. Da schlug die Stunde der Erlösung, nachdem Russland 240 Jahre lang von den Mongolen war bedrücket worden.

Mit 616.000 Köpfen und mit 1.250 Feuerschlünden kam jüngst ein neuer Reichestürmer hergezogen, erfindungsreicher noch an Grausamkeiten als alle Usurpatoren der vergangenen Zeiten, ja kühner, mutiger, erfahrener. Und – in nicht 200 Tagen war Russland völlig frei von dem Verheerer, kein Feind mehr innerhalb der Grenzen. – In beiden obengenannten Schlachten der alten und der neuen Zeit, ward von den Russen der Untergang des Feindes vorbereitet und begründet. Nach der am Don, vereinigten sich später wiederum die Mongolen zu neuer Macht, drangen am 26ten August 1382 in Moskau ein, plünderten, raubten und verbrannten einen großen Teil der Stadt. Die Gallier vereinigten nach der an der Moskwa, die verschiedenen Korps ihrer überlegenen Armeen, und der September 1812 sah Moskaus Tempel in Flammen, ihre Paläste und ihre Hütten sahen sich geplündert und beraubt.

Alexander I. Zar von Russland

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Bei Borodino 7. September 1812

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Napoleon in Angesicht Moskaus im Jahre 1812

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Die Franzosen auf dem Rückmarsch 1813

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Napoleon in Moskau

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Russische Grenadiere 1812/13

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Napoleon mit seinen Generalen: Bertier, Murat, Rapp

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Die Trümmer der französischen Armee bei ihrer Rückkehr ins Vaterland. 4

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Die Trümmer der französischen Armee bei ihrer Rückkehr ins Vaterland. 2

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Die Trümmer der französischen Armee bei ihrer Rückkehr ins Vaterland. 3

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Die Trümmer der französischen Armee bei ihrer Rückkehr ins Vaterland. 1

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Napoleon Bonaparte (1769-1821) französischer Kaiser

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Die Große Armee auf dem Rückzug.

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Schlacht an der Moskwa bei Borodino am 7. September 1812.

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Napoleon Bonaparte I. Kaiser der Franzosen 1769-1821.

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