St. Paul, den 31. August 1893.

Die Nacht war kühl, so schliefen wir vortrefflich und waren Früh um 8 Uhr in St. Paul. Da wir Abends weiter reisen wollten, ließen wir unser Handgepäck in der Station, frühstückten im ersten Hotel und gingen an die Arbeit. St. Paul und Minneapolis sind Schwesterstädte, nur von dem hier noch unbedeutenden Mississippi getrennt. St. Paul mit 200.000 Einwohner liegt im Staate Minnesota, der circa 4.000 deutsche Quadratmeilen einnimmt, und hier sind wir bereits in der großen Ebene Nordamerikas, in der Mitte der unendlichen Weizenfelder von Nebraska, Iowa, Minnesota, Dakota und Manitoba in Kanada mit zusammen 23.000 deutschen Quadratmeilen, fast zweimal so groß als Österreich-Ungarn. Diese Länder sind erst seit 20 Jahren durch die Bahnen dem Weizen-Raubbau zugänglich gemacht und nun wird derselbe dort aufs Schwungvollste betrieben. Kein Wunder, dass sich in St. Paul und Minneapolis der Hauptsitz der amerikanischen Riesenmühlen etabliert hat, und diesen galt hauptsächlich unser Besuch. Wir fuhren mit der elektrischen Bahn über den Mississippi nach Minneapolis, das wie St. Paul kaum 20 Jahre alt ist, aber bereits großartige Gebäude mit allen modernen Einrichtungen hat. In einem derselben fanden wir z. B. sechs Aufzüge nebeneinander, welche fortwährend auf und ab gingen.

Wir waren der Firma Pitsburg & Comp. empfohlen, deren Chef uns bereitwilligst die Erlaubnis erteilte, die größte ihrer fünf Mühlen zu besuchen. Man kann sich in der Tat von einem solchen Etablissement keinen rechten Begriff machen, wenn man es nicht gesehen hat. Der Missisippi liefert für sämtliche Mühlen die erforderliche Wasserkraft; die von uns besuchte hat 60 Fuß Gefälle und die beiden Turbinen haben 3.500 Pferdekräfte; sie ist massiv gebaut und hat neun Stockwerke. Die fünf Mühlen der Gesellschaft könnten zwei Städte wie New-York mit dem erforderlichen Mehl versorgen. Sie verarbeiten täglich 5.000 Meterzentner, mithin jährlich 2.000.000 Meterzentner Weizen, die beinahe ausschließlich aus Nord- und Süd-Dakota und Minnesota bezogen werden, viermal so viel als die Ebenfurter Mühle von Schöller & Co., eine der größten in Österreich-Ungarn. Augenblicklich wird der Weizen mit 60 bis 65 Cents pro bushel oder 5 fl. pro 100 Kilogramm eingekauft. Das Mehl scheint vorzüglich zu sein; es werden nur drei Sorten erzeugt und in Fässern à 196 Pfund oder 100 Kilogramm, oder in kleinere nette Säcke mit bunten Aufschriften zu 50, 25 und 12 ½ Kilogramm verpackt. Die Fässer gehen in die ganze Welt. Die Preise pro 100 Kilogramm sind


für Mehl Nr. 1 . . . . . . . 11 fl. ö. W.
für Mehl Nr. 2 . . . . . . . 11 fl. ö. W.
für Mehl Nr. 3 . . . . . . . 11 fl. ö. W.

Wenn ich recht verstand, besitzt die von uns besichtigte Mühle 200 Fuß Steine, 700 Fuß Walzen und arbeitet automatisch, d. h. beinahe ohne jede menschliche Bedienung.

In Minneapolis gibt es auch Riesen-Sägewerke, um das auf den Flüssen aus dem Norden kommende Holz zu versägen; eine derselben verarbeitet jährlich gegen 9.000.000 Kubikmeter Holz.

In St. Paul erhielten wir auch verschiedene neue Beweise von der großen Gefälligkeit der Amerikaner. Der Ticket-Beamte der Nord-Pacificbahn überraschte uns mit 31 Dollars, die er uns im telegraphischen Auftrage seines New-Yorker Kollegen Mr. Hawley, als dort zu viel für unsere Rundreise gezahlt, zurückgab. Dann beschäftigte er sich wohl eine Stunde mit uns, um uns die beste Route für den Westen zusammenzustellen. Ein Bankier, den ich ganz zufällig kennen lernte, stellte mich Mr. Bakeley, Chef des Frachten-Bureaus der Nord-Pacificbahn, vor, und dieser lies sofort zwei Beamte durch zwei Stunden arbeiten, um mir Daten über Vieh- und Getreide-Frachtsätze für verschiedene Relationen zusammenzustellen. Liebenswürdige Menschen, diese Amerikaner.

Abends 6 Uhr, am 29. August, saßen wir wieder im Wagner-Car und erwachten am 30. Früh, 5 Uhr, in Fargo, der ersten Stadt in dem Weizenstaate Nord-Dakota. Mit Recht so genannt, denn er produziert in guten Jahren gegen 20.000.000 Meterzentner Weizen, d. i. zwei Drittel der ungarischen Produktion und 15 Prozent der amerikanischen Ernte. Man rechnet in Dakota in gesegneten Jahren auf eine Ernte von 7 ½ bis 8 Meterzentner pro Katastraljoch, in diesem Jahre ist man jedoch nur auf 4 bis 5 Meterzentner gekommen, und wird hier ausschließlich Sommerweizen angebaut. Dakota ist wie alle Staaten in Sektionen à 1 Quadratmeile = 440 Katastraljoch eingeteilt. Einen breiten Streifen neben der Bahn erhielt die Bahngesellschaft, die übrigen Sektionen verkaufte die Regierung zu halben Sektionen à 220 Joch. Nach und nach sind aber auch durch Zusammenlegung einzelner Sektionen große Besitzungen entstanden; so hat die ausgebreitete Familie Dalrymple verschiedene Farmen in Dakota mit zusammen 50.000 Joch Größe, von denen aber kaum die Hälfte in Kultur ist. Was den Preis des Grund und Bodens anbetrifft, so offerierte mir ein mitreisender Farmer, der mich für einen Ansiedler hielt, seine drei Sektionen zu 1.320 Katastraljoch, 3 englische Meilen von der Station entfernt, mit Meier-Hof und 35 Zugpferden für 60.000 Dollars oder 150.000 fl. Derselbe bebaut jedes Jahr 700 Joch mit Weizen, den Rest mit Gerste und Hafer und rechnet auf einen jährlichen Nutzen von 15.000 Dollars.

Wir waren in Fargo, einem kleinen Städtchen mit zahlreichen Zweigbahnen, um 5 Uhr erwacht, um gegen 7 Uhr zu einer 18 englische Meilen entfernten Station Casselton zu fahren, von wo wir die berühmte Riesenfarm Dalrymple besuchen wollten. Der Bummelzug versprach uns in einer Stunde nach Casselton zu bringen, wir stiegen in eine Art Hüttelwagen mit Bänken an den beiden Längsseiten, mit uns Arbeiter, kleine Farmer, Geschäftsreisende und ein Mann aus dem Staate Wisconsin, der zwei Dreschmaschinen besaß, und in Dakota, wo der Weizenschnitt gerade beendet war, für Lohn dreschen wollte. Er muss alles beistellen: Kohle, Öl, Bedienung und Zufuhr vom Felde, welch letztere wiederum Pferdebesitzer aus den benachbarten kleineren Städten übernehmen. Unser mitreisender Dreschmaschinen-Besitzer berechnet die Spesen einer Maschine auf täglich 87 Dollars = 217 fl. und drischt gegen 4 bis 5 Waggon Weizen in 14 Stunden gegen einen Lohn von 12 Cents pro bushel oder circa 90 kr. pro 100 Kilogramm. Auch war ein Bürger von Fargo im Zuge, der 1871 dort das erste Haus erbaute; dieses Städtchen besitzt heute 19.000 Einwohner, eine landwirtschaftliche Akademie und wird bald eine elektrische Bahn haben. Endlich um 9 Uhr setzte sich unser Lastzug in Bewegung, mit diversen Brüchen und Hindernissen erreichten wir um 12 Uhr das Ziel unserer Reise und nahmen von der ganzen Reisegesellschaft, die wir ordentlich lieb gewonnen, wärmstens Abschied. Wir haben auf unserer ganzen Reise noch keinen Menschen bis zum Arbeiter herab getroffen, der nicht artig und zuvorkommend war; das macht einen sehr angenehmen Eindruck. Dagegen ließ der gemischte Zug zu wünschen übrig; mit einem Paar amerikanischen Trottern wären wir weiter gekommen. Den Mangel an Geschwindigkeit ersetzen die Lokomotiven durch das fortwährende Läuten einer großen Glocke, um das Publikum aufmerksam zu machen, der einzige Aufwand an Fürsorge für dasselbe, denn Barrieren werden als überflüssig angesehen, jeder muss für sich selbst sorgen. Auch beim Abfahren der Züge läutet keine Glocke, kein Conducteur schreit, keine Lokomotive pfeift, die Zeit ist da, der Zug fährt einfach davon. Und es ist besser so; der Heidenlärm bei der gleichzeitigen Abfahrt mehrerer Züge in einer Station macht die Reisenden nur ängstlich und konfus. Sehr großer Luxus wird mit den Fahrplänen der verschiedenen Bahnen getrieben; sie sind in allen Wartesälen zu finden und jeder Reisende nimmt davon, was ihm gefällig ist. Jeder Fahrplan hat aber eine gute Eisenbahnkarte, auf der die eigene Route mit einer dicken, schwarzen oder roten, möglichst geraden und kurzen Linie ersichtlich gemacht ist und zur Benutzung einladet. Wir haben wiederholt Fahrpläne erhalten, in denen auch sehr gelungene Photographien und Beschreibungen der sehenswertesten Naturschönheiten an der betreffenden Bahnlinie enthalten waren. Reklame verstehen die Amerikaner.

Casselton ist ein Nest, das sich mit unserem lieben Kapuvár absolut nicht messen kann, aber es hat eine Rennbahn für Trotter, elektrische Beleuchtung, zwei Banken und ein höchst anständiges, sehr reinliches Hotel, in dem wir uns ganz wohl befanden. Ich glaube, die Banken treiben so eine Art Wuchergeschäft mit den kleineren Farmern, denn ein Ranchman aus Montana erzählte mir, man bekomme auf sichere Plätze l ½ Prozent Zinsen pro Monat. Rennbahnen scheinen die Farmer in sehr vielen kleinen Städten zu errichten, um ihre eigene Zucht zu probieren. Es standen in der Bahn von Casselton 16 Trotters, ein Schimmel, der die Meile in 2 Minuten 12 Sekunden (?) zurücklegt und 5.000 fl. kostete, andere mit 2 Minuten 40 Sekunden die Hälfte.

Ein netter Wagen brachte uns in 20 Minuten zur Dalrymple-Farm; unser Kutscher war aus Bayern, vor vier Jahren eingewandert, er nannte uns zur Freude meiner Ladies „Du"'. Er hat sich schon 500 Dollars erspart und will sich nächstes Jahr eine Frau aus Bayern holen, da, wie er sagt, die Amerikanerinnen zu viel Ansprüche machen und zu wenig leisten. Er erzählte, dass er im Sommer immer in Dakota sei, im Winter werde es aber dort zu kalt und dann wandere er zurück nach Wisconsin.

Die unendlichen Weizenfelder, kaum geschnitten, erinnern mich an unser Alföld, nur fehlen die hübschen Akazien-Bäume und Hecken. Nichts als Weizen, nur sporadisch kleine Gersten- und Hafer-Felder und in der unbegrenzten Ebene in größeren und kleineren Entfernungen die Niederlassungen der Farmer: ein kleines einfaches hölzernes Wohngebäude, ein elender Pferdestall, eine Scheuer für die Maschinen, alles aus Holz, meist dunkelrot angestrichen, kein Baum, kein Strauch, kein Gärtchen. Viele behaupten, es wachse kein Obst, Dakota sei schon zu kalt, ich kann es kaum glauben. Der Boden ist ein tiefgründiger humoser, wenig sandiger, milder, dunkler Lehmboden. Winterfrucht wird gar nicht gebaut. Ende März Sommerweizen, der schön rot und schwer ist, schmale aber mehlreiche Gerste, schwerer Hafer. Dakota ist seit 20 Jahren aufgeschlossen, seither wird Weizen auf Weizen gebaut. Ein Farmer erzählte mir, er baue schon zehnmal hintereinander Weizen und das Feld sei immer besser geworden. Endlich muss es ja doch, wie es unseren Banater Feldern erging, erschöpft werden!

In dem gesegneten Dakota besitzt nun die Familie Dalrymple bei Casselton auch eine Farm gleichen Namens von 36.000 Acres = 14.000 Hektar, von denen aber nur die Hälfte unter dem Pfluge ist. Nicht weit von dieser Farm hat die Familie noch einen Grundbesitz von 10.000 Hektar, der, ähnlich wie die Dalrymple-Farm, bewirtschaftet werden soll, den ich aber nicht besuchen konnte. Herr Dalrymple war leider nicht zu Hause, nur die Frau und ein jüngerer Sohn. Der Zentralhof besteht aus den beiden einstöckigen Wohngebäuden, einem Hause für Kanzlei, Vorratskammer, Gesindeküche und Arbeiter-Schlafstellen, dann aus zwei Pferdestallungen, einer großen Scheuer mit Schmiede und einer höchst primitiven Werkstätte, Alles ziemlich vernachlässigt erhalten. Herr Dalrymple wohnt nur während der Ernte hier, so ist das Haus recht bescheiden eingerichtet, alle anderen Holzgebäude in einem elenden Zustande, die allgemeine Küche schmutzig, die Arbeiter-Schlafstellen ekelhaft. Kleinere Farmen, die wohl ähnlich sein mögen, liegen im Besitze zerstreut. Selbst bei dem Wohngebäude des offenbar sehr reichen Besitzers und des Superintendenten, wie der Direktor genannt wird, nicht eine Spur von einem Gärtchen oder dem kleinsten Baum, die reine Weizenfabrik!

Die Farm besitzt 300 Pferde und 300 bis 350 Arbeiter im Sommer, dagegen im Winter nur 30 bis 40 Mann. Dieselben werden mit 50 fl. monatlich bezahlt und erhalten freie Kost in drei Mahlzeiten, die, wie ich mich überzeugte, aus viel Fleisch besteht. Die Stoppeln werden im September 5 bis 6 Zoll tief aufgebrochen, Ende März geeggt, mit Maschinen angebaut, mit 150 Selbstbinde-Maschinen Ende August geschnitten und der Weizen mit 5 Dreschmaschinen in circa 20 Tagen gedroschen. Die Weizenernte beträgt 10 bis 20 bushels pro acre oder 4 bis 8 Meterzentner pro Joch, auch zuweilen mehr. Herr Dalrymple soll jährlich 600 bis 1.200 Waggon Weizen ernten.

Eine kolossale Leistung liefern die Dreschmaschinen. Die 16pferdige Lokomobile ist von Arnes in Oswekony für 1.600 Dollars, die Stiften-Dreschmaschine mit Selbstspeiser von Pitts in Buffalo für 700 Dollars gekauft, so dass beide 5.500 fl. kosteten. Die Lokomobilen werden mit Stroh geheizt und haben einen sehr breiten, 20 Meter langen Treibriemen. Da die Dreschmaschine im Gange war, konnte ich ihre Konstruktion nur oberflächlich sehen. Sie läuft kolossal schnell, die Spreu geht nochmals auf die Trommel, das nur wenig geputzte Getreide wird durch ein Paternosterwerk so hoch gehoben, um in den darunterstehenden, mit vier starken Pferden oder Mauleseln bespannten Kastenwagen zu fallen und sofort zum Elevator an der nächsten Bahnstation geführt zu werden. Zur Bedienung gehören acht Mann, von denen vier abladen und die Maschine von zwei Seiten füttern, ein Paar Pferde mit Schlitten schafft das Stroh zur Seite, das später verbrannt wird, und 10 Wagen führen von allen Seiten Getreide zu, so dass die Einfuhr und das Dreschen 36 starke Menschen benötigen. Die Maschine wird in wenigen Minuten von der Lokomotive an einen anderen Platz geführt, wenn die Zufuhr des Getreides von dem benachbarten Felde schon zu weit wird. Die Garben sind in diesem Jahre kurz und geben wenig Körner, in anderen Jahren ist das Stroh länger, die Schüttung aber besser, so dass die Leistung der Dreschgarnituren ziemlich gleich bleibt und von 2.000 bis 2.500 bushels pro Tag wechselt, zuweilen auch 3.000 erreichen soll. Ich habe mich selbst überzeugt, dass ein Wagen von 100 bushels Füllung in 20 Minuten beladen war, das entspricht einer täglichen Leistung von mindestens 7 Waggon, während wir kaum 2 Waggon dreschen können.

Die Farm besitzt an einer nahen Station einen Elevator und Separator mit 170 Waggon Fassungsraum. Dort wird mit Hilfe einer 30pferdigen Maschine und einem vorzüglichen Separator die Frucht gereinigt und direkt in die Waggons verladen. Wie erwähnt, war Herr Dalrymple leider nicht anwesend, so dass manche der gesammelten Ziffern, obgleich ich sie durch vieles Fragen zu kontrollieren suchte, nicht vollkommen richtig sein mögen.

Auf welche Weise ein Großgrundbesitz von solcher Ausdehnung entstanden, und es gibt deren viele in Dakota, habe ich nicht erfahren können. Einige behaupteten, die Dalrymple-Farm bestehe aus lauter kleinen Farmen, deren Eigentümer ihren Besitz der Familie Dalrymple gegen 8 Prozent Zinsen nur in Pacht gegeben haben. Vielleicht stammt der Riesenbesitz aber aus der französischen Zeit, und dieser Zweifel veranlasst mich, bevor wir Weiterreisen, ein wenig näher auf die allgemeinen Besitzverhältnisse in der Union einzugehen.

Die ersten englischen Einwanderer hatten ihre alte Heimat hauptsächlich verlassen, weil die Besitzverhältnisse in derselben ihnen nicht benagten, aller Grundbesitz befand sich in den Händen des reichen Adels, anderen Sterblichen war es unmöglich, auch nur den kleinsten Grund und Boden ihr Eigentum nennen zu können. So war es natürlich, dass diese Leute den Großgrundbesitz in der neuen Heimat nicht beförderten und ihr erstes Staatswesen mehr auf das Freihufen- und Höfesystem der Deutschen begründeten. In diesem Geiste, der noch heute in der Union herrscht, wurde auch die Verteilung der erworbenen Gründe in kleine Wirtschaften möglichst gefördert. Aus gleichen Gründen sind auch die großen Grund-Schenkungen an die Eisenbahnen, Schulen und für öffentliche Zwecke nicht etwa in einem Stücke, sondern in kleineren Sektionen ausgefolgt, die wie ein Schachbrett mit den übrigen zu parzellierenden Grundstücken wechseln, daher auch nur in kleinen Parzellen wieder verkauft werden können.

In den alten Staaten bestand also seit jeher hauptsächlich ein Kleingrundbesitz, alles neu hinzukommende kulturfähige und besitzlose Land wurde als Eigentum der Union erklärt, um wieder parzelliert zu werden. Nur in Texas und dem Indianer-Territorium ist der freie Grundbesitz durch Verträge Eigentum des Staates Texas und der in der Reservation untergebrachten Indianer geworden. Die Union teilte ihren gesamten unermesslichen Besitz durch gerade Linien von Norden nach Süden und von Westen nach Osten in Quadrate von 36 Quadratmeilen (1 ½ deutsche Quadratmeilen), die eine Gemeinde (Township) bilden. Mehrere Gemeinden bilden eine Grafschaft (County), mehrere Grafschaften, z. B. in Kansas 100, machen einen Staat aus. Die Townships sind wieder in Sektionen à 1 Quadratmeile (4 Quadratkilometer oder 443 österreichische Joch) zerlegt und jede Sektion von 640 Acres in Viertel und Achtelsektionen zu 160 und 80 Acres. Außerdem gibt es nach der Qualität der öffentlichen Ländereien Unterabteilungen, welche bei der Verwertung maßgebend sind, und zwar 1. für Heimstätten bestimmt; 2. Wüstenländereien, die an Ansiedler in Sektionen à 640 Acres à 25 Cents abgegeben werden, wenn dieselben eine Kultivierung und Bewässerung des Bodens versprechen; 3. Ländereien für Eisenbahnen und öffentliche Zwecke; 4. Mineral-, Kohlen-, Stein-, Salz-, selbst Holzländereien, die nur für diese Zwecke mit 2 ½ bis 10 Dollars pro Acre verkauft werden.

Jeder amerikanische Bürger kann vom Regierungslande eine sogenannte Heimstätte zu 160 oder 80 Acres als Eigentum bekommen, wenn er entweder auf derselben 5 Jahre gewohnt hatte oder sofort 1 ¼ Dollars pro Acre bar bezahlt. Er kann auch entweder für die Frau oder mündige Söhne noch weitere zwei Viertel Sektionen billig dazu bekommen, so dass es in Amerika sehr leicht ist, für eine Familie einen Besitz von 480 Acres (150 Hektare oder 260 österreichische Joch) zu erwerben. Hat ein Farmer nicht das nötige Capital, so findet er es bei den Banken, den sogenannten Farm-Loan und Trust-Gesellschaften, die mit Geld aus dem Osten in allen neuen Städten des Westens gegründet wurden. Diese strecken den Farmern ein Drittel des Wertes ihrer Gründe (früher mit 8 bis 10, jetzt schon mit 7 Prozent) vor, werden die Zinsen nicht pünktlich gezahlt, kommt die Farm unter den Hammer. So gibt es in der Union bereits vier Millionen Farmen, von denen die Hälfte nur eine Viertel-Sektion, mithin 64 Hektar groß sind.

Große Ländereien sind von der Union für öffentliche Zwecke, Schulen, Städte, Kanäle und Eisenbahnen verteilt. Das Zustandebringen der großen Pacific-Bahnen, welche erst den Westen aufgeschlossen und das Atlantische Meer mit dem Stillen Ozean verbunden haben, war überhaupt nur durch die Schenkung großer Ländereien neben den zu erbauenden Bahnen möglich. So erhielten verschiedene Pacific-Linien, die Nordpacific 47 Millionen, die Atlantik 42 Millionen, die Union 12 Millionen, die Südpacific 9 ½ Millionen, die Burlington 2 ¼ Millionen, zusammen 113 Millionen Acres, das sind circa 9.000 deutsche Quadratmeilen, eineinhalbmal so groß als Ungarn. Die Bahngesellschaften haben entweder Ämter zum Verkaufe ihres Besitzes in kleineren Parzellen eröffnet oder gründeten zu diesem Zwecke eigene Gesellschaften. Wie weit die Wiederverkäufe gediehen, ist mir unbekannt geblieben. So wie geschildert, sind die Besitzverhältnisse in der Union im Allgemeinen, es gibt jedoch auch Ausnahmen. In den Südstaaten, welche die Franzosen gegründet hatten, bestand durch 250 Jahre bis zum Bürgerkriege 1865 beinahe ausschließlich Großgrundbesitz, der durch die schwarzen Sklaven mit Tabak, Baumwolle und Zuckerrohr bestellt wurde. Die Freigebung der Neger zwang die Sklavenbarone zur teilweisen Parzellierung ihres Besitzes oder zu der sehr beliebten Teilwirtschaft. So ist seit 1865 bis 1880 die Zahl der Farmen in den Südstaaten von 600.000 auf 1 ½ Millionen gestiegen, welche 870.000 Eigentümer, von denen nur 20.000 einen größeren Besitz als 400 Hektare ihr Eigentum nennen können, besitzen.

In den südwestlichen Staaten, Texas, Arizona, Colorado, New -Mexico, Kalifornien, die erst 1846 zur Union kamen, herrschte bis dahin spanisches Recht. Die Könige von Spanien, später die Republik Mexico, hatten verdienstvollen Männern große von Indianern bewohnte Strecken jener Staaten gegen die Verpflichtung geschenkt, diese Besitzungen zu schützen und sie der Kultur zugängig zu machen. So entstanden die „Private-land-grants", große Latifundien, namentlich in Texas, New-Mexico, Kalifornien, z. B. die Maxwell-Grant am Cimarron-Fluss in New-Mexico mit 130 deutschen Quadratmeilen Größe, die San Louis-Grant in Colorado mit 40 deutschen Quadratmeilen und andere. Viele dieser Grants sind nicht mehr im ursprünglichen Besitze. Kühne, unternehmende Männer eilten dem ihnen folgenden Eisenbahnbau voran, zäunten namentlich in Texas, Arizona, Colorado, Montana große Flächen ein, die zum Ackerbau nicht geeignet, es entstanden große Farmen für Rindviehzucht, sogenannte „Ranchos", deutschen Königreichen an Ausdehnung gleich, mit Herden von 30.000 bis 60.000 Köpfen. Die jetzigen Besitzer dieser Ranchos sind entweder Männer, die sich aus nichts emporgearbeitet, oder reiche Männer aus dem Osten, selbst englische Herzoge und Lords, z. B. Neville, Manchester, Moris u. A., und auch englische Gesellschaften. Solche Ranchos werden auch oft, um die Einzäunungen zu vermeiden, von den verschiedenen Eigentümern gemeinschaftlich benutzt. In diesem Falle stempelt jeder Eigentümer sein Vieh, dasselbe wird einmal im Jahre an bestimmten Orten zusammengetrieben, dort getrennt und die Stempel ergänzt.

Als nun diese Staaten 1846 in die Union traten, wurden jene Grants von derselben anerkannt, wenn der Besitztitel nachgewiesen werden konnte. Den meisten dieser Verleihungen war aber nur die Benutzung der Oberfläche des Grund und Bodens gestattet, der wertvollere Teil, Mineralien, Kohlen etc., der Krone vorbehalten, und gingen somit in den Besitz der Union über. Alles nicht okkupierte Land wurde ebenfalls als Staatseigentum erklärt und parzelliert. Der Verkauf der Parzellen macht aber nur langsame Fortschritte, ohne Bewässerung ist das Weideland unverwendbar zur Kultur, das System der Parzellierung aber für Viehzucht in größerem Stile nicht geeignet.

Die folgende Nacht brachten wir abermals im Schlafwagen zu und als der dritte Tag graute, waren wir in dem Bad Lands von Montana. Sich etwas Schauerlicheres vorzustellen, ist auch der lebhaftesten Phantasie unmöglich! Durch 500 Meilen von früh Morgens bis 5 Uhr Abends ein bald enges, bald weiteres Tal, kahle graue, total leblose Abhänge, von Zeit und Witterung zerfressen und zerrissen, ein grau schlammiges Wasser, der Yellowstone-Fluss, wälzt sich träge durch die ausgebrannte Talsohle, auf der kein Grashälmchen zu wachsen scheint. Größere Flächen des Tales waren einst bewaldet; um die Weide zu vermehren, wurden sie angezündet, aber die starken Pappeln widerstanden dem Feuer; der Stamm und alle Äste sind noch vorhanden, entrindet, weiß wie der Schnee und stehen Gespenstern gleich in der Öde. Und doch fuhren wir von einer Herde zur anderen, mit wohlbeleibten Tieren, die durchaus keine Not zu leiden schienen. Anfangs mehrere Rinder in kleinen Haufen, auch über 100 Stück der Shorthorn- oder Durham-Rasse entstammend. Später hauptsächlich Pferde, ebenfalls in bester Kondition und in großen Herden, teils größeren Schlages, teils Doppelponies, die vorzüglich sein sollen. Einzelne Farmer oder Ranch-Besitzer sollen hier bis 500 Pferde oder Rindvieh halten. Ein kleinerer Farmer erwähnte, er habe 50 Meilen von Livingstone drei Sektionen, also 1.300 Joch für 10.700 Dollars gekauft und besitze jetzt 50 Mutterstuten, die er mit Vollblut verbessere; auf 100 Joch könne er auch ausgezeichneten Weizen bauen.

Das Gras dieser Prärien ist sehr nahrhaft; bei den Einfängen auf den einzelnen umzäunten Weiden standen kleine Heutristen, die bei starken Schneestürmen den Tieren vorgeworfen werden, sonst müssen sich dieselben im tiefsten Schnee ihr Futter selbst suchen. Neben der Bahn bemerkten wir häufig Präriehunde, eine Art Murmeltier, das in Löchern in der Erde lebt, und wo jene sind, gibt es stets auch eine kleine Sorte von Eulen.

Mehrere kleine Städtchen, bei denen wir vorbeifuhren, machten nicht den besten Eindruck, aber sie hatten Rennbahnen und elektrische Beleuchtung. Andere Stationen bestanden in einer Weiche- und Verlade-Einrichtung für Vieh und einige hatten nur eine Tafel mit dem Namen der Zukunftsstadt.

Einen besseren Eindruck macht Livingstone, wenn auch einige mächtige Bären frei in den wenigen Gassen herumliefen. Das einzige Gasthaus war kürzlich teilweise abgebrannt, bei der Bauart kein Wunder, so hatte man einen Schlafwaggon und einen Dining-Car an der Station stehen lassen, um die Fremden zu beherbergen. Wir fanden in dem unabgebrannten Teil des Hotels noch gute, sehr reinliche Unterkunft und dinierten im Speisewaggon.

Heute am Sonntage brachte uns eine Flügelbahn bei Rotglühhitze in 2 Stunden nach Cinnabar und Sechsspänner in weiteren 2 Stunden zum Mammoth-Hotel am Eingange des Yellowstone-Parks; Max hätte die zwei Sechsspänner, Schwarzbraune und Schimmel, sehen sollen, ein Tier wie das andere, vollkommen gesund, 16 Faust groß, schön, elegant, in Wien 10.000 fl., hier 3.000 fl. wert. Auch viele Reiter begegneten uns, die alle vorzügliche Pferde hatten. Aber die Gegend ist fürchterlich, hohe, kahle Berge und Täler vulkanischen Ursprunges, ohne Felsen, an manchen Spitzen kleine Schneelager. Das Mammoth-Hotel ist ganz nett, wir sind bis morgen gut untergebracht und dann beginnt die fünftägige Rundreise. Wir sind gesund und voll Reiselust, nur betrübt, dass wir noch immer ohne Briefe von allen Lieben in der teuren Heimat sind, Gott gebe, dass Ihr recht gesund seid und oft an uns denkt.

Montag Abends verließen wir die Niagara-Fälle. Heute ist Sonntag, in sechs Tagen legten wir 3.000 englische Meilen oder 4.800 Kilometer zurück, schliefen nur einmal in Chicago und gestern in Livingstone in einem Hotel, sonst waren wir vier Nächte und vier Tage im Palace-Car. Man gewöhnt sich an alles und das Reisen in den geräumigen amerikanischen Salonwagen ist weit weniger ermüdend als auf unseren Bahnen. Man schaut durch die Spiegelscheiben in eine neue unbekannte Welt, macht eine Tour durch den Zug, unterhält sich im Rauchsalon, isst dreimal, liest nach jeder Station ein Weltblatt aus der zukünftigen Millionen-Stadt, raucht seine Zigarre zu 25 Cents oder 60 kr., der Abend ist da und der Salonwagen wird in ein Massen-Nachtlager verwandelt.